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von Joachim May
Fortsetzung:
Glaubenspotential und Glaubensbedürfnis der Jugend wecken! Ja, aber dazu wäre es nötig, den Unterschied zwischen Karl Marx und Leo XIII. genauer zu beachten. "Wir sind schon soweit, Marx und Lenin zu anonymen Kirchenlehrern zu ernennen" (SB 34/1975). Theologen und Priester tun, "als ob das Heil der Welt in neuer Güterverteilung bestehe" und als Helden werden die Geistlichen gepriesen, die das Amt verraten, um Guerillero zu werden, die das Brevier mit der Maschinenpistole vertauschen (SB 4/1975), Sozialisten, Marxisten.
Viele von diesen sozialistisch (nicht mehr sozial) und links eingefärbten Theologen sind zudem Opportunisten, "weil sie morgen auf der Seite der Sieger stehen wollen und vom Sieg der Marxisten überzeugt sind." (SB 20/1975) Sie nennen sich oder sind unausgesprochen "Friedenspriester", die mit den vermeintlich auf den Sieg zumarschierenden Marxisten und/oder Sozialisten kumpa-nieren. Hierzulande sind es die Greinacher, Vorgrimler, Metz, Lengsfeld, Herrmann und die vielen "Protest"-Priester, einzeln oder in Gruppen, und die noch zahlreicheren Linken unter den Laientheologen vom Schlage des Friedrich Heer, des Carl Amery, des Walter Dirks und seiner Frau, des W. Daim u.a.. In der Synodenvorlage "Unsere Hoffnung" ist die transzendente Zielsetzung des Christen durch eine "innerweltliche Heilslehre" ausgetauscht worden, der Sozialismus also zum kirchenoffiziellen Programm gemacht worden.
IV. Der Trend zur grundsätzlichen Ausrichtung des heutigen Menschen geht nur auf die Zukunft. Die ständige Abwertung der Vergangenheit, der Geschichte ist Voraussetzung und Folge davon. Diese Zukunftsorientierung des heutigen Menschen ist wesentlich für die Erfolge des Marxismus. "Marxisten kämpfen und bringen Opfer für eine 'klassenlose Gesellschaft', die ein Paradies im Diesseits sein soll. Die Christen erhoffen Lohn und Strafe für ihr irdisches Tun und Unterlassen im Jenseits. Der Endzustand der marxistischen Utopie erweist sich somit als eine ins Irdische pervertierte Eschatologie, als ein Jenseits im Diesseits. Das Prinzip 'Hoffnung' schöpft daraus seine enorme Schubkraft. Die Zukunftsorientierung des heutigen Menschen findet in dieser Utopie eine Legitimation, die zudem noch den Vorzug hat, keine übergroßen asketischen Forderungen zu erheben." (RhM 2.1.76) Das Synodendokument "Unsere Hoffnung" geht in dieselbe Richtung: die Erreichung einer vollkommenen Gesellschaftsordnung wird als Endziel der menschlichen Geschichte angesetzt, in der Gott nur noch ein geschichtliches Prinzip ist. Das ist Verfälschung, denn "die Endzeit der Christen ist eine prinzipiell unverfügbare Zukunft - das Weltgericht kann weder verhindert noch hinausgeschoben, auch nicht beschleunigt werden". (RhM a.a.O.) Der Marxismus hingegen verkündet eine "von Wissenschaftlern genau vorhersagbare Zukunft."
Dies ist der entscheidende Punkt, und an keinem anderen trennen sich Christentum und Marxismus so unvereinbar und unversöhnlich wie hier. Zwar behauptet der Marxismus zu wissen, wohin der Weg der Völker geht (zur "klassenlosen Gesellschaft", die als die gerechte angesehen wird), aber dieser Marxismus versagt auf die Frage nach dem Sinn des Lebens des einzelnen Menschen, er versagt auf die Frage, "weshalb Tod und Krankheit auch in perfekten kommunistischen Staaten nicht abzuschaffen sind, weshalb Unschuldige leiden müssen." (RhM a.a.O.)
Das ist der alles entscheidende Mangel des Marxismus (und seiner kommunistischen und sozialistischen Varianten). Der einzelne Mensch nämlich will wissen, weshalb es Krankheit, Leid und Tod gibt, will wissen, was danach kommt, er verlangt nach Sinn, der mehr ist als ein auskömmliches oder gar luxuriöses Leben auf dieser Erde, als Vergnügen und Sex und Gaumenlust.
Das Christentum ist die einzige Instanz, die diese alles entscheidende Frage des Menschen beantworten kann, aber eben nur dann, wenn es mehr ist als innerweltliche soziale Heilslehre mit Klassenkampfparolen, Attacken gegen die, die mehr haben, mit Forderungen nach Umverteilung von Vermögen und Besitz, mehr auch als bloße Entwicklungshilfe. "Die Kirchen und die besten ihrer Diener haben sich stets bemüht, dies zu sein und nichts anderes: Tröster der Betrübten. Die Botschaft Christi hat die Ausweglosen getröstet, wenn alle 'Ideologien' versagten. Sie überzeugt, weil sie das Leid nicht hinwegdiskutiert, sondern in seinem fruchtbaren Ernst respektiert, der uns in Krankheit und Tod entgegentritt." (Zeitbühne 11/1975)
Das Evangelium ganz und ungeschmälert zu verkünden - das wäre die Chance und das wäre der Auftrag der Kirche in unserer Zeit. "Der Jugend predigen, ohne um ihre Gunst zu buhlen" (SB 4/1975), und allen Menschen, daß Golgotha keine Pleite war, daß es ein Jenseits gibt, Gericht und Auferstehung, in die alles irdische Leid, Krankheit, Armut, Schmerz, Einsamkeit, Verlassenheit einmündet, daß das "Ich und das Soziale (...) die beiden Götzen sind" (Simone Weil), die den Menschen hindern, immer mehr das zu~erachten, was Rost und Motten verzehren, daß das Nichts nach dem greift, schon in diesen Erdentagen, dem die Seele und das, was außerhalb des irdischen Horizonts liegt, leer ist, daß das Schreiten du~rch das dunkle Tor ein Heim-gang ist.
Wenn nur die Verantwortlichen begriffen hätten, daß die christliche Botschaft allen Ideologien überlegen ist, daß es ihre Aufgabe ist, den verängstigten Menschen das zu geben, was ihnen die Ideologien und weltlichen Systeme und Parteien und Gruppen nicht zu geben vermögen, dann hätten sie aufgehört, mit lechzender Zunge der Welt nachzulaufen, um ja den Anschluß nicht zu verpassen. Tun, was man kann, ja, aber der Sieg, der die Welt überwindet, ist der Glaube. Er muß absolute Priorität haben. Er muß gestärkt werden, überall. "Zuerst das Reich Gottes suchen, um uns das übrige dreingeben zu lassen. Uns um soziale Gerechtigkeit bemühen, ohne ihre Bedeutung zu übertreiben. Glauben verkünden, ohne zuviel apologetische Floskeln. Würdige, (d.h. gültige) Gottesdienste feiern, ohne nutzlose psychologische Experimente. Auf das Mysterium vertrauen, nicht auf Rhythmus und Lärm. Eine Anbetungsstunde jedem Diskussionsabend vorziehen. Exerzitien über Schulungskurse stellen und Sport als Freizeitgestaltung, aber nicht als ein Stück Lebens betrachten. Und dann staunen und immer wieder staunen, daß Gott uns noch immer mag und uns nicht wegen unserer Erbärmlichkeit verworfen hat." (SB 4/1975)
Umdenken und Umkehr - kann die katholische Kirche sie noch schaffen? Wer um sich schaut, möchte verzweifeln, und wer selber Kinder hat, noch mehr. Judasse um Judasse. Aber "als Judas die Silberlinge nahm, begann die erlösende Passion des Herrn. Die Ereignisse gingen rasch auf die Auferstehung zu. Wenn die wacheende Zahl übereifriger Judasse ein Anzeichen für den Beginn einer großen Passion der Kirche sein sollte, können wir die Hoffnung haben, daß die Entwicklung rasch einer Auferstehung entgegenginge. Auch dafür gibt es Anzeichen". (SB 18/1975)
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