BRIEF EINES PRIESTERS, DER SEIN AMT AUFGAB
,Lieber Pater' ... nach langem Zögern schreibe ich diesen Brief, um Ihnen zu danken und Sie in Ihrem Werk zu ermutigen. Früher war ich Ordensmann, jetzt bin ich ein Priester, der sein Amt niedergelegt und geheiratet hat. Ich war einer der Vielen, die nicht mehr an den Teufel glaubten. Mit großer Überheblichkeit bin ich gegen mittelalterliche Überlieferungen der Kirche in den Krieg gezogen. Jetzt glaube ich wieder, daß es einen Satan gibt.
Ich kann Ihnen sagen, daß ich am Rande des Selbstmordes gestanden habe. Durch die Bekanntschaft mit einem Konvertiten haben meine Frau und ich wieder angefangen, den Rosenkranz zu beten. Das ist unsere Rettung gewesen, obwohl wir wegen unserer ,konservativen' Glaubenspraxis zum Gespött unserer Angehörigen und Freunde geworden sind. Diese wenigen Sätze können unmöglich die Tragödie beschreiben, die sich in meiner Seele abgespielt hat. Jeder Tag beginnt für mich mit einem Kampf gegen Verzweiflung, Ekel, Verbitterung, Haß und mit einem Verlangen nach Einkehr, Buße und Vergebung. Daß Jesus uns in seiner Liebe noch aufsuchen und heimholen wollte, ist für mich ein Wunder seiner unbegreiflichen Barmherzigkeit. Am eigenen Leibe habe ich erfahren, was viele ,progressive' Auffassungen in der Theologie aus einem machen können: einen Sohn der Verderbnis. Der Papst hat uns mit Judas verglichen. Meines Erachtens mit Recht, und ich bin ihm dankbar, daß er uns diese harte Wahrheit nicht vorenthalten hat. Auch Ihnen bin ich dankbar, weil Sie für diesen heiligen Papst (insofern man das von einem Menschen während seines irdischen Lebens sagen darf) einzutreten wagen.
Gestatten Sie mir, daß ich mich selbst und meine Schicksalsgenossen einigermaßen entschuldige: wir waren durch den Satan und durch unseren eigenen Hochmut verblendet. Wir glaubten der Erneuerung zu dienen, in Wirklichkeit haben wir Gottes Haus niedergerissen. Wir glaubten Tabus zu durchbrechen, in Wirklichkeit sind wir Sklaven des Fürsten dieser Welt geworden. Aber wenn ich mir alles ehrlich überlege, haben mein Hochmut, meine Sinnlichkeit, mein Mangel an Demut und Gehorsam den Ausschlag gegeben. Gott gebe, daß ich sühnen darf. Ich wünsche nicht, daß die Kirche uns als Priester rehabilitiert, dessen sind wir nicht würdig. Aber ich hoffe, doch noch einmal als Laienbruder in einem strengen Kloster büßen zu dürfen. Ich vertraue mich der Vorsehung an. Jedenfalls hat Gottes Gnade mich nicht losgelassen.
Ich erwarte keine Antwort von Ihnen. Ihre Zeit ist dafür zu kostbar. Aber vielleicht bedeutet es für Sie eine Hilfe, ermutigt zu werden seitens einer Kategorie, von der Sie es nicht erwartet hätten. Ich bin sicher, daß viele in meiner Lage genauso denken wie ich, aber nicht wagen, es zu äußern. Der Weg zurück ist sehr hart. Beten Sie, daß Gott vielen von uns die Gnade der Bekehrung gebe, bevor es zu spät ist...
In dieser verwirrten Zeit glaube ich, daß die Liebe zu Jesus und Maria und die Treue zum Papst das Fundament für die echten Gläubigen ist. Darf ich auf Ihr Gebet rechnen? Das haben wir besonders nötig. Wir beteiligen uns an ihrer 'Rettungsaktion'. Sie arbeiten für diejenigen, die sich im Kerker befinden wegen ihrer Glaubenstreue. Denken Sie auch an uns, die im Kerker der Untreue gefangen sind. Ich bete täglich mein Brevier mit den Worten, die wir jahrelang im Chor gesungen haben. Ich denke, daß Gott das von mir verlangt. Täglich gehe ich zur Messe und gedenke dort Ihrer und Ihrer Arbeit. Möge der Herr und seine Mutter Sie segnen.'"
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