DAS NEUE "MISSALE ROMANUM"
von "Kardinal" Joseph Höffner
Vorbemerkung der Redaktion:
Um den Gläubigen das Machwerk Paul VI. schmackhaft zu machen, läßt man schon jetzt die Werbung (vgl. dazu Osservatore Romano vom 12.9. 1975 und DT vom 19.8.1975) für den "N.O.M.", der ab dem 1. Fastensonntag 1976 verpflichtend werden soll, auf Hochtouren laufen. Daß man zu einer solchen Propaganda schlecht Leute wie Döpfner gebrauchen kann, von dem man weiß, daß er bei der Zerstörung des Depositum fidei nicht viel Federlesens macht, versteht sich; denn ihm würde man seinen Einsatz für das, was eine Messe sein soll, sowieso nicht abnehmen. Dazu braucht man schon einen neuen "Rattenfänger v. Hameln", z.B. Höffner, der nicht so plump ist und noch einen gewissen Geruch von Katholizität verbreitet, der nicht den direkten Weg in den Abgrund vorreitet, sondern noch einen Umweg über Altötting oder einen sonstigen frommen Wallfahrtsort nimmt, um so sicherer die Gläubigen zu verführen und mit sich zu reißen.
Unser Kommentar beschränkt sich auf drei Stellungnahmen, die wir aus der DT abdrucken. Zu häufig wurde in der "Einsicht" schon darüber geschrieben, welche immensen Defekte der sogenannte "N.O.M." aufweist, und was die unwesentlichen Veränderungen betrifft, so braucht man nur bei Herrn Dr. Visser nachzulesen.
Eberhard Heller
***
(Im folgenden nun den Wortlaut der Erklärung von Höffner mit einigen Kürzungen entnommen aus: Osservatore Romano vom 12.9. 1975):
Liebe Mitbrüder im Priester- und Diakonenamt! Das Zweite Vatikanische Konzil hat bestimmt: 'Der Meß-Ordo soll so überarbeitet werden, daß der eigentliche Sinn der einzelnen Teile und ihr wechselseitiger Zusammenhang deutlicher hervortreten und die fromme und tätige Teilnahme der Gläubigen erleichtert werde'. (...) Papst Paul VI. hat nach jahrelangen Vorarbeiten das neue Missale Romanum am 3. April 1969 veröffentlicht, das für die Eucharistiefeier in lateinischer Sprache in den deutschen Bistümern vom 7. März 1976 an verpflichtend ist. Inzwischen ist auch die deutsche Ausgabe des - Römischen Meßbuches fertiggestellt, von der Deutschen Bischofskonferenz am 23. September 1974 approbiert und am 10. Dezember 1374 von Papst Paul VI. bestätigt worden. Das deutsche Meßbuch, das in zwei Bänden vorliegt, kann von seinem Erscheinen an benutzt werden. Verpflichtend eingeführt wird es am 1. Fastensonntag 1976. Von diesem Tage an sind sowohl das dreibändige Altarmeßbuch (1965) und die bisherigen deutschen "Studientexte" als auch das Missale Romanum Tridentinum außer Kraft gesetzt. Ihr Gebrauch ist vom 1. Fastensonntag 1976 an nicht mehr erlaubt. Nur älteren, kranken oder behinderten Priestern ist es gestattet, das Missale Romanum Tridentinum accommodatum Papst Pius' V. weiter zu gebrauchen, wenn die Meßfeier ohne Volk zelebriert wird und das Einverständnis des Bischofs vorliegt. (...)
Der Heilige Vater hat die Beschlüsse der beratenden Gremien nicht etwa blind unterschrieben. Er hat sie aufs sorgfältigste durchgearbeitet. Keine Seite der Manuskripte, die in die Vatikanische Druckerei gegeben werden, blieb ohne die handschriftlichen Korrekturen des Papstes..
Abgesehen von aller gesetzlichen und geistlichen Autorität, gründet das Ergebnis der Instauratio Liturgica, das im neuen Missale Romanum vor uns liegt, auch auf einer beachtlichen fachlichen Autorität. Außer etwa vierzig Kardinälen und Bischöfen haben mehr als vierzig ständige Berater und weitere hundert Gutachter an den neuen Texten und Richtlinien mitgearbeitet. Die bekanntesten Liturgiewissenschaftler aus allen Ländern der Weltkirche und viele Praktiker des Gottesdienstes aus aller Welt haben zusammen beraten und diskutiert, einmütig in ihrem Wollen, der Ehre Gottes und dem Gottesvolk, zu dienen. Man darf sagen, daß bei allen unvermeidlichen menschlichen Schwächen eines solchen Werkes das höchste Maß fachlicher Autorität in ihm sichtbar wird. (...)
Wir könnten uns nicht Christen nennen, wenn wir nicht dem gehorsamen Christus nachfolgen. Wer vom neuen Missale bewußt abweicht, ist ungehorsam. Selbstverständlich gilt das auch vom Gebrauch nicht authentischer oder selbstgemachter Meßtexte. (...)
Hin und wieder wird gesagt, das Tridenter Konzil habe sein Missale auf ewige Zeiten so vorgeschrieben, daß ein späteres Konzil oder ein anderer Papst nicht davon abweichen könnten.
Eine solche Meinung ist töricht. In letzten Glaubens- und Moralentscheidungen sind Papst und Konzilien unfehlbar, so daß ein Außerkraftsetzen nicht möglich ist. In liturgischen und anderen Bereichen kann jedoch durch die gleiche höchste Autorität neu und anders entschieden werden. So hat beispielsweise das Konzil von Nizäa verboten, in der Osterzeit zu knien und zu fasten. Trotzdem hat man in späteren Zeiten gekniet und Quatemberfasten gehalten. Die Klauseln der kirchlichen Disziplinar- und Ritual-Gesetzgebung 'in perpetuum - auf immer!' gelten jeweils mit der Einschränkung 'bis zu neuer höchstrichterlicher Entscheidung'. Canon 22 des Codex Juris Canonici sagt das eindeutig. Das alles trifft auch auf das Missale des Trienter Konzils zu. Das Konzil von Trient hat zur allgemeinen verbindlichen Vorschrift erhoben, was damals seit etwa zweihundert Jahren im Missale secundum consuetudinem Curiae Romanae festlag, freilich mit vielen Verbesserungen und Veränderungen. Es hat die Eigenliturgie mancher Diözesen und Orden abgeschafft, wenn sie nicht auf eine mehr als zweihundertjährige Tradition zurückblicken konnten.
Papst Paul VI. hat also keineswegs seine Kompetenzen überschritten, als er die neue Meßliturgie einführte. Er wäre nicht "Petrus" nicht Träger der "Binde- und Lösegewalt", wenn er nur binden, aber nicht lösen könnte.
Die Liturgiegeschichte nach Trient bestätigt es: Schon die Nachfolger des hl. Papstes Pius V., Clemens VIII. (1604) und Urban VIII. (1634) haben die 'auf ewig' festgelegte Liturgie ihres heiligen Vorgängers in einzelnen Punkten geändert. Der hl. Papst Pius X. nahm 1911 sogar beträchtliche Veränderungen am Missale des hl. Pius' V. vor. Die gleiche Gewalt hat auch Paul VI. inne. (...)
Dem neuen Ordo Missae zu folgen, fällt übrigens dem Freund bewährter Tradition nicht schwer. Denn trotz der Änderungen bleibt die überlieferte Grundordnung der Feier der heiligen Messe erhalten. Man erkennt, was die Heiligen Damasus und Ambrosius, Gregor der Große und Pius V. geschaffen und verfügt haben. Die Heiligen der katholischen Vergangenheit würden, vor allem im lateinischen Hochamt neuen Stiles, die Unterschiede zum Hochamt ihrer Zeit als geringfügig empfinden.
Was ist denn gestrichen worden? Weggefallen ist die Lesung des Johannes-Prologes nach dem Schlußsegen - einst eingefügt als 'Wettersegen', in seinen tiefen Gedanken schon nicht mehr der Meßfeier, sondern der Danksagung zugehörig, von den Gläubigen hierzulande in der Sonntagsmesse wegen des Schlußliedes kaum wahrgenommen.
Gestrichen wurde das Gebet 'Suscipe, Sancta Trinitas' zum Abschluß der Offertorialgebete; schon zur Zeit des Konzils von Trient empfand man, daß es die Gedanken des Hochgebets vorausnahm. Gestrichen wurden die beim Hochamt leise gesprochenen Gebete: während der Inzensierung des Altars, ebenfalls die still verrichteten Gebete zum Altarkuß bei der Begrüßung und beim Abschied vom Altar, ebenfalls der Psalm 42 vor dem Schuldbekenntnis, der immer schon im Requiem und in der Passionszeit wegfiel.
Verkürzt wurden das Gebet beim Eingießen des Wassers in den Wein, der Auszug aus dem 25. Psalm bei der Händewaschung und das Gebet nach dem Paternoster. Das Kyrie wurde auf sechsmaligen Ruf, das 'Herr, ich bin nicht würdig' auf einmaliges Sprechen beschränkt.
Umgeformt wurde das Confiteor, und zwar in seinem Text und in seiner Einordnung: es wurde von einem persönlichen Gebet des Zelebranten und seiner Helfer zum Bußakt der gesamten Gemeinde erhoben.
Stark verändert wurden die Offertorialgebete. Die alten Texte bei der Darbringung des Brotes und des Weines wurden ausgewechselt durch andere Worte. Umgestellt wurde das "Ite Missa est", damit es wirklich letzte Schlußformel sein konnte. Umgestellt (und gegebenenfalls erweitert) wurde die Begrüßung "Dominus vobiscum", die nun den Anfang bildet.
Diese Liste der Änderungen, die auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt, rechtfertigt die Frage: Ist das soviel, daß man von einer 'völlig neuen Messe' sprechen kann? Sicherlich nicht! Der hl. Pius V. hat an den mittelalterlichen Meßformen erheblich mehr geändert, als er das Missale von Trient schuf. (...)
Die Neuformung der Offertorialtexte erweist sich als Gewinn. Nichts fehlt von den Opfer- und Hingabegedanken. Sie werden ausgesprochen in zwei Darbringungsgebeten, die zum Teil wörtlich dem israelitischen Tischgebet entstammen, wie es Jesus, Maria und Joseph von Nazareth, wie es der Herr und seine Apostel gebetet haben. Sie werden, wie bisher, bekräftigt von dem Hingabegebet der drei Jünglinge, das im Feuerofen des Martyriums für den einen und wahren Gott gesprochen wurde. (...)
Andererseits muß der Reichtum des Römischen Meßbuches auch die Freunde der älteren Liturgie froh machen; denn hier werden die Kostbarkeiten der kirchlichen Vergangenheit eingebracht und der Zukunft nutzbar gemacht. Man kann nicht das Missale Pauls VI. ablehnen, ohne die Tradition der Kirche abzutun.
Die älteren Geistlichen, denen es schwer fällt, sich an den neuen Ritus zu gewöhnen, mögen sich ein Beispiel nehmen an unserem verehrten Herrn Kardinal Erzbischof Josef Frings, der sich trotz vieler Beschwernisse in treuester Genauigkeit an den neuen Ritus hält. (...)
Doch für das Gesamtwerk des erneuerten Ordo Missae trifft das Wort Pius' XII. über die liturgische Erneuerungsbewegung zu. 'Sie ist wie ein Zeichen der providentiellen Fügung Gottes über der heutigen Zeit sichtbar geworden, wie ein Einströmen des Heiligen Geistes in seine Kirche, um den Menschen die Geheimnisse des Glaubens und die Reichtümer der Gnade näherzubringen, die aus der aktiven Teilnahme der Gläubigen am liturgischen Leben fließen'. (...) Papst Paul VI. legt uns das im Geist des Zweiten Vatikanums erneuerte Missale Romanum mit seinem Ordo Missae in die Hände. Wir können das große Werk nicht beiseitelegen. Wir dürfen es nicht ablehnen. Wir nehmen es an. (...)
Es grüßt Sie in der Liebe Christi JOSEPH Kardinal HÖFFNER"
|