DER KAMPF GEGEN ERZBISCHOF LEFEBVRE
von H.H. Josef Leutenegger
1. Der Hintergrund des Kampfes:
Den gegenwärtig in der Kirche führenden, progressistisch-modernistisch und stark unter Logeneinfluß stehenden Kreisen gebt es zweifelsohne darum, die Kirche zu zerstören. "Ecrasez l' infame - Rottet sie aus die Infamie" hat schon Voltaire geschrieben. Und schon vor etlichen Jahren soll eine englische Freimaurerzeitung geschrieben haben: "Wir hätten nicht geglaubt, daß wir die katholische Kirche so schnell in den Griff bekämen".
Doch mitten im bereits angehobenen Siegesgeheul tritt ein Mann auf und gebietet diesem Zerstörungswerk ein mächtiges Halt, Erzbischof Lefèbvre. Er zeigt die großen Gefahren auf, die unserer Kirche durch den Modernismus drohen, weist nach, daß die liberalen und protestantischen Ideen und Tendenzen schon während des II. vatikanischen Konzils sichtbar geworden seien und sich in der nachkonziliaren Kirche so verderblich und katastrophal auswirken würden. Mit apostolischem Freimut stellt er sich diesem Treiben entgegen. Er sieht die Kernfrage der Rettung für die Kirche in der Heranbildung wahrhaft frommer und apostolischer Priester, ganz im Sinne des tridentinischen Konzils und des hl. Papstes Pius X. Und er geht ans Werk, er gründet ein eigenes Priesterseminar in Ecône.
Das rief im Lager der modernen Kirchenzerstörer Alarmstimmung hervor. Und was seitdem geschehen ist, das wissen wir. Ein Toben der Hölle wie selten in der Kirchengeschichte. Begreiflich! Die Hölle läßt sich ihren Sieg, den sie in den Händen zu haben glaubte, nicht so ohne weiteres entreißen. Aber gerade dieses Geschrei macht deutlich, daß Erzbischof Lefèbvre recht hat.
"Aber alles ist doch gegen den Erzbischof, Rom, die Bischöfe, der gesamte Klerus, die Presse, die Massenmedien etc" höre ich sagen. Doch das beweist so gut wie nichts. Es ist eine geschichtliche Wahrheit und Tatsache, daß das Recht bei weiten nicht immer auf der Seite der Masse, auch nicht beim Gros der Bischöfe liegt, sondern sehr oft beim Einzelnen. Ich denke an den Arianismus, dem eine überwältigende Zahl der damaligen Bischöfe huldigte - Kirchengeschichtler reden von gut 80 % - indessen sich Athanasius wie ein Löwe gegen diese Irrlehre stemmte, und mit ihm noch etliche andere Bischöfe wie Hilarius von Poitier und die darob unsäglich viel zu leiden hatten.
Ich denke an die englische Reformation, wo alle Bischöfe abfielen bis auf Bischof John Fisher und Kardinal Polet. Letzterer konnte flüchten. Bischof Fisher wurde hingerichtet und mit ihm der unbeugsame Lordkanzler Thomas Morus, dem später die Ehre der Altäre zuerkannt wurde.
Ich denke ferner an Jeanne d'Arc, die von einem kirchlichen Gericht als Hexe verurteilt und öffentlich verbrannt wurde. Heute ist sie eine Heilige.
Die heutigen Bischöfe und der größte Teil des Klerus sind vom Modernismus infiziert und dieser ist nach Pius X. das Sammelbecken aller Häresien und führt in den totalen Unglauben. Erzbischof Lefèbvre stellt sich diesem Modernismus in der Kirche entgegen, beteuert immer wieder, daß er dem traditionellen katholischen Glauben die Treue halte bis in den Tod. Und weil er nun aus der Reihe der heutigen kirchlichen Machthaber tanzt, erhebt sich dieses große Geschrei gegen ihn.
II. Sein "Ungehorsam" gegen Paul VI.?
Darauf konzentriert sich gegenwärtig das ganze Geschrei seiner Gegner. Erzbischof Lefèbvre verweigert Paul VI. den Gehorsam! Dazu stellen wir zuerst die Frage. Inwieweit geht die Gehorsamspflicht gegen einen Papst? Gibt es einen absoluten Gehorsam dem Papste gegenüber? Nein! Niemals! Eine absolute Gehorsamspflicht gibt es nur gegen Gott! Letzte und oberste Instanz für die Verantwortlichkeit meiner Handlungsweise ist das Gewissen. Das haben selbst unsere Bischöfe zugegeben in Sachen der Enzyklika "Humane vitae" als sie den Eheleuten klar machen wollten, sie müßten in ihren Ehepraktiken sich nach ihrem Gewissen richten und nicht nach der Papstenzyklika. Die Scholastik kannte keine andere Lehre als, man müsse es vorziehen, eher in der Exkommunikation zu sterben, als etwas zu tun, was gegen das Gewissen wäre. "Zwischen Gott und meinem Gewissen gibt es keine weitere Instanz", erklärte seinerzeit Kardinal Newmann. "Wenn ein Papst mir etwas befehlen würde, was gegen mein Gewissen ist, dann darf ich nicht gehorchen", erklärte seinerzeit Kardinal Boncampagni, der spätere Papst Gregor XIII.
Es gibt auch für Erzbischof Lefèbvre keinen absoluten Gehorsam Paul VI. gegenüber. Die letzte und oberste Instanz gegenüber der er sich verantworten muß in allen seinen Handlungen, ist sein Gewissen und im Gewissen spricht Gott.
Und wenn ihm sein Gewissen sagt, er dürfe sein Seminar in Ecône nicht aufgeben, weil der Nachwuchs echter, wahrer, ganz vom apostolischen Geiste erfüllter Priester für die Weiterexistenz der Kirche von absoluter Notwendigkeit ist und er dadurch der (wahren) Kirche in dieser bedrängten Lage die allerbesten Dienste leiste, so kann er der Aufforderung Roms, und noch weniger der Bischöfe, sein Seminar, wohl eines der blühendsten in der Kirche aufzugeben, einfach nicht Folge leisten. Und wenn Erzbischof Lefèbvre davon überzeugt ist - und die Tatsachen geben ihm heute recht - daß im gegenwärtigen kirchlichen Leben und schon während des zweiten vatikanischen Konzils liberale und protestantische Ideen und Tendenzen vorherrschten, dann kann er heute nicht einfach sagen, es stimme nicht, er habe sich geirrt und seine gemachten Äußerungen widerrufen. Er muß wahrheits- und gewissensmäßig seiner Überzeugung folgen und muß dafür selbst die Exkommunikation in Kauf nehmen. "Wenn wir einmal etwas als die Stimme Gottes erkannt haben, d.h. des Gewissens, dann darf uns keine Macht der Welt, auch nicht der Spott der ganzen Welt, von der Ausführung des göttlichen Willens abhalten", schreibt Schweykart SJ in seinem Betrachtungsbuch. Hier heißt es einfach: "Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen". (Apg 4,19) Und Gott spricht zu uns durch die Stimme des Gewissens. Man wirft dem Erzbischof vor, er habe gegen den Willen Paul VI. am 29. Juni dieses Jahres in Ecône junge Leute zu Priestern geweiht. Hier ist zu sagen: Die jungen Leute hatten ihre Studien vollendet und ordnungsgemäß abgeschlossen. Kein anderer Bischof wollte sie weihen. Ja die Schweizerbischöfe und auch andere erklärten kategorisch, sie würden keine in Ecône ausgebildeten Seminaristen zu Priestern weihen. Soll der Erzbischof sie nun ohne Weihe heimschicken? und das in einer Zeit schreiendsten Priestermangels? Auch eine Gewissensfrage! Der Erzbischof entschied. Er weihte sie selber. Er folgte seinem Gewissen, seiner Vernunft und der Notlage der Kirche und Zehntausende begrüßten das.
Gossau, den 26. Juli 1976
Pfarrer Josef Leutenegger
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AM ENDE EIN SCHISMA?
von Jakobus Lüttmer
(Aus DT vom 27.1.76): Herr W. Jestaedt mag mit seiner Vermutung, daß es wegen Erzbischof Lefèbvre ein Schisma geben wird (DT 9.7.) vielleicht recht behalten. (...) Wieso konnte der Vatikan nicht länger tatenlos zusehen? Gegenfrage: Wo sonst sieht der Vatikan nicht tatenlos zu? Die Behauptung, daß der Papst "bis in die letzten Wochen hinein" versucht hat, den Erzbischof zur Besinnung zu bringen, ist unwahr und unterstellt zudem, daß der Erzbischof heute nicht bei Besinnung ist. Bedingungslose Unterwerfung und sonst nichts hat der Papst verlangt, bevor er den Erzbischof zu einer Audienz empfängt. Idi Amin hatte es da wesentlich leichter; dieser Massenmörder ließ den Papst sogar zwei Stunden warten. Ich empfehle Herrn Jestaedt, die Lebensgeschichte des hl. Athanasius zu studieren. (...) Schließlich malt der "Kirchenrechtler" Jestaedt auch noch das Gespenst der Exkommunikation an die Wand. Angesichts dieser "Drohung" drängen sich gleich drei Fragen auf.
1. Warum ist Kritik am 1. Vatikanischen und am Tridentinischen Konzil erlaubt, Kritik am 2. Vaticanum dagegen verboten?
2. Was sollen eigentlich unsere evangelischen Brüder von den ökumenischen Bestrebungen der katholischen Kirche halten, wenn der Vatikan mit Kritikern so umgeht wie mit Erzbischof Lefèbvre?
3. Über welche protestantische Sekte darf Erzbischof Lefèbvre nach seiner Exkommunikation via Ökumene in den Schoß der heiligen katholischen Kirche zurückkehren?
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