DAS MÄDCHEN, DAS CHRISTUS LIEBTE
(Ein Bericht aus Rußland)
Dies ist eine wahre Begebenheit, wovon uns ein Untergrundpriester in Rußland berichtete. Obwohl das Ereignis sich im letzten Krieg zutrug, ist es heute noch aktuell für die verfolgten Gläubigen. Diese Geschichte ist unter ihnen lebendig und eine Inspiration für viele.
Es war während des letzten Weltkrieges. Die Gläubigen in einem Dorf waren zum Gebet in der Kirche versammelt. Während des Gottesdienstes stürzte plötzlich ein Offizier mit einigen Soldaten herein. Sie befahlen den Gläubigen, ihren Gottesdienst zu beenden und die Kirche innerhalb von zehn Minuten zu verlassen, da das Gebäude zerstört werden sollte. Der Gottesdienst wurde sofort beendet, da die Dorfbewohner wußten, daß die Diskussion mit diesen Leuten nutzlos sein würde. Alle waren bereit, die Kirche zu verlassen. Plötzlich schien der Offizier eine Idee zu haben. Mit einem sadistischen Ausdruck im Gesicht riß er ein Bild des gekreuzigten Jesus Christus von der Wand und legte es auf den Fußboden. Dann sagte er: "In zehn Minuten müßt ihr alle draußen sein! Aber nur die, die dieses Bild anspucken werden hinausgehen dürfen. Ich wiederhole: ihr habt nur zehn Minuten. Wenn jemand dann noch hier ist, wird er mit in die Luft fliegen."
Ihr könnt euch die Situation vorstellen, die sich nach diesen Worten in der Kirche entwickelte. Die Leute begannen, sich in Gruppen zusammenzufinden, um miteinander zu besprechen, was sie tun sollten. Es war nicht viel Zeit für lange Überlegungen.
Ein Bruder ging zu seiner Frau und sagte ihr: "Wir haben fünf Kinder zu Hause, geh zu ihnen, und ich werde hierbleiben." Und die Antwort der Frau: "Wie kannst du das sagen? Wie kann ich sie versorgen? Ich bitte dich, geh du!" Doch ihr Mann sagte: "Ich kann auch nicht gehen." Keiner weiß, was er tun soll. Einige ziehen andere Brüder zu Rat, indem sie von einem zum andern gehen und vorschlagen, daß einige das Bild sogar anspucken könnten, wenn der Rest wegschauen würde. Zur gleichen Zeit zählt der Offizier die Minuten in umgekehrter Reihenfolge: neun Minuten, acht Minuten, sieben ...
Einige sagten: "Es ist ja nur ein Bild und nichts anderes. Es ist doch nicht Jesus Christus persönlich." Schließlich näherte sich ein Mutiger dem Bild, spuckte darauf und ging hinaus. - Vergebt mir, - ich sagte 'ein Mutiger'. Vielleicht hätte ich ein anderes Wort wählen sollen, einen negativen Ausdruck, der seine Tat besser beschreibt. Aber das wäre auch nicht richtig. Seht ihr, man braucht sicherlich Mut, um als erster hervorzutreten und den gekreuzigten Christus anzuspucken. Es heißt, daß auch die Mutigen vor Gott niederfallen werden, wenn sie den Sohn Gottes auf dem großen Thron sehen.
Nur noch fünf Minuten, dann vier, dann drei. Dreißig Leute waren bereits draußen. Als nur noch zwei Minuten übrig waren und jeder sich fragte, was nun geschehen würde, kam die Reihe an ein vierzehn-jähriges Mädchen. Sie stand da in ihrer langärmeligen Bluse und langen Zöpfen und starrte das Bild an. Plötzlich ging sie auf die Knie und wischte mit ihren Händen den Speichel vom Bild ab; dann bückte sie sich und küßte es. Gleich darauf setzten die Kugeln einer Maschinenpistole ihrem Leben ein Ende. Das Mädchen fiel mit ausgestreckten Armen über das Bild, wobei ihr Körper es bedeckte. Plötzlich löste sich die Schlange der Wartenden auf und niemand wollte mehr hinausgehen; niemand konnte mehr spucken, denn auf das Bild spucken bedeutete, auf das Mädchen spucken, das mit ausgebreiteten Armen über dem Bild lag.
Nur noch eine Minute. Der Offizier schaute auf die Szene, ratlos und irgendwie verlegen. Dann wandte er sich abrupt um und sagte zu den Soldaten: "Kommt! Gehen wir!" Die Zurückgebliebenen sammelten sich um das Bild und das darüberliegende Mädchen. Weinend sagte der Vater: "Vergib mir, mein Kind, daß ich schlecht von dir dachte, als du dich in die Reihe stelltest. Ich wußte nicht den Grund, weshalb du es tatest. Denn hätte ich deine Absicht gewußt, wäre ich dir vorausgegangen. Jetzt danke ich Gott, daß du dein Leben gabst, um diesem Verbrechen ein Ende zu setzen."
Ja, ein vierzehn-jähriges Mädchen! Was befähigt dich, Jesus so zu lieben, ihn mehr zu lieben als die anderen ihn liebten? Oh, wie wunderbar die Gemeinschaft mit Jesus ist! Welche großen Wunder geschehen, wenn solche Hingabe die Herzen der Männer und Frauen erfüllt.
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