MEIN VOLK, GEDENKE DOCH! (Mich. 6,5)
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Diese Übersicht ist nicht für jene geschrieben, die geistig blind sind, und dazu auch noch nicht sehen wollen, weshalb sie keine Einsicht gewinnen können! Zu denen gehören alle diejenigen, welche eine schwere Sünde gegen den Glauben und die Hoffnung begangen haben, und diese nicht bereuen. Das gilt besonders für den Klerus, und sei es auch der Papst selbst, die das Tridentinisch-Vatikanische Glaubensbekenntnis nicht eingehalten haben, welches sie zum ersten Mal vor der Subdiakonatsweihe ablegen mußten und welches sie unwiderruflich bis zum letzten Atemzug bindet, wie ja in diesem Eid ausdrücklich angegeben ist. Es ist kein bloßes Glaubensbekenntnis, es ist ein Eid und Gelübde zugleich. Alles, was von der heiligen Kirche überliefert, definiert und deklariert wurde, besonders, was den Primat und die Infallibilität des römischen Papstes anbelangt, wird von dem Eidleistenden ohne jeden Zweifel angenommen und bekannt. Alles, was dem entgegengesetzt ist, wie auch alle von der Kirche verdammten, verworfenen und mit dem Kirchenbann belegten Häresien von dem, der den Eid leistet, ebenfalls verurteilt, verworfen und anathematisiert. Auch verpflichtet er sich, dasselbe von denen anzufordern, die seiner Fürsorge anvertraut werden. Das alles gelobt und schwört er, und bittet Gott und die heiligen Evangelien Gottes, ihm dabei behilflich zu sein. 1)
Bereits einem Volksschüler ist es bekannt, daß mit einer Todsünde sofort die heiligmachende Gnade verloren geht, und mit ihr alle von Gott eingeflossenen Tugenden, den Glauben und die Hoffnung ausgenommen, wenn es sich nicht um eine Sünde gegen den Glauben und die Hoffnung handelt. Diese vegetieren weiter. Meineid und Eidbruch sind, was das Glaubensbekenntnis anbelangt, eine schwere Sünde gegen den Glauben. Infolgedessen gehen auch der göttliche Glaube und die Hoffnung verloren, und das, was übrig bleibt, ist ein Torso von rein menschlichem Glauben, soweit dieser überhaupt noch weiterbesteht. Leider sind das nicht alle traurigen Folgen des Verbrechens! Der hl. Thomas von Aquin macht darauf aufmerksam, daß infolge des Verlustes der heiligmachenden Gnade der Geist nicht mehr erleuchtet wird, um richtig sehen zu können, und das Herz nicht mehr angespornt wird, um entsprechend leben zu können. 2) Dieser Zustand dauert so lange an, bis die Sünde bereut, gebeichtet und gesühnt wird. "Ihr werdet wissend werden", lautete die Einflüsterung des Teufels, die auch heute noch durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch vernehmbar ist! Nicht das, was Gott in der Offenbarung, Tradition, durch das Lehramt der hl. Kirche verlauten läßt, ist entscheidend, sondern das, was dem menschlichen Gutdünken entspricht, und dieses ist gar mannigfaltig, wie wir heute besonders sehen können.
"Es klingt wie ein abgedroschener Schlager", würde der Vorsitzende des Tridentinischen Konzils, Kard. Hosius nach heutiger Art sagen: "Den Kelch den Laien, den Priestern Weiber und die Volkssprache in die Liturgie!" 3) Diese drei Forderungen wurden der Kirche von seiten der Neuerer aller Zeiten bei jeder nur denkbaren Gelegenheit vorgelegt. Sie stellen also keine Neuigkeit dar, welche unsere angeblich fortgeschrittene Zeit erst fordern konnte.
Im Jahr 1937 erschien im Staetssekretariat als Substitut Monsignore Montini. Er hatte das volle Vertrauen Papst Pius XI., wie auch das später Pius XII., der leider zu vertrauensvoll war. 1952 wurde Montini Pro-Staatssekretär. Aufgrund gewisser Ereignisse wird er am 3.11.1954 zum Erzbischof von Mailand ernannt: Promoveatur, ut amoveatur, er sei erhöht, damit er entfernt sei. Seine Anwesenheit im Staatssekretariat war nicht mehr wünschenswert! Das Gären in den Reihen der Kirche, welches seit Beginn nie aufgehört hatte, kam nach dem II. Weltkrieg wieder zum Durchbruch. Zuerst in den engsten Reihen des Klerus. Anonym wirkten bereits unheilvoll die Schriften von Teilhard de Chardin. Es wurde, besonders in Frankreich, behauptet, daß unsere Zeit die scholastische Terminologie nicht versteht, und es wäre besser, sie durch Termini der modernen Philosophie zu ersetzen. Dabei dachte man gar nicht daran, daß diese Terminologie überhaupt nicht einheitlich war, und daß derselbe Terminus bei dem einen Philosophen anders gebraucht würde als beim anderen, ja sogar, und Teilhard ist darin Meister, daß bei dem gleichen Philosophen, was den Inhalt und den Umfang einzelner Termini anbelangt, dieselben Termini sich nicht immer vollauf decken. Pius XII. war dem erst zugeneigt, als jedoch die Blondelsche Definition der Wahrheit - "Die Wahrheit ist die Konformität des Geistes mit dem Leben" - zum Gebrauch gelangte, und drohte, in noch eine krassere überzugehen - Wahrheit ist eine Funktion des Menschen und seiner Bedürfnisse" -, und man an dem Terminus 'Transsubstantiation' zu rütteln begann, erwachte Pius XII. und machte der Neuerungssucht ein Ende. Am 19. 9.1946 äußerte sich der Papst mit Bezug auf die neue Theologie folgendermaßen im "Osservatore Romano": "Sollte man so etwas annehmen, was wird da mit den unveränderlichen Dogmen geschehen, was mit der Einheit und Festigkeit des Glaubens?" 4)
Es ist klar, daß all dies seinen Widerhall im Bereich der Liturgie haben mußte. Montini gehörte zu den Neueren, ja er war ihr ungenanntes Haupt. Die Modemisten wollten sich durchsetzen, wo immer es möglich sein sollte. So im September 1953 u.a. beim liturgischen Kongreß von Lugano, wo man Pius XII. einfach hintergangen hatte, und im Jahre 1956 beim Kongreß in Assisi, wozu Pius XII., neben anderem, bereits klar erklären mußte, daß die Lostrennung des Tabernakels vom Altar bedeutet, daß zwei Sachen voneinander getrennt werden, die ihrem Ursprung wie auch der Natur nach zusammengehören, da der Herr im Tabernakel als lebendiges Andenken an Sein Opfer und Sein Leiden gegenwärtig ist. Ferner unterstrich er auch die unbedingte Verpflichtung (obligation inconditionée) des Gebrauchs der lateinischen Sprache im lateinischen Ritus. 5) Das alles half nichts.
Den eigentlichen Angriff auf die bestehende Ordnung kam von seiten des Erzbischof Montini in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit 1958: "Su l' educazione liturgica" (d.i.: Über die liturgische Erziehung) In diesem Hirtenbrief lobt Montini die Enzyklika "Mediator Dei" von Pius XII. und fordert - scheinbar - im vollen Einklang mit ihr die aktive Teilnahme der Gläubigen am hochheiligen Opfer. Den Schwerpunkt der aktiven Teilnahme legte Montini auf das Äußere, während Pius XII. diese richtig im inneren Mitvollzug der Hl. Messe sieht. Die damalige aktive Teilnahme des Volkes an der Liturgie genügte Montini nicht! Der Rosenkranz, der Kreuzweg und andere Meditationen sind zwar gut, passen aber nach ihm nicht in die Messe hinein. Alle müssen alles sehen, alles hören, alles verstehen und an allem teilnehmen. Es ist nun verständlich, daß der Altar-(tisch) in der Mitte oder wenigstens vor der Versammlung sein muß, wenn die Sinne (l'impiego dei sensi) in Anspruch genommen werden sollen; der Lautsprecher feiert seinen triumphalen Einzug in die Kirchen, so daß es keinen Winkel in der Kirche mehr gibt, wo man in sich zurückgezogen verbleiben könnte. Selbst das heilige Geheimnis darf nicht verborgen bleiben, als ob das Tridentinum diesbezüglich nichts bestimmt hätte 6), und selbst die Apostolische Konstitution Papst Clemens XI. "Unigenitus" nicht darauf hingewiesen hätte, daß eine solche Forderung nicht dem katholischen Geiste entspringt! Dazu bemerkt La Fontaine S.J. in seinem Kommentar zu dieser Bulle, daß diese angebliche Notwendigkeit dem calvinischen Dogma entspricht, welches alle Katholiken stets als Irrtum verachtet haben und welches wie das Alte als auch das Neue Testament widerlegen. 7) Als ob Montini nichts von der Verdammung der Übersetzungen (zum öffentlichen Gebrauch! O.K.) des Römischen Missales in die verschiedenen Sprachen gehört hätte, wie Alexander VII. am 21.1.1661 definiert hatte, als ob im Denz. 1436, 1533, 1566, die neben der Bulle "Unigenitus", die Apostolische Konstitution seines Vorgängers Pius VI. "Auctorem fidei" nicht bekannt wäre und er nie etwas von der Meinung seines Vorgesetzten und ehemaligen Mitarbeiters Pius XII. vernommen hätte, beginnt er in seinem berüchtigten Hirtenbrief, seiner Einstellung aber völlig entsprechend, von dem Hindernis der lateinischen Sprache (L'ostacolo della lingua latina) zu sprechen. Es ist ja klar: wenn alle verstehen sollen, und selbst die Priester das Latein nicht mehr so beherrschen, wie sie es sollten und könnten, muß es durch die Landessprache ersetzt werden!
Aus dem, was bisher ausgeführt wurde, ist völlig klar ersichtlich, daß die heutige "neue Messe" ein Geisteskind Montinis ist, und ihm keineswegs aufgezwungen wurde, wie so manche behaupten. Das ist auch aus dem weiteren ersichtlich.
Als Papst Pius XII. mit dem Inhalt des Hirtenbriefes bekannt gemacht wurde, ließ er Montini kommen. Von einer Reue zeigte Montini keine Spur. Zu der Zeit wußte er bereits, daß er eines Tages Papst werde. Das prophezeite ihm Padre Pio, aber auch sonst galt es in diplomatischen Kreisen Roms als sicher; sobald Montini, so sagte man, den Kardinalshut hat, hat er auch die Tiara in der Tasche. Was sich zwischen Pius XII. und Montini abgespielt hat, ist schwer zu sagen. Das eine ist sicher: Montini widerrief nichts von dem, was er im Hirtenbrief gefordert hatte, und sein Vorsatz war, alles durchzusetzen, bis sich ihm die Möglichkeit dazu bieten würde - also gerade das Gegenteil von dem, was Papst Pius XII. von ihm erwartete. Infolgedessen sah sich Pius XII. gezwungen einzuschreiten, und den Einfluß der modernistischen Gruppe, deren Oberhaupt Montini war, zu brechen. Dies geschah durch die am 3.9.1958 von der Ritenkongregation herausgegebene Instruktion zu seinen Enzykliken "Musicae sacrae disciplina" und "Mediator Dei". Diese Instruktion wurde von ihm "speciali modo" approbiert, und somit zum Gesetz! Auf 34 Seiten wird in ihr genau angegeben, was gestattet ist und was nicht. Die liturgische Sprache ist allein die lateinische, es ist nicht gestattet, den liturgischen Text, auch wenn er genau in die Landessprache übersetzt wäre, zu singen. Dort, wo bei stillen Hl. Messen die Gläubigen aktiv teilnehmen (z.B. der Ministrant), ist allein die lateinische Sprache gestattet, sie dürfen aber nicht die entsprechenden Teile des Proprium, Ordinarium und Canonis Missae laut mit dem Priester rezitieren. Allein an Sonn- und Festtagen ist es wünschenswert, daß die Epistel und das Evangelium von einem Lektor (während der Priester sie still lateinisch liest; O.K.) in der Muttersprache vorgelesen werden. Die Sprache des Gregorianischen Chorals ist nur die lateinische!
Was die aktive Teilnahme betrifft, wird gefordert, daß die Anwesenden, ein jeder auf die ihm eigene Weise, am hochheiligen Opfer teilnehme. Diese Teilnahme muß vorerst eine innerliche sein, nämlich aufgrund einer frommen Gegenwart des Geistes und eines mitfühlenden Herzens. Wohl ist es lobenswert, wenn die Gläubigen dem Priester mit Hilfe eines kleinen Missales bei den kirchlichen Gebeten folgen können, da aber nicht alle gleich imstande sind, den Ritus und die liturgischen Formeln richtig zu verstehen bzw die Aufmerksamkeit auch verschieden ist, bietet sich ihnen eine andere, geeignetere Art der aktiven Teilnahme an, nämlich fromm über die Mysterien Jesu Christi zu meditieren oder andere Gebetsarten zu gebrauchen.
Von der Konsekration an bis zum Pater noster wird Schweigen empfohlen, das Pater noster selbst darf laut von allen rezitiert werden, jedoch nur in der lateinischen Sprache.
Die Gläubigen sollen sich auf das engste mit dem Hohenpriester verbinden und mit ihm und durch ihn das Opfer darbringen und sich mit ihm aufopfern - mit ihm sakramental den Opfertod sterben -. Der Vorbeter - keine Frau! - darf den Gang des Hl. Opfers nicht stören. Die Wiedergabe von Filmen und Lichtbildern ist strengstens verboten!
Wir müssen noch darauf hinweisen, daß die Konzelebration, als Assistenz von mehreren Priestern gedacht, unter gewissen Bedingungen zwar zugelassen ist, es sich jedoch dabei nur um eine einzige Hl. Messe handelt, nicht etwa um so viele wie Priester da sind. Synchronisierte Messen (also jene, die heute als konzelebrierte benannt werden), sind verboten. 10)
Montini und der modernistischen Gruppe blieb nichts anderes übrig als zu schweigen und zu warten. Nur herzlich wenige vom Klerus werden etwas von dieser Instruktion erfahren haben, wie sie selbst auch heute noch nichts von ihr wissen, wenn diese auch weiterhin die volle Gesetzeskraft behält. Der Grund liegt auch darin, daß es sich in dieser Sache nicht um eine bloß disziplinäre Angelegenheit handelt, sondern um eine dogmatische von größter Tragweite!
Von den Absichten und Hoffnungen Montinis wird sicher auch Pius XII. in Kenntnis gebracht worden sein. Das ist auch daraus ersichtlich, daß er in den letzten Jahren keine Kardinäle mehr ernannte, da er ja bei dieser Gelegenheit den Erzbischof von Mailand nicht übergehen konnte, und dieser war eben Montini. So mußte nach seinem unerwarteten Tod ein Zwischenpapst eintreten, dessen Hauptaufgabe es war, Montini zum Kardinal zu ernennen, was auch geschah. Nun hat der Mohr seinen Dienst getan und konnte gehen. So hat Montini sein Ziel erreicht.
Es wäre sehr wichtig, den genauen Wortlaut der verschiedenen Eide zu kennen, die Montini nach seiner Wahl zum Papste zu leisten hatte einmal abgesehen von dem eigentlichen Krönungseid. An und für sich genügt aber schon das Glaubensbekenntnis, welches er vor der Subdiakonatsweihe abzulegen hatte, vom Antimodernisteneid wieder einmal abgesehen. Sein hochgepriesenes "Credo" hat nichts zu sagen, wenn es nicht sogar nur eine Augenwischerei ist, um die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Glaubensbekenntnis und Eid abzulenken; dieses eigene Credo verpflichtet ihn zu gar nichts! Auch deckt sich der Wortlaut der lateinischen Version nicht mit der italienischen und französischen.
Sollte er keinen Eid abgelegt haben nach seiner Papstwahl, was nicht denkbar ist, wäre seine Unaufrichtigkeit klar an den Tag gelegt: er will sein eigentliches Amt gar nicht antreten. Dann aber?... Könnte er da überhaupt als Papst betrachtet werden?
Daß es Montini mit der Einhaltung seines Tridentinisch-Vatikanischen Glaubensbekenntnisses nicht ernst meint, von den anderen Eiden ganz zu schweigen, zu deren Bruch er auch noch andere anstiftet, bestätigt u.a. folgende Tatsache: Im Jahre 1966 beauftragte er den Kard. Bea den altkatholischen Bischöfen in Holland mitzuteilen, daß die Unterwerfung unter das antijansenistische Formular von Papst Alexander VII. und der Gehorsam gegenüber der Apostolischen Konstitution "Unigenitus" von Papst Clemens XI. nicht mehr eine Vorbedingung (zum Dialog) sind, d.i. nicht mehr geschehen muß! 11) Nun sagt aber das von Benedikt XIII. plenissime bestätigte Konzil von Embrun - 1727 - über die Konstitution "Unigenitus": "Sollte jemand dieser Konstitution nicht mit dem ganzen Herzen und der ganzen Seele anhängen, oder einen wahren und aufrichtigen Gehorsam nicht leisten, der sei unter jene zu zählen, die im Glauben Schiffbruch erlitten haben. Die Konstitution "Unigenitus" ist ein dogmatisches, definitives und unwiderrufbares Urteil jener Kirche, von der aus dem göttlichen Munde ausgesagt wird: Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen." 12) Durch die angeführte Äußerung Montinis wird infolgedessen auch die Infallibilität geleugnet, mit allen dadurch bedingten Folgen. 13) Hinzu kommt noch das Stillschweigen über verschiedene häretische Katechismen, wie z.B. den Holländischen und die französischen usw., besonders aber über die häretische Pervertierung der Sakramente, zu der es ohne sein Gutheißen nicht hätte kommen können. Die Mehrdeutigkeit bei der Erteilung der Sakramente wurde von Papst Innozenz XI. 1679 verworfen! 14)
Die verurteilte Doktrin muß nicht immer ausgesprochen häretisch sein, sie kann weniger zensuriert werden, ihr Mißachten ist aber ein Mißachten der Infallibilität, und somit ausgesprochen häretisch. Deshalb sagte der Papst, der ja der Hüter des Glaubensschatzes sein soll, im Krönungseid von sich folgendes aus: Wenn ich es unternehmen sollte, in irgendetwas nach anderem Sinne zu handeln, oder zulassen sollte, daß es unternommen wird, so wirst Du mir an jenem furchtbaren Tag des göttlichen Gerichts nicht gnädig sein. (...) Daher unterwerfen Wir auch dem Ausschluß des strengsten Bannes: wer es wagen sollte, seien es Wir selber, sei es ein anderer - irgendetwas Neues im Widerspruch zu dieser so beschaffenen evangelischen Überlieferung und der Reinheit des orthodoxen Glaubens und der christlichen Religion zu unternehmen oder durch seine widrigen Anstrengungen danach trachten sollte, irgendetwas zu ändern oder von der Reinheit des Glaubens zu unterschlagen, oder jenen zuzustimmen, die solch lästerliches Wagnis unternehmen.15)
SOMIT SCHLIESST SICH DER PAPST AUS DER KIRCHE SELBST AUS!
Es ist nicht notwendig, und auch nicht möglich, daß ihn eine Synode als Bischof von Rom, der er ja juridisch nicht mehr ist, oder ein Konzil noch ausschließe; es ist gar nicht möglich, einen, der schon ausgeschlossen ist, noch einmal auszuschließen. Die Synode der Diözese Rom - ein Konzil kann ja ohne den Papst nicht einberufen werden - stellt lediglich die Tatsache der Häresie - ähnlich wie im Fall des Absterbens des Papstes - nur fest. Wie sie seinen physischen Tod nur feststellt, so stellt sie auch nur seinen moralischen Tod fest.
Mit dieser Möglichkeit rechnet u.a. schon Heinrich Institoris, wenn er im Auftrag von Alexander VI., der sicher kein heiligmäßiges Leben führte, und des Protektors von Deutschland, des Kardinals Francesco de'Piccolomini Todeschini, des leider kurzlebigen späteren Nachfolgers von Alexander VI. als Pius III. den sogenannten Böhmischen Brüdern, die ein verhältnismäßig sittenreines Leben führten, es überbringen mußte, als Inquisitor und Nuntius, daß sie dem Papst Gehorsam leisten müssen, mag er auch noch so skandalös leben, solange er den Glauben nicht verletzt. In seinem Clypeus adversus Waldensium seu Pickardorum haeresim 16) betont er es mehrmals. "So wie ein toter Kopf kein Leben an die Glieder weitergeben kann, und Quelle des geistigen Lebens der Glaube ist ... ist ein Papst, ohne Glauben, da er ja das Leben nicht besitzt, wegen seiner Häresie kein Papst mehr, d.i. Vater der Väter, um die Kirche zu regieren, sondern durch dieselbe Tat (schon) abgesetzt. ... Sollte er, wenn ob seines sittenlosen Lebens ermahnt, dieses fortsetzen, bleibt er dennoch weiter Papst, würde er aber von seinem sündhaften Leben behaupten, es sei nicht sündhaft, so hat er sich nicht allein gegen die Sitten versündigt, aber auch gegen die Sitten l e h r e, und ist als Häretiker zu betrachten."
Eingehend wird der Fall vom Kirchenlehrer dem hl. Kardinal Robert Bellarmin behandelt und endgültig entschieden. Bellarmin betont: "Es wäre ein großes Elend für die Kirche, wenn sie den offen wütenden Wolf als Hirten anerkennen müßte ... ein offensichtlicher Häretiker kann also nicht Papst sein ... er HÖRT VON SELBST AUF PAPST UND OBERHIRT ZU SEIN, wie er auch von selbst aufhört Christ und Mitglied der Kirche zu sein; deshalb kann ihn die Kirche richten und strafen. Das ist die Ansicht aller alten Väter ..." 17) Derselben Ansicht ist auch Wernz S.J.: "Durch unverhüllte und offen verbreitete Häresie geht der römische Pontifex seiner Jurisdiktionsgewalt verlustig, und zwar ipso facto, wenn er sich einer solchen Häresie schuldig macht, also noch vor jedem Deklarationsurteil von seiten der Kirche ... Das Deklarationsurteil, das erforderlich ist, wenn es auch bloß Veröffentlichungscharakter hat, bedeutet nicht, daß der häretische Papst GERICHTET wird, sondern vielmehr, daß er als GERICHTET VOR AUGEN GESTELLT wird .." 18)
Was den Gehorsam anbelangt, müssen wir die Worte des hl. Kirchenlehrers Bellarmin beherzigen: "Wie wir dem Papst widerstehen dürfen, wenn er den Leib angreift, so auch, wenn er die Seele angreift oder das Gemeinwesen durcheinander bringt, und erst recht, wenn er die Kirche zerstören wollte. Wir dürfen, sage ich, ihm widerstehe - indem wir nicht tun, was er befiehlt, und verhindern, daß er seinen Willen ausführt." 19)
"Nun sende uns, Vater und Sohn, den rechten Geist herab, daß er mit seiner süßen Feucht' ein dürres Herz erlabt. Unchristlicher Dinge ist all die Christenheit so voll. Wo Christentum zu Siechhaus liegt, da tut man ihm nicht wohl." (Walther von der Vogelweide.)
Anmerkungen:
1. Denz. 994-1000. 2. Summa Theol. I. II. 79. a. 3 und II. II. 15, a. 1. 3. Stanislai Hosii opera. De sacerdotum conjugio. 4. Fr. Reg. Garrigou-Lagrange O.P. "La nouvelle théologie où va-t-elle? Angelicum" 23/1946, Fasc. 3-4, pg. 144. 4a. Siehe "Einsicht" VI (2) Juli 1976, Seite 57. 5. AAS 1956, pg. 722, 724. 6. Denz. 956. 7. La Fontaine, S.D.N.D. Clementis D.P. Papae XI. damnatio.. "Unigenitus". 8. ebd., pars III. prop. 86, cap. V. 9. Montini, Su l'educazione liturgica, Milano 1958. Centro di Studi per l'A.C. 10. AAS 1958, pg. 630-663. Cf. CIC can. 803. 11. La Croix 1966, Nov. 24-26. Hollande. 5 millions de catholiques en Concile. Cf. Denz. 1099, 1350, 1351-1451. 12. Siehe Scheeben, Handb. der Kath. Dogmatik. I. Theologische Erkenntnislehre, S. 193, 269. 13. Denz. 1839-1840. 14. Denz. 1151. 15. Migne P-L. 105, col. 39-60. 16. Ausgabe v. 1500, Olmütz, Fo. XXIV. Univ. Bibl. Prag. 17. Bellarmin, Controversiarum I. De Romano Pontifice, lib. II. cap. XXX. 18. Wernz S.J. Jus Decretalium, Romae 1899, Tom. II. 695 sqq. 19. Bellarmin, op. cit.
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