WEG MIT DEM MAULKORBERLASS FÜR DEN "FELS"!
von Wigand Siebel
Die deutschen Bischöfe haben der Zeitschrift "Der Fels" einen Maulkorb auferlegt. "Der Fels" darf über die Frage der Gültigkeit der Feier der neuen Liturgie nicht mehr berichten. Einzig die Stellungnahme eines "anerkannten Theologen" sollte im "Fels" noch veröffentlicht werten, danach habe er über dieses Thema zu schweigen. Das wurde von Kardinal Höffner am 1.12.1976 verlangt und am 24.1.1977 vom Ständigen Rat der deutschen Bischofskonferenz, in der alle residierenden Bischöfe vertreten sind, bestätigt. Die Redaktion des "Fels" unter Pater Hermes sah sich gezwungen, diesem Verlangen nachzugeben, um Schlimmeres zu verhüten. (Anm.d.Red.: Es blieb uns leider unbekannt, warum sich Pater Hermes den "deutschen Bischöfen" beugen mußte.)
In der letzten Nummer (6/77) des "Fels" ist die "abschließende Stellungnahme" des von der Bischofskonferenz vorgeschlagenen Theologen erschienen. Die Ausführungen dieses Theologen, des Münchener Dogmatikers Leo Scheffczyk, der vielfach als Berater der Bischöfe tätig war, sind jedoch unbefriedigend. Scheffczyk, der einige sehr erfreuliche Arbeiten zur Verteidigung der Kirche geliefert hat, läßt hier seine gewohnte Umsicht vermissen. Wenn sein Beitrag so stehenbleibt, ergibt sich eine Mißleitung der Gläubigen. (...)
Leo Scheffczyk sagt zu Anfang seiner Ausführungen im Hinblick auf die Form das Sakraments und somit hinsichtlich der Wandlungsworte: "Eine Änderung des Sinns dieser Worte ist ausgeschlossen; denn sie würde das Wesen das betreffenden Sakraments ändern bzw. aufheben". Trotzdem ist er der Meinung, daß "die Übersetzung mit 'für alle' den Sinn der erweiterten Kelchformel nicht aufhebt". Wieso die Wiedergabe von "pro multis" mit "für alle" eine Übersetzung sein soll, da sie ja allen Regeln einer Übersetzung widerspricht, dafür gibt Scheffczyk leider keine Begründung an. Warum aber wird der Sinn der Wandlungsworte durch diese schwerwiegende Änderung nicht aufgehoben? Scheffczyk gibt zur Antwort: weil die Theologen "der Überzeugung sind, daß das 'für alle' dem Geheimnis der eucharistischen Wandlung nicht widerspricht. Es ist nämlich zu sagen, daß der Gedanke, Christus gebe sein Blut bei der Repräsentation des Kreuzesopfers für alle hin, eine sichere Glaubenswahrheit darstellt".
Wenn Scheffczyk damit sagen will, daß Christus am Kreuz für alle gestorben ist, weil sein dort erworbenes Verdienst unendlich ist, und weil sein Heilswille sich auf alle Menschen erstreckt, so führt er eine unbestrittene Voraussetzung der Diskussion an, danach beginnen erst die Probleme. Scheffczyk aber beendet hier die Diskussion: weil der Satz, daß Christus für alle gestorben ist, dogmatisch wahr ist, deshalb kann die Wandlung durch die Änderung der Wandlungsworte nicht betroffen sein.
Scheffczyk verwechselt die Sinnfrage, die er zu Anfang gestellt hat, mit der Frage nach der Wahrheit eines Satzes. So kommt es, daß er die Sinnfrage, die er ausführen wollte, überhaupt nicht aufnimmt. Die Sinnfrage aber muß in den Zusammenhang der Wandlungsworte insgesamt gestellt werden, ja, sie muß in des Verständnis des Meßopfers hineingenommen werden.
Immer ist der Sinn einer Aussage (...) im Rahmen der textlichen Umgebung, dem Kontext, zu prüfen. Diese Prüfung aber hat Scheffczyk unterleasen. Ein fundamentaler Widerspruch ergibt sich bereits bei den Kelchworten. Kann es ein Bundesblut ("dies ist der Kelch meines Blutes - des neuen und ewigen Bundes") geben, das für alle vergossen wird? Nein, ein Bund ist immer eine Auswahl. Über wen das Bundesblut ausgegossen wird, d.h. werlalle Gemeinschaft mit Christus annimmt, der ist rein, er gehört zu den Auserwählten. Diese aber sind niemals alle. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Messe ein Opfer ist, das durch die Kirche, nicht aber durch die Menschheit dargebracht wird. Es geht auch nicht nur um eine Zuwendung der Gnaden, und selbst diese Zuwendung wird nicht von allen angenommen. Diese Wahrheiten werden durch die Änderung bestritten. Der Sinn der Wandlungsworte wird tiefgreifend durch sie verfälscht.
Scheffczyk hat die eben angesprochenen Überlegungen wohl gesehen, denn er weist auf Anton Holzer hin, aber unverständlicher Weise bringt er sie nicht. Ja, gegen alle wissenschaftlichen Gepflogenheiten wird das Buch von Holzer in den sonst ausführlichen Anmerkungen nicht zitiert. Deshalb sei es hier genannt: Novus Ordo Missae oder die Zerstörung der heiligen Messe, D - 7801 Stegen über Freiburg 1975. Holzer legt im Anschluß an den heiligen Thomas von Aquin dar, daß die Sinnverfälschung auch dann, wenn das "für viele" nicht zur Form des Sakramentes gehören sollte, zur Ungültigkeit führen muß.
So bleibt zu überlegen, ob - wie Scheffczyk behauptet - "der Gedanke, Christus gebe sein Blut bei der Repräsentation des Kreuzesopfere für alle hin, eine sichere Glaubenswahrheit darstellt". Was heißt "Repräsentation des Kreuzesopfers"? Scheffczyk scheint zu meinen, daß das heilige Meßopfer die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers sei. Eine solche Vorstellung, wie sie im Vatikanum II (Kirchenkonstitution Nr. 28) zum Ausdruck kommt, ist unhaltbar. Die Vergegenwärtigung ergibt sich, weil die Messe ein Opfer ist, in dem Opfergabe und Opferpriester die gleichen sind wie am Kreuz. Niemals aber ist das Meßopfer allein als eine Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers zu bestimmen, auch wenn dies heute gängige Lehr der Theologen ist und darin eine Übereinstimmung mit den Protestanten er reicht werden kann.
Sieht man davon ab, so bleibt die Frage: Ist es wahr, wie Scheffczyk meint, daß Christus bei der heiligen Messe sein Blut für alle hingibt? Wie verträgt sich damit die Mahnung des hl. Paulus: "Wer also unwürdig dieses Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt (...), der ißt und trinkt sich das Gericht" (1 Kor.11, 27-29)? Offenbar ist die Kommunion nicht für Sünder da. Oder sind Nicht-Katholiken zur Kommunion zugelassen; kann es danach eine allgemeine Interkommunion geben? Auch hier ist mit der gesamten Tradition der Kirche, die erst durch das Vatikanum II gebrochen wurde, zu sagen: Häretiker und Schismatiker sind nicht zugelassen. So muß man entgegen Scheffczyk festhalten: Christus gibt bei der heiligen Messe seinen Leib und sein Blut nicht für alle hin. Das ist eine sichere Glaubenswahrheit. (...)
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