Eine reine Seele vermag alles
vom hl. Pfarrer von Ars
Es gibt nichts Schöneres als eine reine, Seele... Wenn man dies begreifen würde, könnte man die Reinheit nie verlieren. Die reine Seele hängt nicht am Materiellen, an irdischen Dingen und an ihrem Ich...Wer seine Taufunschuld bewahrt hat, gleicht einem Kind, das seinem Vater stets gehorsam war ...Hat man seine Unschuld bewahrt, so fühlt man sich von der Liebe Gottes emporgetragen wie der Adler auf seinen Schwingen. Ein Christ reinen Herzens ist auf Erden wie ein Vogel, den man an einem Faden festhält. Armer kleiner Vogel! Er wartet nur auf den Augenblick, wo die Schnur durchschnitten wird, damit er davonfliegen kann. Eine reine Seele gleicht einer schönen Perle. Solange sie in einer Muschel auf dem Meeresboden verborgen hegt, kommt es niemandem in den Sinn, sie zu bewundern. Wenn ihr sie aber ins Sonnenlicht bringt, glänzt und funkelt sie und zieht die Blicke auf sich. So wird auch die reine Seele, die den Augen der Welt verborgen ist, einst im Licht der ewigen Sonne vor den Engeln erstrahlen. Wer die Reinheit verloren hat, ist wie ein von Ölflecken verunreinigtes Tuch. Man mag es waschen, doch nach dem Trocknen zeigen sich wieder die Flecken. So ist es auch bei der Sünde gegen die Reinheit. Eine gewöhnliche Seelenwäsche reicht hier nicht. Wenn wir das Unglück haben, eine solche Sünde der Unreinheit zu begehen, werden wir zu einer Wohnstätte für Dämonen. Unser Herr hat gesagt, daß nichts Unreines in sein Königreich eingehen wird. Die Reinheit ist ein Geschenk des Himmels. Man muß sie von Gott erbitten. Wenn wir darum bitten, werden wir sie erhalten. Man muß sehr achtgeben, sie nicht zu verlieren. Wir müssen unser Herz dem Stolz, der Sinnlichkeit und allen anderen Leidenschaften verschließen ... wie man Türen und Fenster verschließt, damit niemand einbrechen kann. Meine Kinder, wir können den Einfluß, den eine reine Seele auf den lieben Gott hat, nicht begreifen: sie erhält alles, was sie will. Eine reine Seele ist bei Gott wie ein Kind bei seiner Mutter. Es liebt und herzt sie, und die Mutter erwidert ihm seine Zärtlichkeiten. Um die Reinheit zu bewahren, gibt es drei Dinge, die Gegenwart Gottes, das Gebet und die Sakramente.
(aus: Frossard, Janine: "Ausgewählte Gedanken des heiligen Pfarrers von Ars" Leutesdorf 1979, S. 41)
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Du sollst verzeihen
Der liebe Gott wird nur denen verzeihen, die verziehen haben. Anders geht es nicht. Die Heiligen hatten nicht den geringsten Haß und Groll; sie verziehen alles und meinten immer, daß sie wegen ihrer Sünden, wodurch sie Gott beleidigt haben, es viel eher verdienten, gehaßt zu werden. Die schlechten Christen aber wollen sich rächen. Sobald wir unseren Nächsten hassen, wendet sich Gott gegen uns. Der Spieß wird umgedreht. Ich sagte einmal zu jemandem: "Sie wollen also nicht in den Himmel kommen, damit Sie diesen Men-schen, nicht zu sehen brauchen?" - "Oh ja, doch... Aber wir wollen uns fernbleiben, damit wir uns nicht sehen." Das wird für sie nicht schwer sein; denn die Pforte des HimmeIs bleibt für den Haß verschlossen. Der Himmel kennt keine Rachsucht. Für die guten und demütigen Herzen, die Unrecht und Schmähungen mit Freude oder Gleichmut ertragen, beginnt der Himmel schon auf dieser Welt; wer aber seinen Groll bewahrt, ist unglücklich... Es gibt Leute von großer äußerer Frömmigkeit, die bei dem geringsten Unrecht und der kleinsten Verleumdung sich betroffen und verletzt fühlen ...
Frossard, Janine: "Ausgewählte Gedanken des heiligen Pfarrers von Ars" Leutesdorf 1979, S. 38
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