MEIN VERSUCH, ALS NICHT-PROGRESSIST IN DER POSTKONZILIAREN KIRCHE PRIESTER ZU WERDEN.
von Winfried Düngen
I. Studienzeit: Als ich, Winfried Düngen, geboren 1,4,) wohnhaft in Idstein im Taunus, im Oktober 1,6, das Priesterseminar St. Georgen zu Frankfurt am Main bezog, wurde ich mit voller Wucht mit dem Neomodernismus konfrontiert. Das bezieht sich weniger auf die Phil.-Theol. Hochschule. St. Georgen - zu dieser Zeit war lediglich P. Peter Knauer SJ (Fundamentaltheologie) als eindeutiger Progressist vertreten -, sondern auf das .Alumnat, das man durchaus als inkarniertes Chaos bezeichnen konnte. Das, was sich während meiner Zeit unter P. Regens Georg Mühlenbrock SJ und später dann unter P. Ludwig Bertsch SJ abspielte, hatte oft genug mit katholischem Glauben und katholischem Priestertum nichts zu tun. So ist es nicht verwunderlich, daß die "sehr Wenigen" verkannt wurden und daß statt felsenfesten Glaubens Flexibilität, statt Standhaftigkeit, Toleranz, statt Treue zur einen ewigen, katholischen Wahrheit, Relativismus und statt der Gemeinschaft bildenden Einheit, Subjektivismus gefordert wurden. Kein Wunder, daß ich als Rechtgläubiger ständig in, Konflikt mit der Hausleitung und den Kommilitonen geraten mußte. So war ich ständig Schikanen, Verleumdungen und Hetztiraden ausgesetzt, und ich wurde in Situationen versetzt, die an Psychoterror und.Gehirnwäsche grenzten. Auch in meiner Heimatpfarrei, in der ich aktiv gewesen war, hatte der Progressismus Einzug gehalten. Aus diesem Grunde tat man dort alles, um meine Eltern und mich aus dem Pfarrleben auszuschließen. Man schreckte selbst vor Verleumdungen, der Verschickung eines anonymen Briefes und Telephonanrufen nicht zurück, ging aus dem Weg und grüßte nicht mehr, das alles zumindest mit Wissen und Duldung des Pfarrers, Dekan Hans Usinger; auch der neue Pfarrer, Klaus Schmidt, scheint diesen Kurs zu verfolgen. Im Oktober 1974 legte ich dann mein Theologisches Abschlußexamen ab, nachdem ich durch die verschiedenen Praktika verhältnismäßig unbeschadet gekommen war. Ohne den Kontakt zu Herrn Pfarrer Hans Milch - Hattersheim, der mir zum geistigen und geistlichen Vater geworden ist, und ohne die Hilfe und verständnisvolle Fürsorge meiner Eltern, Verwandten, guter Freunde und Bekannten hätte ich meine Studienzeit wohl kaum ohne psychische und physische Schäden überstehen können.
II. Verweigerung der Weihe in Limburg: Kurz vor dem Examen, am 13. Januar 1974, wurden mir von Bischof Kampf - Lbg. die "Beauftragungen" zum Lektoren und Akolythen erteilt. Im vorhergehenden Scrutinium kam es zu einer Auseinandersetzung; der Bischof verbot mir, zu sagen, in der Kirche herrsche Verwirrung und Zerstreung; es sei alles in bester Ordnung; das gelte erst recht vom Kessler-Buch bzgl. der Erlösungslehre. Die folgenden Ereignisse kamen rasch aufeinander. In einem Gespräch anläßlich gewisser Vorkommnisse im Haus prophezeite mir der Spiritual, P. Steinmetz SJ, er werde dafür sorgen, daß ich nicht geweiht würde - freilich leugnete er das später. In der Tat setzte mich kurz darauf der Regens, P. Bertsch SJ, davon in Kenntnis, daß Weihehindernisse bestünden. Jetzt wurde der Regens von Limburg, Gottfried Perne, eingeschaltet. Am 9. Mai 1974 fand ein Gespräch statt, in dem Regens Perne verlauten ließ, daß selbst er nicht sagen könne, was katholisch sei. Das stehe lediglich dem Bischof zu, der darin nicht irren könne. Es gelte nicht, was immer und überall von allen geglaubt würde, sondern das, was unter dem jeweiligen Bischof geglaubt würde; Flexibilität sei gefordert! U.U. sei es besser, wenn ich selbst auf die Weihe verzichtete. Wenn ich das nicht wolle, solle ich meine Einstellung zum Lehramt schriftlich niederlegen. Daraufhin wurde ein Gespräch mit dem Bischof auf den 27. August 1974 festgesetzt. Da ein Komplott zu befürchten stand, wollte ich zu diesem Gespräch einen Priester meines Vertrauens zuziehen. Das wurde unter der fadenscheinigen Begründung verweigert, es handele sich nicht um Klärung von Vorwürfen. Beim Gespräch sagte mir der Bischof, er müsse mir zum normalen Zeitpunkt die Weihen verweigern. Mir fehle eine gewisse Reife, Flexibilität und Toleranz, vor allem fehle mir die Fähigkeit, anderen gerecht zu werden, es sei ein Defizit an Persönlichkeitsbildung festzustellen. Er stützte sich auf Gutachten von P. Mühlenbrock SJ und P. Bertsch SJ. Ein Votum von Herrn Pfarrer Milch wurde schlichtweg übergangen. Der Bischof verlangte von mir, daß ich selbst sagen solle, ich sei unfähig, anderen gerecht zu werden. Ich lehnte entschieden ab, worin sich gerade wieder meine Unreife gezeigt haben sollte. Der Bischof schlug mir vor, den Beruf des Lehrers oder des Sozialarbeiters zu ergreifen. Als ich ablehnte, wollte er mir aber die große Chance (!) geben, noch ein längeres Praktikum - vorerst einmal (!) - zu absolvieren. Mir war klar, daß dieses Praktikum an Gehirnwäsche grenzen würde. Der eigentliche Grund meiner Ablehnung war natürlich meine konsequent anti-progressistische und anti-neomodernistische Haltung, also meine Rechtgläubigkeit!
III. Verweigerung der Weihe in Regensburg: Im folgenden kam ich durch Vermittlung von Herrn Pfarrer Milch und Herrn Dr. Gypkens nach Regensburg. Bischof Graber nahm mich sofort im November 1974 in die Diözese Regensburg auf mit dem Ziel, mich schon im Juni 1975 zu weihen. Ich kam zunächst nach Sulzbach-Rosenberg, Pfarrei St. Marien, als Pastoralpraktikant. Schon im Dezember 1974 war es dann zu Schwierigkeiten gekommen. Der Regens, Ludwig Scharf, hatte große Bedenken. Ohne Zweifel war er von P. Bertsch SJ dazu veranlaßt worden. Auch wurde P. Bertsch SJ in Regensburg vorstellig, "da sowohl mein Vorgänger, P. Mühlenbrock, wie auch ich schon manchmal unter den Anwürfen von Herrn Düngen zu leiden hatten." Auch warnte P. Bertsch ein andermal vor mir: ich sei "Milch"-Schüler.
Dazu kam eine Verleumdung seitens Generalvikar Hans Seidenather - Limburg. Die Reaktion des Bischofs: meine Weihe müsse zumindest verschoben werden. Auch ließ er verlauten: "Es ist leider auch dieser Fall wieder ein Beweis dafür, daß ... die größten Schwierigkeiten oft mehr von unserer Seite kommen als von den Modernisten." Erst Ende Juli 1975 - bis dahin sagte man bald zu, bald lehnte man ab - sagte mir dann der Bischof verbindlich die Weihe zu und nahm mich in den Weihekurs auf. Zum Praktikum kam ich nach Arnbruck. Am 24. November 1975 wurde ich zur Diakonatsweihe eingeteilt etc. Vier Tage (!) später wurde mir von Regens Hirsch mitgeteilt, daß man mich nicht weihen könne, und mein Dienstverhältnis wurde aufgekündigt. In einem Gespräch mit Regens Hirsch erhoffte ich, die Gründe zu erfahren für den neuerlichen Wortbruch des Bischofs bzw. seiner Behörde. Doch der Regens, der zusammen mit dem Bischof, dem Generalvikar und dem Altregens die Entscheidung getroffen hatte, äußerte, er wolle, dürfe und könne keine Gründe angeben. Auch habe man - in Voraussicht - so entschieden, daß kein Rekurs möglich sei. Statt eigentlicher Gründe nannte er mir: als Nicht-Bayer könne ich hier vielleicht weniger Kontakt finden - obwohl die Praktika anderes bewiesen hatten -; er habe mich einmal in Regensburg gesehen und sei mir nachgegangen - welch eine Erniedrigung !!! -, ich hätte weder Bischof noch Generalvikar besucht, das sei undankbar, wo man mich doch unverdienterweise aufgenommen hätte. Später fragte ich noch beim Generalvikar wegen der Gründe an. Plötzlich handelte es sich um eine Alleinentscheidung des Bischofs, über die man keine Auskunft zu geben habe. Selbst ein Zeugnis über meine Praktikumszeit wurde nur aus Gnade angefertigt. Dies alles kann man begründeterweise auf Intrigen und Repressalien von dritter Seite (Limburg?; Frankfurt?; Idstein?; Altregens Scharf?) zurückführen. Es wird auch verständlich, warum man sich scheut, Gründe zu nennen und warum mir Bischof Graber eine Audienz - obwohl versprochen - verweigerte. Es wurde mir telephonisch vom Bischöfl. Sekretär mitgeteilt: Exzellenz sei ungnädig, er wolle mich nicht mehr sehen, die Angelegenheit sei erledigt!
IV. Vorgetäuschte Überweisung nach Eichstätt: Der Dekan meiner ersten Praktikumsstelle in Sulzbach-Rosenberg setzte sich noch einmal für mich beim Bischof von Regensburg ein, worauf dieser sich bereit erklärte, mich ins Bistum Eichstätt zu überweisen. Guten Glaubens setzte ich mich also mit Bischof Alois Brems in Verbindung. Dieser konnte oder wollte sich nur ganz dunkel an ein Gespräch mit Bischof Graber erinnern; er wisse nur, daß ich dort nicht in die Struktur des Bistums passe. Nun sei aber in Eichstätt die gleiche Struktur. Und in der Tat kam einige Wochen später die negative Antwort. Von Überweisung kann also gar keine Rede sein.
V. Versuch Freiburg: Durch einen Bekannten nahm ich Kontakt mit Freiburg auf. Es war ein Gespräch lediglich mit dem Spiritual, Dr. Hermann, möglich; der Erzbischof könne einen solchen Fall ohnehin nicht entscheiden, das geschehe durch die Seminarleitung. Dr. Hermann riet mir sofort ab, es noch weiter zu vorsuchen. Wenn ein Regens abrate, könne ein anderer kaum zuraten; wenn ein Bischof mich nicht weihen wolle, könne es ein anderer auch nicht. Irgendwelche Gründe müßten ja vorliegen. Da man sie nicht bekanntgeben würde, könnte es sich um einen schlechten Charakter oder um sexuelle Dinge handeln. Dies sagte er, ohne den geringsten Anlaß dafür zu haben. Es sollte sich das bewahrheiten, was P. Bertsch SJ seinerzeit zu mir sagte: Wenn der Bischof von Limburg mich nicht weihen würde, würde es kein anderer Bischof tun. So lebe ich denn jetzt in Idstein im Exil!
VI. Erklärung: Hiermit erkläre ich eidesstattlich, daß obige Ausführungen der vollen Wahrheit entsprechen. (sig.:) Winfried Düngen
6270 Idstein (Taunus), am Feste Pauli Bekehrung, dem 25. Jan. 1976 |