TOLLE MISSAM TOLLE ECCLESIAM Das "Beispiel" Kleinberghofen
von Joachim May
Was sich im (bayerischen) Kleinberghofen anbahnt, ist ein weiterer Schritt hin auf den Abgrund. Wo? In der Döpfner-Diözese!
In dem (ohne Verfasserangabe!) abgedruckten Bericht der MkKZ (27.4.75) mit der Überschrift "wenn sonntags kein Pfarrer mehr da ist" ist unentwegt von "Gottesdienst" die Rede, aber nicht einmal wenigstens von "Eucharistiefeier", geschweige denn von hl. Messe. Hier liegt bereits der Kern der Sache zutage: Zahlreiche Gläubige wissen offenbar nicht mehr, daß das Zentrum des katholischen Kults die hl. Messe ist, die durch nichts ersetzt werden kann. Einen "Wortgottesdienst" kann man nicht "feiern", er ist auch kein "Ausweg", wie der Pfarrgemeinderatsvorsitzende J. Ulrich meint, er ist Täuschung, Verfälschung, Minderung.
Aber es kommt noch schlimmer: 156 von 237 Gläubigen sehen im (priesterlosen!) "Wortgottesdienst" einen "gültigen Sonntagsgottesdienst", was offenbar soviel wie erfüllte Sonntagspflicht heißen soll. Das müßte für Priester und Bischof ein Alarmsignal sein! Doch weit gefehlt: Pfarrer Engelbert Wagner, der "Leiter des Pfarrverbands" macht den 156 Irrmeinenden (und anderen) noch ein gutes Gewissen, wenn er erklärt, es komme darauf an, "daß die Gläubigen nicht auswandern - in der Meinung, zum gültigen Gottesdienstbesuch anderswo die Eucharistie mitfeiern zu müssen". Daß sich die Gläubigen in ihrer (Irr)Meinung, ein Wortgottesdienst" sein ein "gültiger Sonntagsgottesdienst" (erfüllte Sonntagspflicht) - "wenngleich beide Formen des Gottesdienstes unterschiedlich zu bewerten sind" - "auch auf die Billigung durch die Diözesanleitung berufen" könnten, schlägt dem Faß den Boden aus.
Fatal ist der Weg, der hier eingeschlagen wird, und ist auch das Ziel. Was hier am Beispiel Kleinberghofen eingeführt wird, wird bald Schule machen. Erst hat man im Zuge der sogenannten Liturgiereform die hl. Messe gespalten in "Wortgottesdienst" und "Eucharistiefeier". Jetzt geht man daran, ersteren zu verselbständigen im Sinne eines vollgültigen Ersatzes für die Teilnahme an der hl. Messe. Bald wird sich im Bewußtsein von immer mehr Gläubigen die Überzeugung eingenistet haben und weiter ausbreiten, daß es zwei Möglichkeiten erfüllter Sonntagspflicht gibt: den "Wortgottesdienst" und die "Eucharistiefeier" (hl. Messe). Mit anderen Worten: Die hl. Messe ist nicht mehr ausschließlich das Zentrum des katholischen Kults. Tolle missam, tolle ecclesiam!
Dieser Vorgang ist so ungeheuerlich, daß verschiedene Aspekte näherhin beleuchtet werden müssen.
1. Hier waltet die falsche Meinung, daß "ein bißchen was" besser sei als gar nichts. Hier regiert der Geist von Minimalisten; ausgenommen sind die 57 Befragten, die erklärten, das geplante Vorhaben "sei eigentlich doch kein richtiger Sonntagsgottesdienst". Es kommt den Drahtziehern offenbar gar nicht in den Sinn, den Gläubigen die wenigen Kilometer zum nächsten Ort mit einer Sonntagsmesse zuzumuten (Anm. d. Red. falls dort noch eine gültige hl. Messe zelebriert werden sollte!), und von dem kinderleichten Versuch, Privatautos oder Busse für die sonntägliche Fahrt zur hl. Messe zu organisieren, ist nicht die Rede. So wird sich in Kleinberghofen ein Ausleseprozeß vollziehen. Die Rechtgläubigen werden nichts unversucht lassen, die sonntägliche Messe anderswo mitzufeiern. Daran kann sie niemand hindern, und alle Pressionen - auch Injektionen aus der Ampulle "Geht doch in euren Wortgottesdienst, der ist genauso viel wert" gehören dazu - werden ihnen nichts anhaben können.
2. In Kleinberghofen schlägt nun die Stunde der Geschaftelhuber aus dem Kreis der Laien auch im kirchlichen Raum. Dort werden sich bald diejenigen tummeln, die auf vielen Hochzeiten tanzen, oder auch solche, die endlich Gelegenheit bekommen, bei einer geselligen Veranstaltung mit religiösem Parfüm eine Rolle zu spielen. Hier wird eine Bewußtseinsänderung ungeheuerlichen Ausmaßes in die Wege geleitet. Vielen, vor allem Kindern und Jugendlichen, denen der wesenhafte Unterschied zwischen Priester und Laien nicht mehr bewußt ist und denen er auch nicht mehr oder wenn, dann falsch gesagt wird, wird sich der Laie, der ohne Priesteranwesenheit predigt, liturgische Texte verliest, liturgische Handlungen vornimmt, wie z.B. die Kommunionausteilung (wie gesagt noch dazu ohne Priesterpräsenz!), über kurz oder lang als Stellvertreter des Priesters einprägen (einmal der, einmal der andere). Diese Entwicklung muß für die Bewahrung und Stärkung des sakramentalen Priestertums vernichtend sein.
a) Bei der Auswahl der Laien, die zu kirchlichen Diensten herangezogen werden, wenn sie sich melden, ist man heute weithin nicht mehr zimperlich. Man fragt nicht mehr nach der religiösen Substanz. Gerade bei der Auswahl der Firmhelfer konnte man das heuer wieder mit Schrecken beobachten. Ein Beispiel: In einem Falle wußte sich der Pfarrer nicht mehr anders zu helfen, als daß er jeder Firmvorbereitungsstunde der ihm von Pfarrgemeinderat aufgezwungenen Firmhelferin beiwohnte, um das schlimmste zu verhindern. In Kleinberghofen wird man sicher auch nicht kleinlich sein und die bloße Bereitwilligkeit - ungeachtet der dahinterstehenden Substanz - zum Maßstab machen.
b) Damit schlägt auch die Stunde der "Frau in der Kirche". Wohl in jeder Pfarrei gibt es wild gewordene Frauentümlerinnen, die die Zulassung zu Kanzel (heute - Ambo) und Altar erheischen. Also in Kleinberghofen zunächst die Kanzel (= Ambo). Also wird sich auch die Frau im Bewußtsein der Kinder, der Jugendlichen und vieler Erwachsener als auswechselbare Vertreterin des Priesters etablieren. Das geweihte Priestertum wird erneut - mit Billigung des Ordinariats abgewertet werden.
c) Bald wird sich auch herausstellen, wie ähnlich sich katholischer "Wortgottesdienst" und protestantischer Gottesdienst (der ja nur dies ist) sind. "Notfalls" kann man dann ja den protestantischen Religionsdiener, der ja, nach protestantischem Selbstverständnis nur ein Laie ist, zur Aushilfe heranziehen, wie in der Zeit der (ersten) Aufklärung gehabt (s. G. May, Interkonfessionalismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Paderborn 1969). Der nächste Schritt wird sein: Also machen wir (Katholiken und Protestanten) es doch gemeinsam. Oder wer kann ausschließen, daß katholische Gläubige eines Tages nicht katholischerseits aufgefordert werden, den protestantischen Gottesdienst zu besuchen? Statt den wachsenden Indifferentismus energisch zu steuern, honoriert und institutionalisiert man ihn heute nur zu gerne.
d) Auch das ist noch nicht die letze Phase. Wenn die pausenlos angeheizte und immer penetranter vorgebrachte "Not" des Priestermangels so weit gewachsen sein wird, daß der geweihte Priester anfängt, Seltenheitswert zu bekommen, wird man eines Tages - Küng lacht jetzt schon - zunächst im Ausnahmefall (aus "Not", womit heute alles motiviert wird); später - das breitet sich wie eine Lawine aus - immer häufiger dem Laien die Absolutions- und Konsekrationsvollmacht zugestehen. Der charismatische Taumel nimmt zu, er wird alle Ordnungen sprengen. Die Linien der Entwicklung liegen klar zutage für den, der sehen will. Wir haben keinen Zweifel, daß es sich im Falle Kleinberghofen um einen Versuchsballon Julius Döpfners handelt, denn in diesem "Experiment" liegen alle Elemente beschlossen, die den "Döpfner-Katholizismus" charakterisieren: vermehrte Aufwertung des Laien, Einschleusung der Frau ins Presbyterium, ökumenische Nivellierung. Döpfner leistet hier seinen spezifischen Beitrag zum "Jahr der Versöhnung". Es ist ein Schritt näher auf den Abgrund hin.
3. Die Großgemeinde Erdweg ist (wie weite Teile der Erzdiözese München-Freising (einschließlich des Ordinariats) Missionsgebiet. Die Gläubigen müssen in Wort und Schrift aufgeklärt werden über den essentiellen Unterschied zwischen Laien und Priester und zwischen "Wortgottesdienst" und hl. Messe. Vor allem über deren unersetzbaren Wert müssen sie informiert werden. Erfüllte Sonntagspflicht ist nur bei Teilnahme an einer (gültigen) hl. Messe gegeben. Der Katholik ist und bleibt verpflichtet, an einer Sonntagsmesse teilzunehmen, und der "mündige Christ" hat auch - und das muß man heute immer wieder betonen - das Recht, zur hl. Messe dorthin zu gehen oder fahren, wo er will, um einer gültigen rechtgläubigen Messe beizuwohnen, die keineswegs mehr überall zelebriert wird. Es gibt nicht wenige Katholiken, die stundenlange Reisewege auf sich nehmen, um der unverfälschten Kirche Jesu Christi in der hl. Messe zu begegnen.
Solches muß den Gläubigen pausenlos gesagt werden, und es darf auch nicht verschwiegen werden, daß dafür Opfer gebracht werden müssen, die ja im Falle Kleinberghofen sehr gering sind. Pfarrer E. Wagner liegt völlig falsch, wenn er meint, "in dieser Situation kommt es darauf an, daß die Gläubigen nicht auswandern (!) - in der irrigen (!!) Meinung, zum gültigen Gottesdienstbesuch anderswo die Eucharistie mitfeiern zu müssen ..." Wenn man einen überörtlichen "Pfarrverband" gründet, also eine wesentliche Struktur ändert, muß man mit Änderungen im Verhalten der Gläubigen rechnen. Der Fortbestand einer religiösen Gemeinde als "Gruppe" ist eine niedrigere Zielvorstellung als die Teilnahme an einer hl. Messe. Möglicherweise löst bei Pfarrer Wagner die "Befürchtung", daß die hl. Messen im Pfarrverband Erdweg nunmehr überfüllt sein könnten, Schrecken aus, da dann Mehrarbeit anfällt! z.B. bei der Kommunionausteilung, und weil die "priesterlosen Wortgottesdienste" alsbald vom Austrocknen bedroht sein könnten. -
Auf jeden Fall muß mit aller Deutlichkeit festgestellt werden: Besser keine hl. Messe am Ort als ein "priesterloser Wortgottesdienst", der als erfüllte Sonntagpflicht gilt. Es muß unter allen Umständen verhindert werden, daß das sacrificium tremendum einer Pastoral geopfert wird, die sich heute allenthalben auf den untersten Pegelstand hin bewegt. Denkt man die im Pfarrverband Erdweg und speziell von Pfarrer E. Wagner verfolgte Linie zu Ende, dann wird "man" - das klingt absurd, aber die katholische Kirche verwandelt sich laufend zu einem absurden Theater - in absehbarer Zeit auch die Teilnahme an einer Diskussion, an einer Altmaterialien-Sammelaktion, an einer Jugend-Gruppenstunde oder an anderen activities ähnlicher Art als "erfüllte Sonntagspflicht" bzw. als Ausweis für das volle Stehen auf dem Boden der katholischen Kirche und Lehre angesehen werden. Das klingt, wie gesagt, abwegig, aber wer vor 10, 12 Jahren die Verhältnisse und Zustände, die Machenschaften und Abnormitäten ankündigt, wie sie heute tatsächlich und noch viel entsetzlicher als damals vorausschaubar bestehen, der wurde in die Irrenanstalt verwiesen.
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