KATECHISMUS DER KATHOLISCHEN RELIGION
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
108. Der zweite Glaubensartikel lautet: "Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn." 109. Der zweite Glaubensartikel lehrt, daß Jesus Christus-,
1. der eingeborene Sohn des Vaters, 2. Gott und Mensch zugleich, 3. unser Herr ist.
110. Der Name "Jesus" bedeutet Erlöser und Heiland. "Du wirst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen." (Matth. 1,21; Namen-Jesu-Fest) 111. Jesus wird Erlöser und Heiland genannt, weil er uns von der Sünde und der Verdammnis erlöst und uns Gnade und Heil gebracht hat. Er tat dies, ohne daß wir IHN darum gebeten hätten, aus bloßer Barmherzigkeit. Da der Mensch zur Sünde verleitet wurde, und nicht aus eigenem Anlaß gesündigt hatte, konnte dies bei unverletzter Gerechtigkeit geschehen. 112. Der Name "Christus" bedeutet dasselbe, was der Name "Messias" bedeutet, nämlich: der Gesalbte. 113. Jesus wird der Gesalbte genannt, weil im Alten Bund die höchste Würde und Gewalt durch Salbung mit Öl verliehen wurde, Jesus aber alle Würde und Gewalt in sich vereinigt, indem er unser höchster Lehrer, Priester und König ist. "Gott salbte Jesum von Nazareth mit dem Heiligen Geiste und mit Kraft." (Apostg.10,38) 114. Jesus wird der "eingeborene" Sohn Gottes genannt, weil er der einzige und eigentliche Sohn Gottes ist. 115. Wir sagen: Jesus Christus ist Gott und Mensch zugleich, weil er Gott von Ewigkeit ist und in der Zeit auch die menschliche Natur, das ist, Leib und Seele, angenommen hat und so Mensch geworden ist. "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." (Joh.1,14) Wir dürfen uns den Leib nicht so materialistisch vorstellen. Er ist ein wunderabres Gewebe von Lichtstrahlen, welches von der Seele, die ein natürliches Ebenbild Gottes ist, erhalten wird. So müssen wir mit dem hl. Gregor von Nyssa sagen: "Der Leib ist vielmehr in der Seele, nicht die Seele etwa im Leib, wie in einem Gefäß." (16) Da nun der Mensch dazu ausgestattet wurde, um das EBENBILD GOTTES in Christus bei der hl. Kommunion zu empfangen, IHN anzuziehen (Röm.13,14), und so mit IHM eins;zu werden (17), ist das Geheimnis der Menschwerdung der zweiten göttlichen Person ein kleinwenig zugänglich in dem Sinne, daß DAS LICHT mit dem Lichte eine personale Union bildet. 116. In Jesus Christus sind zwei Naturen: die göttliche und die menschliche. 117. In Jesus Christus ist nur eine Person, und zwar die göttliche, welche die göttliche und menschliche Natur in sich vereinigt. 118. Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um uns durch seinen Tod am Kreuz zu erlösen und ewig selig zu machen. Jesus Christus hat die Menschheit durch seinen Tod am Kreuze auf die Weise erlöst, daß ER das "Ich" aller Menschen der Hölle entrissen und einem je den Menschen zurückgegeben hat, nicht damit er mit ihm tue, was er will, sondern daß er mit Hilfe der ihm angebotenen Gnaden jenes Opfer ebendesselben "Ich", welches er durch Adam, mit Adam und in Adam verweigert hat, jetzt durch Christus, mit Christus und in Christus Gott darbringe und so sein ewiges Heil erlange. Freikarten in den Himmel gibt es nicht! 119. Jesus Christus wird "unser Herr" genannt, weil er Gott und unser Erlöser ist, und wir daher ganz sein Eigentum sind. 120. Daß Jesus Christus der Sohn Gottes und wahrer Gott ist, wissen wir 1. aus den Zeugnissen des himmlischen Vaters. ("Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe!" - Matth.3,17 -) 2. aus seinen eigenen Aussprüchen. ("Und der Hohepriester - Kaiphas - sprach zu Jesus: Ich beschwöre dich bei Gott, dem Lebendigen, daß du uns sagest, ob du Christus, der Sohn Gottes, bist." - Matth.26,63 - "Jesus sprach zu ihm: Ich bin es." - Mark.14,62 -) 3. aus der Lehre der Apostel. ("Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! - Matth.16,16 -) 4. aus der beständigen Überlieferung der katholischen Kirche. 121. Daß Jesus Christus der verheißene Erlöser ist, wissen wir daher, weil an Jesus Christus alles in Erfüllung gegangen ist, was die Propheten vom Erlöser vorhergesagt und die Vorbilder von ihm angedeutet haben. "Der Anfang der messianischen Weissagungen fällt zusammen mit den Anfängen unseres Geschlechtes. Damals wurde ihm nach dem Sündenfalle derjenige verheißen, welcher der verführenden Schlange den Kopf zertreten sollte (Gen.3,15). Die hier verheißene, durch den Sohn des Weibe, zu vollsiehende Erlösung wird näher als solche bestimmt, die von Abrahams Samen ausgeht, durch den die ganze Erde gesegnet werden soll. (Gen.12,3; 18,18; 22,18); an Isaak und Jakob wird sie erneuert (Gen.26,4; 28,4) und dieser trägt sie als seinen letzten und besten Segen an Juda über (Gen.49,10) Bei der Begründung des Zwölf-Stämme-Reiches trägt (also) sterbend Jakob den Segen über auf Juda, verheißt aus seinem Stamme einen erhabenen Führer, der da bleibt, und deutet auch den Zeitpunkt an, wann der Verheißene kommen wird, nämlich beim Untergange des jüdischen Reiches (Gen.49,10). In der Wüste, im Kampf um das verheißene Land, weissagt Balaam den Stern, der ausgehen wird von Jakob, und das Zepter, das sich erheben wird aus Israel; nahe am Ziel seiner Wanderungen verheißt Moses den Propheten, den Gott erwecken wird aus des Volkes Mitte, als seinen Stellvertreter auf Erden, Stifter eines neuen höheren Bundes und Gesetzgeber.
Wie das Prophetentum und Hohepriestertum weist das Königstum typisch hin auf den König in Israel, den Messias, dessen Königstum ein ewiges sein wird. Ausgesprochen ist dies zunächst in der Verheißung, die dem David geworden, auf deren Grund sich alle späteren Weissagungen vom Messias, dem Sohne Davids, erheben. In den historischen Büchern war die Messiashoffnung, angeknüpft an die großen Abschnitte in der Entwicklung des Bundesvolkes, grundgelegt; die Psalmen Davids mit dem an sie sich anschließenden Kreise heiliger Sänger stellen das Bild des von Gott gesalbten, kommenden Königs in klaren, deutlichen, bestimmteren Zügen dar, dessen herrliches Reich und Weltherrschaft sie teils unmittelbar und eigentlich, teils im Vorbilde verkünden (Mt.22,43; Act. 4,25; 1 Petr 1,II; 3,20-21). Im scheinbaren Gegensatze zu dieser Schilderung eines mächtigen, herrlichen Priesterkönigs, dessen Reich voll Friede und Segen über alle Völker sich verbreiten und nicht untergehen soll, steht die Weissagung von dem Leiden des Messias . Mit der Zeit der Exile erhoben sich in Juda und Israel die Propheten, um unter den großen Unglücksschlägen das Volk durch Hinweis auf den Schutz Gottes und besonders auf das Kommen des Messias zu trösten. Während daher in den Psalmen das subjektiv-lyrische Element vorherrscht, erscheint in den Weissagungen des Propheten die Verkündigung des göttlichen Gerichtes über die Völker, des endlichen Heiles der Frommen. Vor allem ist es Isaias, der eher als 'ein Evangelist' denn als Prophet den Messias verkündet, in seinem tiefsten Leiden wie in seiner erhabenen Herrlichkeit. Wie Isaias, so verkünden auch Jeremias, Ezechiel und Michäas einen neuen unzerreißbaren Bund, den Gott mit seinem Volke schließen wird; dann sollen alle Sünden vergeben, reiche geistige Gaben gespendet und das neue Gesetz soll in das Herz geschrieben werden. Daniel hat in drei großartigen Weissagungen das messianische Reich, die messianische Zeit und den Messias selbst verkündigt, während er in der babylonischen Gefangenschaff sich befand. Kurze Zeit nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil mahnt der Prophet Aggäus sein Volk, wegen der Ärmlichkeit des neuen Tempels nicht zu verzagen; denn die Herrlichkeit dieses zweiten werde so groß sein, daß sie jene des Salomonischen Tempels weit übertreffe. In diesem Tempel werde Gott den Frieden geben nach Erschütterung des Himmels und der Erde und aller Völker (Agg.2,6-10).
Während alle umliegenden Länder durch ein siegreiches feindliches Heer zerstört werden, soll das Land seines Volkes verschont bleiben, weissagt Zacharias. Aber noch größere Segnungen soll es erfahren durch die Ankunft seines Königs in Niedrigkeit und Demut. Er will sein Volk, eine zum Schlachten bestimmte Herde, das böse Hirten verführten, retten, er, der gute Hirt; aber dieses verwirft ihn und achtet ihn des niedrigsten Lohnes - des Jahreslohnes eines Knechtes wert. Da wird dieses Geld, ein Denkmal der Schuld des Volkes, an einen unreinen Ort geworfen, der Bund mit dem Volke zerrissen und Israel zerstreut. Dann aber wird Israel sich bekehren und in bitterem Schmerz den Frevel beklagen, den es durch Ermordung des Messias begangen. Der letzte der Propheten ist Malachias. Er weissagt den 'Engel', den von Gott gesandten Vorläufer, der dem Messias die Wege bereiten soll; wie Elias als Prediger zur Buße wird er erscheinen vor dem Tage des Gerichts. Dann wird der ersehnte Messias in seinen Tempel kommen und nach Verwerfung des aaronitischen Priestertums einen neuen Bund stiften und ein neues Priestertum einsetzen. Die Priester des Neuen Bundes aber werden Gott vom Anfang bis zum Niedergang auch unter den Heiden ein reines Speiseopfer darbringen." (18)
Anmerkungen:
16. P.G. 45 De anima 217 B. 17. vgl. hl. Gregor von Nyssa, P.G. 44 In verba Faciamus hominem, orat. I 273 C/D. 18. Hettinger, Franz, Lehrbuch der Fundamentaltheologie oder Apologetik, 3. Aufl, S 292 ff.
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