OFFENER BRIEF AN PATER WERENFRIED V. STRAATEN
von H.H. Walter W.E. Dettmann
Hochw. Herr P. Werenfried von Straaten!
In Ihrem Rundbrief "Echo der Liebe" Nr. 3 vom April 1,76 erwähnen Sie eine "durch teuflischen Haß und blinden Hochmut" eingegebene Schmähschrift eines holländischen homosexuellen Pornografen gegen Paul VI., und dann sagen Sie: "Umso mehr erfüllt es mich mit Sorge, daß immer mehr Katholiken guten Willens, die manchmal zu unseren Wohltätern gehören, Partei gegen den Papst ergreifen".
Diese Ihre Worte sind an dieser Stelle ein böser Tiefschlag gegenüber allen Katholiken, die mit vollem Recht in Paul VI. den Hauptverantwortlichen für die Übel in der heutigen Kirche erblicken.
Sie, Herr P. Werenfried, wollen unsere berechtigte und auch unbedingt notwendige Kritik an Paul VI. in die übelriechante Nähe der Pornografen bringen, und Sie wollen ahnungslosen Katholiken uns gegenüber mit dem gleichen Abscheu erfüllen, wie man ihn gegenüber homosexuellen Pornografen haben muß. Gegen eine derartige Methode von Ihnen verwahren wir uns. Sie selbst haben Ihren eigenen weißen Ordenshabit beschmutzt. Das ist das erste, das ich Ihnen vorzuhalten habe.
Das zweite sind eine Menge von Unwahrheiten und von Irreführungen der Leser, die Sie sich zuschulden kommen lassen. Sie mißbrauchen Ihren guten Ruf als Wohltäter von armen Priestern im Osten, um die Gläubigen bei uns im Westen in der massivsten Weise in die Irre zu führen.
Sie behaupten: "Namentlich halte ich es für unzulässig, das Konzil abzulehnen". Damit meinen Sie das sogenannte Zweite Vatikanische Konzil. Darum möchte ich Ihnen hiermit eine Lektion geben, die Sie hoffentlich niemals vergessen werden.
Auf Grund Ihrer theologischen Ausbildung müssen Sie wissen, daß das Konzil von Trient in feierlichen Worten verboten hat, in anderer Weise über die heiligste Eucharistie zu sprechen und zu lehren, als es dort an Ort und Stelle angegeben ist, siehe das Dekret der Sessio XIII vom 11. Oktober 1551 (Denzinger Nr. 873 a) und den Text der Sessio XXI vom 16. Juli 1562 (Denzinger Nr. ,2, a). Das Konzil von Trient hat gewußt, warum es z.B. den Begriff der Transsubstantiation beibehielt.
Sie, Herr P. Werenfried, müssen also wissen, daß schon aus diesem Grunde das gesamte sog. Zweite Vatikanische Konzil vom ersten Ansatz und vor allem von der allerersten öffentlichen Sitzung an falsch war, weil Johannes XXIII. in seiner Eröffnungsrede sagte, die Lehre der Katholischen Kirche müsse heute so ausgelegt werden, "wie es die heutige Zeit verlangt" (Mario von Galli, "Das Konzil und seine Folgen", Seite 27). Das sog. "Aggiornamento" Johannes' XXIII. war hauptsächlich gegen das Konzil von Trient gerichtet.
Joh. XXIII. hat das feierliche Verbot des Konzils von Trient dadurch entwertet, daß er sagte: "Man muß die Substanz der alten Lehre des Glaubensschatzes von der Formulierung ihrer sprachlichen Einkleidung unterscheiden" ("Das 21. Konzil", Verlag Fredebeul und Koenen, Essen 1963, Seite 102).
Manfred Platen schrieb: "Die Eröffnungsansprache des Papstes ... nennt den springenden Punkt des Konzils: Nicht Wiederholung der alten Lehre, sondern - bei unveränderter Lehrsubstanz eine erneuerte Formulierung und Ausprägung der christlichen Botschaft, im Licht der modernen Forschungen und der Sprache des heutigen Denkens" ("Weltereignis Konzil", Herder 1966, Seite 31).
Durch einwandfreie Zeugen von Seiten der Progressisten steht also fest, daß Johannes XXIII. in seiner Rede das feierliche Verbot des Tridentinischen Konzils aushöhlen und neue Formulierungen für den römisch-katholischen Glauben suchen wollte. Damit ist aber das gesamte sog. Zweite Vatikanische Konzil als Grundlage für eine neue "Evangelisierung" der Welt erledigt. Wie kann man eine Botschaft, dazu noch unsere bisherige Frohbotschaft, verkünden, wenn man erst neue Formulierungen suchen muß???
Sie, Herr P. Werenfried, dürfen uns auf keinen Fall auf die Seite von Pornografen bringen, wenn wir einen solchen Tatbestand feststellen und aussprechen!
Wo ist heute die von Johannes XXIII. erwähnte "Substanz der alten Lehre des Glaubensschatzes" in Bezug auf die Erbsünde?
Wo ist die von Johannes XXIII. genannte "unveränderte Lehrsubstanz" in Bezug auf die Unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter? Die heutigen "katholischen" Theologieprofessoren höhnen ja nicht nur über die alte Formulierung des Dogmas, sondern gerade über die sogenannte Lehrsubstanz! Ähnlich ist es in vielen anderen Dingen; man denke nur an Herbert Haag und Hans Küng in Tübingen. Der sog. Holländische Katechismus hat bewiesen, daß die "unveränderte Lehrsubstanz" ein leeres Schlagwort war.
Wo ist heute schließlich die "unveränderte Lehrsubstanz" in Bezug auf das sechste Gebot Gottes? Mit der Pille haben die Bischöfe, besonders die deutschen Bischöfe, die Lehrsubstanz der Kirche unfruchtbar gemacht und vergiftet und verseucht! In ähnlicher Weise hat das gesamte sogenannte Zweite Vatikanische Konzil für die "heilige Mutter Kirche" dieselbe Wirkung der Unfruchtbarkeit wie die Pille in biologischer Hinsicht für jede werdende Mutter.
Wie hat sich Johannes XXIII. die neue "Formulierung" der alten Glaubenswahrheiten vorgestellt, nachdem er die Führer der Protestanten nach Rom eingeladen hatte?
Und auf welche Weise wollte Paul VI. während seines Besuches beim "Ökumenischen Weltkirchenrat" in Genf eine neue Formulierung unserer alten Glaubenswahrheiten vorbereiten???
Die Unfähigkeit Johannes XXIII. und Pauls VI., die alte Lehrsubstanz des römisch-katholischen Glaubens neu zu formulieren, zeigt klar, wie weise das anfangs erwähnte Verbot des Konzils von Trient war und ist. - Wie könnten auch unsere alten Glaubenswahrheiten heute neu formuliert werten, wenn die heutige Zeit in keiner Weise klare Begriffe über das Sein und Werden der Dinge anzubieten vermag?
Sie, Herr P. Werenfried, schreiben ferner: "Obwohl ich persönlich das überstürzte Verbot der alten Liturgie bedauere, schließt doch das Dogma der Unfehlbarkeit aus, daß der Papst der ganzen Kirche eine blasphemische, ketzerische oder ungültige Eucharistiefeier verordnen konnte, wie manche behaupten".
Hier haben Sie sich eine Blöße gegeben. Denn das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit schließt freilich eine falsche Entscheidung "Ex cathedra" aus, weil so etwas ein Widerspruch in sich selbst ist. Aber das Dogma der Unfehlbarkeit schließt keinesfalls eine falsche private Handlung des kirchlichen Oberhauptes aus. Auch Sie, Herr P. Werenfried, wissen genau, daß Paul VI., die neue Messe nicht "ex cathedra" eingeführt hat sondern für zwei Jahre auf Probe, wie durch die noch vorhandenen provisorischen Ausgaben der ersten Meßbücher und durch die Veröffentlichung in den kirchlichen- Amtsblättern hinreichend bewiesen ist. Eine Ex-cathedra-Entscheidung; kann aber auf keinen Fall nur probeweise erfolgen.
Außerdem wissen Sie, Herr P. Werenfried genau, daß das sogenannte Zweite Vatikanische Konzil in keiner Weise eine Ex-cathedra-Entscheidung herbeiführen wollte (es sollte ja alles neu formuliert werden!). Die vielen Anträge aus allen Bistümern der Kirche zur Dogmatisierung der Gnadenvermittlung Marias wurden von der Konzilsleitung samt und sonders abgelehnt.
Schließlich ist folgendes sonnenklar: Wenn die Einführung der schlechten neuen Messe durch Paul VI. wirklich ein ordnungsgemäßer päpstlicher Regierungsakt gewesen wäre, dann hatte dies unmöglich zur Folge haben können, daß viele treue Katholiken bis zum heutigen Tage meinen, die neue Messe sei das Werk der Feinde der Kirche, z. B. der Freimaurer etc. Auch dies ist ein neuer Hinweis darauf, daß die neue Messe wirklich häretisch ist ("vox populi vox Dei").
Sie, Herr P. Werenfried, haben ausgezeichnet bestätigt, daß Paul VI. für die schlechte neue Messe voll verantwortlich ist. Sie haben weiterhin bestätigt, daß die vielen Gerüchte über Paul VI. (der "Gefangene" etc. etc. ) falsch sind. Das ist das einzige, wofür ich Ihnen dankbar bin.
Durch Ihren Rundbrief vom April 1976 haben Sie Ihr eigenes Werk der Ostpriesterhilfe geschädigt. Denn Sie können noch so viel Geld für arme Priesder im Osten sammeln Das ist kein Ersatz für Ihre Irreführung der Gläubigen im Westen. Im Gegenteil: Sie selbst tragen die Schuld dafür, daß Ihr Werk zusammenbrechen muß, wenn Sie sich nicht ändern.
Ich wünsche Ihnen die Kraft zu dieser totalen Änderung,
gez . W. W. E . Dettmann
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