DER "LUST"-MORD AN DER KIRCHE
von H.H. Alphonso die Prada - Rom
Die von Herrn Dr. Heller in der Juli-Nummer ("Einsicht VI(2)47 ff) dargelegten Gedanken "Wie man versucht, die Kirche zu ermorden", können noch um einiges erweitert werden, nachdem sich in letzter Zeit um Ecône und Exzellenz Lefebvre dramatische Dinge abgespielt haben.
Eine Anordnung zu erteilen, ist nur sinnvoll und wirkungsvoll, wenn die ganze untergebene Belegschaft die Weisungen des Chefs oder der Obrigkeit getreulich befolgt. Das gilt im Staat, im Industrie-Betrieb, gilt im Militär und vor allem in der Kirche. Es gibt nun noch einige Priester, die das Knie vor Baal nicht beugen. Diese läßt man mit etwelchen Schwierigkeiten (vielleicht wird ihnen auf diese Weise ihr Amt verleidet und sie werden gezwungenermaßen "vernünftig") noch wirken, oder stellt sie auf ein narrensicheres Abstellgleise.
Das Schlimmste scheint aber zu sein, wenn es heute noch, über 10 Jahre nach dem "wichtigen und teuren" Konzil, junge Menschen gibt, die noch auf vorkonziliare Weise Priester werden wollen. Selbstverständlich: hier kann und darf keine echte Berufung vorliegen! Ein Priesterkandidat, der von vornherein das ablehnt, was klerikale Übermenschen mit ihrem Monopol über den Hl. Geist auagebrütet haben an Reformen, am neuen Kirchen- und Priester-Bild ... .
Die Verfolgung des Priesterseminars in Ecône wird darum sehr verständlich. Natürlich gibt es auch außerhalb von Ecône Priesterkandidaten, die noch Priester werden wollen, aber nicht Gemeindevorsteher oder Beamter. Ein Beispiel eines Leidenaweges eines solchen Priesterkandidaten war in der März-Nummer der "Einsicht" (1976) zu lesen. Aber er steht beileibe nicht allein. Ich habe mich schon persönlich für solche Priesterkandidaten bemüht, einen Bischof zu finden, der sie inkardiniert (d.h. in seinen Diözesanverband aufnimmt), damit sie durch ihn oder durch einen andern Biachof geweiht werden können. Ich mußte leider sehen, wie das in den letzten Jahren immer unmöglicher geworden ist. Der eine oder andere Bischof wäre bereit (besonders italienische oder spanische Bischöfe), aber ihr Vorhaben scheiterte, da die Sache vom Priesterrat genehmigt werden mußte, der aber ablehnend entschied. Dies ist ein erneutes Zeichen, daß in der Kirche ein radikaler Systemwechsel stattgefunden hat; die Abschaffung des monarchischen Episkopats und Hinwendung zum Räte-System (= Sowjet-System). Der Bischof ist in keinem Falle mehr der Leiter einer Diözese, sondern nur noch das Vollstreckungsorgan des Rates, resp. die Sakramenten-Maschine (gräßlich, ja fast sakrilegische wenn man Etymologie auf Grund der Tatsachen betreibt!). Ich versuchte es, indem ich mich für solche Priesterkandidaten an exilierte Bischöfe wandte. Solche Bischöfe gibt es noch einige, vor allem aus Missionsgebieten. Durch kommunistische Machtübernahme mußten diese Bischöfe für einige Jahre in den Kerker. Nach ihrer Freilassung wurden sie - es handelte sich meist um Ausländer - an die Grenze gestellt. Gewöhnlich zogen sie dann nach Hause oder ins Mutterhaus ihrer Missionsgesellschaft, behielten aber de jure ihren Titel bei, waren und blieben Ordinarii Loci, also Ortsbischöfe, die aber ihrer Residenz verlustig gegangen waren. Diese Bischöfe waren meist bereit, im Falle eines politischen Umschwunges wieder in ihre Diözese zurückzukehren. Bei solchen Bischöfen besteht der Vorteil, daß sie nicht von "Sowjets" umgeben waren. Nun erfuhr ich aber schon vor vielen Jahren durch den 1971 verstorbenen Missionebischof von Shochow (China), Edgar Häring OFM, daß die Propaganda-Kongregation ihm schon 1961 untersagt hat, Priester zu weihen und sie in seine Diözese Shochow zu inkardinieren. Er hielt sich getreulich an das Verbot. Andere Bischöfe wußten davon nichts und erkannten auch deutlich die;Lage. Aber der einzige Bischof blieb bis jetzt Mgr. Blasius Kurz OFM (vgl. "Einsicht" III(11)26 ff, III(12)27 ff), der Priester weihte. Andere Bischöfe in der gleichen Lage fürchten sich und halten sich mit allen möglichen Ausreden aus solchen "Affären" heraus. Die andere Alternative ist - oder bis dato: war - Ecône, das Priesterseminar, das Exzellenz Lefebvre leitet. Seine durch ihn geweihten Priester waren in irgendeiner Diözese inkardiniert (d.h;. formell dem Diözesanklerus zugeteilt, um den Vorschriften des kanonischen Rechtes zugenügen). Würden in Ecône keine Seminaristen ausgebildet, die nicht zum Ziel, zur Priesterweihe kämen, würde das Seminar kaum von jemandem behelligt. Aber das Schlimmste ist der Umstand, daß eine große Zahl "vorkonziliarer" Priester aus Ecône herauskommt und ... zu wirken beginnt. Nachdem Erzbischof Lefebvre 1971 noch in der Pfarrkirche von Riddes (bei Ecône) mit voller Genehmigung, von Bischof Adam Priester weihen konnte, und auch noch 1973 in der Abtei-Kirche von Fontgombault (Dep. Indre-et-Loire), hörte dies gänzlich mit der am 6. Mai 1975 erfolgten "Aufhebung" des Seminars und der Bruderschaft St. Pius X. auf. Bald nach dieser "Aufhebung" mußten die römischen Behörden jedoch sehen, daß ihr "Beschluß" ein Papiertiger blieb. Am 29. Juni 1975 wurden in Ecône Priester geweiht, ebenso am 8. Dezember 1975. Diese Priester waren alleinoch inkardiniert in irgendwelchen Diözesen. In Rom, resp. im Staats-Sekretariat des Vatikans ersann Staatssekretär Jean Villot mit seinem Gehilfen Benelli nun einen speziellen Schlag gegen Mgr. Lefebvre: an alle Orts-, bzw. Resitential-Bischöfe der Welt wurde ein Brief zugestellt, daß sie in Zukunft keinen Priester-Kandidaten aus Ecône inkardinieren und zu Händen von Mgr. Lefebvre die Litterae dimissoriae für die Erteilung der Weihen ausstellen dürften.
Am Samstag "Sitientes" vor dem Passionssonntag wurden in Ecône Diakone und Subdiakone geweiht, und an 29. Juni 1976 war die inzwischen weltbekannt gewordene Priesterweihe unter freiem Himmel. In Rom rechnete man sich sofort aus, daß man ja allen Resitentialbischöfen verboten hat, Econe-Kandidaten zu inkardinieren, also kommt Kanon 2373 des Kirchenrechtes in Frage, wo vorn der unrechtmäßigen Weihespendung!die Rede ist. Diesem Paragraph zu Folge ist der weihende Bischof für ein Jahr von jeder Weihehandlung, auch erlaubten, suspendiert, und die Neugeweihten sind ebenfalls von der Ausübung des Priesteramtes suspendiert, auf unbestimmte Zeit. Natürlich denkt man in Rom nicht an die Möglichkeit, daß die Neupriester dennoch in irgend einer Diözese - trotz des Verbotes - inkardiniert worden waren, diese Diözese aber wohlweislich in keiner Urkunde und keiner Person gegenüber erwähnt worden war. Es ist also durchaus möglich, ja fast anzunehmen, daß die jüngsten Weihen von Ecône "kanonisch" (immanent gesprochen) absolut in Ordnung sind und die römischen Suspensionsverteilungen ein Schlag ins Wasser bedeuten.
Aber in Rom geht es keineswegs um die genaue Einhaltung des kanonischen Rechtes, sondern um jeden Preis darum, daß keine "vorkonziliaren" Priester mehr geweiht werden. Darum kamen vor dem 29. Juni 1976 noch Briefe Paul VI. und Besuche des Nuntius nach Ecône, die ten Erzbischof beschworen, keine Weihen zu erteilen. Schon das allein ist ungeheuerlich: Die Weihe ist angesagt, die Kandidaten haben die erforderlichen Examen bestanden, ihre Familien-Angehörigen und Gäste sind geladen, befinden sich schon auf der Reise von den USA auf einem Atlantik-Dampfer nach Europa - und da ergeht die frivole Kunde an alle, daß niemand geweiht würde. ... Wirklich, da haben sich römische Roßköpfe etwas Tolles ausgedacht. In Ecône war man aber gefaßt, daß post festum noch Überraschungen mannigfaltiger Art kommen würden. Den Neugeweihten gab man mit der Suspension drohend zu wissen, daß schwere Strafen folgen, wenn die Weihe ausgeübt würfe, d.h. wenn ein Neupriester die hl. Messe zelebrieren oder Beichte hören oder predigen würde.
Erzbischof Lefebvre, der vor kurzem, Anfang Juli, nochmals einen Versuch machte, um in Rom eine Unterredung zu erhalten.weil er gegen jegliche Hoffnung hoffte, daß irgendwo noch Reste von Vernunft und gesundem Menschenverstand zu finden seien, bekam soeben eine Quittung durch die sauberen Burschen der Hierarchie: Wieterum verfügte des Staatssekretariat als Rache-Akt (auch wie süß !!!), daß Erzbischof Lefebvre seines Priesteramtes, und konsequenterweise auch seines Bischofsamtes enthoben sei. Die Radio-Meldung haben die am 22. Juli erfolgte Suspension a divinis erst am Sametag nachmittag, 24. Juli verbreitet. Interessant, wenn man die Verfolgung von Ecône betrachtet, erhielt die Öffentlichkeit von den Schlägen der Hierarchie jeweils an einem Samstag Kenntnis. Das erinnert mich immer ein wenig an einen Ausspruch des vor wenigen Jahren verstorbenen Ministers Josef Lemmer in Berlin: "Wenn die Russen den Westen erobern wollen, beginnt der Überfall am Samstag abend. Der Widerstand kann dann erst am Montag beginnen." Mgr. Lefebvre ist noch nicht "exkommuniziert", was nicht heißt, daß Rom weiterhin, noch sein Pulver verschießt und es demnächst zur "Exkommunikation" und eventuell auch zur Zwangslaisierung kommt. Verändert würde dadurch die Situation kaum. Prof. Mörsdorf bestätigt das im 3. Band, Seite 397 seines "Lehrbuch des Kirchenrechts" (9. Aufl. Paderborn 1960): "Soweit die Enthebung vom geistlichen Dienst die Spendung von Sakramenten und Sakramentalien betrifft, befindet sich der dienstenthobene (= suspendierte) Geistliche in derselben Stellung wie ein gebannter (= exkommunizierter) Geistlicher nach Canon 2261."
Man wirft dem Erzbischof Starrheit und Eigensinn vor, weil er sich nicht unterwirft und endlich zugibt, daß zwei mal zwei fünf ist, daß die Sonne im Norden untergeht und daß die "Frankfurter Allgemeine" in Marseille erscheint. Die römische Kurie ist dagegen sehr tolerant und entgegenkommend ... . Nein, Spaß beiseite. es ist heute sonnenklar geworden, daß es auch dem Apostel Paulus schlimm ergehen würde, wenn er dem "Petrus" ins Angesicht widersprechen würde, desgleichen einem hl. Robert Bellarmin. Es gibt keine "Hierarchie" mehr, sondern ein paar tolldreiste Individuen, eine "Oligarchie" hat das Heft in den Händen, ist fähig, aus der "Heilevermittlerin" eine "Lustmörderin" an sich selbst zu machen. Aber vorläufig ist man noch von dieser Erkenntnis weit entfernt. Und es gibt deshalb kaum eine Aussicht, daß innerhalb der Kirche einmal ao etwas wie ein "20. Juli 1944" kommen könnte.
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