UNFASSLICH
von Dr. Joachim May
Vor einiger Zeit hat der Tübinger Kirchenrechtler Professor Neumann dem zuständigen Bischof Moser (Rottenburg) die Missio canonica (Lehrauftrag) zurückgegeben.
Die Reaktion des Bischofs Moser auf diesen Schritt "eines notorisch unkirchlichen, eines (schonend gesagt:) häresieverdächtigen katholischen Professors", wie ihn Professor Drewniak charakterisiert (DT 14.12. 1977), war unfaßlich.
* Er nennt "den Schritt Neumanns eine 'schwere Enttäuschung', die der Kirche weit über die Diözese hinaus geschadet habe". * Er distanzierte sich von der Aufforderung des Passauer Bistumsblattes, auch andere mit dem Dogma der Kirche in Konflikt stehende Professoren, wie Küng und Haag, sollten die Konsequenzen ziehen und den kirchlichen Lehrauftrag zurückgeben.
Die Verblendung Mosers ist ungeheuerlich. Geschadet hat der Kirche, daß Neumann Jahre lang im Lehramt belassen wurde, was ein schweres
Versäumnis der Hirtenpflicht durch Moser darstellt. Die kirchliche Autorität hätte Neumann von sich aus längst den Lehrauftrag entziehen müssen.Dasselbe schwere Versäumnis liegt (lag) hinsichtlich des Verhaltens des Episkopats gegenüber Küng, Haag, Rahner und vielen anderen Vertretern des professoralen Paramagis teriums vor. Sie hätten schon vor Jahren aus ihren Lehrpositionen ausgeschlossen werden müssen, um Schadenvon den Gläubigen abzuwenden. Dieser Schaden ist inzwischen, dank des Versagens des Lehramts, in die Breite und in die Tiefe gewachsen. Aber die genannten und zahlreiche weitere Demontage-Spezialisten amtieren ungehindert weiter, während die Bischöfe in das Gewand von diplomatischen Akrobaten und Bittstellern (Lieber Küng, sei doch so gut ...) geschlüpft sind.
Indessen haben sich "rund hundert Studenten aus dem Fachbereich Katholische Theologie der Universität Tübingen" in einem "offenen Brief" an die deutschen Bischöfe gewandt. Sie ergreifen natürlich für den Haeretiker Küng Partei (DT 25.1. 1978).
Die einzelnen Vorbringungen der Studenten sind uninteressant. Wichtig ist,
* daß der klerikale Nachwuchs (und die künftigen Laien-Theologen) für einen 1iberalisti sehen Irrlehrer Partei ergreifen, * daß - und diese Lehre ist entscheidend - Küng und Genossen ohne weiteres in der Lage sind, die Studenten zu mobilisieren.
Die Katheder-Schickeria hat auch in dieser Hinsicht die Hand am Drücker, nachdem sie die öffentliche Meinungsbildung längst übernommen haben. Selbst wenn die Bischöfe ein "Wort der Erwiderung" abfassen und bekannt machen, den Geist, der in den von Küng und Konsorten "erzogenen" Theologen" waltet, werden sie nicht auslöschen können, ja er wird, da so mancher dieser Protestler dereinst die Priesterweihe empfangen wird (ob sie ihnen etwas bedeutet, ob sie überhaupt noch wissen, was das ist, ist unerheblich), und da der eine oder andere und vielleicht sogar nicht
wenige in Lehr- und Ausbildungspositionen einrücken wird, weiterverbreitet werden. Das ist es, was wir als "langen Marsch durch die Institutionen", als ständig weiter wuchernde Unterwanderung und innere Aushöhlung der NEUKIRCHE bezeichnen; denn diese Leute werden einen Glauben à la Küng (und Genossen) vertreten und unter das Volk bringen, nicht den Glauben der Kirche.
Und an dieser Stelle ist nachdrücklich die Behauptung zurückzuweisen, es sei schlimmer, wenn Lefebvre eigene Wege gehe als wenn ein Professor Irrlehren vertrete. Die destruktive Wirkung von Haeretikern wie Küng (und zahllosen anderen) ist erheblich gefährlicher und nachhaltiger als die "eigenen Wege" Lefebvres, zumal dieser ja nicht zerstreut, sondern sammelt.
Die Haltung der (deutschen) Bischöfe ist somit absurd, und sie können nicht einmal mit der Behauptung aufwarten, Küng und Co. stünden auf dem Boden des II. Vatikanums, sie seien halt nur besonders Fortschrittliche. Vielmehr haben sie den Boden der Kirche, auch und sogar den der NEUKIRCHE längst verlassen. Es sind Haeretiker, Apostaten. Niemand wird solches von Lefebvre behaupten können, bei dem es sich offiziell immer nur um einen formalen Gehorsam handelt.
Mir ist es unverständlich, wie auch nur einer der Bischöfe auch nur eine Nacht ruhig schlafen kann. Wären sie ehrlich gegenüber sich selbst, sie müßten unter der Last ihrer Schuld zusammenbrechen.
Um die Situation in der Diözese Rottenburg noch genauer zu kennzeichnen, erinnern wir an den Brief der "Aktionsgemeinschaft Rottenburg" (= Vereinigung von 180 meist jüngeren Theologen) an die Pfarrer der Evangelischen Landeskirche Württemberg. In mehreren Diözesen gibt es solche "Aktionsgemeinschaften" (z.B. Marienborner Kreis, Freckenhors ter Kreis). Die verschiedenen "Priester so 1idaritätsgruppen" geben sogar eine eigene Zeitschrift ("imprimatur") heraus, in der sich Wolkenschieber auf den verschiedensten Gebieten betätigen. Natürlich geht es immer um noch weitergetriebene Veränderung des katholischen Glaubens.
Welche Gags liefert nun die "Aktionsgemeinschaft Rottenburg" (AGR)?
Sie anerkennen die protestantischen Religionsdiener als "Amtsträger gleicher Vollmacht und gleicher Verantwortung" und plaudern vom "Charakter eines gestaltenden Leitungsdienstes". Sie behaupten, daß die scholastische Philosophie "heute als ein theologisches System (dastehe), das selbst wieder einer kritischen Interpretation bedarf." - Ganz massiv: "Aufgrund exegetischer Arbeit und theologiegeschichtlicher Forschung haben wir inzwischen zu Deutungen des Abendmahls gefunden, die den Bedingungen heutigen Empfindens und Verstehens besser gerecht werden." Die "Schwäche der scholastischen Deutung bestehe darin, daß sie "leicht magische Vorstellungen aufkommen ließ". - Ähnliche Worte kann man bei dem sich katholisch nennenden Theologieprofessor H.O. Pesch finden, der in der protestantischen Fakultät der Universität Hamburg lehrt, der aber ein rein protestantisches Eucharistieverständnis besitzt.
Weiter wird behauptet, heute seien Katholiken nicht mehr in der Gefahr "zu glauben, durch Sakramente sei die Gnade Gottes für Menschen verfügbar geworden", dies "verrät die Praxis, gerade auch die derzeitige Bußpraxis unter Katholiken".
Die Kirche sei womöglich nicht der "Versuchung entgangen ...., durch Vorschriften über die Verwaltung der Sakramente Herrschaft über die Gewissen auszuüben".
"Wir haben eine Opfertheorie aufgegeben, die den Eindruck erwecken konnte, Jesu Opfer am Kreuz müsse zu unserer Versöhnung mit Gott immer noch einmal dargebracht bzw. erneuert werden." "Im ganzen meinen wir heute eine biblisch begründete und sinnvolle Abendmahlspraxis zu haben, die auch vor den Reformatoren bestehen könnte und von der wir aus Gründen einer besseren ökumenischen Zusammenarbeit nicht abzugehen brauchen." "Der 'Laienkelch' ist für uns kein theologisches Problem mehr ..."
Hier sprechen, noch (!) ein wenig verklausuliert, aber deutlich, waschechte Protestanten im Gewände katholischer Priester, die das sakramentale katholische Priestertum auf eine Stufe stellen mit dem protestantischen Reiigionsdienertum, das, nach eigenem protestantischen Selbstverständnis, Laientum ist. Hier äußern sich Priester, die meinen, sich "vor den Reformatoren" rechtfertigen zu müssen.
Eine katholische Schwundmentalität sondergleichen spricht aus diesen. Sumpfblüten aus dem "Brief der Aktionsgemeinschaft Rottenburg". In aller wünschenswerten Klarheit wird erkennbar, daß die "180 meist jüngeren Theologen" zumindest teilweise den Boden des Protestantismus erreicht haben, der Rest folgt wohl in Bälde.
Man geht sicher nicht fehl, wenn man die geistigen Hintermänner dieser Mentalität in der katholischen Fakultät der Tübinger Universität sucht, die, bis auf einige Ausnahmen, zum Wohle des Glaubens hätte geschlossen werden müssen. I80 - das ist eine' große Zahl, und man wird so manchen weiteren dazurechnen müssen, der nicht in Erscheinung getreten ist. I80 - das ist ein großer Teil des Klerus der Diözese Rottenburg, in der der "lange Marsch durch die Institutionen" schon weit gediehen ist.
Dieser Befund ist grauenvoll.
Die von ihnen praktizierte "Ökumene vor Ort" wird weitergetrieben werden. Dabei werden sie wie bisher nicht danach fragen, "in welcher Relation ... das Amt des Pfarrers zu dem des Bischofs in der Diözese und zu dem des Papstes in der Gesamtkirche" steht, die in dem Brief der AGR-Leute "nur als 'Kirchenbehörden'" vorkommen. Bischof Moser wird den ökumenischen Sumpf nicht zum Austrocknen bringen, und er will es auch gar nicht. Er möchte nur einen von oben gemachten Ökumenismus, und der wird bestimmt kommen: ein ökumenisches Superkonglomerat oder Syndikat mit einem papalen Präsidenten, wenn nicht gar, was wahrscheinlicher ist, die sogenannte Dritte Konfession. Das II. Vatikanische Konzil hat die Schleusen geöffnet, durch die jener Ungeist, den die Pius-Päpste noch abwehren konnten, in ganzer Breite, abgesegnet vom sogenannten "Konzilsgeist" sich in die NEUKIRCHE ergossen hat. |