DIE DÄMONEN - VISIONEN VON DOSTOJEWSKIS
In der Geschichte hat man noch nie eine solche Anhäufung von Gewaltverbrechen erlebt, begangen von organisierten und sogar staatlich geschützten Anarchisten- und Terrorgruppen, die ihre Verbrechen nicht auf einen einzelnen Staat beschränken, sondern in allen Ländern der Welt begehen, die nicht unter der Herrschaft der chinesischen oder der sowjetischen Diktatur stehen. Geiselerschießungen, gemeinste Erpressungen und Bomben - immer wieder Bomben -, die Unschuldige zerfetzen und Grauen und Entsetzen verbreiten, gehören zu den täglichen Ereignissen.
Das sind die äußeren, sichtbaren Warnzeichen einer weltweiten anarchistischen Verschwörung, die sich ebenso erschreckend in der Zersetzung von Sitte, Anstand und Moral ausbreitet.
Dostojewskis vor hundert Jahren erschienenes Werk "Die Dämonen" hat geistig die Ereignisse unserer Tage vorweggenommen. Im Klappentext der Piper-Ausgabe lesen wir:
"Die Dämonen" gehören zu den großen tragenden Romanwerken des Dichters, in denen er mit den Verfehlungen eines mißverstandenen Sozialismus und mit dem Nihilismus abrechnet. Er verurteilt die Machenschaften gewisser Reformatoren, die durch Ströme von Blut eine neue Zelt heraufführen wollen, und er wendet sich gegen das Dogma von der 'Entwicklung vom Gorilla zum Übermenschen', das dem bürgerlichen Sozialismus zugrunde liegt
"Präludien eines Mythos vom neuen Menschen" nannte Stefan Zweig die Handlungen der in Dostojewskis "Dämonen" vorkommenden Fanatiker Werchowenskij, Tichon und Schatoff und den seelischen Konflikt der Hauptfigur des Romans, Nikolai Stawrogin.
Wer liest aber heute noch Dostojewski?
Zitieren wir einige Stellen aus diesem einzigartigen und visionären Roman, die sich um hunderte vermehren ließen. Etwa die Aussage des Werchowenskij, der sich lobend über den Revolutionär Schigaljoff äußert:
"Bei ihm gehört jeder allen und alle jedem. Alle sind Sklaven und in der Sklaverei einander gleich In extremen Fällen wird mit falschen Aussagen und Mord vorgegangen, aber die Hauptsache ist die Gleichheit. Die erste Folge davon wird sein, daß das Niveau der Bildung, der Wissenschaften und der Talente sinkt. Ein hohes Niveau der Wissenschaften und Talente ist nur höher Begabten zugänglich, aber hoher Begabte brauchen wir nicht! Höher Begabte haben immer die Macht an sich gerissen und sind Despoten gewesen. Höher Begabte können gar nicht umhin, Despoten zu sein, und stets haben sie mehr demoralisiert als Nutzen gebracht; man verjagt sie deshalb oder richtet sie hin...."
"Kaum ist Familie oder Liebe da, so stellt sich auch schon der Wunsch nach Eigentum ein. Wir bringen ihn um, diesen Wunsch: wir verbreiten Trunksucht, Klatsch, Anzeigerei, wir verbreiten unerhörte Demoralisation; jedes Genie wird schon in der Kindheit ausgelöscht....
So wird vorausgesagt, wie Unruhe im Land zu stiften sei, wie man mit zersetzenden Ideen ins Volk eindringt, denn das sind die anarcho-revolutionären Hauptaufgaben. Werchowenskij weiter:
"Hören Sie zu, ich habe sie bereits alle zusammengezählt: der Lehrer, der sich mit den Schulkindern über ihren Gott und über ihre Wiege lustig macht, ist schon unser. Der Advokat, der den gebildeten Mörder damit verteidigt, daß dieser geistig entwichelter sei als seine Opfer und daher, um sich Geld zu verschaffen, nicht umhin konnte, zu morden, ist schon unser. Die Schuljungen, die einen Bauern totschlagen, nur um das Gefühl kennen zu lernen, das man dabei empfindet, sind unser. Die Geschworenen, die alle Verbrecher ohne Ausnahme frei sprechen, sind unser. Der Staatsanwalt, der bei der Gerichtsverhandlung davon zittert, er könnte nicht liberal genug erscheinen, ist unser, unser. Unser sind Beamte und Literaten, oh, unser sind viele, unglaublich viele, und sie wissen es selbst nicht einmal, daß sie unser sind...."
"Aber eine oder zwei Generationen mit Sittenverderbnis sind vorerst unbedingt erforderlich - mit unerhörter, niederträchtiger Sittenverderbnis, in der sich der Mensch in nichts als einen widerlichen, feigen, grausamen, selbstsüchtigen Abschaum verwandelt - gerade das ist es, was jetzt nötig ist! Und dann noch etwas `'frischvergossenes Blut', damit er sich daran gewöhnt...."
"Hören Sie zu: Wir predigen zunächst Zerstörung ... warum, warum nur ist dieses Ideechen so, bezaubernd! Aber es tut not, tut not, zunächst die Gelenke zu lockern. Wir gehen mit Brandstiftung vor.... Wir verbreiten Legenden ... Hierbei wird uns jedes einzelne schäbige 'Grüppchen' zustatten kommen. Ich kann Ihnen unter eben diesen Gruppenleutchen Jäger ausfindig machen, die zu jedem Schuß bereit sind und obendrein noch für die Ehre ewig dankbar bleiben. Nun, und dann - setzt die Unruhe ein und der Aufruhr bricht aus! Ein Schaukeln hebt an und gerät in Schwung, wie' s die Welt noch nie gesehen hat!!"
Was bringen sie der Menschheit, diese anarchistischen, nihilistischen Zerstörer, diese Niederreißer alles Bestehenden, diese sinnlosen Terroristen, die aus lauten Fanatismus sogar bereit sind ihr eigenes Leben zu opfern, diese Idealisten ohne Ideal, das ist die Kernfrage. Sie sind eine Jüngerschaft, sie tragen eine Botschaft in die Welt, nicht eine Frohbotschaft, sondern die Botschaft der brutalen Gewalt. Und es besteht kein Zweifel: Die Brutalität erweckt Gegenbrutalität, die Flut des Hasses erweckt eine Gegenflut des Hasses.
Was aber tun wir ?? |