PAUL VI. UND DIE BISCHÖFE HABEN ANGST VOR LEFEBVRE
von H.H. Walter W.E. Dettmann
Erzbischof Lefebvre hat auf eine Tatsache hingewiesen, die von niemandem geleugnet werden kann: Am Anfang des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils wurde nämlich auf Betreiben der progressistischen Kardinäle und Bischöfe die Gesamtheit aller Verhandlungsthemen für das Konzil, die in mehr als zweijähriger Arbeit nach Befragung aller Bischöfe der gesamten Kirche zusammengestellt worden waren, unter den Tisch geworfen.
Mehr als zweitausend Bischöfe standen auf einmal da und hatten nichts in der Hand, keine Tagesordnung und keinen Schriftsatz, und die Eröffnungsrede war von Johannes XXIII. bereits einige Tage zuvor gehalten worden. So etwas hat es in der Katholischen Kirche noch niemals gegeben.
Ohne die erforderliche Zweidrittelmehrheit zu besitzen, wie Erzbischof Lef. sagt, hatten dir progressistischen Kardinäle Johannes XXIII. dazu verleiten können, sämtliche Vorbereitungsarbeiten, die von der römischen Kurie unter seinen eigenen Augen durchgeführt worden waren, in dem Augenblick beiseitezuschieben, als die Debatten und Beratungen des Konzils beginnen sollten!
Erzbischof Lef. ist der erste, der auf diese Tatsache hingewiesen hat; die Angelegenheit ist nicht nur eine beschämende Regelwidrigkeit der progressistischen Kardinäle und Bischöfe, sondern sie ist vor allem für Johannes XXIII. und seinen Nachfolger Paul VI. verhängnisvoll und von schwerwiegenden Folgen.
Johannes XXIII. hat durch diese Maßnahme bewiesen, daß er selbst nur eine Marionette in der Hand anderer Leute war.
Es ist nicht so, wie Paul VI. in seiner Rede vom 19. September behauptete, daß Johannes XXIII. den Gedanken und Plan eines Konzils "als göttliche Eingebung" von oben bekommen hatte (Kath. Sonntagsblatt der Diözese Rottenburg vom 6. Okt. 1963, Seite 3), sondern dieser Gedanke war ihm eingeflüstert worden, ohne daß er es merkte. Gewisse Bischöfe, die mit Montini in Verbindung waren, haben schon viele Jahre vorher immer wieder vom kommenden Konzil gesprochen, das die Messe ändern werde. Am 29. August bis zum 1. Sept. 1955 war z.B. in München ein liturgischer Kongreß gehalten worden - man beachte, daß dies drei Jahre vor dem Tode Papst Pius' XII. geschah -: Bei dieser Gelegenheit sagte Bischof Albert Stohr von Mainz: "Wir sind uns vollkommen bewußt, meine sehr verehrten Anwesenden, daß zwischen der Resolution eines Kongresses und dem gültigen kirchlichen Recht ein sehr großer Unterschied besteht. Und darum darf ich die Bitte aussprechen, das, was hier vorgetragen wird, noch nicht als gültiges Kirchenrecht zu betrachten. Warten wir, bis eine solche Resolution oder eine solche wissenschaftliche Darlegung die notwendige Anerkennung gefunden hat; dann ist die Zeit der Verwirklichung". Dies waren die Worte des Bischofs Albert Stohr von Mainz bei der Eröffnung des liturgischen Kongresses in München. Der deutsche Bischof, der als Referent für liturgische Fragen eine führende Rolle in der deutschen Bischofskonferenz spielte, war sich bewußt, daß die Beschlüsse des Kongresses im Ungehorsam gegenüber Papst Pius XII. und im Ungehorsam gegen das kirchliche Gesetzbuch gefaßt wurden; trotzdem vertröstete er seine priesterlichen Zuhörer auf eine zu erwartende Zeit (nämlich nach dem Tode Papst Pius' XII.): Dann werde der jetzige Ungehorsam die "notwendige Anerkennung" finden. Damit war nichts anderes als das geplante neue Konzil gemeint. In der gleichen Rede bekundete Bischof Albert Stohr von Mainz auch seine Verbundenheit mit Montini, der ein Jahr zuvor ein Dankschreiben für die Pläne zur Änderung der Messe nach Trier geschickt hatte (siehe Liturgisches Jahrbuch 1955, S. 74/75 und Lit. Jahrb. 1954). Paul VI. und die progressistischen Bischöfe waren sich bewußt, daß sie ihre sogenannten liturgischen Kongresse jahre- und jahrzehntelang im offenen Ungehorsam gegen das Konzil von Trient und gegen Papst Pius XII. gehalten hatten; der Klosterneuburger Chorherr Pius Parsch hatte schon seit dem Jahre 1936 die Messe mit dem Gesicht zum Volke gelesen; trotzdem behauptete Paul VI. in seiner Rede vom 29. Sept. 1963, der Plan des neuen Konzils, das heißt die Bestätigung des bisherigen Ungehorsams, sei seinem Vorgänger Johannes XXIII. "durch göttliche Eingebung" zuteil geworden.
Diese sog. "göttliche Eingebung", von der Paul VI. sprach, hatte dann ein sonderbares Schicksal:
Im Januar 1959 hatte Johannes XXIII. verkündet, daß er ein Konzil abhalten wolle; in seinem Auftrag und unter seinen Augen traten alsbald die vorbereitenden Fachkommissionen der Kurie zusammen und arbeiteten fast drei Jahre lang in höchster Emsigkeit sowie mit einem ungeheuren finanziellen Aufwand, und nach einem glanzvollen und pompösen Einzug der 2500 Mitra-Träger in die Peterskirche wurde die gesamte Vorbereitungsarbeit der päpstlichen Kommissionen unter den Augen der Protestanten und der Russen als wertlos erklärt, kaum daß die Eröffnungsrede zum Konzil verklungen war: Deutlicher hätte der alte Johannes XXIII. seine persönliche Schwäche und den Charakter der sonderbaren "göttlichen Eingebung" kaum offenbaren können. Hier wird klar, warum er gerade von den progressistischen Bischöfen nur als ein "Übergangspapst" bezeichnet wurde.
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