DIE LITURGISCHE REBELLION GEGEN PAPST PIUS XII.
von H.H. Walter W.E. Dettmann
II.
Obwohl Papst Pius XII. sich am 20. November 1947 ganz klar gegen die sogenannte Konzelebration der Priester und gegen die Meßfeier mit dem Gesicht zum Volk ausgesprochen hatte, arbeiteten Hunderte von Priestern unter der Führung von Romano Guardini und Prof. Josef A Jungmann S.J. an den Plänen, das bisherige Hl. Meßopfer der katholischen Kirche von Grund auf zu verändern.
Papst Pius XII. hatte in ruhiger, aber sicherer Weise betont, was schon längst im kirchlichen Gesetzbuch festgelegt war und was jeden katholischen Priester zum Gehorsam verpflichten mußte.
Das "Liturgische Jahrbuch" von 1951 berichtet auf S.162 unter dem Titel "Liturgische Arbeit" folgendes:
"Zum ersten Mal tagte vom 20.-22.6.1950 in Frankfurt /a.M. ein deutscher liturgischer Kongreß. In drei Hauptversammlungen wurden in der Bonifatiuskirche grundlegende Fragen über die Feier der Sonntagsmesse erörtert. (...) Was der Tagung ihr besonderes Gepräge gab, war, daß im Mittelpunkt die Feier der Eucharistie stand. 750 (siebenhundertfünfzig!) Priester fanden sich am Vormittag zum Mahle und Altare des Herrn ein und begingen so in sakramentaler Wirklichkeit, was das Denken und Wollen der ganzen geistigen Arbeit war. (...) Es war nicht eine Zusammenkunft, der irgendwie am Rande das Mysterium zugeordnet war, sondern umgekehrt: Die heiligen Geheimnisse standen in der Mitte einer arbeitenden Gemeinschaft, und alles Sinnen und Trachten der Referate und Diskussionen kreiste um diesen einen Mittelpunkt".
Was steckt hinter diesem Bericht? Zuerst vermißt jeder unterrichtete Katholik, welche kirchliche Autorität diesen ersten deutschen liturgischen Kongreß einberufen hat. Schon hier ist ein Zeichen der großen liturgischen Rebellion gegen Papst Pius XII. zu erkennen.
Unter dem Titel "Liturgische Erneuerung im Heiligen Jahr 1950" schrieb der Benediktiner P. Theodor Bogler, daß auch zahlreiche Geistliche aus Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg, aus der Schweiz, aus Österreich und Italien in Frankfurt anwesend waren (Lit. Jahrb.1952, S. 3). Um so mehr vermißt man die Angabe, wer diesen Kongreß einberufen und dazu eingeladen hat.
Für den Tagungsort Frankfurt /a.M. war der Bischof von Limburg A.L. zuständig. Von diesem ist aber im Bericht über die Tagung kein einziges Wort zu lesen.
Ferner fällt folgendes auf: Es heißt: "In drei Hauptversammlungen wurden in der Bonifatiuskirche grundlegende Fragen über die Feier der Sonntagsmesse erörtert." Aber seit wann ist es ohne besondere kirchliche Genehmigung möglich, eine Pfarrkirche, in der das Allerheiligste aufbewahrt wird, als Diskussionsraum zu benützen?
In dem Bericht ist auch verschwiegen, was die 750 Geistlichen zwischen den drei Hauptversammlungen getan und gesprochen haben. Schließlich stimmt das Thema der drei Hauptversammlungen nur in ganz nebensächlichen Dingen mit den vier Schlußresolutionen überein, die der Kongreß an den deutschen Episkopat richtete, um sie an den Heiligen Vater als besondere Wünsche der Versammlung weiterzuleiten, nämlich:
1. Die Beibehaltung der Nüchternheitsdispensen, 2. die Weitergenehmigung der Abendmessen, 3. die Verlegung der Ostervigil auf den Karsamstagabend, 4. Epistel und Evangelium der Meßliturgie in deutscher Sprache.
Diese vier Schlußresolutionen der 750 Geistlichen in Frankfurt/a.M. waren nur eine Nebensache. In Wirklichkeit drehte es sich um ganz andere Dinge. Denn die 750 Priester hatten alle einzeln auf ihr tägliches Hl. Meßopfer am Morgen verzichtet, um die damals noch ungewohnte Konzelebration vorzubereiten und eine geeignete Form dafür zu finden. Im Bericht heißt es, daß sie sich alle "am Vormittag zum Mahle und Altare des Herrn einfanden". Es wird ausdrücklich gesagt, daß es nicht eine Zusammenkunft war, der "das Mysterium irgendwie am Rande zugeordnet war"; d.h., daß die 750 Tagungsteilnehmer morgens ihre Einzelzelebration als etwas "am Rande" Liegendes betrachteten und infolgedessen darauf verzichteten.
Der Bericht sagt: "Die heiligen Geheimnisse standen in der Mitte einer arbeitenden Gemeinschaft, und alles Sinnen und Trachten der Referate und Diskussionen kreiste um diesen einen Mittelpunkt!" Es klingt sehr sonderbar, wenn es im Bericht heißt, daß die 750 Geistlichen "so in sakramentaler Wirklichkeit" das begingen, "was das Denken und Wollen der ganzen geistlichen Arbeit war".
Hier ist es handgreiflich, daß die vier Schlußresolutionen nur ein täuschendes Anhängsel, bei weitem aber nicht die Hauptsache des ganzen Kongresses waren.
Das "Denken und Wollen der ganzen geistigen Arbeit" der 750 Tagungsteilnehmer war, wie sie selber sagten, in sogenannter "sakramentaler Wirklichkeit" eine einzige gemeinsame deutsche Meßfeier zu veranstalten und für die Zukunft eine passende Form dafür zu finden, ohne Rücksicht darauf, ob der Papst dies erlaubte oder nicht.
Wie und auf welche Weise konnten 750 Geistliche zugleich "in sakramentaler Wirklichkeit" um einen einzigen Altar herumversammelt sein, wenn sie dabei nicht an die Konzelebration, sondern nur an die vier belanglosen Schlußresolutionen dachten?
Das "Denken und Wollen der ganzen geistigen Arbeit" des Kongresses in Frankfurt war auf Kampf gegen Papst Pius XII. eingestellt und nicht bloß auf die vier Schlußresolutionen. Für so geringfügige Dinge hätte es niemals einer so groß aufgezogenen Tagung wie in Frankfurt bedurft. Die Sache der Schlußsätze hätten die Bischöfe nach Rücksprache mit Rom mit einem einzigen Federstrich regeln können.
In Frankfurt/a.M. ging es im Juni 1950 um nichts anderes als um den Kampf gegen das päpstliche Rundschreiben "Mediator Dei" vom Jahre 1947. (Anm. d. Red.: dieses Rundschreiben wird in der nächsten Nummer eigens behandelt) Die Führer der liturgischen Bewegung erkannten aber sehr bald, daß sie mit so großen Teilnehmerzahlen bei den Kongressen noch nicht weiterkamen. Daher beschlossen sie, bei den nächsten Jahreskongressen nur im engen Kreis zusammenzukommen, um den Boden für die Revolution in der Kirche noch besser vorzubereiten.
Die vier Frankfurter Schlußresolutionen waren nur eine Kleinigkeit. Denn zur gleichen Zeit waren schon alle Mitglieder der liturgischen Kommission, nämlich Bischof Albert Stohr von Mainz, Bischof Simon Landersdorfer von Passau, Romano Guardini, Prof. J.A. Jungmann, Heinrich von Meurers, Prälat Ludwig Wolker, Pius Parsch, Johannes Wagner und andere im Besitz einer probeweisen neuen deutschen Kanonübersetzung für Priester. Man zielte also nicht nur auf die deutsche Epistel und auf das deutsche Evangelium, wie es in den Schlußresolutionen hieße, sondern man ging auf's Ganze, nämlich auf die radikalste Änderung des Meßopfers, die es je gegeben hat.
Im Liturgischen Jahrbuch 1952 ist diese deutsche Kanon-Übersetzung enthalten (s.b. S.1 35 ff). Papst Pius XII. durfte selbstverständlich nichts davon erfahren; ihm wurden zum Schein der Unterwürfigkeit nur vier belanglose Resolutionen zugeleitet.
Die deutsche Kanon-Übersetzung von 1950 war unter der Leitung von Prof. Jungmann zustandegekommen (Lit. Jahrb. 1952, S. 135) und enthielt bereits jene Fälschungen der Wandlungsworte, die heute im Umlauf sind:
1. "Keine Abgrenzung der Wandlungsworte von den übrigen Worten Christi (z.B. ''Nehmet hin und esset"), 2. "für euch und die vielen" statt "für euch und für viele"! Der Ausdruck "die vielen" ist der unmittelbare Vorläufer von "für alle".
So wurde hinter dem Rücken von Papst Pius XII. gearbeitet!.Es ist klar, daß dies nur möglich war, wenn in Rom eine Person war, die alles gegenüber dem Papst abzuschirmen vermochte, auch wenn Bischöfe bei ihm aus und eingingen.
Prof. Josef Pascher von München schrieb im Liturgischen Jahrbuch von 1951 zur Einführung: "Was die Gelehrten der Gegenwart zur Erneuerung der Liturgie (...) in der Unterordnung unter die Hierarchie zu sagen haben, möchte des Jahrbuch bereitwillig aufnehmen. (...)" Das waren leere und täuschende Worte. Denn Prof. Pascher mußte als Herausgeber des Liturgischen Jahrbuches wissen, daß sich die Führer der liturgischen Bewegung in offenem Gegensatz zu Papst Pius XII. und zur gesamten katholischen Überlieferung befanden. Auch bei den meisten damaligen deutschen Bischöfen konnte von einer Unterordnung unter Papst Pius XII. keine Rede sein, sonst wäre der sogenannte liturgische Kongreß in Frankfurt /a.M. gar nicht zustandegekommen.
Die Verschwörung und Rebellion gegen Papst Pius XII. war in vollem Gange; unter den Anführern dieser Rebellion war ein Jesuit, der als Rektor einer der bedeutendsten kirchlichen Lehranstalten das besondere Gelübde des Gehorsams gegenüber dem Papst abgelegt hatte.
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