AKTIVE TEILNAHME
von H.H. Dr. theol. Otto Katzer
II A (Anm. d. Red.: Durch ein Versehen der Redaktion ist ein Teil der Fortsetzung von "Aktive Teilnahme" leider nicht zum Abdruck gekommen. wir bitten unsere Leser dafür um Entschuldigung. Die jetzige Folge schließt an die Fortsetzung II von "Aktive Teilnahme" ("Einsicht" 1(VI)25)unmittelbar an.)
Während wir bei allem haften bleiben, sehen wir bei unserem, wenn auch in seiner Vollkommenheit unerreichbaren Vorbilde, der jungfräulichen Mutter Gottes Maria etwas wesentlich anderes. Es gibt, wie bereits gesagt wurde, in ihrem ganzen Leben keinen Augenblick, der nicht voll in Gott verankert wäre. Auf ihre Fürbitte werden selbst alle Mängel unseres Opfers, soweit sie nicht der Böswilligkeit entsprungen sind, verankert und so fähig in die Edelsteine der Tugenden und guten Werke verwandelt zu werden.
Bei der heiligen Taufe sind wir programmatisch für die Welt abgestorben, doch ist dieser Tod sakral noch durchzuführen, weshalb unser ganzes Leben eine beständige Abtötung unseres eigenen "Ich" sein muß. Wie unvollkommen dies zustandekommt, darüber gibt uns die Gewissenserforschung schon das richtige Bild. So ist die hl. Taufe von der hl. Wandlung nicht zu trennen, die das real präsentiert, was, was sakral, im Kerne, bei der heiligen Taufe erfolgte.
Unendlich erhaben erhebt sich da vor unseren Augen die Teilnahme der Muttergottes, welche wir nicht einmal imstande sind, in ihrer Vollkommenheit zu begreifen, weshalb es dringend zu empfehlen ist, das Räsonieren fürderhin auf das notwendigste einzuschränken und der andachtsvollen Meditation freie Bahn zu lassen!
Der hl. Alphons von Liguori macht uns darauf aufmerkeam, daß es "notwendig war, daß das Herz der Mutter zugleich mit dem Leben des Sohnes aufgeopfert werde ... . Der hl. Thomas lehrt, daß, so scheint es, Jesus nicht ohne die spontane Zustimmung Seiner Mutter verurteilt wurde am Kreuze als Opfer für die Sünden der Menschen zu sterben!
Ohne jeden Zweifel hatte Maria bereits ihre Einwilligung zu seinem Tode gegeben indem Sie ihre Zustimmung gab Seine Mutter zu werden. Der Herr wollte aber, daß es auch öffentlich geschehe, an jenem Tage, an dem Sie dem Herrn -im Tempel feierlich Ihr eigenes Opfer darbrachte, und Ihren Sohn öffentlich darbot, Sein kostbares Leben der Gerechtigkeit Gottes aufopferte. Deshalb gibt Ihr der hl. Epiphanius den Titel Priesterin: Virginem appello velut sacerdotem!
Bedenken wir aber nur, wie schwer Ihr dieses Opfer kommen mußte, und welch heroische Tugend Sie zeigen mußte, um das über Ihren süßen Jesus auagesprochene Todesurteil zu genehmigen.
Maria pilgert nach Jerusalem, um dort Ihren Sohn aufzuopfern. Sie beschleunigt ihre Schritte zum Heiligtum, und trägt selbst das vielgeliebte Opfer auf Ihren Armen. Sie übertritt die Schwelle des Tempels, nähert sich dem Altar, und bringt dort, in tiefster Bescheidenheit, Demut und Andacht Ihren Sohn dem Allerhöchsten dar.
Simeon .... erklärt der armen Mutter, was Sie an Leiden dieses Opfer kosten werde, welches Sie soeben gekommen war, Gott darzubringen, Seinen anbetungswürdigen Sohn, und mit Ihm zugleich auch Ihre gesegnete Seele. Nach dem hl. Thomas von Villanueva zögerte der heilige Greis für einen Augenblick mit der Botschaft ... O Virgo regia, nollem tibi talia nuntiare, sed audi. Oh königliche Jungfrau ich möchte dir so etwas lieber nicht verkündigen, doch höre! Jetzt schildert er das Bild des Leidensmannes in aller seiner Härte, jenes Bild, mit welchem Maria schon vertraut war, das aber um so mehr sich auswirken mußte, je näher die grausame Wirklichkeit herannahte. Und "nach dem Tode deines Sohnes werden tausende von Menschen aus Liebe zu Ihm Qualen und den Tod erleiden. Dieses Martyrium werden sie körperlich erdulden müssen, du aber, oh göttliche Mutter, wirst es in deinem Herzen erleben!" (l)
Bedenken wir nun, in anbetracht dessen, die Gleichgültigkeit mit der sich die "bereits mündigen Christen" der Kirche nähern, mit welcher Blasiertheit sie beim Altar die Opfergaben, Brot und Wein darbringen lassen, die Frucht angeblich ihrer Arbeit, und nicht das, was wir alle bringen sollten, und es selten aufrichtig in der ganzen Tragweite tun, unser so heiß geliebtes "Ich"!
Brauchen wir uns da bei einer solchen mangelhaften,ja falschen, Einstellung wundern wenn in Verbindung mit der hl. Messe "nichts geschieht" d.i. wir genau so weiterleben wie vorher?
Simeon sagt zu Maria "Siehe, dieser ist bestimmt zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel und zum Zeichen des Widerspruchs. - Und auch deine Seele wird ein Schwert durchdringen". (2)
Wie wirkt sich unser Kirchenbesuch, unsere "aktive Teilnahme", an uns selbst und an der Umwelt aus? Abgesehen davon, daß es die Umwelt ab und zu zur Kenntnis nimmt, daß wir in die Kirche gehen, geschieht meistens rein nichts!!! Maria verspürt bis in Ihr Innerstes alle Leiden, an Leib und Seele, die Ihr Sohn während Seiner Passion wird erdulden müssen. Die Hand aufs Herz, wer von uns war auch nur einmal zu Tränen gerührt von dem, was sich während der hl. Messe vor seinen Augen abspielt???
"Was kostete es Maria, welche Seelenkraft mußte Sie aufweisen, um der Aufopferung ihres so liebevollen Sohnes beizustimmen! Da haben wir einerseits die glücklichste aller Mütter, weil Sie ja Gott selbst zum Sohne hat, andererseits ist Sie die erbarmungswürdigste aller Mütter, da kein Leid mit dem vergleichbar ist, welches Sie erleben mußte, indem Sie sich als Mutter eines zum Galgen verurteilten Sohnes sehen mußte und zwar (schon) an demselben Tag, da Er Ihr zum Kinde gegeben wurde.
Welche Mutter würde einwilligen, einem Kinde das Leben zu schenken, wenn sie wüßte, daß es eines schmachvollen Todes sterben müßte, und sie an seinen Martern teilnehmen sollte! Wie hart nun diese Bedingung Maria treffen mußte, dennoch nahm Sie mit Dankbarkeit den Sohn an, welchen Gott Ihr gab. Nicht nur, daß Sie Ihn empfängt, Sie weiht Ihn dem Tode auf ihren eigenen Händen, und opfert ihn an jenem Tag der Gerechtigkeit Gottes!" (3)
Wie oft, wenn überhaupt, haben wir unser "raum-zeitlich-kausatives" "Ich" aufgeopfert. alle unsere Lebensäußerungen, dem Priester auf die Patene unsere Arbeit gelegt, all unser Leid in den Kelch gegossen?? Und da erlauben wir uns überhaupt noch von einer "aktiven" Teilnahme zu sprechen??? Käme es zu dieser, wie ganz anders müßte da unser Privatleben aussehen, wie ganz anders das Öffentliche sich gestalten, trotz all des Negativen, von dem es durchdrungen ist. Kein Schwert hat unser Herz durchdrungen, weil wir es nicht zugelassen haben, weil wir in und für uns nicht absterben wollen, um für Gott zu leben; wir wollen nur "lieben", wovon wir uns süßliche Vorstellungen machen, solange nicht etwas im privaten oder öffentlichen Leben eingetreten ist, was uns unangenehm ist. Dann ist es aber such aus mit der "Liebe", und es kommt die "Gerechtigkeit", welche uns dahin führt, den Störenfried einfach zuvernichten! Wann werden wir uns zur Erkenntnis der Liebe Jesu und Mariae durcharbeiten? Wann werden wir es versuchen sie auch in unserem Leben zu verwirklichen, und so wirklich aktiv an Seinem und Ihrem Opfer teilnehmen!
"Wenn sie seine Liebe wüßten, Alle Menschen würden Christen, Ließen alles andre stehe; Liebten alle nur den einen, würden alle mit mir weinen Und in bitterm Weh vergehn." (4)
Anmerkungen:
1) St. Alphonse de Liguori, Les Gloirs De Marie, Desclée 1887, pg. 189-190. 2) Luk 2,34-35. 3) Les Gloirs ... pg.197. 4) Novalis Schriften, 1 Dichtungen, Geistliche Lieder VII .
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