DAS GROSSE GASTMAHL
von H.H. Walter W.E. Dettmann
"Ein Mann bereitete ein großes Gastmahl und lud viele dazu ein" (Lukas 14,16), sagte Jesus im Evangelium des zweiten Sonntags nach Pfingsten (gemäß der Zählung vor dem sog. 2. Vatikan. Konzil). Das Gastmahl, von dem Jesus spricht, ist in dreifacher Hinsicht groß:
1. Groß ist der Gastgeber; es ist Gott der Herr.
2. Groß ist die dargebotene Speise, nämlich das Fleisch und Blut Christi. Mit dem großen Gastmahl kann nicht das gemeint sein, daß Gott den Menschen jedes Jahr in der Natur genügend Speise und Trank zur Verfügung stellt. Denn niemand läßt sich davon entschuldigen, am Tisch der Natur satt zu werden. Im Gleichnis Jesu aber entschuldigt sich der erste mit dem Erwerb eines Landgutes, der zweite mit dem Kauf von fünf Paar Ochsen usw. Im Gleichnis des Heilands geht es also um eine andere Speise; Jesus sagt: "Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben" (Joh. 6,54). 3. Groß ist das von Gott bereitete Gastmahl nicht zuletzt' durch die Art und Weise, wie es von der katholischen Kirche den Menschen während zwei Jahrtausenden dargeboten worden ist.
In der vom römischen Staat blutig verfolgten Kirche der ersten drei Jahrhunderte wurden die Taufbewerber während einer langen und schweren Erprobungszeit geprüft, ob sie bereit waren, dem Satan, seiner Pracht und seinen Werken zu entsagen und dem Großen Gastmahl beizuwohnen. Bis sie diese Erlaubnis erhielten, mußten sie nach der Katechumenenmesse und nach der Predigt den gottesdienstlichen Raum verlassen. Sie waren noch nicht Christen. Aber sie mußten schon ihr Leben wie vollgültige Christen aufs Spiel setzen. Sie durften an keinem der vielen Dutzend Götterfeste teilnehmen, die jedes Jahr in jeder Ortschaft mit großem Gepränge öffentlich gehalten wurden. Für die Teilnahme am Großen Gastmahl verlangte die katholische Kirche in der alten Zeit dieselbe Todesbereitschaft, die der Gottmensch Jesus Christus hatte. Denn die Kirche wußte, daß sie ihren Kindern das wirkliche Fleisch und Blut des gekreuzigten und auferstandenen Gottessohnes zur Speise gab.
Die überaus strengen Anforderungen der alten Kirche an die Teilnehmer beim Großen Gastmahl sind der sicherste Beweis dafür, daß die Kirche auch von ihren Bischöfen und Priestern einen bedingungslosen Gehorsam hinsichtlich der richtigen Durchführung des Großen Gastmahles verlangte. Es hätte ja keinen Sinn gehabt, von den Laien Todesbereitschaft zu fordern, wenn Bischöfe und Priester das Große Gastmahl als etwas Unsicheres und Zweideutiges behandelt hätten. Hier liegt der ungeheure Unterschied zwischen der Feier der heiligen Geheimnisse in der alten Kirche und der von Paul VI. angeblich erneuerten Liturgie des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils. Während die strengen mündlichen Vorschriften, die die alte Kirche für den richtigen Vollzug der heiligen Messe besaß, sich nach der Verfolgungszeit allmählich in den geschriebenen gottesdienstlichen Büchern zeigten, bis sie ihre Vollendung in den Rubriken der tridentinischen Messe erreichten, hat Paul VI. den unverantwortlichen Fehler begangen, im römischen Meßbuch alle bisherigen Vorschriften zur richtigen Durchführung der hl. Handlung zu beseitigen und sogar die eigentlichen Wandlungsworte in vielfacher Weise zu verändern.
Paul VI. kann sich nicht auf das Wort Christi berufen: "Nötige die Menschen hereinzukommen, damit mein Haus vollwerde" ("Compelle intrare"). Denn der Heiland hat nicht befohlen, die charakteristische Art und das Wesen des Großen Gastmahles zu verändern, wie es Paul VI. getan hat.
Jesus hat nur befohlen, alle Menschen zum Empfang der Taufe und zum gläubigen Empfang der heiligen Speise aufzufordern. Dies hat die Kirche trotz aller Strenge in der alten Zeit auch getan. Die Kirche war immer wie jener Engel in der Geheimen Offenbarung, der "mitten über den Himmel dahinflog mit dem ewigen Evangelium, um den Erdbewohnern die Frohbotschaft zu verkünden" (Apok. 14,6).
Das Gastmahl, von dem Jesus im Evangelium des 2. Sonntags nach Pfingsten spricht, war in früherer Zeit groß durch die strengen Vorschriften, die die Kirche von Anfang an allen Bischöfen und Priestern hinsichtlich der Durchführung der heiligen Wandlung auferlegte.
Nach dem äußeren Sieg über das Heidentum im alten Europa gab die Kirche dem Großen Gastmahl immer mehr jene feierliche und herrliche Gestalt, die es in der schweren Verfolgungszeit niemals haben konnte. Ähnlich wie ein Soldat im Kriege im Angesicht des Feindes nicht an einer weißgedeckten Tafel speisen kann, so konnte auch die Kirche der Katakombenzeit das Große Gastmahl nur in einem äußerst bescheidenen und engen Rahmen feiern.
Aber die Zeremonien der Anbetung, die in der schweren Verfolgungszeit schon keimhaft vorhanden waren, drängten sofort zur Entfaltung, so bald die Kirche die Freiheit erlangt und die Stürme der Völkerwanderung überstanden hatte.
Diese Tatsache wurde von den mehr als zweitausend Bischöfen, die zusammen mit Paul VI. die Liturgiekonstitution unterschrieben haben völlig übersehen. Ein kundiger Leser der Liturgiekonstitution bekommt das Gefühl des Überdrusses, wenn er sieht, wie oft die sogenannten Konzilsväter vom "Studium der Liturgie" reden (Artikel 14-19) und wie oft sie so tun, als sei die tridentinische ,Messe ganz gegen alle sogenannten Gesetze der Liturgie entstanden (Vgl. Art.11 u. 21 u.a.).
An dem, was für die alte Kirche die Hauptbedingung für das Zustande kommen des Großen Gastmahles und für die Teilnahme an demselben war, haben die Bischöfe des sogenannten Zweiten Vatikanischen Konzils unaufhörlich vorbeigeredet, ohne daß eine wirksame Gegenwehr von rechtgläubigen Konzilsteilnehmern wahrnehmbar wurde.
Die neue Liturgie Pauls VI. und des sog. Zweiten Vatikan. Konzils besitzt gar nichts mehr vom Großen Gastmahl:
1. Der Gastgeber der neuen Liturgie ist nicht mehr Gott der Herr; der Priester spricht nicht mehr "Introibo ad altere Dei"; die neue Liturgie ist nicht mehr das vom Heiligen Geist vorhergesagte Opfer des Neuen Bundes gemäß der Ordnung des Melchisedech.
2. Die in der neuen Liturgie dargebotene Speise ist nicht mehr das wahre Fleisch und Blut Christi, weil Paul VI. die neue Messe zweideutig gemacht hat. Jesus Christus haßt alle Zweideutigkeiten.
3. Die Art und Weise, wie die neue Liturgie verläuft, ist alles andere als groß: Es ist viel Gerede, aber keine Anbetung des hl. Altarssakramentes.
Alle jene vielen Geistlichen und alle jene Zeitschriften, die die tridentinische Messe verteidigen möchten, z.B. "Fels", "Una-Voce-Korrespondenz", "Timor Domini", haben den Kampf schon verloren, wenn sie versuchen, die Person Pauls VI. aus der Verantwortung für die neue Liturgie herauszuhalten. - Paul VI. ist mit jenem Kapitän der "Titanic" zu vorgleichen, der einen noch nie dagewesenen Erfolg anstrebte, der aber sein herrliches Schiff bei Nacht in voller Fahrt auf einen Eisberg jagte: Im Augenblick der Katastrophe wird er von jenen, die ihn zuerst in den Himmel hinaufgehoben haben, verwünscht werden. Paul VI. ist und bleibt der Hauptverantwortliche für die Zerstörung des Großen Gastmahls.
Die Zerstörung des hl. Meßopfers auf der ganzen Erde und die Blindheit von ungeheuer vielen Katholiken für diese Zerstörung sind ein ernstes Zeichen dafür, daß das Große Gastmahl der Kirche auf Erden bald übergehen wird in jenes unzerstörbare Große Gastmahl, zu dem "Viele vom Aufgang und vom Untergang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreiche zu Tische sitzen werden" (Matth. 8,11)
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