ES LEBE DER TOD, TOD DEM LEBEN!
von Paul Scortesco übers. von Ambros Kocher
I. Leben um zu sterben oder sterben um zu leben.
Ja, ich weiß es: Heute ist die Wahrheit unerträglich. ... Man wischt sie mit dem Besen weg. Und wenn sie in diese verfaulte Welt wiederkehrt, dann stellt man sie an den Pranger, spuckt man ihr ins Angesicht, entstellt sie, behandelt man sie wie Auswurf.
Zwei verschiedene Welten. ... Eine lebendige Welt, die uns nicht mehr gehört, und eine sterbende, aus der sich das Leben zurückzieht, seit zwei Jahrhunderten. ... Die Welt der Revolution. Zwei Wahrheiten, getrennt durch einen Abgrund, Leben und Tod. ...
Ein pestartiger Nebel breitet sich seit 1,89 über die Seelen aus. Sie leben nicht mehr im lebendigen Sonnenlicht , seitdem sie den Sinn für das Sakrale verloren haben, und damit den Sinn für die Sünde, beim Uebergang von der Sonne zur Finsternis. ... Die Welt ist verflacht, eingestürzt , keine Berge mehr, keine Täler mehr. ...
Die strenge Moral des Mittelalters verlieh dem Leben einen Wert. In heutiger Zeit hat sich das zwanglose Leben entwertet, entkräftet. Es ist zum Tode verwundet, weil das fleischliche Leben alles überschwemmt hat. Es ist in das Gehirn aufgestiegen. Es wird allbeherrschend.
Das Christentum existierte mit allem seinem Sündengewicht, mit seinem Heroismus und seiner Gesundheit.
Wenn man die Dämme zerstört, gibt es keine mächtigen Wogen mehr. Nur mehr Sumpf, in dem sich die verweichlichten Seelen wälzen. Der materialistische Geist, der die Welt führt, schreitet vorwärts mit verbundenen Augen. Er sieht nicht ein, daß er auf allen Gebieten verliert, selbst auf jenem der Natur. Der Weg endet in der Lähmung, Neurose, Angst und schließlich vor dem Nichts. Wenn Christus sich zurückzieht, zeigt der Tod sein fahles und verfallenes Angesicht. ...
Die wirkliche Spiritualität, das ist das Leben Christi in uns, und nicht eine abstrakte Spiritualität. Sie erhob das Leben, erleuchtete es. Ihre Gegenwart entfernte die Mauern des menschlichen Gefängnisses. ... Wo ist der Christ, der am Leiden Christi mitarbeitet! Welche Fülle des Lebens verleiht die Mitarbeit an der Erlösung. Und dieser Gedanke verwandelt Blei in Gold, je gleiches Leiden in Freude. Das Leben erhebt sich im Kampfe gegen sich selber. Jedes aufgeopferte Leid bedeutet einen Sieg.
Wenn man zusieht, wie eine Kirche die Welt heiraten will, wie ein verwundeter Vogel zickzack fliegt, dann staunen wir. Sie adoptiert die Wunder und Marotten dieser Welt. Rennt hinter der Welt her, entfernt Disziplin, Enthaltsamkeit, Buße, d.h. alles, was schließlich Freude am Leben verleiht.
Wenn man sieht, wie dieser Liberalismus, dieser todbringende Laxismus in der Kirche eindringt, dann bekommt man Lust dazu, mit einer Geißel die Hierarchie zu züchtigen, die mit Freimaurerei durchtränkt ist. Vergesse man nicht: Paul VI. ist es, der seit seinem Amtsantritt die Kirche dazu aufforderte, sich "noch mehr der modernen Mentalität anzupassen" (28. Juli 19,1), und seine Hierarchie beeilt sich, ihm zu folgen!
Sich ins Schlepptau einer Welt nehmen lassen,welche seit zwei Jahrhunderten der Kirche zuwiderläuft! Die heutige, Welt ist eingeschläfert, nur blind darin ergeben zu revoltieren, alles zu ändern. Das erinnert an die Worte des Herren: Die Gefährlichsten sind nicht jene, welche die Leiber töten. Deswegen heute der Ruf der Hölle: Es lebe der Tod, es sterbe das Leben! während die Kirche das Leben gibt durch Jenen, der den Tod besiegt hat. Sie gibt es nicht mehr. ... Denn im Namen einer "Pastorale", ein Wort, in dem sich das demagogische Bestreben, im Winde der Geschichte zu marschieren, verbirgt, ließ sich die Hierarchie von einem Sturme treiben, der Leib und Seele zerstört. (Paul VI. am 5.3. 19,3: "Die Kirche ist in die Bewegung der Geschichte eingetreten, die sich entwickelt und verändert".) Diese strohdumme Hierarchie vergißt, daß das Christentum sich auf Anstrengung und den inneren Kampf stützt. Manche wissen es vielleicht, aber sie haben eben gerade die Absicht zu zerstören, indem sie den Kampf verhindert. Unerhört ist die Tatsache, daß sich unter den 3000 Bischöfen vom Vatikan. II und während der Herrschaft von Paul VI. sich kein Bischof erhoben hat, um sich eindeutig gegen diesen Ruin der Kirche und der christlichen Seelen entgegenzustellen. Mangel an Lebenskraft und Charakter: Wo sind sie die hl. Hilarius, die hl. Bernhard und die hl. Katharina, um die Stimme zu erheben, selbst unter Gefahr der Verfolgung, gegenüber Papst und Bischöfen: "Wir können nicht, es ist nicht erlaubt." Unter dem kräftigen Drucke christlichen Kampfes entfaltet sich die Seele in ihrer ewigen Seite. Welche Vitalität kann sie hier entfalten! So befindet sich die Seele in ewigem Feste, sie entfaltet sich im Mahle; da sind keine Drogen notwendig. Nahrung bilden Leib und Blut Christi.
Unsere Bischöfe befassen sich bloß mit Fragen, die das "sterbliche Wesen" angehen. Dazu befleißigen sie sich, die Kirche zu desakralisieren, gerade in jenem Moment, da es die entgleiste Zivilisation am nötigsten hatte. Durch ihre vornehmliche Beschäftigung mit irdischen Sozialfragen stürzen sie diese Zivilisation in die Arme des Todes.
Leben um zu sterben, und nicht sterben um zu leben "damit das Sterbliche in Leben aufgehe" (2 Kor 5,4). Deswegen opferten die christlichen Seelen, die doch das Leben liebten, dieses Leben höherer Werte wegen. Sie liebten das Leben, weil es für sie Zeit der Prüfung bedeutete. Sie liebten es nicht in sich selber, wie es heute geschicht, sondern um es zu erheben und es in der Ewigkeit zu krönen. Ihre Werke überdauerten Jahrhunderte. Sie wußten, daß das Wesen der Dinge, im Zeitlichen gefangen, einer ewigen und unveränderlichen Ordnung angehört. Diese Ordnung ist unveränderlich, da dem Bilde Gottes entsprechend. Deswegen der Horror vor Änderungen, welche zum Ruin führen könnten. Diese Ordnung besteht nicht mehr, alles geht drunter und drüber. Die Kirche geht und tanzt mit der Welt. Die postkonziliare Anarchie, die "Suche", das "Infragestellen", die Kontestation. Packet tüchtig zu! Alles ist zu ändern! Führet die "freie Forschung" der Protestanten ein. Oh, der Pluralismus ... Er hat in der Tat alles verwüstet, selbst die hl. Messe, den Abglanz der göttlichen Unveränderlichkeit. ... Alle möglichen unförmigen Formen alles wackelt und stürzt in den Kot: "Es lebe mein Tod, es sterbe mein Leben! Ja sie ist tot, weil sie ohne Gegenwart Christi eine atheistische Messe darstellt." Nebenbei bemerkt, die Messe und die Sakramente wurden nicht durch Zufall getötet, dies geschah vielmehr vorbedacht und gewollt durch die Hierarchie, Paul VI. hierin eingeschlossen. (Bischof Adam von Sitten erklärte (La Suisse Febr. 1975): Ich habe den Papst .besucht, ich habe ihn über Missale und Riten gefragt. Er erklärte mir ganz offen: "Es ist nicht mein Wunsch, es ist mein Wille", womit er klar zu verstehen gab, daß sich die Dissidenten zu unterziehen hätten. Deshalb wird Paul VI. nie etwas gegen das Verbot der immerwährenden Messe in Frankreich, Deutschland und Schweiz unternehmen.)
Diese Mörder des Glaubens! Mit ihrem Hasse verfolgen sie die treuen Priester, welche die röm. und latein. Messe bewahren. Es geht darum Christus aus seiner Kirche zu vertreiben, seine Gegenwart in seiner eigenen Messe zu verhindern, höchstens eine Erinnerung daran zu bewahren, wie bei den Häretikern. In der Tat, die Protestanten akzeptieren die Messe von Paul VI., weil sie nicht an die reale Gegenwart glauben, die einzige mögliche Erklärung! Was die heutige Kirche als Anpassung betrachtet, ist in Wirklichkeit Liquidation, Todesurteil. Es hat die Zerstörung der Sakramente herbeigeführt: "Bald wird nichts mehr übrig bleiben, nicht einmal mehr dieses Erinnerungsmahl, das an die Stelle des Opfers geboten ist" (Dom. Paul de Sainte-Magdelaine). Ein Rest der alten Ordnung ist geblieben. Sie kämpfte gegen ihren Totengräber, die Freimaurerei. So stirbt das Leben. Denn ohne Ordnung kein Leben. Diese Ordnung widerspricht keinem Naturgesetz, noch einem übernatürlichen Gesetze.
So leben wir denn heute um zu sterben, ein Zustand der verschieden ist von jenem, da man starb um zu leben - und zwar ewig. Da machte uns die heiligmachende Gnade teilhaftig an der göttlichen Natur; also mit der Unsterblichkeit, mit dem Siege des Lebens über den Tod. "Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben."
(Forsetzung folgt) |