BEITRÄGE ZUM GESCHEHEN UM ECONE
I. DAS SÄBELRASSELN GEGEN ECONE
von H.H. Pericle Grimaldo
Fortsetzung:
Die Feindseligkeiten
Kaum war das neue Haus St. Pius X, in Fribourg und die Niederlassung in Ecône eröffnet, da hielt im November, 1970 Professor Stephan Pfürtner OP seinen berühmt-berüchtigten Vortrag in Bern über die von unserer Zeit geforderte neue Sexualmoral. Das war wohl ein Fanal, aber nicht der einzige Vorfall, der einer weiten katholischen Öffentlichkeit klarmachte, daß die Theologische Fakultät der Universität Fribourg nicht unbedingt der Hort der Orthodoxie war, wie es vorher die gängige Meinung war. Kardinal Charles Journet gab jedoch schon 1969 dem Erzbischof den Rat, seine Alumnen nicht an die Universität zuschicken, sondern selber eine Schule aufzubauen. Der Rat des Kardinals drängte sich nun auf, somit wurde ab 1971 der Schwerpunkt auf Ecône gelegt, welches auch die durch die zahlreiche Nachfrage erforderliche räumliche Expansion eher ermöglicht als das Haus in Fribourg. Somit entstanden in Ecône im Verlauf der vergangenen 5 Jahre recht umfangreiche Neubauten.
1972 gedachte Mgr. Lefèbvre in Aosta (Italien) eine Niederlassung zu eröffnen. Dort wurde ein Haus gekauft und die Sache mit dem Ortsbischof genauestens besprochen. Es kam der Tag der Vertragsunterzeichnung. Der Bischof von Aosta teilte dabei Mgr. Lefèbvre mit, daß er nun ermöglicht habe, daß die Priesterbruderschaft in Aosta sich niederlassen könne, er erwarte deshalb als Entgegenkommen von Seiten der Bruderschaft, daß in dieser Niederlassung der Novus Ordo Missae zelebriert werde, entgegen den vorhergehenden mündlichen Abmachungen und Zusagen. Mgr. Lefèbvre ging gleich weg ohne die Unterschrift zu leisten, um den Hauskauf wieder rückgängig zu machen.
Um diesen Zeitpunkt herum war die Polemik des französischen Episkopats schon im vollen Gange. Die französischen Diözesen leiden unter katastrophalem Priestermangel. Das allein ist schon ein Grund, daß die Bischöfe neidisch auf Ecône wurden. So las man in den Heften der "Documentation catholique" (Organ der franz. Bischöfe) immer mehr Stellungnahmen gegen Ecône, die gewöhnlich in der Drohung gipfelten, daß die dort ausgebildeten Priester niemals in Frankreich wirken dürfen. Das interessanteste "Beiträglein" war wohl ein Interview mit Kardinal Journet mit der Frage, ob er das Seminar Ecône unterstützen und verteidigen könne, wie er das bisher getan habe. Journet antwortete aber in dem Sinne, daß Mgr. Lefèbvre mit seiner Ablehnung des Novus Ordo dem Papst trotze, und er könne nicht zu einem Erzbischof oder zu einer Institution halten, welche sich offensichtlich gegen den Papst auflehne...
Anfang 1973 erklärten die Fribourger Bischöfe Mamie & Bullet, daß sie keineswegs Priester in ihrer Diözese beschäftigen würden, die nicht nach den Grundsätzen des II. Vatikanums ausgebildet wurden (Schweizerische Kirchenzeitung Nr. 5/1973). Dieser Erklärung hat sich bald darauf Bischof Adam angeschlossen.
Dennoch, in diese Zeit fiel der höchst bedeutungsvolle Besuch, den der damalige schweizerische Bundespräsident Roger Bonvin (der selber aus dem Wallis stammt) der Seminargemeinschaft abstattete. Trotzdem wurden die Bischöfe Adam und Mamie in Rom wegen Ecône vorstellig. In Deutschland, in der deutschen Schweiz und in Österreich erschienen in Zeitungen und Illustrierten die ersten ironisch-gehässigen Darstellungen über Ecône. Mangels Photomaterial mußte oft Kardinal Joseph Lefèbvre von Bourges zur Illustration herhalten. Die gleiche Presse glaubte dann auch, der der "Spuk" Ecône sei nun endgültig zu Ende, als eben dieser Kardinal Lefèbvre starb.
Dem Höhepunkt des Kampfes zu ...
Auf die Klagen von den Bischöfen Mamie & Adam in Rom kam es im Herbst 1974 zur päpstlichen Visitation in Ecône, die durch die beauftragten belgischen Geistlichen, Prälat Wilhelm Onclin (von der Kommission für die Reform des Kirchenrechtes) und Titularbischof Alber-Louis Descamps (einem. Rektor der Universität Löwen) durchgeführt wurde. Das Urteil dieser beiden Visitatoren, die die Nacht in der Bischofsresidenz Sitten verbrachten und tagsüber in Ecône ihre Nachforschungen betrieben, war wider Erwarten gut mit Ausnahme der Beanstandung der vorkonziliaren Liturgie. So soll sich kürzlich Mgr. Descamps auch sehr positiv über Ecône vor einer EWG-Delegierten-Vollversammlung in Bruxelles geäußert haben.
Aus Anlaß dieser römischen Visitation schrieb Mgr. Lefèbvre am 21. November 1974 einen Rundbrief an seine Seminaristen. Das Papier soll angeblich durch Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangt sein. So erschien es in "Itinéraires" (Januar Nummer) und in deutscher Übersetzung wurde es als Flugblatt verteilt. Die markantesten Sätze daraus. ""Keine Autorität, selbst die höchste in der Hierarchie, kann uns zwingen, unseren katholischen Glauben, so wie er vom Lehramt der Kirche seit 19 Jahrhunderten formuliert und bekannt wird, aufzugeben oder zu schmälern. Der hl. Paulus sagt: "Und würden wir selber oder ein Engel vom Himmel Euch ein anderes Evangelium lehren als das, was ich Euch gelehrt habe, so sei er verflucht.." (Gal. 1,8)"
Daraus und mit der in dem Rundschreiben enthaltenen Abrechnung mit dem II. vatikanischen Konzil bemüht man sich in Rom, dem Erzbischof einen Strick zu drehen. Zweimal im ersten Viertel dieses Jahres 1975 hatte Mgr. Lefèbvre ein Gespräch in Rom mit den Kardinälen Garonne (Studien), Wrigth (Klerus) und Tabera (Religiöse Gemeinschaften). Mgr. Lefèbvre war weder bereit, seinen Rundbrief zurückzustehen noch zu modifizieren. "Betrübt" gaben deshalb die drei Kardinäle das Dossier der Affäre Ecône dem Papst zur weiteren "Behandlung". Ende April 1975 erschien sodann im "Osservatore Romano" ein Leitartikel über Ecône, der in den Sätzen gipfelte: "Das Vorgehen jener Leute ist höchst befremdend, die ein Gebäude retten wollen und gleichzeitig dessen Fundamente untergraben. Besteht noch eine wirkliche und nicht bloß verbale Verbindung mit der lebendigen Kirche? Wem werden letzten Endes jene gehorchen, die sich mit dem Text (des Mgr. Lefèbvre) identifizieren? Wer wird der Interpret sein, auf die sie sich berufen? Diese Leute betrachten ja das lebendige Lehramt der Kirche a priori als suspekt. Was muß von jenen halten, die in diesem Geist und Sinn erzogen werden? Nun hatte Rom und Bischof Mamie Gelegenheit, zum entscheidenden Schlage gegen Ecône auszuholen. Der Oberhirte von Lausanne-Genf-Fribourg teilte am 6. Mai der versammelten "Diözesan-Synode" mit, daß er die 1970 von seinem Vorgänger Mgr. Charriere erteilte Approbation der Bruderschaft St. Pius X. entziehe. Obwohl die Lage künstlich angeheizt war durch die Presse, kam die Verurteilung etwas überraschend. Ende Januar / Anfang Februar berichtete die ganze Presse der Schweiz und des angrenzenden Auslands über Ecône. Gewöhnlich wurde das Unternehmen als "Sekte" bezeichnet, mit dem hervorstechenden Merkmal der "vorkonziliaren Liturgie" ("Messe auf lateinisch und mit dem Rücken zum Volk") und der "Thomistischen Theologie". Erst im Mai dieses Jahres wurde bekannt, daß Persönlichkeiten im Februar einen Brief an den Papst richteten zu Gunsten von Ecône. Sie schrieben darin, daß das Seminar der Schweiz zur Ehre gereiche, obgleich es von der Presse und kirchlichen Persönlichkeiten übel und gemein verleumdet werde. Unterzeichner dieses Schreibens waren u.a. Alt-Bundespräsident Roger Bonvin, Staatsrat Genoud und Partei-Sekretär Lovey. Von einer Reaktion Roms auf dieses gewichtige Schreiben vernahm man rein nichts, aber einige Zeitungen begangen zu höhnen, Alt-Bundespräsident Bonvin sei nun päpstlicher als der Papst in Sachen Ecône.
Anfang Juni 1975 wurde nun endlich auch das Schreiben bekannt, das die Kardinalskommission an die Bischöfe Mamie und Adam, aber speziell an die Adresse von Mgr. Lefèbvre richteten. Interessant dabei ist, daß die Frage der Liturgie mit keiner Silbe erwähnt wird, aber dafür das Schreiben, das in der Zeitschrift "Itinéraires" publiziert wurde. Die hauptsächlichsten Abschnitte sind folgende: "Mit voller Billigung seiner Heiligkeit teilen wir ihnen folgende Beschlüsse mit:
1) Mgr. Mamie wird ein Schreiben zugestellt werden, womit ihm das Recht zuerkannt wird, die von seinem Vorgänger der Bruderschaft und deren Statuten erteilte Genehmigung rückgängig zu machen. Das ist mittels des Schreibens von S. Em. Kardinal Tabera, Präfekt der Religiosenkongregation, geschehen. 2) Nach erfolgter Aufhebung der Bruderschaft hat diese keine rechtliche Grundlage mehr, und damit verlieren deren Niederlassungen und namentlich das Seminar von Ecône, automatisch ihr Daseinsrecht. 3) Es ist selbstverständlich - und das müssen wir mit aller Klarheit mitteilen -, daß Mgr. Lefèbvre keinerlei Unterstützung mehr zuteil werden darf, solange die im Manifest vom 21. November 1974 enthaltenen Gedanken Gesetz seines Handelns sind.
Unser Wunsch geht dahin, daß der Herr Sie, Exzellenz, erleuchten und Sie den Weg finden lassen möge, der seinem Willen entspricht, im Vertrauen auf jenen, dem wir als Bischöfe aufrichtigen und tatkräftigen Gehorsam schulden. Wir aber, wir versichern Sie unserer brüderlichen Verbundenheit und unseres Gebetes".
gez. + Gabriel Card. Garonne + John Card. Wrigth + Arturo Card. Tabera."
Im Hl. Jahr - im Jahr der Versöhnung
Die Aufhebung von Ecône existiert bis Dato auf dem Papier und in einigen Hitzköpfen. Einige Gazetten haben bereits festgestellt mit welcher Empörung, daß das Leben in Ecône "munter" weitergeht, und daß gegen die Bischöfe Mamie & Adam üble Anschuldigungen laut wurden. Tatsächlich macht man sich in Ecône seither nicht viel aus der Affäre. Man hat sich an die Verfolgung gewöhnt. 2 von den 120 Seminaristen sind ausgetreten.
Auch der Pfarrer Pierre Epinay (*1935) von Riddes wurde jüngst ein Opfer der Verfolgungsjagd des Bischof Adam. In der Pfarrei Riddes liegt Ecône, und der Ortspfarrer war mit dem Erzbischof und dem Seminar befreundet. Nun wurde er seines Amtes enthoben.
Punkt 3 des Briefes der Kardinäle an Exz. Lefèbvre sagt es nicht expressis verbis, aber dem Effekt nach, daß Mgr. Lefèbvre als excommunicatus und sogar als vitandus zu betrachten und zu behandeln sei. Um einen Präzedenzfall dieser Art zu finden, können wir gute 3 Jahrhunderte zurückblicken, zum Fall des Cornelius Jansenius!
Die Angriffe Roms und der Bischöfe waren im Prinzip eine Quantité négligable, wenn nicht die Presse wäre, eine Presse, die seit Januar fast pausenlos über Ecône, die Visitation, und dann über das durch die Una-Voce zu gründende Seminar Weißbad und jetzt wiederum über Ecône im Stile der üblichen Verleumdung berichtet. Dennoch besuchen die Gläubigen weiterhin die Gottesdienste noch im vermehrtem Maße, und auch finanzielle Unterstützung wird weiterhin zuteil.
Einige Fragen bleiben dennoch offen. Mgr. Lefèbvre hatte es bis jetzt schon schwierig, Inkardinationsmöglichkeiten für seine Alumnen zu finden, damit diese ordiniert werden können. Durch den organisierten Rufmord wird das noch schwieriger sein. Ob sich etwa nicht eine unkanonische Lösung aufdrängt? Noch schwerwiegender ist die Frage, was einmal ohne Erzbischof Lefèbvre geschieht? Hat wohl Rom und haben die Feinde in Fribourg und Sitten diesbezüglich Hoffnungen, nachdem alle bisherigen Maßnahmen der Verfolgung scheiterten?
Im Jahre der Versöhnung wird verfolgt und Gesinnungsterror praktiziert, weiland Hitler und Stalin es taten. Ist das die erneuerte katholische Kirche, die Kirche Jesu Christi?
Vor drei Jahren ungefähr war Mgr. Lefèbvre mit einigen Seminaristen in Rom. Er nahm auch an einer der sog. Mittwoch-Audienzen teil. Die anwesenden Bischöfe erhalten gewöhnlich einen Platz in der vordersten Reihe und werden einzeln nach dem Segen vom Papst begrüßt. Als Paul VI. zu Mgr. Lefèbvre kam, schüttelte er ihm freundlich die Hand. Dann bat Mgr. Lefèbvre den Papst, er möge seine Seminaristen segnen. Erschrocken, ja fast entrüstet sperrte Paul VI. Mund und Augen auf, indem er vom Majordomus Mgr. Jacques Martin zum nächsten Bischof "geschoben" wurde.
Vor nach nicht allzu langer Zeit soll Kardinal Garonne erklärt haben, daß Ecône nicht verurteilt werde, solange Papst Paul VI. regiere. Trotz allem kam nun die Verurteilung im Auftrage des Papstes. Professor Hans Küng hat u.a. auch den päpstlichen Primat massiv in Frage gestellt, auch anhand seines Sola-scriptura-Prinzips. Seine Bücher und Vorträge wurden und werden in der ganzen zivilisierten Welt bekannt und in alle Kultursprachen übersetzt. - Bekannt sind auch die Angriffe des Professor Haag auf Paul VI., weil der Papst in seinem "Credo" auch am Glauben an den Teufel und die Engel festhielt. Die prominenten Papst-Kritiker innerhalb des Katholizismus anläßlich der Enzyklika "Humanae vitae" im Sommer 1968 sind Legion. Im Dezember 1969 erhielt der Vatikan ein Protestschreiben an die Adresse des Papstes, der die Freiheit der theologischen Forschung blockiere. Über 60 prominente katholische Theologen unterzeichneten das Schreiben (Karl Rahner, Yves Congar, Hans Küng, Leonhard Weber, Herbert Haag etc.) eine noch größere Zahl von Theologen aus aller Welt schlossen sich dem Protest an.
All diesen Herren geschah rein nichts. Hans Küng erhielt einen Verweis, der eigentlich als Propaganda zu werten ist, zumal die gesamte Presse ihm günstig gesinnt ist. Ähnliches läßt sich vom Falle Haag sagen. Den Protesttheologen kam man entgegen; indem Paul VI. eine internationale-theologische Kommission gründete.
Massive Angriffe auf die päpstliche Autorität gab auch im Sommer 1970 Kardinal Suenens zum besten. In Rom wirbelten sie etwas Staub auf, sonst geschah nichts!
Erzbischof Lefèbvre, der sich nun klar zur katholischen Tradition bekennt, der gewillt ist an der Kirche, wie sie immer war, festzuhalten, wird verurteilt. Verurteilungen gab es immer in der Kirchengeschichte, man denke noch zurück an den Fall Hermann Schell oder Joseph Wittig. Damals wurden diese aber verurteilt, weil sie Häresien lehrten. Mgr. Lefèbvre; einer der verdientesten Bischöfe des katholischen Weltepiskopats, hält am alten Glauben fest und lehnt die im Gefolge des Konzils möglich gewordenen Aufweichungen ab. Das ist sein ganzes Verbrechen! Selbst im Vatikan wird die vorkonziliare Kirche als "Sekte" bezeichnet, und das ist sehr bedenklich und in der Religionsgeschichte einmalig, daß eine Glaubensgemeinschaft dermaßen ihre Vergangenheit ausrottet und verflucht. Deutlich dafür ist das Wort des Bischof Adam, das keines weiteren Kommentars bedarf. "Wenn diese Leute eine vorkonziliare Kirche gründen wollen, dann werden wir ihnen als getrennte Brüder begegnen. Solange sie sich katholisch nennen, werfen wir ihnen vor, daß sie dem Papst und dem Konzil nicht gehorchen."
II. BRIEF VON ERZBISCHOF LEFEBVRE AN "KARDINAL" DINO STAFFA
Seine Exzellenz Erzbischof Lefèbvre hat die Entscheidung der "Kardinals-Kommission" mit folgendem Rekurs in französischer Sprache bekämpft.
"Priesterbruderschaft St. Pius X., 35 Via Trilussa, Albano Laziale + 21. Mai 1975 Hochwürdigste Eminenz Wollen Sie die beiliegenden Dokumente entgegennehmen, die Gegenstand meines Rekurses an Ihre Behörde sind. Ich formuliere meinen Rekurs:
1. Gegen die Form, in der die Entscheidungen in den Briefen vom 6. Mai 1975 getroffen worden sind sowohl von S.E. Monseigneur Mamie, Bischof von Freiburg als auch von den drei Kardinälen, die den von Rom aus an mich gerichteten Brief unterfertigt haben. Diese Art des Verfahrens verstößt gegen Canon 293 des Codex Juris Canonici.
2. Gegen die Kompetenz der Kardinals-Kommission, die mich in einer Glaubenssache verurteilt wegen meiner in der Revue "Itinéraires" erschienenen Deklaration, die ich am 21. November 1974 geschrieben habe. Ich verlange von dem einzigen für diese Angelegenheit zuständigen Tribunal abgeurteilt zu werden: der Heiligen Kongregation für die Glaubenslehre.
3. Gegen das von S.E. Monseigneur Mamie gefällte und von den Kardinälen der Kommission bestätigte Urteil. Tatsächlich müßte meine Deklaration wenn Sie zu verdammen wäre, zu meiner persönlichen Verdammung führen und nicht zur Zerstörung der Bruderschaft, noch des Seminars, noch der aufgebauten Häuser. Dies umsomehr, als die Kardinäle mir versichert haben, daß die apostolische Visitation, die am 11.12. und 13. November 1974 stattgefunden hat, ein günstiges Urteil über das Werk des Seminars ergeben hat. Im Hinblick auf diesen Rekurs und im Hinblick auf die rechtlichen Bestimmungen, wonach dieser Rekurs eine die Rechtskraft aufschiebende Wirkung hat, vertrete ich bis zum Beweis des Gegenteils die Rechtsansicht, daß meine Bruderschaft und alles, was mit ihr zusammenhängt, ihre kanonische Existenz (kirchenrechtliche Grundlage) weiterbehält. Ich bleibe Euer Eminenz für eingehendere Informationen zur Verfügung und bitte meine hochachtungsvollen Gefühle in Unserem Herrn und Unserer Lieben Frau zu genehmigen.
+ Marcel Lefèbvre ex-Erzbischof von Tulle Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. (eh.)
An S.E. Kardinal Dino Staffa, Präfekt des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur, Rom" (zitiert nach "Ave-Kurier" 6. Jg. (1975) Nr. 7, Seite 13.)
III.
Diesem Rekurs fügte Seine Exzellenz folgende Sachverhaltsdarstellung in französischer Sprache an:
Rom, am 30. Mai 1975 Bericht über die Art, wie die "Kommission der drei Kardinäle" verfuhr, um bis zur Entscheidung zu kommen, die Priesterbruderschaft St. Pius X und ihr Seminar zu unterdrücken. Zunächst ist daran zu erinnern, daß diesem Verfahren Pressekampagnen vorausgingen, die seit der Gründung der Priesterbruderschaft und ihres Seminars, zumal seit seinem Erfolg bei der Jugend und der weltweiten Ausbreitung seines Rufes, entfesselt wurden, Kampagnen, die gehässige Verleumdungen enthielten wie etwa die von einem "wilden Seminar" - so drückte sich der französische Episkopat aus und dann auch die Schweizer-Bischöfe, obwohl der Bischof von Fribourg genau wußte, daß dafür jede Begründung fehlte.
Es war klar, daß dann Eingaben in Rom gemacht wurden, um unsere Aufhebung zu erreichen. Am 9. November kündigte uns ein Brief der Nuntiatur in Bern an, daß eine vom Hl. Vater ernannte Kommission, bestehend aus den Kardinalpräfekten der zuständigen Kongregationen, nämlich der der Religiosen, der katholischen Erziehung und des Klerus, uns zwei apostolische Visitatoren schicken werde, Seine Exzellenz Msgr. Descamp und Msgr. Onclin. Die beiden Visitatoren stellten sich am Montag, dem 11. November, 9 Uhr, vor und befragten dann während dreier Tage zehn Professoren, 20 von den 104 Studenten und mich selbst. Am 13. November, 18 Uhr, reisten sie wieder ab, ohne daß ein Protokoll über die Visitation ausgefertigt wurde. Wir haben von dem Bericht, den sie verfaßt haben, niemals die geringste Kenntnis erhalten.
In der Überzeugung, daß diese Visitation der erste, von den Progressisten längst herbeigewünschte Schritt zu unserer Unterdrückung war, und nach der Feststellung, daß die Visitatoren mit der Absicht gekommen waren, uns auf die Linie der in der Kirche seit dem Konzil durchgeführten Änderungen zu bringen, entschloß ich mich, meine Auffassung den Angehörigen des Seminars genauer darzulegen. Ich konnte mich nicht diesem Rom anschließen, das die beiden apostolischen Visitatoren repräsentierten: sie fanden die Priesterweihe Verheirateter normal und unvermeidlich, sie ließen eine unveränderliche Wahrheit nicht gelten, sie streuten Zweifel aus über das traditionelle Verständnis der Auferstehung des Herrn.
Hier liegt der Ursprung meiner Erklärung. Sie wurde im Zustand einer ohne Zweifel sehr starken (excessiven) Entrüstung verfaßt.
Danach vergingen zweieinhalb Monate, ohne daß sich etwas ereignet. Am 30. Januar 1975 wurde ich durch einen Brief, der von den drei Mitgliedern der Kommission unterschrieben war, nach Rom "zu einer Unterredung" mit ihnen eingeladen "über Punkte, die nicht zu klären waren."
Der Einladung folgende begab ich mich am 13. Februar 1975 zu der Kongregation für die katholische Erziehung. Die Eminenzen, die Kardinäle Garrone, Wright und Tabera, begleitet von einem Sekretär, luden mich ein, mit ihnen am Konferenztisch Platz zu nehmen. Kardinal Garrone fragte mich, ob ich etwas Unzumutbares darin sähe, daß die Gespräche aufgezeichnet würden, und der Sekretär schaltete das Tonband ein.
Man bestätigte mir, daß die Visitatoren einen guten Eindruck gewonnen hätten; dann aber war keine Rede mehr von der Bruderschaft und vom Seminar, weder am 13. Februar noch am 3. März. Es ging nur noch um meine Erklärung vom 21. November 1974, die ich aufgrund der apostolischen Visitation abgegeben hatte.
Voller Heftigkeit griff mich Kardinal Garrone wegen dieser Erklärung an; er ging dabei so weit, mich einen "Verrückten" (fou) zu nennen; er sagte mir, ich spiele mich als einen "Athanasius" auf, und so ging es 25 Minuten lang. Kardinal Tabera verstieg sich zu dem Vorwurf: "Sie sind schlimmer als alle Progressisten zusammen!", und weiter, ich hätte die Gemeinschaft mit der Kirche gebrochen.
Befand ich mich in einem Verhör? Oder gar vor Richtern? Welche Kompetenz hatte eigentlich diese Kommission? Man versicherte mir nur, daß sie vom Hl. Vater beauftragt war und daß er es sei, der das Urteil fällen werde. Es war klar, daß das Urteil bereits feststand.
Ich habe vergebens versucht, Argumente zu formulieren und den genauen Sinn meiner Erklärung darzulegen. Ich versicherte, daß ich den Papst und die Bischöfe immer respektiert habe und dies weiter tun werde, es sei mir aber nicht einsichtig, daß die Kritik an gewissen Konzilstexten und den daraus erfolgten Reformen einem Bruch mit der Kirche gleichzusetzen sei; ich hätte mich bemüht, die tiefen Ursachen der kirchlichen Krise genauer zu bestimmen, und mein ganzes Handeln beweise meinen Wunsch, die Kirche aufzubauen und nicht sie zu zerstören. Aber kein Argument wurde in Betracht gezogen. Kardinal Garrone versicherte mir, daß die Ursache der Krise bei den Kommunikationsmitteln liege.
Im Laufe der Sitzung vom 13. Februar wie auch der vom 3. März gewann ich den Eindruck, getäuscht worden zu sein: man hatte mich zu einer Unterredung eingeladen; tatsächlich hatte ich es mit einem Gericht zu tun, das entschlossen war, mich zu verurteilen. Nichts wurde getan, um mir zu einem Kompromiß oder zu einer annehmbaren Lösung zu verhelfen, man gab mir nichts Schriftliches, wonach ich die Angaben hätte präzisieren können, keine schriftliche Ermahnung. Während der fünfstündigen Unterredung führte man nur das Argument der Autorität ins Feld, begleitet von Drohungen und Beschimpfungen.
Nach der zweiten Sitzung bat ich um eine Kopie der Tonaufzeichnung. Kardinal Garrone gab zur Antwort, es sei ganz in Ordnung, daß ich eine Kopie hätte, das sei mein Recht, und verständigte seinen Sekretär. Am selben Abend noch schickte ich jemand hin, versehen mit den nötigen Geräten. Aber der Sekretär versicherte , daß es sich nur um eine Abschrift handeln könne. Darauf ging ich am nächsten Morgen selber hin, um die Tonkopie zu verlangen (demander). Der Sekretär begab sich zum Kardinal und kam zurück mit dem Bescheid, es käme nur eine schriftliche Aufzeichnung in Frage. Man versprach mir eine Abschrift davon bis zum nächsten Abend. Um mich zu vergewissern , daß sie fertig sei, rief ich am Vormittag des nächsten Tages an. Nun sagte mir der Sekretär, es sei nicht die Rede davon , mir eine Abschrift zu geben, aber ich könne zwischen 17 und 20 Uhr kommen, um darin Einblick zu nehmen.
Angesichts einer derartigen Behandlung verzichtete ich lieber darauf. Das Ganze war ein Scheinprozeß: er bestand aus einer Visitation, die - mit einigen Einschränkungen - angeblich günstig ausging und aus zwei Unterredungen, die sich lediglich auf meine Erklärung bezogen; diese verdammte man total, ohne Einschränkung, ohne Unterscheidung, ohne Prüfung im einzelnen und ohne daß ich nur eine schriftliche Zeile darüber erhielt. Dann folgte Schlag auf Schlag. Ich erhielt einen Brief von Msgr. Mamie, durch den mit Approbation der Kardinalskommission Bruderschaft und Seminar aufgehoben wurden; dann ein Schreiben von der Kommission selbst, das den Brief von Msgr. Mamie bestätigte, ohne daß eine formelle und präzise Anklage über die Sätze meiner Erklärung formuliert worden wäre. Und diese Entscheidung war, wie Msgr. Mamie sagte, "sofort rechtskräftig".
Ich sollte also aus dem Seminar 104 Seminaristen, 13 Professoren und das Personal sofort wegschicken, und dies zwei Monate vor Ende des Schuljahres! Man braucht diese Dinge nur niederzuschreiben, um sich vorzustellen, was diejenigen, die noch ein wenig gesundes Empfinden und Ehrgefühl haben, darüber denken. Wir schrieben den 8. Mai im Jahre der Versöhnung!
Hat der Hl. Vater wirklich Kenntnis von diesen Dingen? Es fällt uns nicht leicht, das zu glauben. ((aus: "Der Fels" 6. Jg. (1975) Nr.8, S. 229 f))
IV. ENTSCHEIDUNG DES "OBERSTEN GERICHTSHOFES DER APOSTOLISCHEN SIGNATUR SEKTION II
Der Rekurs von Erzbischof Lefèbvre vom 21. Mai 1975 wurde mit folgender Entscheidung in lateinischer Sprache wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.
"Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Palais des Kanzleramtes, 00120 Vatikanstadt, Prot. Nr. 6724/75 C.A. Betr.: Pia Unio der Diözese Lausanne, Genf, Freiburg
Rekurs Seiner Exzellenz Nachdem Seine Exzellenz Monseigneur Marcel Lefèbvre, Oberer des Institutes mit Namen "Priesterbruderschaft St. Pius. X.", mit Schreiben vom 21. Mai 1975, eingelangt bei der Kanzlei dieses Obersten Gerichtshofes am 5. Juni 1975, gegen den Bescheid Seiner Exzellenz, des Bischofs von Lausanne, Genf und Freiburg, vom 6. Mai 1975, mit dem das Errichtungsdekret dieser Bruderschaft widerrufen wird, Rekurs eingelegt hat und in Anbetracht dessen, daß aus den dem Rekurs beigelegten Dokumenten hervorgeht, daß der bekämpfte Bescheid nichts anderes sei als die Vollstreckung der von der Sonderkommission der drei Kardinäle ergangenen Entscheidungen, die vom Heiligen Vater in besonderer Weise bestätigt wurden; erklärt der Oberste Gerichtshof der Apostolischen Signatur gemäß can. 1556 C.I.C., daß der eingebrachte Rekurs wegen absoluter Unzuständigkeit dieses Obersten Gerichtshofes nicht angenommen werden könne. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur in Rom, am 10. Juni 1975 Dino Kardinal Staffa, Präfakt - Erzbischof Aurelio Sabattini, Sekretär (aus "Ave Kurier", Aug.1975)
V. ERNEUTER EINSPRUCH ERZBISCHOF LEFEBVRES GEGEN DIESEN BESCHEID:
Gegen diese Entscheidung hat Erzbischof Lefèbvre folgenden weiteren Rekurs durch seinen Advokaten in lateinischer Sprache eingebracht:
An den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Sektion II zu Prot. Nr. 6724/75 C.A.
Betr.: Diözese Lausanne, Genf und Freiburg - Rekurs Seiner Exzellenz Lefèbvre
Hohe Eminenz, Herr Vorsitzender, der gefertigte Anwalt des Rekurswerbers wagt es demütigen, aber festen Herzens, vorzubringen, daß es sich bei dem Bescheid Seiner Eminenz vom 10. Juni 1975, vor kurzem dem Gefertigten zugestellt, unserer Ansicht nach nicht um eine spezielle Approbation (ausdrückliche persönliche Genehmigung) des Heiligen Vaters handelt.
Aus den Worten des Briefes vom 6. Mai 1975 (in den Akten) und zwar "Es geschieht mit voller Genehmigung Seiner Heiligkeit, daß wir Ihnen die folgenden Beschlüsse bekanntgeben" ergibt sich nämlich, daß man nicht von einer besonderen Genehmigung sprechen kann (die den Akt oder das Dekret zu einem im eigentlichen Sinn päpstlichen macht), sondern nur von einer allgemein üblichen Genehmigung, die seine Heiligkeit verleiht für alle Entscheidungen jeder beliebigen Vollversammlung, sei es von Kongregationen, sei es von der Apostolischen Signatur, sei es von irgend einer besonderen Kardinals-Kommission, wie im vorliegenden Fall.
"... volle Billigung Seiner Heiligkeit ... " bringt nicht mit sich, daß dieser Akt als ein persönlicher und unmittelbarer Akt des Papstes gesetzt ist, sondern läßt die Natur dieses Aktes unverändert, nämlich als einen Akt, der in keiner Weise von Seiner Heiligkeit gesetzt wird, vielmehr nur von der von Ihm eingesetzten Kommission.
Der Gefertigte bittet also, Seine Eminenz möge geruhen, die Sache gemäß den entsprechenden Rechtsvorschriften unter Einhaltung des zu wahrenden Rechtes dem Senat zuzuweisen und insbesondere dem Antrag des Anwaltes zu entsprechen.
Wenn hingegen das Dekret vom 10. Juni 1975 als endgültig und unwiderruflich betrachtet werden soll, erklärt der Gefertigte namens seines Klienten Berufung erheben zu wollen und erhebt tatsächlich hiermit Berufung an das erkennende Kollegium oder an die Vollversammlung der Kardinäle, daß nach Anerkennung der Zuständigkeit der Apostolischen Signatur, Sektion II nach den Vorschriften des Rechtes verfahren werde.
Der in geziemendem Gehorsam ergebene Diener
Corrado Bernardini, Advokat" Rom, am 14. Juni 1975 ( aus: "Ave Kurier", Aug 1975)
VI. BRIEF VON ABBÉ DE NANTES AN EXZELLENZ ERZBISCHOF LEFEBVRE
6. März 1975
Exzellenz,
Ich habe es außerordentlich bedauert, daß Sie gerade zum Zeitpunkt meiner Reise in die Schweiz und meines Aufenthaltes in Ihrem Seminar abwesend waren. Doch vielleicht ist es besser, wenn ich Sie schriftlich bitte, die Güte zu haben, mir klar zu machen, was Sie über meine Ansicht* über die Gültigkeit, die Erlaubtheit und die Schädlichkeit der "Neuen Messe" denken. Tatsächlich geben mir zahlreiche Mitbrüder oder Freunde davon Kenntnis, daß Sie sie als "absolut unmöglich", "von einer unhaltbaren Unlogik" usw. beurteilen, ohne indessen dahin zu gelangen, mir die Gründe dieser Beurteilung zu erläutern, die sie ebenso in Bestürzung versetzt wie uns hier. Ich hoffe, daß meine Überzeugung richtig ist, daß es sich hierin wiederum um einen Irrtum oder ein Mißverständnis handelt, die viele unserer Freunde der CRC (= Kath.-Gegenreformation, Anm.d.Red.), die übrigens großzügige Wohltäter Ihres ausgezeichneten Werkes sind, mit Schmerz erfüllen
Ich bitte Sie deshalb, Exzellenz, mir die genauen Gründe solcher Kritiken mitzuteilen, damit ich sie allen unseren Lesern zur Kenntnis geben kann, um Klarheit in deren Bewußtsein zu bringen. Ich hege gute Hoffnung, auf diese Weise Abhilfe zu schaffen von den so betrüblichen Spaltungen, die unter denen herrschen, die eine katholische Gegenreformation gleicher Richtung kraftvoll einigen sollte, zum Nutzen desselben Glaubens und derselben Liebe.
Seien Sie, M. Chanoine Berthod, Hochwürdiger Herr Barielle und Dom Guillon meiner tief empfundenen Dankbarkeit für Ihren so herzlichen Empfang versichert, grüßen Sie die Herren Professoren, und seinen Sie Exzellenz, von meiner tiefsten und geistlichen Hochachtung überzeugt.
Georges de Nantes.
*Anmerkung zum Brief an Erzbischof Lefèbvre: Abbé de Nantes über die "Messe" Paul VI. (s.b. auch CRC 91, S. 13 f): "Sie ist gültig und erlaubt, weil sie von einem regierenden Papst in Gemeinschaft der Bischöfe eingesetzt wurde. Sich dagegen aufzulehnen, daß sie von der Apostolischen Autorität promulgiert wurde, ist unmöglich. Sich aufzulehnen, daß der Urheber Papst Paul VI. die legitime Autorität ist, stellt einen Akt des offensichtlichen Schismas dar. Das ist ein typisch lutherisches Räsonnement, im Konfliktsfall die unsichtbar Autorität einer fiktiven Kirche gegenüber der sichtbaren hierarchischen anzurufen. (...) Andernfalls hätten sie die Pforten der Hölle überwunden, es gäbe keine Kirche mehr." -
Abbé de Nantes ist der Ansicht, daß die "Messe" Paul VI., in der richtigen Intention gefeiert, der alten Messe gleichzusetzen ist, obwohl die Form dieser "Messe" und die Absicht, mit der sie erlassen wurde, so Abbé de Nantes: "häretisch, pervers, protestantisch, relativistisch ist und diejenigen gradweise vergiftet, die ihn benützen". -
Anm. d.Red.: Wir haben zum wiederholten Male festgestellt, daß wir die Ansicht von Abbé de Nantes bezüglich der "Messe" Paul VI. und seiner Person nicht teilen.
In CRC Nr. 90 vom März 1975 druckte Abbé de Nantes das Manifest Erzbischof Lefèbvres vom 21. November 1974 ab mit der Überschrift: "Im Verein mit Paul VI.?" - Im anschließenden Kommentar weist Abbé de Nantes sehr richtig darauf hin, daß Msgr. Lefèbvre nicht Paul VI. und das II. vatikanische Konzil als die Ursachen des heutigen Zustandes der Kirche, sondern nur die bedauerlichen Folgen der Maßnahmen Paul VI. und die verhängnisvollen Interpretationen des II. vatikanischen Konzils ablehnt. De Nantes kommt in voller Würdigung der Haltung Msgr. Lefèbvres zu dem Schluß, daß er im Verlauf der Entwicklung nicht umhin komme, die genannten eigentlichen Ursachen des Niedergangs: die Person Paul VI. und das II. vatikanische Konzil selbst zu nennen.
VII. ANTWORT VON ERZBISCHOF LEFÈBVRE AN ABBÉ DE NANTES
Vorbemerkung: Interessant ist die Anmerkung der UVK-Redaktion zur Person Abbé de Nantes, die wir unseren hellhörigen Lesern nicht vorenthalten möchten (vgl. UVK, Heft 4, Seite 228, der wir auch die Übersetzung des in "Itinéraires" 193, Mai 1975, S. 69 erschienen Briefes entnehmen): Abbé Georges de Nantes ist der geistige Führer, einer radikalen französischen Traditionalistenbewegung und gibt für seine Anhänger die Zeitschrift "La Contre-Reforme catholique Au XXe Siecle" heraus. Er hat ein Buch veröffentlicht - "Liber accusationis" - in dem er beweisen will, daß Papst Paul VI. "als ein Häretiker, ein Schismatiker und ein skandalöser Papst" zu bezeichnen ist. Abbé de Nantes ist suspendiert. - In seiner Zeitschrift hatte Abbé de Nantes Artikel veröffentlicht, in denen er versucht, Mgr. Lefèbvre auf seine Linie zu bringen.
Lieber Herr Abbé! Sie werden, glaube ich, zugeben, daß nicht ich den Wunsch hatte, Briefe zu wechseln, die veröffentlicht werden. Ich habe Ihnen das schon geschrieben. Debatten dieser Art schwächen nur die geistige Kraft, deren wir zum Kampf gegen Irrtum und Häresie bedürfen. Die Taktlosigkeit Ihres Vorgehens ist so groß, daß ich still geblieben wäre, wenn Sie nicht in Ihren beider letzter Ausgaben Artikel geschrieben hätten, die sehr verfänglich sind und mir Schaden verursachen können.
Der erste bezog sich auf den - von Ihnen als wünschenswert betrachteten Bruch eines Bischofs mit Rom. Freilich war niemand ausdrücklich erwähnt. Doch nannten Sie in den folgenden Zeilen meinen Namen anläßlich der Pilgerfahrt des "Credo". Die weniger orientierten Leser machten sofort die Kombination zwischen dem, den Sie mit Namen nannten, und den vorausgehenden Zeilen. Ein solches Vorgehen ist widerwärtig. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß, wenn ein Bischof mit Rom bricht, nicht ich dieser Bischof sein werde. Meine "Erklärung" sagt das sehr ausdrücklich und mit Nachdruck.
Was nun diese betrifft, so muß ich Ihnen auch meine völlige Nichtübereinstimmung mit dem Kommentar ausdrücken, den Sie in Ihrer letzten Nummer dazu geben und der ausspricht, was Sie selbst wünschen und was Sie darin sehen möchten, aber nicht, was ist.
Als der Apostel Paulus dem heiligen Petrus Vorwürfe machte, hat er gewiß dem Oberhaupt der Kirche die Liebe und Achtung bewahrt und auch bekundet, die ihm geschuldet waren. Der heilige Paulus war zur gleichen Zeit "mit" Petrus, dem Haupt der Kirche, der auf dem Konzil von Jerusalem klare Vorschriften gegeben hatte, und "gegen" Petrus, der in der Praxis gegen seine eigenen Instruktionen handelte. Sind wir nicht heute bei vielen Gelegenheiten zu ähnlichen Gefühlen versucht? Doch das gibt uns kein Recht, den Nachfolger Petri ohne Achtung zu behandeln und soll uns veranlassen, mit immer größerer Inbrunst für ihn zu beten.
Mit Papst Paul VI. erheben wir Anzeige gegen den Neomodernismus, die Selbstzerstörung der Kirche, den Satansrauch in der Kirche, und deshalb weigern wir uns, an der Zerstörung der Kirche durch die Ausbreitung des Modernismus und des Protestantismus mitzuwirken, indem wir uns den Reformen anschließen, die davon inspiriert sind, wenn sie auch von Rom kommen.
Wie ich vor kurzem in Rom zu sagen Gelegenheit hatte, und zwar mit Bezug auf das Zweite Vatikanische Konzil: Der Liberalismus wurde hundertfünfzig Jahre lang von der Kirche verurteilt. Er ist in die Kirche eingedrungen; begünstigt vom Konzil. An den praktischen Folgen dieses Liberalismus geht die Kirche dahin. Wir müssen deshalb alles tun, um der Kirche und den sie Regierenden zu helfen, sich von diesem teuflischen Zugriff freizumachen. Das ist der Sinn meiner "Erklärung". Über Ihre unlogischen Ausführungen und darüber, daß Sie mich in Ecône nicht getroffen hatten, will ich nicht reden; das sind Lappalien neben dem Hauptproblem; von dem ich oben gesprochen habe. Mit dem Ausdruck meiner Achtung und herzlichen Ergebenheit in Christus und Maria
+ Marcel Lefèbvre am 1. März 1975, dem Fest des heiligen Josef
VIII. DER BESUCH ERZBISCHOF LEFEBVRES IN MARIAZELL - ÖSTERREICH
Vorbemerkung: Diesem angekündigten und von Ministerialrat Dr. Ferdinand Steinhart - Wien organisierten Besuch war eine Kampagne vorausgegangen, die ihren Niederschlag auch in der Presse gefunden hat. So berichtet z.B. die "DT" vom 5./6. Sept. 1975 folgendes: "Offiziell distanziert hat sich der Bischof von Graz-Seckau, Johannes Weber, von dem Vorhaben einer 'Sternwallfahrt glaubenstreuer Katholiken' mit dem Gründer des von Rom verbotenen Priesterseminars in Ecône/Schweiz, Erzbischof Marcel Lefèbvre an der Spitze, in den steirischen Wallfahrtsort Mariazell. Wie Bischof Weber auf Anfrage mitteilte, hat er den österreichischen Organisator des Vorhabens, den Wiener Ministerialrat Dr. Ferdinand Steinhart, telegrafisch auf die römischen Liturgiebestimmungen hingewiesen und damit dem Plan eines Pontifikalamtes in der Mariazeller Basilika nach dem Ritus Pius V. eine Absage erteilt. Von jeder Demonstration gegen die römischen Entscheidungen im Zusammenhang mit Ecône müsse er sich nachdrücklich distanzieren, betonte Weber. Eine Zustimmung für die Meßfeier im Ritus Pius' V. könne er ebenfalls nicht erteilen, setzte der Bischof hinzu."
Hier nun der Bericht über den Besuch in Mariazell, den wir der "DT" vom 16. Sept. 1975 entnehmen: "LEFEBVRE: ECONE WIRD NICHT AUFGELÖST - In Mariazell hielt sich der Erzbischof an die Anordnung von Bischof Johann Weber - Graz. (KNA) Das umstrittene Priesterseminar in Ecône der von Rom suspendierten Priesterbruderschaft 'Plus X' wird vonseinem Gründer, dem ehemaligen Missionserzbischof und Ordensoberen Marcel Lefèbvre, nicht aufgelöst. Dies teilte der Erzbischof am 8. September vor zahlreichen Anhängern seiner Bewegung in dem österreichischen Wallfahrtsort Mariazell mit. Lefèbvre, der sich mit dieser Entscheidung den Anordnungen Roms und der zuständigen Schweizer Bischofe widersetzt, begründete seine Entscheidung mit der Sorge, durch eine Auflösung des Seminars könnten die bislang in Ecône studierenden Priesteramtskandidaten 'Glauben und Sitte verlieren'. Wörtlich stellte er in diesem Zusammenhang die Frage: 'Was kann denn der Papst anderes wollen, als daß wir katholische Priester ausbilden?' Das Auftreten von Lefebvre in dem Marienwallfahrtsort Mariazell war von kirchlicher Seite mit Besorgnis erwartet worden, weil der Erzbischof angekündigt hatte, mit seinen in Österreich in der Bewegung 'Glaubenstreuer Katholiken' organisierten Gefolgsleuten eine Messe im inzwischen nicht mehr statthaften tridentinischen Ritus feiern zu wollen. Dies hatte der zuständige Diözesanbischof von Graz-Seckau, Johann Weber, mit Hinweis auf die gültigen römischen Liturgievorschriften untersagt, zugleich aber betont, es sei jedem Katholiken unbenommen, nach Mariazell zu pilgern und dort zu beten. Erzbischof Lefèbvre fügte sich dieser Anordnung und feierte statt der angekündigten Messe mit rund 1000 Gläubigen eine Segensandacht mit anschließender Kommunionfeier. "
Zum Besuch von Erzbischof Lefèbvre in Mariazell hat die Redaktion der "Einsicht, folgende Fragen:
1. Warum läßt sich Msgr. Lefèbvre von dem abgefallenen Bischof Weber vorschreiben, was er zu tun hat, (die "Segensandacht mit Kommunionfeier" ist - abgesehen von der recht ungewöhnlichen, liturgischen Form von allen als Ersatz für die ausgefallene Hl. Messe und als Kompromiß gegenüber Bischof Weber verstanden worden.)?
2. Wenn keine hl. Messe stattfand, wer hat die in der Kommunionfeier an die Gläubigen ausgeteilten Hostien konsekriert? (Wurden etwa die Gläubigen mit einem Stück Brot betrogen, da nicht anzunehmen ist, daß von den "Geistlichen" in Mariazell noch gültig konsekriert wird.)
IX. WEITERE NACHRICHTEN
Laut verschiedener Mitteilungen hat Erzbischof Lefèbvre am 16.7.1975 in Weißbad bei Appenzell - Schweiz ein Seminar für die deutschsprachigen Theologiestudenten eröffnet, das Mitte Oktober seine Ausbildungstätigkeit aufnehmen wird. In diesem Haus, das nach dem hl. Karl Borromäus benannt ist , sollen die Studenten ihr Noviziatsjahr verbringen und in Spiritualität und Philosophie eingeführt werden.
Ein ähnliches Vorseminar will Abbé Coache in Frankreich eröffnen. Die "DT" vom 24.9. berichtet dazu folgendes: "Der suspendierte Geistliche Luis Coache, die treibende Kraft der französischen Traditionalistenbewegung 'Le Combat pour la Foi', will in Kürze in Flavigny ein sogenanntes 'Vorseminar' eröffnen. Er will darin Priesterkandidaten im Sinne der Traditionalistenbewegung schulen und sie nach Absolvierung des Vorseminars zur weiteren Ausbildung in das 'Seminar des wahren 'Glaubens' nach Econe (Schweiz) schicken. Coache betonte in diesem Zusammenhang, er sei unabhängig, arbeite aber mit Erzbischof Lefèbvre, dem Gründer des Seminars von Econe, dem die kirchliche Billigung entzogen wurde, zusammen. (...) Vor kurzem mußte auch ein anderer führender Kleriker der französischen Integristen , Pfarrer le Villain von Franqueville in der Erzdiözese Rouen wegen fortgesetzter Mißachtung der neuen liturgischen Vorschriften von seinem Oberhirten suspendiert werden. Auch er kündigte an, diese Entscheidung in Rom anzufechten. Le Villain steht ebenfalls mit Econe und Erzbischof Lefèbvre, von dem er in seinem Konflikt mit seinem Diözesanbischof Rückendeckung erhielt, in Verbindung." - Ein Kommentar erübrigt sich; es ist nur interessant zu sehen, wie die "DT" versucht, den Erzbischof als Basis allen "Ungehorsams" gegen die neuen "liturgischen Bestimmungen aus Rom zu verfestigen.
Wir sehen diesesmal von Kommentaren ab, werden aber über das fernere Schicksal von Erzbischof Lefèbvre und das Seminar in Ecône auch weiterhin berichten.
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Nachtrag zu Erzbischof Lefebvre:
Die Redaktion von "Lumiere" - Frankreich bittet ihre Leser für das Werk von Erzbischof Lefebvre zu beten. Sie warnt gleichzeitig vor den falschen Freunden, die glauben, noch etwas zu gewinnen, wenn sie mit den Wölfen heulen. Die Redaktion der "Einsicht" kann sich diesem Aufruf nur anschließen.
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aus: SPRÜCHE DER VÄTER:
"Wiederum sprach sie: 'Wie es unmöglich ist, ein Schiff zu bauen ohne Nägel, so ist es undenkbar, daß jemand gerettet wird ohne Demut.'" (S. 227).
"Ein Bruder fragte Abbas Tithoes: 'Wie werde ich mein Herz bewahren?' Der Altvater gab ihm zur Antwort: 'Wie werden wir unser Herz bewahren, wenn unser Mund und unser Bauch offenstehen?'" (S. 228)
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