DER VERFALL DER EUCHARISTISCHEN EHRFURCHT
von Joachim May
Während die italienische Bischofskonferenz die Handkommunion (Anm.d.Red. Falls es sich überhaupt noch um eine wirkliche Kommunion handelt, was unwahrscheinlich sein dürfte; diese Einschränkung gilt auch im folgenden für alle parallelen Beispiele.) weiterhin untersagt hat, hat der Vatikan den US-Bischöfen die Genehmigung zur Handkommunion erteilt.
Die Einschränkung, daß der einzelne Diözesanbischof zu entscheiden hat, ob diese Praxis eingeführt wird oder nicht, ist praktisch wirkungslos. Wie soll der eine Bischof davon Abstand nehmen, wenn der Kollege in der Nachbardiözese dafür ist. Der Druck der "Basis" und des Klerus schaffen ein psychologisches Klima, in dem es kein Entrinnen gibt. Jeder Schritt hin zum Leichteren und Saloppen findet, das ist ein psychologisches Gesetz, ungleich mehr Anhänger und Befürworter als ein Schritt zum Schwereren, Anspruchsvolleren, Ehrfürchtigeren. Die Handkommunion ist und bleibt, und je mehr sie um sich greift, desto deutlicher wird das, ein Brachreckendes Zeichen für eine geschwundene eucharistische Ehrfurcht.
Manche Leute glauben, sie hätten etwas besonders Fortschrittliches gesagt, wenn sie meinen, man solle den Kommunikanten die Weise des Kommunionempfangs überleasen. Dabei wäre es heiligste Pflicht der Kirche, jede Möglichkeit zur Verunehrung bzw. Ehrfurchtslosigkeit gegenüber dem höchsten Gut auszuschalten. Es ist lächerlich, solches mit Ermahnungen erreichen zu wollen. So wie der Mensch, wenn man ihn ohne ideologische Scheuklappen sieht, nun einmal ist, kann es, wenn man wirklich die ganze und ungeteilte Ehrfurcht will, nur die Rückkehr zur alten Form des Kommunionempfangs und ein radikales Verbot der Handkommunion geben. Alles andere sind Schläge ins Wasser.
Interessant sind immer wieder Versuche, die "Vorzüge" der Handkommunion ins Feld zu führen. Vor Jahren wartete ein Münchner Mediziner mit hygienischen Gründen auf. Nunmehr ist zu lesen: "Wo die Größe der Gemeinde den Einsatz der Eucharistiehelfer notwendig macht, scheint mir mit Rücksicht auf die Eucharistiehelfer die Handkommunion ein Geachenk, für das wir alle dankbar sein sollten" (Das große Zeichen 41/1877). Im Kern stimmt diese Beobachtung, nur sollte statt "Geschenk" gesagt werden: notwendige Folge. Denn so gut wie alle nachkonziliaren Reformen, also auch die Einführung des sogenannten "Eucharistiehelfers", haben ein System etabliert, in dem eine Neuerung die andere bedingt, und alle samt drücken sie die geschwundene eucharistische Ehrfurcht aus. Wer das nicht sieht, ist blind, oder er hat einen "anderen Geist". Letzteres ist wahrscheinlicher.
Aus Frankreich wird berichtet - die Konsequenzen der Erschlaffung der Ehrfurcht reichen immer weiter -, daß konsekrierte Hostien per Post verschickt wurden (Fels 11/1977). Ein holländischer Pfarrer hatte, ehe er in Urlaub fuhr, Hostien "eimerweise" (Fels a.a.O.) konsekriert, gewissermaßen "fabrikmäßige", serienweise Herstellung von Objekten, die von Jugendlichen je nach Bedarf ausgeteilt wurden.
Bischöfe gibt es, die solche Verhöhnungen des Allerheiligsten kennen, aber keinen Finger krumm machen, um die Mißstände abzustellen. Sie sind "freiwillige und bewußte Komplizen" jener Zerstörer.
Gibt es, so muß man fragen, überhaupt noch etwas, was nicht "enttabuisiert" wird? Gibt es noch etwas, was nicht profaniert wird! Was noch unantastbar und heilig ist?
Falsch und billig wäre es, die Liquidierung alles Heiligen und Sakrosankten als eine Art Global-Schicksal anzusehen und hinzunehmen. Die Hierarchie hat die Macht und die Mittel, dem zu wehren. Aber man will nicht. Warum nicht? Daß die Hierarchie zum erheblichen Teil die institutionalisierte Feigheit ist, wissen wir seit längerem. Nunmehr aber muß allmählich angenommen werden, daß sie, in mehr oder minder großen Teilen, institutionalisierter Unglaube ist, daß ihr Kampf gegen Lefebvre schlicht der Haß gegen den Gläubigen ist, nichts weiter.
Machen wir uns nichts vor: Die Hierarchie, einschließlich Pauls VI., hat seit Jahren versagt und tut dies jeden Tag mehr. Sie lassen den Karren mehr oder minder laufen, wie er eben läuft, lassen sich etwas vorlügen von den Destrukteuren, die sie in ihre Umgebung geschleust haben, und lügen sich selber pausenlos eine "heile Kirche" bzw. das "Wehen des Geistes" vor, der schon alles wieder in Ordnung bringen wird. Daß eine "Krise", von der sie dauernd reden, auch zum Tode führen kann, wie jede Krise, verdrängen sie.
Aber ihre vertrockneten Muskeln schwellen, wenn es sich um Rechtgläubige handelt. Da krempeln sie die Ärmel hoch und zeigen mit einemmale Autorität. Immer mit der Masse, sei sie auch, wer sie sein mag, und immer gegen den Einzelnen (Lefebvre) - das ist eine morbide moralische Haltung! Mit den Wölfen heulen, ist das Zeichen von Schwächlingen, nicht von Aristokraten. Den Schwachen und Abhängigen in die Pfanne hauen, die Lumpen und das Gelichter machen lassen, was sie wollen, augenzwinkernd, genossenhaft, bestenfalls mal ein paar ermahnende Worte, c'est tout. - Wie der Ordinariatskanzler des Wiener Ersbischofs: Eine "Faschingsmesse" hatte stattgefunden. "Der Zelebrant trat mit einer Tiermaske an den Altar, die aussah wie eine Maske vom 'Schweinchen Dick', andere Teilnehmer glaubten darin eher eine Wolfsmaske zu erkennen; ein hochgewachsener Jugendlicher assistierte mit 'Fiakermelone'. Auch die Kinder erschienen in Kostümen und Masken, hatten Tierzeichnungen mitgebracht und machten während des Lesegottesdienstes Tierstimmen nach. Der Priester nahm die Maske erst beim Offertorium ab ..." (Schreiben der UNA -VOCE AUSTRIA Pfingsten 1977). Die Antwort des "Ordinariatskanzlers" Dr. H. Krätzl verteidigt diesen Klamauk und spricht eine müde Ermahnung aua (in dem Antwortschreiben auf eine Beschwerde).
Wenn Erzbischof Lefebvre eine tridentinische Messe ankündigt, reagieren die Herrn Bischöfe mit Warnungen und Verboten. So ist das heute in der NEUKIRCHE. Schizophren?
Und da soll man noch Respekt vor einem solchen Episkopat haben?
In jedem anderen Beruf würde man von fehlender Pflichterfüllung, ja von Pflichtversäumnis sprechen. In der NEUKIRCHE gibt es das nicht. Zudem herrscht die Kumpanei der "brüderlichen Solidarität", wo jeder schweigt oder den anderen deckt, damit die Brüchigkeit der Fassade nicht sichtbar wird, damit man die Zersetzung der Substanz nicht erkenne, wie sie sich etwa zeigt, wenn - um ein weiteres Beispiel zu zitieren - ein Pfarrer am Gründonnerstag statt der Aussetzung des Allerheiligsten eine Art "eucharistischen Imbisses" im Pfarrsaal abhält, wie geschehen.
Die Zahl solcher Geistlicher nimmt zu, weil die Ausbildung des Nachwuchses vielfach in den Händen von Destrukteuren gelegen hat und liegt. Die Verwischung des Stehempfangs in der Kirche mit dem Stehempfang im Pfarrsaal, das Gefühl für den radikalen Unterschied dieser beiden Vorgänge im Bewußtsein von Klerus und Volk schwindet, und wenn die Grenzen unscharf werden, ist die Austauschbarkeit und schließlich Gleichrangigkeit, ja letztendliche Übergewichtigkeit des gesellschaftlichen Happenings vorprogrammiert. Auf diese Einebnung von sakral undprofanlaufen ja viele weitere Vorgänge in der NEUKIRCHE hinaus. Der bejubelte "Ausbruch aus dem Getto" wird Zersetzung. Eine Art sentimentaler Stimmung bei Alkohol und Kuchen ist dann der Rest.
Pessimismus? Übertreibung? Keineswegs. Es sind nur noch zu viele Altgläubige in Klerus und Volk vorhanden, die Reste des alten Glaubens sind noch nicht so vollständig aufgezehrt, die NEUKIRCHE lebt noch immer parasitär von diesen Resten. Von unten wächst wenig oder gar nichts nach. Jeden weiteren Schritt nach unten wird die NEUKIRCHE absegnen (müssen), um nicht den Bankrott auch zahlenmäßig anmelden zu müssen. -
Die Wüste wächst!
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