DIE LITURGISCHE SPRACHE
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Eine wahre Einheit ist ohne die Wahrheit undenkbar! Die Wahrheit, um welche es sich bei der heiligen Messe handelt, ist DIE WAHRHEIT selbst, Jesus Christus, unser Erlöser bei der Vollendung Seiner Sendung, dem hochheiligen Opfer! Es dürfte allen schon ganz klar sein, daß ER dieses Opfer nicht allein darbringt, soweit wir uns dazu entschlossen haben, wir mit IHM, indem wir an das blutige Opfer am Kreuze anknüpfend eins mit IHM werden, Sein Opfer erneuern (1) und unseres beifügen. Die Aufopferung unseres leibseelischen "Ich", und zwar des ganzen Lebens, ist es also worum es sich handelt, da die hl. Messe das Opfer des mystischen Leibes Christi sein muß, wenn es seine Früchte zeigen soll. Der göttliche Heiland hat den Aposteln nicht den Auftrag gegeben, von Seinem ersten unblutigen Opfer zu erzählen und so Seiner zu gedenken, also nicht "hoc narrate in meam commemorationem", sondern "hoc facite", das tuet! Nicht auf das Reden kommt es an, sondern auf das Handeln, nämlich Ihn in der Gefolgschaft Seiner jungfräulichen Mutter und getreuen Freunde auf dem Leidensweg zu begleiten. Wo das Haupt ist, dort müssen auch die Glieder sein: d.h. zuletzt angenagelt am Kreuze mit IHM sterben, um mit IHM von den Toten aufzuerstehen, um mit Ihm am himmlischen Mahl teilnehmen zu können! Um dieses zu erreichen, ist es nicht notwendig, die Gebete des Priesters mitzubeten. Das könnte (muß aber nicht) dann geschehen, wenn das Wesentliche, unsere Aufopferung des eigenen "Ich" in Verbindung mit Christus zustande gekommen ist! Das Verstehen und Mitbeten der Gebete des Priesters, kommt also erst an zweiter Stelle, und ist nicht unumgänglich notwendig. (Alles aber, was "nach Opfer riecht", ist Luther und dem Protestantismus verpönt, selbst das Wort "Missa"; deshalb heute auch die Vorrangstellung des "Einsetzungsberichtes".)
Thomas Waldensis (Netter), O.Carm., der Hauptgegner des Wiclif und Generalinquisitor gegen Wiclifiten und Hussiten, macht auf die Worte des hl. Augustinus aufmerksam: "Wenn ihr euch eifrig bemühen werdet, werdet ihr erkennen, daß nicht dann Messe ist, wenn göttliche Lesungen in der Kirche vorgetragen werden, sondern wenn Opfer dargebracht werden, Leib und Blut konsekriert werden. Denn Lesungen aus den Propheten, Aposteln, Evangelisten, könnt ihr auch in euren Häusern lesen, oder hören. Die Konsekration des Leibes und des Blutes Christi, könnt ihr aber nirgends anderswo, als im Hause des Herrn sehen oder hören! Wer also mit Gewinn für seine Seele die Messe vollauf feiern will, bis zum Gebet des Herrn und dem Segen für das Volk, der muß mit gebeugtem Körper und zerknirschtem Herzen in der Kirche verbleiben." (2)
Schon einigemale hat H.H. Prof. Grill in der "Einsicht" angeführt, daß das Wort "Messe" der Heiligen Schrift entstammt und zwar (wie schon Kardinal Hosius bemerkt) dem hebräischen als auch dem chaldäischen Text, und "Oblation", "Aufopferung" bedeutet. (3) Es entspricht also nicht den Tatsachen, wenn heute wieder angegeben wird (wie zu Zeiten des trident ini sehen Konzils), daß der Termin "Messe" willkürlich gewählt wurde, und auf das lateinische "missa"- Fortlassen, Entlassen, zurückzuführen sei. "Dieser Name ist also nicht, wie man uns aufzwingen will, in diesen Tagen von Menschen erfunden worden, sondern durch Moses (Deut. 16) vom Geiste Gottes inspiriert dargeboten", wie Hosius zeigt.Auch ist folgende vom hl. Augustinus angeführte Regel auf diesen Fall anzuwenden: "Was die ganze Kirche benützt, was zwar nicht von den Konzilien stammt, aber stets gebraucht wurde, von dem glauben wir rechtmäßig, daß es auf grund Apostolischer Autorität geschieht."(4)
Es genügt bei lateinischen Gebeten oder der heiligen Messe wenn "der Geist sich zu Gott erhebt, und das Gemüt sich mit Ihm in Liebe und Glauben vereint", ob nun einzelne Worte verstanden werden oder nicht! (5). Wir sehen nicht nur mit den trident ini sehen und nachtridentini sehen Theologen ganz klar, daß es (primär) gar nicht auf das Verstehen ankommt, sondern daß es im Gegenteil erbaulich ist, wenn das christliche Volk einstimmig in derselben Sprache Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus preist, wenn wir denselben Ritus, dieselben Zeremonien gebrauchen, woraus klar ersichtlich ist, daß "die Menge der Gläubigen ein Herz und eine Seele ist!" (Apost.4,32).
Wie unterschiedlich schaut es bei denen aus, die die wahre Kirche verlassen haben und mit ihrem Glauben auch unaufhörlich ihre Riten und Zeremonien ändern!(6) Danach können wir Ledesima begreifen, wenn er sich die Aufgabe gestellt hat zu zeigen, daß es nicht zuträglich und nicht würdig ist, das hochheilige Opfer wie den Gottesdienst in der profanen Sprache zu feiern, und daß dies auf keinen Fall, denen, die darum ansuchen, zu bewilligen ist. Gründe, die er dafür angibt sind:
1. Die Einheit der Gläubigen, und des christlichen Glaubens, welcher dadurch vernichtet wäre. 2. Die verschiedenen Häresien und Irrlehren die daraus erwachsen würden. 3. Die dadurch verursachte große Unkenntnis und Unerfahrenheit im Christentum. 4. Die Veränderlichkeit, Ungenauigkeit und Anzahl der verschiedenen Übersetzungen. 5. Die vielen daraus entstandenen Schäden (7). Dessen allen gedachte Papst Pius VI., als er bei der Verurteilung der Synode von Pistoja (1794) definitiv, für alle Zeiten und unter Exkommunikation solche Versuche verurteilte. (Auctorem fidei, besonders Denz.1533, 1566.)
Wenn die heilige Kirche "nicht bei der Feier der göttlichen Mysterien peinlichst die Gleichförmigkeit bewahrt hätte, und nicht stets diese, im Orient griechisch und syrisch, im Okzident lateinisch dargebracht hätte, wären daraus große Schäden entstanden. (Bedenken wir nur die unzähligen Häresien; Anm. O.K.!) Wie nun diese Gleichförmigkeit absolut notwendig ist, um den Frieden unter den Gläubigen zu bewahren, und nicht jenes Band in der Kirche zerrissen werde, durch welches sie in göttlichen Dingen verbunden bleiben soll, zeigt sich auch der Gebrauch der profanen Sprachen beim Gottesdienst im Gegensatz mit der Einheit des Glaubens und der Religion, der Liebe und der Gemeinschaft, welche alle Christen und katholischen Kirchen bekennen müssen.
Die Einheit des Glaubens bleibt deshalb in der lateinischen Kirche durch so viele Jahrhunderte unberührt, da sie dieselbe Sprache für den Gottesdienst benützte. Leicht könnte sie aber Schaden erleiden, wenn die Franzosen, Spanier, Italiener, Deutschen und andere christlichen Völker, die heiligen Geheimnisse in der eigenen Sprache spenden würden. (Anm.d.Red.: der Schaden ist bereits unabsehbar geworden.)
Dazu kam es leider bei den orientalischen schismatischen Kirchen, was wir auch täglich bei den jetzigen Häretikern sehen können, welche bei ihren Zusammenkünften die Heilige Schrift in der jeweiligen Landessprache gebrauchen. "Leider ist an diesem Chaos der Klerus schuld, wie aus dem Brief des Papstes Innocentius I. an den Bischof Decentius hervorgeht. So lesen wir dort: "Wenn die Priester des Herrn geneigt wären, das von der Kirche aufgrund Apostolischer Tradition Angeordnete zu beobachten, käme es zu keinen Unterschieden bei den Weihungen und Konsekrationen. Da nun ein jeder nicht das, was überliefert wurde, macht, sondern was ihm selbst beliebt, ist man zu solchen Verschiedenheiten gekommen." (8)
Schon Hosius stellt die Frage, wie jemand von Liebe sprechen kann, dabei aber Urheber von Separatismen, Teilungen, Schismen ist? (9) Heute, wird mehr denn je das Wort Liebe mißbraucht; in der Tat ist es Selbstliebe! Wie schon der gelehrte Karmeliter bemerkt "sind Privatleute verpflichtet des Gemeinnutzes wegen auf die Volkssprache zu verzichten und sich dem Willen der Kirche zu unterwerfen, wenn sie auch persönlich für sie von großem Nutzen wäre, weil die Kirche sieht, daß sie dem Gemeingut überhaupt nicht entspricht!"(10)
Nie dürfen wir vergessen, "daß der Heilige Geist es ist, der die Kirche auch in dieser Frage führt. Auch anerkennen wir, daß die Kirche eine allgemeine ist, und bekennen es täglich im Glaubensbekenntnis, indem wir sie katholisch nennen. Das i s t auch ein Wesensmerkmal, welches sie von allen anderen Glaubensgemeinschaften unterscheidet, welche sich f ä l s c h l i c h den Namen 'Kirche" beilegen. Da die Kirche 'allgemein' ist, liegt es doch auf der Hand, daß auch ihre Sprache beim Gottesdienst allgemein sein muß!"(ll) Das wurde auch in der Konstitution des hl. Pius V. "Quod a nobis" und in der von Klemens VIII. "Cum in Ecclesia" betont, und zwar für immer! Dazu bemerkt Kössing: "Wenn die Sprachidentität einmal beseitigt ist , so wird und muß diese Gemeinschaft zerrinnen wie das Wasser, wenn man den Krug zerbricht!"(12)
Auch diese Gründe waren es, welche Alexander VII. dazu bewegten, die Unannehmbarkeit eines französischen (und auch anderssprachigen Missale für den öffentlichen Gottesdienst) zu definieren!
Anmerkungen: 1) Secreta 18.7.S.Cam.de Lellis. 2) Thomas Waldensis, Doctrinale Fidei, De Sacramentalibus Missae, cap.XXXV. S. Augustini Sermo XIX. 3) Hosius, De Divino Missae Sacrificio. 4) S. Augustinus, Liber IV. de Baptismo contra Donatistas, cf.Vincentius Lirinensis, Commonitorium, bei Ludovicus Habert, Theologia Dogmatica et Moralis, Augustae Vindelicorum 1751, Tom I.cap.VII. De Traditionibus. 5) Bibliotheca Criticae sacrae circa omnes fere sacrorum Librorum difficultates, Lovanii 17o4. Ab uno Ordinis Carm. Disc. Religioso, Tom. IV. Disputatio secunda circa vernacularum Scripturae Versionum in Ecclesia in Missa et Divinis usus. Art.III.Sect. 1. Linguis vernaculis non utendum in Sacris. 6) Hosius, De Sacramento Eucharistiae, cap. 41. 7) De Divinis Scripturis quavis passim lingua non legendis.. Jac. Ledesima, S.J. Coloniae 1574, pg 121-122. 8) Dissertatio R.P. Honorati a S.Maria, Carm.Disc. Appendix; Bona, Rerum liturg. 9) Hosius, De Sacro vernacule. 10) Bibliotheca Criticae, 619-62o. Linguis vernaculis non est utendum. 11) La Liturgie sacrée ou l'Antiquité, les MystËres et les Ceremonies de la Sainte Messe sont expliquées, Gilbert Grimaud, Docteur de la Faculté de Paris (+ 1665), Tome I. Chapitre XII. 12) Liturgische Vorlesungen über die heilige Messe, J. Kössing, Mainz, Regensburg 1856, Seite 4. (aus: "Wurzel, Stamm, Krone"; Fortsetzung folgt!) |