BRIEFWECHSEL MIT EINEM TRADITIONALISTISCHEN PRIESTER
(aus: "Das Reich Gottes", Nr. 33, Januar 1978) (Zum Zweck der leichteren Beantwortung wurden die Sätze von der Red. numeriert)
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31. XII. 1977
Sehr geehrter Herr Joseph Jansen!
1. Über Ihre Einstellung, Papst Paul VI. als den Antichristen zu bezeichnen, bin ich enttäuscht. 2. Es ist nicht leicht, die Handlungen des Papstes richtig zu beurteilen. 3. Er hat manchmal sehr wirksam die Tradition der Kirche verteidigt, zum Beispiel in der Enzyklika Humanae Vitae und Mysterium fidel 1965. In dieser fordert er, daß die Ausdrucksweise, in der das Konzil von Trient das hl. Altarssakrament erklärt, beibehalten werde; er betont, daß Lehre und Ausdrucksweise unzertrennlich zusammengehören. Er hat die Lehre der Konzilsväter, daß die oberste Gewalt bei den mit dem Papste vereinigten Bischöfen liege, ausdrücklich zurückgewiesen. 4. In vielen Ansprachen ermahnt er die Hörer, bei dem Glauben zu bleiben, den sie in der Jugend gelernt hätten. 5. In völligem Widerspruch hierzu stehen die Reformdekrete des Konzils, die Neuerungen, die auf die Zerstörung des Glaubens und der Frömmigkeit hinauslaufen. 6. Es ist unleugbar, daß er hierfür eine bestimmte (!) Verantwortung hat. 7. Wie ist dieser Zwiespalt zu erklären? 8. Eine Möglichkeit der Erklärung ist diese, daß er vorsätzlich und bewußt den kath. Glauben umgestalten will im Sinne eines Fortschrittsglaubens. 9. Die andere Möglichkeit ist diese, daß er zu Beginn seines Pontifikates schwere Fehler begangen hat, die er praktisch nicht verbessern kann und durch die er gezwungen wird, einen modernen Kurs einzuhalten. 10. Es läuft auf die Frage hinaus, was denkt er in seinem Herzen? 11. Es ist ein alter Grundsatz: Wer eine Behauptung aufstellt, auf dem liegt die Last des Beweises. Wer anklagt, ist an den alten Satz gebunden: Im Zweifelsfalle zugunsten des Angeklagten. 12. Der eigentliche Urheber des Modernismus und des Ökumenismus in der Kirche ist Papst Pius XII., eine Tatsache, die vielen unbekannt ist. 13. Der ganze Tatbestand, unter dem Papst Paul VI. seine Regierung an getreten hat, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. 14. Antichrist in dem Sinne, wie der Apostel ihn im 2. Thess.brf. beschreibt, ist Papst Paul gewiß nicht. In der Apostelgeschichte sagt der hl. Paulus 23,5: "Einen Führer deines Volkes sollst du nicht schmähen". 15. 1 Kor. 4,5: "Richtet nicht vor der Zeit, ehe der Herr kommt, der auch das im Finstern Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren wird. 16. Die Behauptung, Papst Paul VI. habe in jeder Hinsicht ein schlechtes Gewissen, ist nicht beweisbar. 17. Ich erwarte von Ihnen eine schriftliche Richtigstellung Ihrer Irrtümer; bevor diese geleistet ist, kann ich Ihnen die hl. Kommunion nicht mehr geben. 18. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau ein gutes neues Jahr; es wird ein Jahr der Buße sein.
In Sorge Dr. NN, Pfarrer i.R.
P.S. Viele wissen nichts vom Urheber des Ökumenismus, von dem Monitum des Hl. Offiziums vom 20. Dez. 1949, in dem die kath. Bischöfe aufgefordert wurden, geeignete Theologen bereitzustellen, welche mit den evangelischen Theologen Gespräche über Sachen des Glaubens und der Sitten führen sollen auf der Grundlage der Gleichberechtigung.
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Hochwürdiger Herr Doktor!
"Und weil ihr mich dieser Dinge (hl. Sakramente) berauben wollt, weiß ich, daß Euer Wort des Teufels, meines aber Gottes ist!" Das schleudert die Analphabetin Johanna von Orleans mit dem Mut der überzeugten Seele noch vor ihrem angedrohten Flammentod ihren Feinden innerhalb der verblendeten Kirche ins Gesicht. Ihre erpresserische Drohung (17) mit dem Entzug der Sakramente macht mich zwar nicht wankend in meiner Überzeugung, Sie aber zum Gegenstand meines tiefsten Mitleids. Sie treten damit selber in die Fußstapfen des von Ihnen nicht ganz zu Unrecht verdammten Pius XII., denn unter diesem geschah der Skandal in Heroldsbach, den heute die meisten verdrängen wollen, der aber bald, unter dem kommenden Papst, wieder öffentlich aufgerollt werden wird. 1957 haben neun Mädchen vor dem Gericht in Forchheim unter Eid erklärt, sie hätten die Mutter Gottes öfter gesehen und gehört. Schon 1952 hatten sie die gleiche Erklärung vor einer bischöfl. Kommission abgegeben. Pfr. Gailer, 38 Jahre segensreich in H. tätig, kannte die Kinder genau u. war überzeugt, daß sie nicht lügen. Trotzdem wurde er im Jahr der Erscheinungen 1951 von der Pfarre entfernt, was die Bevölkerung als brutales Unrecht erkannte. Auch die damals noch unmündigen Kinder wurden vom Sakramentenempfang ausgeschlossen. Man machte ihnen (wie in Fatima) großartige Angebote, für den Fall, daß sie unterschrieben, sie hätten nichts gesehen. Doch sie erklärterlalle: "Wir dürfen doch nicht lügen!" Ihr Gewissensentscheid wurde mißachtet, es blieb bei der Exkommunikation. Das war ein skandalöser Gewaltakt, auch wenn es sich angeblich nur um "Eidetik" gehandelt hätte, ja, dann erst recht. Der Erzbischof verweigerte den Kindern jede seelsorgl. Betreuung, ja sogar den Eintritt ins Kloster. Wenn eines heiraten wollte, mußte es sich vorher von den Erscheinungen schriftlich distanzieren. Bamberg (u. Pius) hat die Wahrheit gar nicht gewollt. Als der Münchener Prof. Dr. Wetzl eine internat. Untersuchungskommission verlangte, wurde er vom Ordinariat schroff zurückgewiesen. Der hervorragende Dogmatiker Prof. Dr. Walz durfte sein 3bändiges Buch über Heroldsbach nicht mit kirchl. Druckerlaubnis erscheinen lassen. Der Geistl. Rat Heer, Kenner der Mystik, durfte 10 Jahre (!) die hl. Messe nicht lesen, da er sich von seiner Überzeugung nicht abbringen ließ. Noch im Sterben legte er Zeugnis ab für die Wahrheit von Heroldsbach. Auf seinem Grabstein ließ er die Worte anbringen: "Ein armer Mensch, aber ein glücklicher Priester".
Sie sind hingegen ein armer Mensch und u n glücklicher Priester, und das bei täglicher Zelebration der trid. Messe und ansehnlichem Ruhestandsgehalt. Am Abend Ihres Lebens wenden Sie Terror an, um die Wahrheit zu ersticken, ebenso kaltschnäuzig wie Bamberg und Rom. Solches kommt natürlich nicht von ungefähr. Jahrzehntelang haben Sie sich in Ihrer "friedlichen Koexistenz" mit dem Antichristentum nicht beirren lassen, sonst wäre wohl etwas Rühmliches aus dem 3. Reich, zur Zeit der pianischen Skandale (u.a. auch Priesterweihe ehemals prot. Pastoren, die mit päpstl. Erlaubnis ihre Ehe weiterführen konnten), oder aus dem aktuellen geistigen Kampf von Ihnen bekannt geworden. Es ist leicht, heute über Pius den Stab zu brechen, um das gegenwärtige Regime entlasten zu können. Da ich nun Ihre hochprozentig auf Selbsttäuschung beruhende - Lebensphilosophie störe, geht Ihr Frontalangriff auf mich anstatt auf den Hauptfeind Nr. 1, der uns weltweit den Greuel der Verwüstung beschert hat. Über dieses zentrale Faktum verlieren Sie kein Wort! Wer das Evangelium fälscht, vgl. "Wandlungsworte", ist laut Galater 1,8 ein Verfluchte auch und besonders, wenn er auf dem Stuhl Petri setzt. Hier zu fragen: Was denkt er in seinem Herzen? ist so abwegig, daß man kaum noch Worte findet. Testamentsfälschung wird gerichtlich bestraft und kein Richter wagte da zu räsonieren: Was dachte der Fälscher wohl in seinem Herzen? Und hier gebt es um das ewige Testament des GOTTMENSCHEN im Rahmen des höchsten Aktes der Gottesverehrung, bzw. deren Pervertierung. Ein größerer Satanismus ist gar nicht denkbar! 100000 Priester sind durch diese "Reform" an den äußersten Rand der Hölle gedrängt worden und die halbe Milliarde derer, die ihnen willig folgen. Und Sie, Hochwürden (...) plädieren für Freispruch, da es angeblich zu schwierig sei (2), die Handlungen des Papstes zu beurteilen. Ein solcher Urteilsspruch eines gläubig~gebliebenen Pfarrers, der mit allen Argumenten bestens versorgt ist (z.B. von der Zeitschrift "Einsicht",) zeigt mit erschütternder-Deutlichkeit die Wirkmacht des Antichrist. Ihr Brief kann nur noch eschatologisch verstanden werden! Deswegen publiziere ich ihn, nicht um Ihnen eine Lehrstunde zu erteilen. Ich nehme Sie und Ihr Schreiben sehr ernst, aber nicht in dem Sinne, wie Sie es meinen und wünschen. Die Leser erkennen daran; wie bestürzend nahe die große Wende sein muß, da auch gläubige Pfarrer wie gebannt auf das apokalyptische Tier starren, ja von ihm seelisch gelähmt werden.
Im Satz 3 zeigen Sie, daß Sie ein Wesensmerkmal des Antichrist völlig mißachten: sein Täuschungsmanöver! Zu 4 erlaube ich mir die Frage, warum bleibt er selber nicht bei dem Glauben,den er unter dem heiligen Pius X. studiert hatte? Sind Sie wirklich so zwanghaft naiv, daß Sie Augenwischerei nicht mehr von ehrlichem Bekenntnis zu unterscheiden vermögen? Dr. (N.N.) hat mehrmals schon darauf hingewiesen, daß man nicht ungestraft mit der Häresie unter einem Dach leben kann. Bei Ihnen (u. vielen Ihrer (...)-Freunde und Mitbrüder) sind schon Lähmungserscheinungen sichtbar. Und warum betonen Sie (6) nur eine "bestimmte" Verantwortung, während Sie mit Ihrem Paul in Satz 3 die oberste Gewalt und damit die Hauptverantwortung urgieren?
Ein Höhepunkt Ihres Briefes ist Satz 9. Damit leugnen Sie die Willensfreiheit des Menschen. Mit welchem Recht? In einem anderen Brief heben sie ausdrücklich hervor: "Der Papst ist völlig frei in seinen Ansprachen". Doch "Er steht einer erdrückenden Mehrheit der fortschrittlichen Kardinäle gegenüber". Hier vergessen Sie, daß er 80 % der gegenwärtigen Kardinäle selber ernannt hat. Und seit wann ist ein Pontifex Maximus an Mehrheiten gebunden? Dieser Demokratismus stammt doch von Paul und seinem Freund Johannes. In einem anderen Schreiben betonen Sie frei nach Lefebvre: "Wie groß seine Schuld ist, kann erst eine spätere Geschichtsschreibung feststellen." Das ist eine etwas billige Art, wie mir scheint, sich den Forderungen der Stunde zu entziehen. Was hilft dem Volk hier und jetzt der Historiker von morgen? Zur Stützung Ihrer These führen Sie an: "Heute sind uns wichtige Dinge, die den Vatikan betreffen, unbekannt" Hier verwechseln Sie zwei grundverschiedene Dinge: die notwendige Unterscheidung der Geister, eine Gnade, die jedem verliehen wird, der die Wahrheit sucht, und kriminalistischen Spürsinn, der z.B. Intrigen zwischen den Kardinälen oder vatikanische Diplomatie erforscht, um von daher Orientierung zu gewinnen. Das ist aber ein Irrtum. Denn nur wenige kommen an diese Quellen heran, und meist sind sie unergiebig u. langweilig. Von j e d e m Christen aber verlangt der Geist, den Baum an der Beschaffenheit seiner Frucht zu erkennen. Daß NN. sich dieser Forderung weitgehend entzieht, manchmal den Ahnungslosen mimt und auf Geheimdiplomatie setzt, das schadet unserer Sache mehr als die meisten jetzt für möglich halten.
Zu Satz 11 kann man nur sagen: wenn Sie selbst subjektiv zweifeln, so haben Sie noch lange kein Recht, Ihre persönliche Zweifelshaltung, die zudem auf wackligen Füßen steht, auch anderen vorzuschreiben und dies noch massiv mit Entzug des Altarssakramentes zu unterstreichen. Das würde Erzbischof Lefebvre nicht im Traume einfallen! Hiermit laden Sie sich einen schweren Verstoß gegen Nächstenliebe und Kirchenrecht auf's Gewissen. Unverantwortlich für einen so informierten Mann wie Sie.
Ihre angebliche Gewißheit (14) wird sicher eines Tages in Wehgeschrei umschlagen, wenn der von Ihnen gewollte Nebel plötzlich durch göttl. Eingreifen zerrissen wird. Das "Richtet nicht"! (15) glauben Sie bedenkenlos in meinem Fall übertreten zu dürfen durch Ihre Privatexkommunikation u. Verurteilung einer begründeten Überzeugung, die nicht leichtfertig urteilt, sondern nachprüfbare Fakten bloß mit dem Worte Gottes konfrontiert u. die sich daraus von selbst ergebenden Schlußfolgerungen zieht. Sie aber monieren ins Leere hinein. Z.B. trifft das Pauluswort in 14 nicht zu, da Paul VI. unmöglich als Führer des Gottesvolkes angesehen werden kann. Punkt 16 habe ich nirgends behauptet. Ich danke Ihnen für die guten Wünsche und bitte Sie im Interesse Ihrer Glaubwürdigkeit und der Fruchtbarkeit Ihres seelsorglichen Wirkens, auf Ihre Mitbrüder zu hören, die in der EINSICHT schreiben. Die haben das Herz am rechten Fleck. Sie aber verdammen eine Sache, die man darf es ohne Übertreibung sagen, zu den Großtaten der Kirchengeschichte gehört: die Entlarvung des Antichrist, vgl. "Falscher Papst u. Antichrist", Juli 1977, Heft 2, 6. Jahrgang der Zeitschrift "EINSICHT".
Vor einigen Jahren hat mir ein Priester, ebenfalls Tridentiner, von der Bewegung für Papst und Kirche, die Beichte verweigert mit der schwachsinnigen Begründung: "Sie sind gegen den Hl. Vater". Was hätte ich ihm anders sagen können als: "Und Sie sind gegen den Hl. Geist". Hieraus ergibt sich: es kann einer noch so fromm tridentinisch reden und handeln und dennoch Anhänger des Antichrist sein. Für Priester hat der mildernde Umstand "Unwissenheit" keine Geltung. Das entscheidende Kriterium der Katholizität ist heute letztlich das Verhältnis zu Paul VI. Die noch Unentschiedenen werden durch die kommenden Ereignisse zur Entscheidung gezwungen werden; d.h. viele werden erst aufwachen, wenn es zu spät ist. Gott möge ihnen gnädig sein.
In (berechtigter) Sorge J. Jansen |