Donoso Cortés
- ein katholischer und prophetischer Seher des 19. Jahrhunderts
von Norbert Dlugai
1. Kritische Vorbemerkungen zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation
Nach den Schrecknissen des ersten Weltkriegs versuchte der Kulturphilosoph Oswald Spengler (1880-1936) eine "Morphologie der Weltgeschichte" zu entwerfen, ein Thema, das ebenso in außereuropäischen Kreisen auf Interesse stieß. Dies ist nicht zuletzt oder gerade im Besonderen auch von Bewandtnis für unsere aus allen Fugen geratene Gegenwart, gekennzeichnet vor allem von einem geistigen Chaos, das an dramatischer Realität kaum noch überbietbar erscheint - letzteres in allen Bereichen des Menschseins und unserer Existenz.
Besagtes dramatisches Szenarium wird vordergründig dadurch von einer unheimlichen Düsternis überschattet, weil die besorgniserregende Orientierungslosigkeit ein Hauptübel darstellt, das seine tiefste Ursache im fortschreitenden Verfall des christlichen Glaubens findet. Ein Verfall, der im Endeffekt bewirkt, daß eine Gesellschaft sich selbst zerstört und in dem Maße zerfällt, wie man den christlichen Glauben, und damit Gott, auf welche Weise immer, aus der Gesellschaft - bewußt und gezielt - hinausdrängt. - Ein satanischer Triumph!
Freilich haben solche, die Wurzeln unserer christlichen Kultur verdorren lassenden Dekadenzerscheinungen, im Weltbild unserer modernen Soziologen und Wissenschaftler keinen Platz mehr, weil ihnen das alles im Sinne eines angeblich antiquierten Weltanschauungsmodels suspekt, ja total überholt erscheint.
2. Im Gegensatz hierzu: Der spanische Denker und Philosoph Donoso Cortés
Für ihn stand fest, daß die o.g. gesellschaftlichen Auflösungserscheinungen, gepaart mit progredienter geistiger Desorientierung, schon zu seiner Zeit, also im 19. Jahrhundert, von einer mehr als brisanten Aktualität gewesen sind. Als ein trauriger Höhepunkt dieser desaströsen und chaotischen Zustände war für Cortés in Spanien zweifellos einmal der Monat Juli 1834, als Kirchenschändungen und Priestermorde in Cortés einen schweren seelischen Schock auslösten und zu folgender Feststellung veranlaßten: "Die Erinnerung daran wird unaustilgbar sein und wird uus auf lange hinaus im Schlafe verfolgen... Nein, Madrid wird nie und nimmer den schmerzlichen Tag vergessen, da es sah, wie die Gesellschaft sich auflöste, wie die öffentliche Autorität verschwand, wie seine Kirchen entweiht wurden...". Doch etwa 100 Jahre später wiederholten sich in Spanien ähnliche Grausamkeiten an Geistlichen und Kirchen, wodurch letztlich der spanische General Francisco Franco sich zum Handeln und Eingreifen entschloß - ein blutiger Bürgerkrieg war die Folge.
All das haben Cortés bewogen, immer mehr und intensiver in den katholischen Glauben hineinzuwachsen und ihn zur geistigen und geistlichen Basis seines Denkens und Handelns zu erwählen. Und so mußte er in den unüberbrückbaren Gegensatz zu den subversiven, aus den satanischen Abgründen heraufsteigenden dunklen Mächten und Kräften geraten, welche das Werk der Zerstörung und Desorientierung innerhalb des katholischen Glaubens betreiben, indem sie Gott in die finstere Ecke des Unverbindlichen drängen, und das anscheinend nachhaltig und konsequent.
Diesen Gefahren schon seinerzeit mutig ins Auge biickend, erkannte Cortés die unabdingbare Not-wendigkeit, einzig und allein den kompromißlos gelebten katholischen Glauben zum Dreh- und Angelpunkt der Menschheitsgeschichte zu machen.
Cortés fundiert das mit folgenden trefferden Worten: "Meine Methode, um die Dinge klar zu beurteilen, ist sehr einfach: Ich erhebe meine Augen zu Gott. In ihm schaue ich, was ich in den mensch-lichen Ereignissen, wenn ich sie für sich allein betrachte, vergeblich suche! Diese Methode ist unfehlbar, und für alle Welt verständlich." Diese vom Geist Gottes durchurungene Bekenntnisfreude zum katholischen Glauben als Heilmittel erregte den Zorn der damaligen Aufklärer, Fortschrittsgläubigen und Revolutionäre. Sie verdächtigten ihn als einen hoffnungslosen Reaktionär und obskuren Querkopf, der Europa in das Mittelalter mit seiner scholastischen Prägung zurückversetzen wolle.
Sie sind es, die dem oben beklagen Drama der geistigen Unterminierung christlicher Kultur ein verzerrtes teuflisches Gesicht aufsetzen. Diesbezüglich wären zu Lebzeiten Cortés als dessen erklärte Hauptgegner zu nennen: der französische Sozialist Pierre Proudhon, der italienisch-republikanische Freiheitskämpfer Giuseppe Mazzini, und der deutsche Sozialist Karl Marx, aber nicht weniger zahllose andere Kritiker, die auf den Plan traten. Sie alle erkannten mit dem untrüglichen Gespür von Ideologen, welch unerbittlicher Gegner sich in Cortés mit ihnen und ihren finsteren Machenschaften konfrontierte, da dieser mit schonungsloser Offenheit und Kompromißlosigkeit all die gott-, christen- und kirchenfeindlichen Parolen und Indoktrinationen bloßlegte und verdammte. Wobei die von Cortés gelehrte und mit Nachdruck vertretene Notwendigkeit, den katholischen Glauben radikal zu leben und zu praktizieren, nach ihm auf der heiligen Offenbarung beruht, wie wir sie in der Hl. Schrift als Wort Gottes vorfinden, wonach die wahre Kirche "die eine heilige, katholische, apostolische Kirche ist, als der mystische Leib des Herrn, welche die Welt lehrt, was sie aus dem Munde des Heiligen Geistes vernimmt"- sie wird so zum Garanten der katholischen Zivilisation. (...)
Es ist - im Rahmen der zusammenfassenden Betrachtung über das uneingeschränkte Eingebundensein in den katholischen Glauben - von entscheidender Bedeutung, daß Cortés niemals einer Trennung der menschlichen Dinge von den göttlichen das Wort redet. Für ihn stellt daher eine Gesellschaft ohne Gott etwas Amorphes dar. Gott als das umfassende, alles einschließende unaussprechlich Große und Heilige muß folgerichtig auch somit das Grundfundament der Gesellschaft bilden. So münde letztlich jede politische oder soziale Wahrheit in eine theologische, was Cortés nachdrücklich unterstrich. Verständlicherweise brachte gerade dies die liberalistischen Umstürzler in Rage, insbesondere den Sozialisten Proudhon.
3. Wer war Donoso Cortés? Eine biographische Skizze
Am Anfang dieses Kapitels sei Cortés literarisches Haupwerk genannt, sein sog. "Essay", in welchem er sich mit dem Katholizismus, Liberalismus und Sozialismus auseinandersetzt. Dabei ist von Interesse, daß im Jahre des neuzeitlichen Umbruchs, im Jahre 1989, Günter Maschke eine neue Übersetzung des "Essays" herausgab. Dieses stand im Kontext zu einer persönlichen geistigen Neuausrichtung, die sich in ihm vollzog. Denn es war und ist wohl vielen Anhängern und Bewunderern von Cortés nicht bekannt, daß das Gnadengeschenk des katholischen Glaubens ihm nicht in die Wiege gelegt worden war, wie man es vielleicht meinen könnte.
So erscheint es an dieser Stelle angebracht, sich mit einigen Daten des Lebens und Werdegangs von Cortés vertraut zu machen: Er wurde, einem Adelsgeschlecht entstammend, zu dessen Vorfahren der berühmt-berüchtigte Eroberer von Mexiko, Hernando Cortés gehörte, am 6. Mai 1809 in der spanischen Estremadura geboren. Nicht auf dem väterlichen Schloß, das die Familie auf der Flucht vor den napoleonischen Truppen verlassen hatte, sondern in einem in der Nähe ihres Besitztums Valdegamas gelegnen unbedeutenden Ort namens Valle de la Serena, wo Donosos Mutter auf der Flucht von der Geburt überrascht wurde.
In der Pfarrkiche von Valle befindet sich ein altes Wallfahrtsbild der Muttergottes, die das gläubige Volk unter dem Titel Nuestra Señora de la Salud verehrt. Die fromme Mutter ließ das Kind auf den Altar vor dem Marienbild niederlegen, und ihm in der Taufe die Namen Juan-Francisco-Manuel-Maria de la Salud geben. Sie wollte ihr Kind unter den Schutz derjenigen stellen, die der "Sitz der Weisheit" ist, gleich als ahnte sie den schweren harten Kampf, den ihr Sohn später gegen jene revolutionären Ideen führen sollte, die zur Zeit seiner Geburt in das katholische Spanien eingedrungen waren.
Im Alter von 11 (!) Jahren begab sich Cortés auf die Universität von Salamanca. Dort studierte er ziemlich wahllos die ätheistische und philosophische Literatur seiner Zeit. Seine darüber besorgten Eltern fürchteten deshalb um seine geistige Entwicklung und schickten ihn für zwei Jahre an das Kolleg San Pedro in Cáceres. Im Jahre 1821 begann schließlich Cortés ein Jurastudium an der Universität Sevilla, widmete sich aber auch weiterhin der Literatur und fand zudem Interesse am Versemachen. Jahre später, im Alter von 20 Jahren, erhielt er auf die Fürsprache des Schriftstellers Don Manuel Jose Quintana, der Cortés langjähriger Gesprächspartner war, den Lehrstuhl für Literatur am Kolleg von Cáceres, wo er auch seine Frau kennenlernte, Doña Teresa Carasca. Doch sollte er bald seine Frau und die aus der Ehe hervorgegangene Tochter verlieren, "als wollte ihm der Himmel damit zu verstehen geben, er, Cortés, müsse nach dem Willen Gottes ein Einsiedlerdasein leben, das keine andere Liebe neben Gott dulde" wie es ein Freund, Gabino Tejado, sah.
Cortés war jedoch über den Verlust von Frau und Tochter so verzweifelt, daß er sich nun Hals über Kopf dem politischen Leben und Treiben mit allen Kräften hingab. Dies erfolgte zu einem Zeitpunkt, da nach der Befreiung Spaniens von der Unterdrückung durch Napoleon die Regierung des Königs Ferdinand VII. (1813-1833) dem Land nicht den ersehnten Frieden brachte, den man sich erhofft hatte.
Eine Ursache war der neo-absolutistische Regierungsstil des Königs, und zum andern blieb er ohne männlichen Erben. Da aber lange Zeit zuvor König Philipp V. (1683-1746) das salische Erbfolgegesetz erlassen hatte, forderte Cortés, weil König Philipp Frauen von der Thronfolge ausschloß, König Ferdinand VII. in einer Denkschrift auf, die altkastilische Throninbesitznahme wiederherzustellen. Zum Dank dafür berief der König dann Cortés in das Justizministerium. Nach dem Tod des Königs hielt es Cortés folglich für eine Ehrenpflicht, das Recht der Königinwitwe Maria Christina und ihrer Tochter Isabella gegen den Thronprätendenten Don Carlos zu vertreten. In den sog. "Karlistenkriegen" betrachteten deshalb die gemäßigten Liberalen, die "Moderados", Cortés als einen der ihren.
4. Cortés Konversion zum strenggläubigen Katholiken
Wenn in Kap. 3 davon die Rede gewesen ist, daß das Gnadengeschenk des Glaubens Cortés nicht in die Wiege gelegt worden sei, so bedarf dies insofern einer Differenzierung, als, wie wir sahen, seine Eltern sich bemühten, ihren Sohn zu einem wahrhaft religiösen Menschen zu erziehen, der allerdings nicht schon als Kind, sondern erst als junger Erwachsener zu dem wurde, was wir an ihm als den strengen Verfechter des katholischen Glaubens bewundern.
Welches war die Ausgangssituation? - Das Eintreten Cortés für die Rechte des Königs bzw. seiner königlichen Hinterbliebenen darf nicht den Blick dafür verdunkeln, wie sehr die Erschütterungen der kirchenfeindlichen, liberalistischen und sozialistischen Strömungen in Spanien ihn Aufruhr versetzt hatten.
In diesem Zusammennang wäre zu bemerken, daß sich Cortés den "Moderados" aufgrund des revolutionären Ungeistes, der sich über Spanien ergoß, auch von sich aus zuwandte. Und er begann, publizistisch die Anarchie und den Atheismus zu bekämpfen - zu sehen als eine schrittweise Hinwendung zum wahren Heilsglauben der katholischen Kirche. Schließlich vollzog sich, hauptsächlich nicht zuletzt ausgelöst wegen der Kirchen- und Priesterschändungen in Spanien, bei Cortés in den Jahren 1837/38 ein tiefgreifender Wandel, ja ein Durchbruch hin zur vorbehaltlosen Einbin-dung in den katholischen Glauben mit allen seinen Herausforderungen und Verpflichtungen.
Kurz danach, im Jahre 1839, veröffentlichte Cortés eine Abhandlung über die diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien ("Estado de las relaciones diplomáticas entre Francia y España"). Die Abhandlung bedeutete den formellen Bruch mit den verführerischen Parolen des Rationalismus. Und aus dem "Moderado" wurde ein Draufgänger, der sich nicht scheute, kühne Verteidigungsreden zu halten, und das unter Gefahr für Leib und Leben. Man bedenke, daß zu dieser Zeit ein gefürchteter Machthaber das politische Zenarium beherrschte, General Epartero.
Jedoch erschöpfte sich Cortés katholisches Draufgängertum nicht nur in äußeren Aktivitäten - das wäre für ihn eine absolut unbefriedigende Halbherzigkeit gewesen. Vielmehr setzte er alles daran, das Wichtigste zu vollziehen, nämlich sich mehr und mehr den inneren Zugang zum Katholizismus zu erobern.
Einen Weg hierzu sah er in der Meditation über die großen Schriftsteller der Aszese, welche besonders in seinem Heimatland Spanien gelebt und gewirkt hatten, wie die hl. Teresa von Avila und der hl. Ludwig von Granada. Zum andern lieferte Cortés für seine Zeit sichtbar als ersten Beweis seiner Konversion eine Artikelserie über den seligen Papst Plus IX., die in der Zeitschrift "El Faro" im Druck erschien.
Hinsichtlich der zutiefst aufschlußreichen geistig-seelischen Motivationen für die Bekehrung Cortés möge er selbst zu Wort kommen, wenn er bekennt: "Zwei Dinge haben mich gerettet - ich hatte stets eine besondere Vorliebe für die sittliche Schönheit und ferner eine Zartheit des Gemütes, die beinahe an Schwäche grenzt. Erstere sollte mich dazu führen, den Katholizismus zu bewundern, letztere ihn nach und nach zu lieben... Mit meinem schwachen Talent und meiner kranken Vernunft wäre ich eher zum Sterben als zum wahren Glauben gekommen. Das Geheimnis meiner Konversion - es ist jede Konversion ein Geheimnis - ist ein Geheimnis der Zartheit. Ich liebte ihn nicht. Aber Gott hat gewollt, daß ich ihn liebe. Und jetzt liebe ich ihn. Und weil ich ihn liebe, darum bin ich bekehrt... Meine Bekenrung zu den richtigen Prinzipien verdanke ich in erster Linie der Barmherzigkeit Gottes, und dann dem gründlichen Studium der Revolutionen."
5. Cortés berühmter "Essay" und seine Akzeptanz
Wir hatten bereits kurz den Essay erwähnt und müssen uns jetzt mit ihm etwas näher sowie mit der Reaktion hierauf seitens der maßgeblichen Kreise befassen. Denn er steht eine machtvolle und äußerst aufschlußreiche und gelungene Synthese von Cortés theologischen, rehigiösen und geschichts-philosophischen Ideen samt den kirchenfeindlichen Verirrungen der modernen liberalistischen Revolutionäre dar. Verständlicnerweise war deshalb das Aufsehen beim Erscheinen des Werkes unerwartet groß - ein Triumph für den Autor. Bald erschien eine französische Übersetzung, darauf eine belgische, der wiederum zahlreiche andere in verschiedenen Landessprachen folgten.
Vor allem aber in kirchlichen Kreisen verhehlte man nicht die große Genugtuung über die Veröffentlichung des Essays. Ganz besonders wird dies dadurch verdeutlicht, daß der langjährige frühere Pariser Nuntius und spätere Kardinal Fornari, welchen Papst Pius IX. mit den Vorarbeiten für den Syllabus betraut hatte, sich im Mai 1852 an Cortés wandte und ihn um eine Auflistung der wichtigsten grassierenden kirchenfeindlichen Zeitirrtümer ersuchte. Im Juni 1852 legte dann Cortés dem Kardinal ein umfangreiches Schreiben vor, beinhaltend die "Entstehungsursache der schwersten Zeitirrtümer" ("Carta al Eminentissimo Señor Cardinal Fornari sobre el principio generador de los más graves errores de nuestros dias").
Was den Essay betrifft, so war es nur allzu naheliegend, daß die betroffenen Unterminierer der christlichen Kultur gegen Cortés mehr als aufgebracht waren und mit Hohn, Spott und Wut reagierten. Das gilt besonders für den Sozialisten Proudhon. Cortés meinte hierzu, "man würde ihn bestimmt vernichten, wenn man es könnte!"
Allerdings fanden sich selbst innerhalb der Kirche Repräsentanten von Rang und Namen, die man wohl durchaus als "Handlanger des Fürsten dieser Welt" bezeichnen darf, weil sie dem Essay alles andere als Wohlwollen entgegenbrachten, ja sich sogar unverhohlen gehässig äußerten. Ein Hauptverfechter solch schimpflicher destruktiver Kritik war vor allem der Prälat Gaduel, Generalvikar des Bischofs Dupanloup von Orléans als geistigem Haupt eines sog. 'liberalen Katholizismus'.
So verübelte man Cortés sein Eintreten für die Monarchie, weil sie nach dessen Meinung eine Institution darstelle, die mit ihrer Autorität ein Abglanz der göttlichen Autorität verkörpere. Des weiteren gipfelten die Vorwürfe in der absurden Behauptung, Cortés wäre ein Unruhestifter, der Irrtümer verbreite, die von der Kirche längst verurteilt worden seien. Letztendlich aber fühlte sich der liberale Katholizismus ge- und betroffen durch die Schärfe der Analyse, mit der Cortés die Irrtümer auch innerhalb des liberalen Katholizismus geißelte, welcher sich daraufhin die These zu eigen machte, man wolle das Mittelalter wiedererwecken.
Doch Rom unterstützte den Autor, indem es Cortés "Essay" positiv aufnahm und seine Auflistung der Irrtümer begrüßte. Insofern verdient ein Briefwechsel zwischen Cortés und Papst Pius IX. eine besondere Erwähnung und Würdigung. Mit Blick auf diese Ehre und Auszeichnung legte Cortés ein tief beeindruckendes Gaubenszeugnis ab des Inhaltes, "daß er von nun an und für immer alles verurteile, was die heilige katholische Kirche, deren unterwürfiger und ehrerbietiger Sohn zu sein er das Glück habe, verurteilt hat oder in Zukunft bei ihm oder anderen verurteilen werde." An Papst Pius IX. schrieb er: "Ich verspreche hiermit, das zu korrigieren, was Eure Heiligkeit des Korrigierens wert erachten, das zurückzunehmen, was Eure Heiligkeit zurückgenommen haben wollen, und das zu erläutern, was nach Ansicht Eurer Heiligkeit der Erläuterung bedarf."
Cortés erhielt daraufhin ein sog. Breve (d.i. ein amtliches päpstliches Schreiben), in welchem sein Eifer für die heilige Religion und die Treue und Ergebenheit zum heiligen Stuhl gebührend gewürdigt wurden. Die gleichzeitig einberufene römische Indexkongregation räumte dann einige wenige kleine Ungenauigkeiten im "Essay" aus, während sie den o.e. Generalvikar Gaduel und den Orleanisten-Bischof Dupanloup der krassen Ignoranz bezichtigte. Die Kongregation riet daher dem Papst, das großartige Werk von Cortés nochmals ins Italienische übersetzen zu lassen, da die bereits existierende Übersetzung nicht allen Anforderungen genüge. Schließlich fand in der vatikanischen Jesuitenzeitschrift "Civilta Cattolica" die Arbeit des spanischen Denkers und Philosophen eine überaus hervorragende Anerkennung und Bewertung.
6. Der Tod Cortés und sein Vermächtnis an uns
Als die betreffende Ausgabe von "Civilta Cattolica" erschien, lag Cortés bereits auf dem Sterbebett. Am 3. Mai 1853 gab er seine Seele dem Schöpfergott zurück, noch bevor er sein 44. Lebensjahr vollendet hatte. Seine letzten Worte, wenigstens die man noch vernehmen konnte, sollen gewesen sein: "Mein Gott, ich bin Dein Geschöpf! Du hast gesagt 'Ich werde alles an mich ziehen.' Ziehe mich an Dich! Nimm mich hin!"
Was hat uns dieser Gottesstreiter hinterlassen, welches ist sein Vermächtnis, auch oder gerade im Besonderen für unsere Zeit und Gegenwart, die im Chaos zu ersticken und zu versinken droht? Wir sollten bei unseren Überlegungen hierzu von einem der schwärzesten Kapitel der Menschheitsgeschichte ausgehen, - den grauenvollen Kriegen und Katastrophen des 20. Jabrhunderts, da der super-aufgeklärte Mensch unserer Ära sich selbst zum Herrn seiner gängigen Geschicke, und damit letztlich über Leben und Tod erhoben hat. Die Folgen sind einer Apokalypse vergleichbar. Denn würde nicht Jesus Christus, wenn er auf Erden weilte, ebenso wie er seinerzeit über Jerusalem und seine Verstocktheit weinte, heute klagen, weil selbst die meisten Christen nicht die leiseste Ahnung haben, welches die ureigentlichsten Gründe für das sich über uns ausbreitende Todesdunkel sind?
Die elementaren Ursachen für das immer beängstigender und bedrohlicher werdende Chaos nun reichen bis weit in die Zeit vor Donoso Cortés hinein, als sich statt des bis zum Ende des Mittelalters selbstverständlichen Theozentrismus mehr oder weniger offenkundig ein verhängnisvoller Anthropozentrismus ausbreitete und das bisher christlich geprägte Weltbild in gottfeindlicher Weise untergrub. Genannt seien hier der Renaissance-Humanismus, der Protestantismus, die Aufklärung und die im Gefolge davon entstandenen anderen kirchenfeindlichen Strömungen, mit denen sich Cortés auseinandersetzte, wie etwa dem Sozialismus, dem Liberalismus, dem Marxismus udgl. Mögen sich auch diese modernen Bewegungen menschlich wie politisch verheißungsvoll klingende Bezeichnungen zulegen, so sind sie doch im Grunde, was Cortés scharfsichtig erkannte, dem Ignorieren und Verleugnen dessen verfallen, was den Menschen schöpfungsmäßig an Gott, seine Gebote und sittliche Ordnung bindet. Und er läuft so Gefahr, im Sog der kirchen- und gottesfeindlichen Strömungen direkt oder indirekt die Untaten zu begehen oder ihnen Vorschub zu leisten, wie wir sie erleben mußten und immer noch erleben. Doch darf uns das verwundern in einer Welt, die sich selbstgemachte Wahrheiten zum Herrscher, und nicht die einzig frei machende Wahrheit Gottes erkoren hat - Gottes milde Herrschaft ??
Wir sollten jetzt noch Überlegungen anstellen, wie unser spanischer Gottesstreiter diese geistig verdorrte gott- und christenfeindliche Wüste sähe, und welchen einzig möglichen Weg er uns, verstanden als sein Vermächtnis, aufzeigen würde, um in den rettenden Hafen Gottes zu gelangen - weg von einer Mentalität sündhafter Selbstverherrlichung.
Solcher Heil- und Haltlosigkeit mit Kraft und Ausdauer zu begegnen, erschließt sich für uns in keinem anderen Weg als dem der "Gottverähnlichung", wie es Cortés so treffend zum Ausdruck brachte. Besagtes Ideal vermögen wir, so schreibt er, zu "erreichen mit Hilfe der Gnade, die wir in und durch unseren Herrn Jesus Christus erwarben, als Er, um sie uns zu verdienen, Sein Blut auf Golgotha vergoß." Dieses Ideal umfaßt im Letzten als Inbegriff der am Kreuz verdienten Gnaden, die dem sündigenden Menschen zugewendet werden sollen, das Wort, welches Jesus Christus im Augenblick seines Todes sprach: "Es ist vollbracht"! - Worte, die die Weltgeschichte veränderten!
Zu diesen Worten, die einen dramatischen Höhepunkt im Leidens- und Erlösungswerk Jesu darstellen, vernehmen wir von Cortés eine heilsgeschichtliche Deutung, die von einer besonderen Glaubenstiefe zeugt, wenn er zu bedenken gibt: "Jesus wollte damit (durch die letzten Worte am Kreuz) sagen: Mit der Liebe habe ich vollbracht, was Ich mit meiner Barmherzigkeit, auch nicht mit meiner Weisheit und Allmacht zustande bringen konnte. Ich habe die Sünde getilgt, die einen Schatten warf auf Gottes Majestät und des Menschen Schönheit. Ich habe den Menschen aus seiner schmachvollen Knechtschaft befreit. Ich habe dem Menschen wieder die Kraft gegeben, selig zu werden, die er durch die Sünde verloren hatte. Nun kann mein Geist herabsteigen auf den Menschen, um ihn stark zu machen im Kampfe, um ihm seine Schönheit wiederzugeben, um ihn Gott ähnlich zu machen. Denn Ich habe den Menschen an mich gezogen und auf's innigste mit Mir vereinigt mit Banden voll Kraft und Liebe. Als der Sohn Gottes vor Seinem letzten Atemzug am Kreuze dieses denkwürdige Wort sprach, da war die ganze Schöpfung wieder in wunderbarer Ordnung, und diese Ordnung war vollkommen." Doch unsere Zeit scheint weiter denn je davon entfernt zu sein, von der Gottesgabe der Unterscheidung Gebrauch zu machen bzw. Gebrauch machen zu wollen.
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