DIE LITURGISCHE SPRACHE
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Gleich zu Beginn der Abhandlung möchte ich folgendes betonen:
1. Diese Abhandlung will die lateinische Sprache nicht als solche verteidigen. 2. Das Verbot andere, als die bereits zugelassenen liturgischen Sprachen zu benützen, bezieht sich auf den Gebrauch jeder Umgangssprache! 3. Das Tridentinum und die Bullen "Unigenitus" und "Auctorem fidei" haben die Sache der Sprache endgültig entschieden und nehmen das Axiom "Roma locuta, causa finita" für sich voll in Anspruch!
Zuvor aber sind drei Fragen zu beantworten: 1. Wer spricht bei der hl. Messe? Es ist Christus als Haupt Seines mystischen Leibes, der durch den und in dem Ihn vertretenden Priester zum Vater spricht. Nur ER und niemand anderer! Ein auf einen gewissen Raum, für eine gewisse Zeit, eine gewisse völkische Gruppe eingestellter Sprecher steht im vollen Gegensatz zur Anordnung Christi.
Der Sprecher ist also nicht ein Italiener, Deutscher, Franzose usw., der eine italienische, deutsche, französische Gruppe usw. vertritt, sondern semper ubique et in omnibus Christus, immer, überall und in allen Christus! - als neuer Adam.
Die Sprache der völkisch, raum-zeitlich nicht abgegrenzten Menschengruppe des Corpus Christi mysticum, des mystischen Leibes Christi, darf völkisch, raum-zeitlich nicht differenziert sein, denn das liturgische Gebet ist das Gebet der raum-zeitlich gesamten Kirche, der Armen Seelen im Fegefeuer, der Heiligen im Himmel und der streitenden Kirche auf Erden.
Die heilige Messe ist also nicht das Opfer einer bestimmten Menschengruppe, sondern immer und überall des gesamten mystischen Leibes Christi!
2. Zu wem wird gesprochen? Zu Gott als dem höchsten von den Menschen schwer beleidigten Herrn, Vater und Richter!
3. Worüber? Von der Überbringung des Sühnopfers, um den Dank und das Lob des mystischen Leibes Christi zum Auedruck zu bringen, und um weitere Gnaden für die Menschheit zu erbitten, soweit sie diese überhaupt noch empfangen kann!
Der unumgängliche Gegenstand, das Opfer ist das leibseelische "Ich" eines jeden Gliedes des mystischen Leibes, in Verbindung mit dem ununterbrochen, für die ganze Ewigkeit vorliegenden "Ich" Christi. Zu diesem Zwecke setzte der Erlöser das allerheiligste Sakrament ein als unaufhörliches Gedächtnis Seines Leidens(l). Christus ist nicht nur Priester für die ganze Ewigkeit, sondern auch Opfer! Deshalb müssen Altar, Kreuz und das allerheiligste Altarsakrament verbunden bleiben, wie sie es im Himmel für die ganze Ewigkeit sind.
Das menschliche "Ich" muß jedoch wieder erneut durch, in und mit Christus dargeboten werden, da das Herz des Menschen sich so leicht von Gott abwendet, als Opfer also nicht dauernd präsent ist, wie das seines Erlösers, und wegen der sich wiederholenden Sünden eine neue Sühne benötigt.
Die größte Aufmerksamkeit fordert also von den Gliedern des mystischen Leibes der zu opfernde Gegenstand selbst, die Vereinigung des eigenen "Ich" eines jeden Gliedes mit dem der anderen, im "ICH" Christi. Das geschieht symbolisch beim Offertorium! Bei der heiligen Wandlung wird das Opfer sakral dargebracht, und bei der hl. Kommunion die ersehnte reale Einigung mit Gott erreicht, wenn auch wegen der Unvollkommenheit der menschlichen Natur, nur auf eine kurze Dauer; die ewige Seligkeit zeigt sich hier auf Erden in der Hoffnung.Es kommt also nicht auf die von Erzbischof Montini so geforderte "Gemeinschaft, comunanza der Gefühle, Gedanken, Worte, Richtung der Augen und des Herzens an dasselbe Ziel" (des aktuell sich abspielenden Geschehens beim Tisch; O.K. ) an (1a) -
Praktisch mehr, was den subjektiven Wert der hl. Messe anbelangt, bedeutet z.B. ein Neger im Urwald, der sich mit ganzem Leib und;ganzer Seele als Opfer dem soeben irgendwo in der Welt dargebrachten Opfer zugesellt, als die ganze, höchstpersönlich an allem, im obengenannten Sinne aktiv teilnehmende, geistig aber vielleicht dem Opfer fernstehende Gruppe "jetzt schon reifer Christen". Vergessen wir auch nie, daß die ganze Auswirkung der einzelnen Glieder des mystischen Leibes Christi, sich weder auf die Zeit, noch auf den Raum, noch auf ein Volk beschränkt] (Bedenken wir nur die Tragweite der Allerheiligen-Litanei!)
Die Forderung der Landes-Umgangssprache erweist sich hiermit schon jetzt als ganz eindeutig häretisch, das sie einem "Nichterfassen" und einer Verzerrung des hochheiligen Opfers, wie auch einem völlig falschen Begriff der Kirche entstammt!
Wer die Sprache des Symbols versteht braucht keine andere Sprache, wer sie nicht versteht, dem hilft auch keine andere. Jene Liturgie ist eine bessere, welche uns schneller und sicherer auf den Kalvarienberg bringt. Facta magis declarant animum, quam verba. Taten offenbaren den Geist mehr als Worte... denn der Opfergeist kann nicht deutlich geoffenbart werden, es sei denn durch eine Tat, welche eine äußerlich sichtbare Opfergabe beinhaltet!" (2).
Wer wird daran zweifeln, daß Maria 100% am Opfer Ihres Sohnes teilgenommen hat, wie auch jene wenigen, die Sie begleiteten, es intensiver nicht mehr konnten, und doch fiel in der Gruppe Mariä kein Wort, und wenn dann äußerst leise. Deshalb herrscht auch bei der hl. Messe nach der Präfation bis zur hl. Kommunion, den ganzen Kanon hindurch, Schweigen, denn wir haben soeben mit dem Herrn im Gefolge Seiner hl. Mutter den Leidensweg betreten und nahen uns Golgotha. Es ist unser "Ich", welches auf das innigste mit dem "ICH" unseres Erlösers verbunden jetzt am Kreuz prangt, wo der Herr sich und in IHM uns, restlos Seinem Vater als Sühnopfer darbietet. "Das ist mein Leib","Das ist mein Blut", mit denselben Worten bietet Er es auch für die ganze Ewigkeit ununterbrochen Seinem und unserem himmlischen Vater an, wie auch wir dem Vater durch Christus, mit Christus und in Christus alle Ehre und allen Preis für alle Ewigkeit erweisen wollen, weshalb wir es wagen dürfen, aber auch sollen, Ihn wieder mit VATER UNSER anzusprechen.
Hier soll noch gezeigt werden, wie sich eine falsche Einstellung dem Opfer gegenüber durch die fast zweitausendjährige Geschichte der hl. Kirche hindurchzieht. Erneut sprangen die Zünglein des häretischen Feuers, die heute einen Weltbrand verursachen, zu Beginn des 18. Jhdts. empor. Hierzu Kössing: "Im Anfang des vorigen Jahrhunderts", so schreibt er im Jahre 1856, "machten die Jansenisten in Frankreich den Versuch, eine früher schon da und dort vorgeschlagene und angelegentlich empfohlene liturgische Reform durchzusetzen. Sie war scheinbar unbedeutend und bestand einfach darin, daß alle zum Ritus der hl. Messe gehörigen Worte des Kanon und der Konsekration mit lauter Stimme ausgesprochen werden sollten. Wäre Verschmitztheit eine Tugend, so könnte man dem Verfahren der jansenistischen Parteigänger die höchste Anerkennung nicht versagen, wie aus dem folgenden kurzen Bericht ersichtlich ist. - Franz Ledieu, Kanonikus an der Kathedrale von Meaux, war mit der Herausgabe des neuen Missale für das Bistum Meaux, das im Jahre 1709 erschien, beauftragt worden. Er vermaß sich ohne Wissen und Willen seines Bischofs den beiden Konsekrationsformeln je ein "Amen" beizufügen und diesen, sowie den übrigen im Kanon vorkommenden "Amen" das Zeichen "R" rot vordrucken zu lassen. Und wozu das? Die Priester sollten dadurch veranlaßt werden, den ganzen Kanon mit lauter Stimme zu rezitieren, so daß vor der Hand die assistierenden Kleriker und späterhin die anwesenden Gläubigen insgesamt an den bezeichneten Stellen mit "Amen" antworten könnten. So hoffte man dem katholischen Volke das Bedürfnis einzuimpfen, die Liturgie in der Landessprache zu hören. Der fein angelegte Plan scheiterte an der Wachsamkeit des Bischofs von Meaux. Heinrich de Thyard de Bissy verbot durch eine Verordnung vom 10. Januar 1710 den Gebrauch des neuen Missale bei Strafe der Suspension auf so lange, bis die von ihm ausdrücklich genannten Änderungen statt gefunden hatten (...) Was die Jansenisten auf Schleichwegen zu bewerkstelligen suchten, nämlich, daß die Kirchensprache - aus dem öffentlichen Gottesdienst verbannt und durch die Landessprache ersetzt werde, - das wollte man in unserer Zeit durch die unglaublichste Rücksichtslosigkeit ertrotzen (Was würde da Kössing heute sagen?; O.K.) Wer etwa des Glaubens ist, es müsse bei jedem Katholiken, und vorab bei jedem Priester irgendein Minimum von Pietät gegen die Kirche, ihre Autorität, - ihre Gesetze, ihre Institutionen und Traditionen sich finden; - oder wer etwa meint man müsse überall voraussetzen dürfen, daß im Interesse der Humanität den religiösen Überzeugungen des katholischen Volkes und seiner Anhänglichkeit an die überlieferten Einrichtungen bei Reformversuchen eine schonende Berücksichtigung gewährt werde, - dem ist es nicht zu verargen, wenn er die Berichte über die hunderterlei Vorschläge und Experimente, über die Gewaltstreiche und Fehlgeburten unserer Liturgiepfuscher für Aufschneiderei zu erklären geneigt sein sollte". (3).
Wie ein abgedroschener Schlager klingen die Forderungen der Neuerer aller Zeiten, welche aus dem Geiste Satans vorgetragen werden: Den Laien den Kelch, den Priestern Weiber, die Umgangssprache in den Gottesdienst! (4)
Immer wieder wurden sie vollbegründet zurückgewiesen, nur unserer Zeit scheint es vorbehalten zu sein, ihren "gerechten" Forderungen zu entsprechen.
Da die Passachteler eine streng liturgische Feier war, ist es sicher, daß die Gebete in der hebräischen Sprache verrichtet wurden. Ob diese auch bei der Einsetzung des eucharistischen Opfers vom Herrn benutzt wurde, oder ob der Heiland vom verwandten Syrochaldäisch, der Umgangssprache, Gebrauch machte, lässt sich heute nicht feststellen. So besteht auch keine von Ihm ausgehende, die beim Gottesdienst zu benützende Sprache betreffende Anordnung. Das eine ist sicher, daß fast ausschließlich nur drei Sprachen für den Gottesdienst benützt wurden: die hebräische, griechische und lateinische. In den wenigen Fällen - wir werden auf manche später noch zurückkommen müssen, wo noch andere herbeigezogen wurden, da im Laufe der Zeit in der Sprache Änderungen eingetreten waren - wurde für den Gottesdienst die ursprüngliche Form beibehalten, wie wir es auch beim Latein und Griechisch leicht sehen können. Wir können sagen, daß fast alle Religionen für ihren Gottesdienst eine heilige Sprache - nicht selten auch Schrift - haben, an der nichts geändert werden darf. Immer waren es Häretiker, die sich diesem ungeschriebenen Gesetz entziehen wollten. So z.B. im 12. Jahrhundert die Albingenser und Waldenser, welche für ihre verkehrten Lehren beim Gottesdienst die Umgangssprache eingeführt hatten, ebenso im 14. und 15. Jahrhundert die Wiclifiten und Husiten, dann die Pseudoreformatoren des 16. Jahrhunderts, die ihren Kult, nachdem sie das Opfer der Hl. Messe beseitigt hatten, auf die Predigt des Evangeliums beschränkten. Deshalb ordneten sie auch den ausschließlichen Gebrauch der Umgangssprache an. (In ihrer Auffassung folgerichtig, O.K.) Das Konzil von Trient verwarf ihre irrtümlichen Theorien und Praktiken. Als später Jansenisten, Josephinisten, die Synode zu Pistoia ähnliche protestantische Irrtümer neu ins Leben riefen, wurden diese von Clemens XI. durch die Konst. "Unigenitus" i.J. 1713 und von Pius VI. durch die Konst. "Auctorem fidei" i.J. 1794 verurteilt. "In unserem Jahrhundert" (so schrieb Wernz S.J. im Jahre 1899) "hörte nachdem in Deutschland die Schößlinge des Rationalismus entfernt wurden, der Kitzel, die Umgangssprache in die heilige Liturgie einzuführen, unter den Katholiken allmählich gänzlich auf, einige slawische Gegenden ausgenommen". (5) Was sich seit dieser kurzen Zeit zugetragen hat, verspüren wir leider alle.
Wie wir bereits in der Einleitung bemerkt haben geht es hier nicht um die lateinische Sprache als solche. Die Ursache warum die lateinische Sprache beibehalten werden muß, ganz besonders in Rom, der Mutter und Lehrerin aller anderen Diözesen, liegt darin, daß das Latein eine vom Heiligen Geiste geheiligte Sprache ist.Es ist die Sprache der Vulgata, die unfehlbar den ursprünglichen Text ersetzt und von allen als vollauf authentisch betrachtet werden muß, wie auch ohne Widerspruch zur Argumentation in Glaubens- und Sittenangelegenheiten herangezogen werden muß, eine Sprache, die niemand, der als rechtgläubig gelten will, übergehen darf. Es ist die Sprache des Heiligen Geistes, so wie Er sich in den rechtmäßigen allgemeinen Konzilien und in den unfehlbaren Kathedra-Entscheidungen der Nachfolger Petri, der römischen Päpste offenbart. Ein Mißachten des Latein nach zwei Jahrtausenden Kirchengeschichte ist zweifellos eine Sünde gegen den Heiligen Geist. Das ist auch einer der Hauptgründe warum die heilige Kirche vom Gebrauch der Umgangssprache nichts wissen will. (6) Auch dürfte es allen einleuchtend sein, daß der Gottesdienst in einer Sprache gefeiert werden muß, welche am meisten über die ganze Welt ausgebreitet ist (7) Nichts ändert an der Tatsache, daß in unseren Tagen die Kenntnis des Latein sehr zurückgegangen ist, der Bedarf dieser Sprache auf dem wissenschaftlichen Gebiet hat aber nur zugenommen. Mit Recht wird betont, daß die heilige Kirche heute eine ebenso große Autorität aufweist, wie zur Zeit der Apostel und wir ihren Anordnungen nicht weniger gehorchen müssen, wie ihre Verbote achten, da sie vom Heiligen Geiste geleitet wird. Das aber definiert die Kirche mit Gewißheit, daß der als Häretiker zu betrachten sei, der behaupten würde, daß der Gottesdienst nicht in der heiligen lateinischen Sprache stattfinden solle (8) Die Einwendung, daß in der ersten Zeit die Umgangssprachen benützt wurden, haben wir schon erwähnt, betonen nur noch einmal mit Kardinal Bona, I. Buch rerum Liturg. cap. 5., daß es sehr weise von der Kirche angeordnet wurde, daß in welcher Sprache zuerst der Gottesdienst gefeiert wurde, diese für immer verbleiben solle, selbst wenn sie unterdessen unbekannt würde (9) Wer sich ein klein wenig mit der Philologie befaßt hat,weiß nur zu gut, wie uneinigdie Umgangssprache ist und wie man gar nicht weit reisen muß um auf Schwierigkeiten zu stoßen. Nicht anders war es beim Griechischen und Lateinischen, wo obwohl diese Sprachen in jener Zeit Umgangssprachen waren, beim Gottesdienst die Homilie im Dialekt dargeboten werden mußte, um leichter verstanden zu werden. (10) Die Variationen, besonders im Griechischen waren nicht gering und lange nicht mehr in den Gelehrtenkreisen üblich, so daß Kaiser Claudius (41-54) zuletzt den Römern verbot griechisch zu sprechen und selbst die Griechen bei den Ämtern nur lateinisch sprechen durften. (11)
Wir müssen weiter bedenken warum die Evangelien in einer Sprache niedergeschrieben wurden, da es doch so vielen verschiedensprachigen Völkern verkündet wurde. Wäre dem nicht so, dann hätten wir heute so viele Evangelien, wie Ausgaben von ihnen, so viele Glauben, wie Sprachen, so viele Religionen, wie Prediger.(12) Ein Zustand, dem wir uns bei der wachsenden Unkenntnis des Hebräischen, Griechischen und Lateinischen rasend nähern.
Ab und zu, als wollten die apostolischen Zeiten zurückkehren, kommt es bei Heiligen, wie z.B. Franz Xaver oder Ludwig Bertran vor, daß sie von Zuhörern verschiedenster Sprachen verstanden wurden, obwohl sie in nur einer Sprache predigten.Das Gegenteil scheint in unserer Zeit eingetreten zu sein, daß wir uns nicht verstehen, obwohl wir von derselben Sprache Gebrauch machen. Da uns der Geist Gottes nicht mehr beseelt und wir keine Einheit des Herzens aufweisen, können wir uns auch nicht verstehen,obwohl wir dieselben Worte gebrauchen.
Damit also die Religion unberührt von solchen Veränderungen bleibe, behielt die rechtgläubige Kirche immer und überall die alte Sprache beim Gottesdienst, wie es die Würde und Majestät des Geschehens erforderte, daß nicht geändert werde, kein Irrtum und keine Unreinheit eindringe, was sehr leicht vorkommen könnte, wenn es erlaubt wäre, das was von den Aposteln und apostolischen Vätern übergeben wurde, in eine neuere, von der ursprünglichen verschiedene Sprache zu übertragen.(13) Deshalb brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn in den ältesten Zeiten der Kirche, vom zweiten bis zum vierten Jahrhundert in der Liturgie keine andere Sprache im Gebrauch war, als eine von den dreier, welche wir in den Inschriften am Kreuz finden, also keinesfalls die Sprachen der bekehrten Völker. (14) Und daß die trotzdem ihren Glauben besser verstanden, als die "heute schon alles verstehenden mündigen Christen", erkennen wir am besten daran, daß sie zu Tausenden und Abertausenden ihr Leben für den Glauben geopfert haben, während heute, bis auf wenige Ausnahmen, von den "mündigen Christen" sich wohl wenige die Märtyrerkrone erwerben möchten!
Gerade die Abnahme des wahren Glaubens stand Pate bei der Geburt der erhöhten Forderung nach Umgangssprache in der Liturgie! Das Auftreten der Reformatoren oder vielmehr der Geist der Zeit, welche die neuen Häresien geboren hatte, war auch auf die Katholiken nicht ohne Einfluß: es entstand vielfach ein gemäßigter Rationalismus, welcher der "feineren Auflage des Protestantismus", dem Jansenismus den Weg bahnte. Erasmus kann als Repräsentant dieser gefährlichen Richtung bezeichnet werden; er wird von der Sorbonne scharf zensuriert. (15) So behauptete Erasmus, daß einfache Leute Psalmen und Gebete papageiartig nachplappern, ohne zu verstehen, was sie eigentlich sagen. Die Sorbonne verurteilte diese Behauptung als eine gottlose, irrtümliche, welche den Weg zum böhmischen Irrtum bereitet habe,der bestrebt war die Umgangssprache in die Liturgie einzuführen.
Im Jahre 1660 erschien eine französische Übersetzung des Missale von P. Joseph Voissen, welche aber durch ein Breve Alexanders VII. vom 12. 1. 1661 scharf verurteilt wurde. Es ist schon der Mühe wert es zu lesen: "Mit großem Schmerz drang zu unseren Ohren, daß im Königreich Frankreich gewisse Söhne des Verderbens, welche mit Neuigkeiten den Untergang der Seelen anstreben und die Satzungen der Kirche, wie auch ihre Praxis verachten, in ihrem Wahne so weit gekommen sind, das Missale Romanum, welches sich in der lateinischen Sprache durch so viele Jahrhunderte bewährt hatte, in die französische Umgangssprache übersetzten und es wagten gedruckt zu verbreiten und zwar unter Menschen aller Art, beiden Geschlechts, und so die in den lateinischen Worten enthaltene Majestät des heiligen Ritus mit Füßen treten,die Würde der heiligen Geheimnisse dem Volke bloßzustellen. Uns, denen wenn auch unverdient, der Weinberg des Herrn Gott Sabaoth, von Christus unserem Erlöser gepflanzt, mit Seinem kostbaren Blut bewässert, anvertraut wurde, damit wir derartigen Dornen und allerlei Disteln, von welchen er betroffen werden könnte vorbeugen und diese womöglich gleich mit den Wurzeln herausreißen, soweit wir es mit Gottes Hilfe können, wollen auch diese Neuigkeit, welche die ewige Anmut der Kirche entstellt, ein Zeichen des Ungehorsams, der Verwegenheit, Frechheit ist, Aufruhr und Schisma gebiert, wie auch leicht Quelle verschiedener anderer Übel werden kann, verabscheuen und verachten, infolgedessen wird dieses Missale, von wem auch immer in die französische Sprache übersetzt oder etwa in der Zukunft so niedergeschrieben und verbreitet, von uns, motu proprio, bei klarem Wissen und nach reifer Überlegung für immer verurteilt,verworfen und verboten. Auch soll es stets als verurteilt, verworfen und verboten bei allen und einem jeden beiderlei Geschlechts gelten, wie auch sein Druck. Lesen und Aufbewahren, bei verhängter Exkommunikation, welche sich auf alle ohne Unterschied bezieht. Die Bischöfe und Inquisitoren sollen sofort alle Exemplare dieses Missale dem Feuer anvertrauen!" (16) Wenn Papst Alexander VII. heute aufetehen würde und die heutige Verwirrung ihm zugetragen würde, hätten wir gleich ein"wärmeres Klima", man verzeihe mir die bittere Ironie! Wo sind die Zeiten, in welchen, wie der hl. Basilius es anfahrt, "die Christen bereit waren alle nur möglichen Qualen zu bestehen, eher als eine einzige Silbe von ihren Geheimnissen verderben zu lassen oder von der Tradition, wozu sie von ihren Vätern erzogen wurden und auch ihre Kinder dazu erzogen". (17) Gueranger bemerkt, daß es doch nicht erlaubt ist, nach Belieben etwa im Glaubensbekenntnis Worte umzutauschen, auch wenn die Länge und Zahl erhalten bleibt. Ist es denn gestattet ein Wort ganz einfach für ein anderes umzutauschen, nur weil es den Häretikern nicht gefällt, wie z.B. "consubstantialis", "transsubstantiatio", wenn auch die Silbenzahl erhalten bleibt? (18) Und wird da heute nicht gerade mit diesen Worten herumgebastelt, daß zuletzt niemand weiß, was mit ihnen eigentlich gesagt werden soll?
Wohin wird es führen, wenn in unzähligen übersetzten Bibeln und liturgischen Texten es unaufhörlich zu Änderungen kommen wird, welchen keine Umgangssprache entgehen kann? "Wer sieht da nicht, daß die Kirche unzählige Übersetzungen nicht approbieren kann!" (19) Deshalb hat auch die heilige Kirche vom Heiligen Geist, geführt, die Vulgata von allen anderen Übersetzungen auserwählt und kann auch bei den liturgischen Büchern nicht anders vorgehen, da diese auf das engste mit der Hl. Schrift verbunden sind. Deshalb haben die Katholiken sich stets einstimmig den Versuchen der Häretiker, die Umgangssprache in die Liturgie einzuführen, widersetzt und sie verboten, wie auch die hl. Kirche derartige Übersetzungen für den öffentlichen Gebrauch nicht dulden darf. (20)
Es dürfte auch allen einleuchtend sein, daß wir es bei einer Übersetzung wenigstens nicht mehr direkt mit dem Heiligen Geiste zu tun haben, sondern mit dem Geist des Übersetzers! Ein italienisches Sprichwort sagt: "Tradutore, traditore", der Übersetzer ist ein Verräter. So weist nach katholischen Quellen die Luther-Übersetzung der Bibel mehr als sechshundert Fehler auf. (21) Gerade die Übersetzungen sind ein beliebtes Arbeitsfeld Satans, wie wir später zeigen. Hier kann "er" predigen, verwandelt in einen Engel des Lichts! (22) Ist denn nicht eine jede Übersetzung zugleich schon eine Interpretation? Damit ist aber auch gesagt, daß hiermit ein Ende des Lehramtes der hl. Kirche proklamiert wird, wenn jeder einfältige Häretiker sich anmaßt, in dem was die Hl. Schrift anbelangt Richter zu sein und sie nach seinem Gutdünken interpretiert. So behauptet er: Hast du nicht genau so Verstand wie alle anderen, besitzt du nicht den Heiligen Geist wie sie und in Ihm die Gnade die Schrift zu verstehen und zu interpretieren? Der heutige gepriesene Pluralismus mündet langsam in eine "atomare Zersplitterung" der menschlichen Gesellschaft überhaupt! Ein Sandhaufen ist kein Granitblock! So brachten die Übersetzungen der Hl. Schrift der Kirche mehr Schaden als Nutzen. Eine Verachtung dem Priester gegenüber, Ungehorsam, Frechheit, verschiedene Bündnisse, Aufruhr, Schismen und noch vieles andere, das sind die Früchte der Überbetonung der Übersetzungen. (25) Obwohl es wünschenswert ist, daß die Gläubigen mit dem Wortlaut der Bibel bekannt werden, ao darf nicht vergessen werden, daß auf Anordnung Christi die Predigt, die Katechese das hauptsächlichste Erziehungsmittel der Kirche ist.
Da wir in einer Zeit abscheulicher Entsakralisierung leben, wo z.B. ein jeder ruhig den geweihten Kelch oder die Patene in die Hand nimmt, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn auch die Heilige Schrift niemanden heilig ist und ein jeder mit ihr umgeht, wie es ihm beliebt. Das traurige an der Sache ist, daß diese unglückliche Einstellung selbst von der kirchlichen Behörde genährt wird, da man das Lektorenamt einfach gestrichen hat, hiermit den 14. Canon des zweiten Konzils zu Nicäa. Die hl. Kirche fordert in ihrem unfehlbaren Beschluß, daß niemand ohne die entsprechende Weihe das Wort Gottes beim Gottesdienst vorlese, da erst die Weihe ihm die notwendige Einsicht gewährt,-wenn seinerseits die Bedingungen erfüllt sind, ja er muß sich noch vom Zelebranten den Segen dazu holen. Heute, da wir es mit "bereits mündigen Christen" zu tun haben, dem heiligen Priestertum, kümmert sich niemand mehr um die Hilfe des Heiligen Geistes, den er glaubt, im vollen Ausmaß zu besitzen, ja er braucht sich nicht einmal den Segen zu holen! So werden sich an ihm die Worte des Psalmisten bewahrheiten: "Er liebte den Fluch, so komm er über ihn; am Segen hatte er kein Gefallen, so sei er fern von ihm." (27) Die Folgen machen sich schon sehr unangenehm bemerkbar. Das alles ist aber nur deshalb möglich geworden, weil die Umgangssprache beim Gottesdienst zugelassen wurde!
Brahmanen, Japaner und viele Völker haben für den Gottesdienst eine geheime Sprache, oft auch eine geheime Schrift, um ihren Glauben vor Entehrung zu schützen, und um ihn die entsprechende Ehrfurcht zu erweisen. Wie sollten wir uns da die Worte Webers (1808) zu Herzen nehmen' "Die lateinische Sprache", schreibt er, "ist ein Schleier, der die Geheimnisse, die darunter liegen, dem Volke nur ehrwürdiger macht. Hätte ich daher eine Stimme im Rate derer, die sich vereinen, um das Reich Gottes auf Erden durch die deutsche Sprache bei unserer Gottesverehrung zu vergrößern, ao würde ich ihnen zurufen: Lassen wir den Schleier an seiner Stelle, und kommen wir jenen, die Erbauung suchen durch Unterricht zu Hilfe! Deuten wir die Verrichtungen der Kirche (Anm. O.K.: wie das Tridentinum, Denz. 946, es anordnet), und lassen wir jedem Gläubigen die edle Freiheit, seinen Gott auf seine Weise anzubeten, und seine Seele sich in seiner Andacht zu ergießen. Wir werden dadurch, ohne erst einen Versuch zu machen, der schwieriger ist, als man denkt und die Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit ungewisser fördert, als man glaubt, zuverlässiger die Herzen frommen Empfindungen öffnen, und sie zur Andacht und wahrer Gottesverehrung hinanführen". Soweit Weber. "Die ersten Christen - die Heiligen, wie sie die Schrift selbst nennt - feierten den Gottesdienst in verschlossenen Häusern, zur Nachtzeit, in den Katakomben; die Katechumenen blieben durch lange Zeit von den Gläubigen geschieden, und nur diese durften der heiligsten Handlung beiwohnen, ja selbst vor den Augen dieser wurde der Altar verhüllt. Sind vielleicht die heiligen Geheimnisse jetzt minder hehr und erhaben, als sie es in den ersten Zeiten der Kirche waren? Ist unser Opfer ein anderes geworden? Ist unser Zeitalter christlicher als das der ersten Jahrhunderte? Ist es nicht vielmehr jetzt, wo unsere Heiligtümer Leuten aller Art offen stehen, unsere heiligste Pflicht, die letzte Mauer zu schützen, welche das Heilige vor Hunden und die Perlen vor den Schweinen wahrt?" (28) Wie sehr es notwendig ist, sollte uns heute besonders klar sein.
(aus W.St.K.) Fortsetzung folgt.
Anmerkungen: 1) St. Thomae, opusc. 57, lectio VI. Corporis Christi. la) Montini, Giovanni Battista: "Su l'educazione liturgica", Mailand 1958, S.25. 2) Pasqualigo, Zacharia: "Questiones Theologicae, Morales, Judicae de Sacrificio Novae Legis", Bd.I, Lugduni 1662, S.4. 3) Kössing, J.: "Liturgische Vorlesungen über die Heilige Messe", Regensburg 1856, Einleitung. 4) Hosius, Stanislav: "Opera. De communione sub utraque, de coningio sacerdotum et Sacro in vulgari lingua celebrando." 5) Wernz, Franz Xaver S.J.: "Jus Decretalium ad usum praelectionum" Bd. III, Rom 1899, S.474 ff. 6) "Bibliotheca Criticae Sacrae circa omnes fere Sacrorum librorum ... ab uno Ordinis Carmelitorum ..." Bd. IV, Lovanii 1704, S.597-630. Gueranger, Prosper O.S.B.: "Lettre a M. l'Archeveque de Rheims sur le Droit de la Liturgie", Le Mans 1843. 7) Ledesima, Jacobus S.J.: "De Devinis Scripturis, quavis passim lingua non legendis: simul et de Sacrificio Missae ..." Köln 1574, Bd.I, S.167. 8) Bibliotheca Criticae Sacrae ... S.614, 616. 9) ebd. S.645, 647. 10) ebd. S.641. 11) ebd. S.633 12) Ledesima, Jacobus S.J. a.a.O. S.258. 13) Bona: "Rerum Liturgicarum", Bd.I, 5. Kap. 14) ebd. 15) Benger: "Pastoraltheologie", Bd.II, 1862, §85. 16) La Fontaine S.J.: "Sanctissimi Domini nostri D. Clementis Divina Providentia Papae XI. Damnatio ... Unigenitus", Dillingen, S.921f. 17) Bibliotheca Criticae Sacrae ... S.601 18) Gueranger a.a.O. S.990. 19) Bibl. Crit. Sacr. S.599. 20) ebd. S.598 f. 21) Hosius, a.a.O. De Sacro vernacule. 22) La Fontaine, a.a.O. Bd.III, T1. III, Kap. VIII. 23) Ledesima, a.a.O. S.136 23) Ledesima, a.a.O. S.136. Hosius, a.a.O. De Sacro vernacule. 24) ebd. 25) Ledesima, a.a.O. S.114. 26) Bibl. Crit. Sacr. S.601. 27) Ps. 108,18. 28) Barták, Josef, ThDC: "Versuch die liturgische Sprache der Kirche vom dogmatischen, historischen und pastorellen Standpunkte zu beleuchten", Königgrätz 1875, S.58.
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