Ausgabe Nr. 2 Monat Mai 1971 Aus einem Brief an Marianne Geisler, M.D.
Ausgabe Nr. 10 Monat Januar 1972 DIE NUKLEARBEDROHUNG DER MENSCHHEIT
Ausgabe Nr. 11 Monat Februar 1972 EIN IRRLEHRER: G.A. RONCALLI - JOHANNES XXIII.
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Aus einem Brief an Marianne Geisler, M.D. |
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Aus einem Brief an Marianne Geisler, M.D.
von
Hugo Maria Kellner, Ph.D.,
Iroquois Road
Caledonia N.Y., 14423
501 North 17th Avenue, Beech Grove Indiana 46107
23.November 1970
(...) Ich brauche Ihnen wohl kaum zusagen, daß ich
mit dem Standpunkt dieser Vereinigung (gemeint ist eine englische
Priestervereinigung) nicht einverstanden bin. Ich möchte ihn als
"konservativ-apostatisch" klassifizieren. Unter diese Kategorie fallen
meiner Ansicht nach "Wanderer", "Triumph" und "Remnant" unter ihrem
Theoretiker Dietrich von Hildebrand, in Frankreich George de Nantes.
Leider sind auch DZM, Dr. Gerstner und Professor Lauth nicht allzuweit
von diesem Standpunkt entfernt. Denn bei aller Kritik Pauls VI. wollen
sie nicht den einzig möglichen Schluß ziehen, daß Paul VI. kein
legitimer Papst ist, nicht nur weil seine Wahl aus den von mir
vorgetragenen Gründen (Aufsatz Nr.21) ungültig war, sondern auch weil
er während seiner Amtszeit auf dem Stuhle Petri Beweise seiner
häretischen und apostatischen Haltung gegeben hat und ein
häretisch-apostatischer Papst ein Widerspruch in sich ist, da nur ein
orthodoxer Katholik ein Milglied der Kirche und ihr Oberhaupt sein
kann, eine Behauptung, die eine katholisch-theologische
Selbstverständlichkeit darstellt, und mit der ich mit Thomas von Aquin
(Summa Theologica, III, q.8, a. 3) und Pius XI. (Enzyklika "Mortalium
Animos" 1928) und Pius XII. (Enzyklika "Mysterii Corporis Christi,
1943) in bester Gesellschaft bin. Deshalb ist ein Häretiker und Apostat
auf dem Stuhle Petri automatisch ein "Papa depositus", also ein
abgesetzter, und nicht nur zeitweise suspendierter Papst, wie eindeutig
die bedeutenden Theologen St. Bellarmin und Suárez gelehrt haben. Ich
bin deshalb mit meiner Ansicht ein weit besserer Anhänger des Papsttums
als alle meine sogenannt konservativen Gegner, wenn es in dieser Frage
überhaupt Grade geben kann.
Aus den genannten dogmatischen Gründen bin ich gegen alle "Märsche nach
Rom". Solche Veranstaltungen gründen sich auf die theologisch falschen
Voraussetzungen:
1) daß Paul VI. zwar ein
Häretiker und Apostat ist, insbesondere als Folge seiner
protestantischen Definition der Messe und der Duldung gefälschter
Wandlungsworte, aber doch als legitimer Papst anerkannt werden muß.
2) daß ein häretischer und
apostatischer "Papst" von der diabolischen Massenwirkung eines Paul
VI., die alle Anzeichen der in der Heiligen Schrift vorausgesagten
"Großen Apostasie" hat, durch die öffentliche Demonstration eines
Grüppchens von einigen Hundert oder höchstens einigen Tausend
Katholiken, oder durch eine Audienz mit einer Abordnung der
Demonstranten wieder zu einem orthodox-katholischen Papst gemacht
werden kann, der die katholische Kirche wieder in ihrer alten Glorie
herstellt.
Konkret gesprochen, heißt das, daß die Befürworter der "Märsche nach
Rom" es für dogmatisch möglich halten, daß ein sogenannter Papst eine
für die ganze Kirche verbindliche päpstliche Konstitution herausgeben
kann (den Novus Ordo Missae), die Christi Zentralwerk der Erlösung eine
protestantisch-häretische Deutung gibt und erlaubt, daß die
Wandlungsworte häretisch verfälscht werden, sodaß das Seelenheil von
hunderten von Millionen von Katholiken ernstlich aufs Spiel gesetzt
wird, ein legitimer Papst, d.h. ein legitimer Nachfolger Petri und
Träger der göttlichen Verheißung über die Garantie der Rechtgläubigkeit
der Kirche sein kann.
Dieser Standpunkt, der darauf hinausläuft, daß Gott einen Mann, der am
Glaubensabfall des größten Teiles der Mitglieder der Kirche maßgeblich
schuldig ist, als seinen Vertreter auf Erden anerkennt, ist einfach
blasphemisch, da ein solcher Mann offensichtlich ein Werkzeug Satans
ist. Für die Tatsache, daß Paul VI. auf den Stuhl Petri geraten ist,
trägt natürlich nicht Gott die moralische Verantwortung, sondern
diejenigen kirchlichen Amtsträger, die, durch die Verweltlichung
verdorben, in Mißbrauch ihrer Willensfreiheit und ihrer Amtspflichten,
Leute vom heterodoxen Kaliber eines Montini, Suenens, Alfrink, Cushing,
Ritter, König, Döpfner und Bea zu Kardinälen gemacht haben (vgl. S. 4
und 5 meines Aufsatzes Nr. 43) und einen Nichtkatholiken, nämlich
Kardinal Montini, zum Papst gewählt haben, der seine häretischen
Ansichten in seinen öffentlichen Äußerungen bereits vor seiner
Papstwahl unter Beweis gestellt hatte, wie ich in meinem Aufsatz
Nr. 21 nachgewiesen habe, ohne daß gegen diesen Nachweis auch nur ein
einziger ernstlicher Versuch der Widerlegung gemacht wurde, obwohl der
Aufsatz allen englisch und französisch sprechenden katholischen
Bischöfen der Welt und hunderten von anderen Theologen unterbreitet
wurde.
Für besonders gefährlich halte ich das Rezept der Rom-Marschierer, die
jährlichen Märsche solange fortzusetzen, bis der "Heilige Vater" ihren
Forderungen nachkommt.: Denn weit davon entfernt, einen hemmenden
Einfluß auf den lustig voranschreitenden dogmatischen Auflösungsprozeß
in der katholischen Kirchenorganisation auszuüben, beschäftigen diese
Märsche und ihre Organisation die konservativen Katholiken in einem
selbstgefälligen und trügerischen Gefühl ihrer Wichtigkeit, während sie
es versäumen, etwas Ernstliches für ihr Seelenheil und die
Wiederaufrichtung der wahren Kirche zu tun. Sie wirken als Werkzeuge
Satans an ihrer seelischen Selbstzerstörung.
Der häufig gebrachte Einwand, daß die Annahme eines
häretisch-apostatischen Verfalls der katholischen Kirchenorganisation
als Ganzes unter Einschluß von Papst Paul VI. nicht richtig sein kann,
da sie Christi Versprechen widerspricht, daß die Kirche bis zum Ende
der Welt fortbestehen wird, hat keinerlei Beweiskraft, da dieses
Versprechen keineswegs mit dieser Annahme in Widerspruch steht.
Das Versprechen enthält nicht nur nichts, was darauf hindeutet, daß es
den Fortbestand der jetzigen, riesigen katholischen Kirchenorganisation
als die wahre Kirche garantiert, sondern der notwendige Zusammenhalt
dieses Versprechens mit anderen Zeugnissen der Heiligen Schrift macht
es im Gegenteil sicher, daß die wahre Kirche Christi letzendlich nicht
eine große Organisation sein wird, sondern das kleine Häufchen einer
Restkirche. Denn nach den biblischen Voraussagen wird die "Große
Apostasie" (2 Thess.2,3), hervorgerufen durch falsche Propheten
(Theologen, Bischöfe ?) und falsche Christusse (illegitime Päpste wie
Johannes XXIII. und Paul VI. ?), die an ihren Früchten zu erkennen sind
und den wahren Glauben so weit zerstören, daß Christus in Lukas 18, 8
sagen kann: "Wird der Menschensohn, wenn er kommt, Glauben auf Erden
finden?"
Was wir heute in der katholischen Kirchenorganisation erleben,
entspricht genau den biblischen endzeitlichen Voraussagen über die
"Große Apostasie", und dieses Bild wird ergänzt durch die geistige
Verfassung der Menschheit außerhalb der katholischen
Kirchenorganisation: ihr universaler Abfall vom Glauben an einen
persönlichen Gott und sein Sittengesetz und ihre Hinwendung zu
pantheistisch-freimaurerischer-kommunistischer Selbstvergötterung und
ihre damit zum Ausdruck kommende Weigerung, noch länger den Zweck ihrer
Schöpfung zu erfüllen, für die größere Ehre Gottes zu leben. Diese
Weigerung muß ihr Ende herbeiführen. Zu ihrer Vernichtung stehen
bereits bereit die in ihrer Hybris von ihr selbst geschaffenen
Nuklearwaffen, und zwar in hundertfacher Überzahl - eine einfach nicht
wegzuleugnende Tatsache, wie jeder Nuklearphysiker weiß.
Wie nicht oft genug betont werden kann, sind die Endzeit-Voraussagen
der Heiligen Schrift nicht, wie gewisse alttestamentliche Voraussagen,
im bedingten Sinne gegeben, daß Gott sie nur dann eintreten läßt, wenn
die Menschheit sich nicht bekehrt. Sie sind vielmehr einfache, nicht an
Bedingungen geknüpfte Voraussagen der das Ende der Menschheit
beschließenden Tatsachen, deren Eintreten Gott aufgrund seiner
Allwissenheit von Ewigkeit her bekannt sind. Es ist daher vollkommen
sinnlos, irgendwelche Anstrengungen zu machen, die apostatische
katholische Kirchenorganisation und ihre Hierarchie einschließlich
Papst Paul VI. bekehren zu wollen. Im Gegensatz zur Häresie ist
Apostasie ein irreversibler (Anm.d.Rede.: unumkehrbarer) Prozeß (cf.
Hebr. 6, 46).
Angesichts dieser Sachlage sind "Märsche nach Rom" zwecklose
Unternehmungen, die die noch nicht abgefallenen Katholiken davon
ablenken, ihre Energie auf das Wirken ihres eigenen Seelenheiles zu
verwenden, das nur dadurch gefördert werden kann, daß sie und
ihresgleichen Anstrengungen machen, in den Genuß gültiger Sakramente zu
kommen.
Dieses Ziel kann nur dadurch gefördert und erreicht werden, daß die
noch nicht abgefallenen Priester und Laien durch systematische
Anstrengungen aus der apostatiachen katholischen Kirchenorganisation
ausgesiebt und in unabhängigen orthodox-katholischen, pfarrähnlichen
Gemeinden zusammengefaßt werden.
Dieses Werk wird seine Krönung finden, wenn es gelingt, einige
orthodoxkatholische Bischöfe ausfindig zu machen, die die isolierten
orthodox-katholischen Gemeinden zu Diözesen zusammenschließen und für
einen orthodox-katholischen Priesternachwuchs sorgen. In diesem
Zusammenhang gewinnt der mir überlassene Brief von Fr. R. besondere
Bedeutung. Ich werde auf diesen Brief zurüchkommen, sobald ich die
rückständigen laufenden Angelegenheiten aufgearbeitet habe. Ich sehe
auf diesem Gebiet einer ersprießlichen Zusammenarbeit entgegen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie unsere deutschen Freunde über
meinen Standpunkt in der Frage der "Märsche nach Rom", unterrichten
würden. Für diesen Zweck habe ich diesen Brief deutsch geschrieben und
lege einige Kopien desselben bei. Hoffentlich gelingt es Ihnen, sie von
der Richtigkeit meines Standpunktes zu überzeugen und zu einer
positiven Aufbauarbeit unter Ausschluß aller Kompromisse zu
veranlassen. Meines Erachtens überschätzen sie ihren Einfluß auf den
Gang der Dinge in der katholischen Kirchenorganisation maßlos. Wie sie
glauben können, daß sie die nächste Papstwahl durch Ostrazierung der
schlimmsten Häretiker und Apostaten unter den Kardinälen zu ihren
Gunsten beeinflussen können, geht über meinen Horizont.
Wer der wirkliche Meister ist, hat ihnen Paul VI. gezeigt, indem er vor
einigen Tagen 25 Kardinäle, die über 80 Jahre alt sind, von der
Papstwahl ausgeschlossen und damit ihre Hoffnung auf eine Verstärkung
des konservativen Elements im Kardinalskollegium von vornherein
zunichte gemacht hat. (...)
UNSERE KURZE STELLUNGNAHME
zu diesem Brief
Jeder Leser wird die Differenzen in der Auffassung des Hochw. Abbé de
Nantes (vgl. Seiten 9 bis 12) und des Herrn Dr. Kellner leicht
entdecken. Es braucht wohl auch nicht wiederholt zu werden, daß die UNA
VOCE-Gruppe Maria und der Clemens-Maria-Hofbauer-Kreis in einigen
Punkten mit Herrn Dr. Kellner und dem Hochw. Herrn Abbé de Nantes nicht
einig gehen.
Es ist aber klar erkenntlich, daß diese Ausführungen von
brennender Sorge um den Fortbestand der einen heiligen katholischen und
apostolischen Kirche diktiert sind. Was wir wünschen und fordern, daß
diese gewichtigen Stimmen auch zu Gehör kommen und die vorgebrachten
Argumente erwogen werden.
Differenzen in der Beurteilung von Tatsachen stellen sich auch da ein,
wo man sich in den Prinzipien einig ist, da die Tatsachen meist nur
unvollkommen gewußt werden, je nach ihrer Kenntnis oder Unkenntnis aber
aus den gleichen Prinzipien anders geurteilt wird.
Wir müssen uns alle bemühen, die unverkürzte Wahrheit zu erkennen und
auszusprechen. Persönliche Sympathien und Antipathien dürfen uns dabei
nicht ablenken. Vorwürfe wie "konservative Apostasie" treffen uns
solange nicht, als wir nach bester Erwägung aller uns bekannten
Argumente so entscheiden und handeln, wie es die Vernunft gebietet.
Umgekehrt nützte auch unsere völlige Legalität nichts, wenn sie auf
Fehlgründen basierte. Wir sollen, so hat Jesus gefordert, aus uns
selbst urteilen, was recht ist. Denn unser Glaube ist, wie der hl.
Paulus sagt, ein "vernünftiger Dienst" (rationale obsequium).
Zu der Ablehnung der "Märsche nach Rom" ist zu sagen; daß wir selbst
den "Marsch nach Rom" nicht zu einer "Demonstration" machen werden und
ebenso es als unsinnig ablehnen bei Paul VI. eine Audienz anzustreben.
Wir werden den Marsch nach Rom als reine Sühne- und Gebetswallfahrt
machen und als Bekenntnis des apostolischen Glaubens am Grabe Petri.
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