"PÄPSTLICHES"
von Joachim May
I.
"Wir hören aus der päpstlichen Privatkanzlei: Früher war es für katholische Staatsmänner und Angehörige der Hocharistokratie eine Ehre, einer gelegentlichen Einladung zum Hl.Vater gern und freudig Folge zu leisten. Die Handlungsweise Pauls VI. gegenüber Kardinal Mindszenty hat in jenen Kreisen derart schockierend, ja verbitternd gewirkt, daß sich die Eingeladenen nunmehr mit allerlei Ausflüchten (Gicht, Arthritis usw.) solchen Begegnungen entziehen. Der Papst spürt diese Distanzierung und ist schmerzlich getroffen...." (JJ,5.2.1976).
Es erscheint unerfindlich, wieso die Getroffenheit Pauls VI. eine "schmerzliche" ist, es sei denn, Paul VI. war der Meinung, unter Diplomaten und in der Hocharistokratie gibt es nur Lumpen, Hochstapler und Leute mit Gehirnprothese. Paul VI.hat sich geirrt. Seine Handlungsweise gegenüber Kardinal Mindszenty ist nicht anders, denn als kümmerlich, erbärmlich und niederträchtig zu bezeichnen. Die Entschuldigung, hier handle es sich um "hohe Politik" und da müsse man "anders" entscheiden und vorgehen, verfängt nur bei solchen, die auf ein eigenes Urteil und auf die Zurkenntnisnahme klarer Fakten verzichten. Es gibt genügend Menschen, die nicht nur über Meinungen, sondern über Urteile und darüber hinaus auch über moralische Maßstäbe verfügen.
Für diese Menschen ist auch die Handlungsweise Pauls VI. gegenüber Kardinal Slipy ein Skandalon. Abgesehen vom früheren Vorgehen gegen Kard.Slipy landete Paul VI. kürzlich zwei neue Schläge- gegen ihn. Er verbot ihm die Abhaltung eines Treffens osteuropäischer Bischöfe in Rom. Er verbot ihm die Teilnahme am "eucharistischen Weltkongreß" in Philadelphia. Beidemale fügte sich Slipy. Besser wäre es gewesen, Paul VI. und seinen Handlangern ins Angesicht zu widerstehen. Sie sind an dem Zerfall der Kirche die Hauptschuldigen.
II.
Viel zu wenig bekannt ist ein sog. "Druckfehler" im "Päpstlichen Jahrbuch 1975". Über Kardinal Mindszenty heißt es dort: "Ehemaligeer Erzbischof von Esztergom (Verzicht: am 2.2.1974)". Diese Darstellung ist falsch: Papst Paul VI. schrieb am 18.12.1973 an Mindszenty, der erzbischöfliche Sitz von Esztergom (deutsch: Gran) werde für vakant (frei, unbesetzt) erklärt. Als M. diesen Entscheid nicht annahm, wurde seine Absetzung bekannt gegeben am 5.2.1974, am 25.Jahrestag seines berüchtigten Schauprozesses. Darauf sagte M., er habe weder als Erzbischof, noch als Primas von Ungarn abgedankt, sondern er sei vom Papst abgesetzt worden. - Daß dieser kuriose "Druckfehler"berichtigt worden wäre,ist nicht bekannt. Wie sollte es auch geschehen" Im Vatikan sitzen auch Zyniker, die damit rechnen, daß die meisten diesen "Druckfehler"nicht bemerken, und daß diejenigen, die wirklich etwas entdecken, mit allerlei Ausreden, jahrelange Verschleppung usw. zum Schweigen gebracht werden können. Besonders makaber ist der Einfall Pauls VI., die Absetzung Mindezentys am 25. Jahrestag seines Schauprozesses im kommunistischen Ungarn, der ihm so viele Leiden bescherte, vorzunehmen. Das muß man geschmacklos, ja widerwärtig und unverfroren nennen. Den Leuten, die solches fertig bringen, muß man eiskalte, gefühllose Denk- und Handlungsweise vorwerfen.
Der sog. "Druckfehler"ist ein Politikum und kommt einer Beleidigung des heldenhaften Märtyrers über das Grab hinaus gleich" (JJ, 29.1.1976). Diese Tatsachenverfälschung an einem Toten macht die ganze Sache noch schauerlicher: Der Tote kann sich nicht einmal mehr wehren! In der Tat: Feine Herren sind das, incl. Pauls VI. Es zeigt sich einmal mehr, daß heute niemand vor Titeln und Würden und Ämtern und "großen Namen" und Rang und Einfluß in die Knie gehen darf, sondern nur eines tun muß: Diese "Kirchenfürsten" entlarven, als das, was sie sind, und Widerstand leisten.
Es zeigt sich aber noch etwas, und bei dem Geschehen um Erzbischof Lefèbvre wird es erneut klar erkennbar: Die NEUKIRCHE, d.h. ihre Funktionäre bis hinauf zu Paul VI. wissen nichts mehr als den Kadavergehorsam zu fordern. "Hätte man vor 30 Jahren gefragt, was die katholische Kirche wohl bis zuletzt festhielte - man hätte gehört: Die Liebe zur Gottesmutter. Die Anbetung des Herrn im Allerheiligsten Sakrament. Die Kunde vom Gericht, von Rechenschaft, Himmel und Hölle. Die Lehre von der Gottheit Jesu Christi. Die Auferstehung. Die Dreifaltigkeit. Aber siehe da, nichts von all dem erweist sich heute als das Letzte und Äußerste, das verteidigt wird. Nur dies: der Gehorsam. Und zwar geübt in einer 'Befehl-ist-Befehl'-Mentalität, die Gewissen, Verantwortung und Mitdenken des Einzelnen auslöscht", der Glaubenstreue und Tapferkeit, unsägliches Leiten, Vorbildhaftigkeit für Millionen, moralische Integralität, jahrzehntelange Verdienste im erschöpfenden Dienst der Kirche einfach austilgt, als ob all das nie gewesen wäre. Hier wird ein Gehoream gefordert, "der blind ist. Der zu funktionieren hat. Automatisch. Sicut cadaveris? Sicut machinae". Das wird mit Recht ein "Oboedienz-Mystizismus" genannt, aus dem heraus auch dann gefolgt würde, wenn Rom dekretierte, daß zweimal zwei fünf ist" (Entscheidung 70/1976; Hervorhebung von uns).
"Oboedienz-Mystizismus" - genau das ist die Haltung von zu vielen. Er ist falsch. Wenn Rom Dinge veranlaßt, fördert, zuläßt, ja selbst dekretiert, die gegen Treu und Glauben verstoßen, die moralisch unsauber sind, die opportunistisch sind und gegen die geoffenbarte und im Laufe der Kirchengeschichte ausgeformte Wahrheit (Lehre) verstoßen, kann es nicht mehr beanspruchen, respektiert zu werden. Ein solcher Gehorsam ist unmoralisch, ja eines Christen, dessen letzte Instanz das an der überlieferten Lehre geformte Gewissen ist, unwürdig. Rom hat in der Tat den Kredit des "Roma locuta causa finite", der zweitausend Jahre lang gewachsen war, verspielt. Wenn Paul VI; nunmehr "schmerzlich" betroffen ist, dann hatte er einen falschen Gehorsamsbegriff von seinen Schäflein. Zudem im Falle der Absetzung Mindezentys obwalteten lediglich politische Gesichtspunkte, die "pastoral" kaschiert wurden, und für solche Entscheidungen ist dem Papst und den Bischöfen der Beistand des Hl. Geistes nicht zugesagt. Eine Masse der Leicht-Gläubigen freilich macht den unverzeihlichen Fehler zu meinen, daß "die da oben" - und das sind bei den Katholiken Papst und Bischöfe, aber auch andere Großkopferte schon recht haben werden, in allen Fällen und auf jeden Fall. Das eben ist jener irrationale "Obedienz-Mystizismus", der auch vor dem Wahnwitz und dem Irrsinn stramm steht und die Ohren anlegt, der es auch akzeptiert, daß verdiente Männer der Kirche kalt gestellt werden, die ins sozialistische Konzept des Vatikans nicht passen. Das ist jener "Obedienz-Mystizismus", der alles schluckt, weil es bequem ist, der auch die ökumenische Wiedervereinigung hinnimmt, ebenso wie die "junge Frau", das "Jesus war wie Gott", das "Wohl denen..." (oder "Glücklich, die...") in den Seligpreisungen, die Abschaffung des Gloria Patri, die Tilgung des Wortes "Seele" in den Seelenmessen, das "Sünde" statt "Sünden" (lateinisch peccata!) an verschiedenen Stellen. Das ist jener "Oboedienz-Mystizismus", der sich die erbärmlichen Synodendokumente von Würzburg als "vom Hl. Geist inspiriert" ins Ohr träufeln läßt. Das ist jener Oboedienz-Mystizismus, der auch die Henker noch als Heilsbringer bejubelt und beklatscht. Den kindlichen Gehorsam, den man den Piuspäpsten beispieleweise leistete, haben Johannes XXIII. und mehr noch Paul VI. verspielt. Wer Männer wie Mindszenty, Slipy u.a. in die Wüste schickt, aber den zahllosen Abbruchsspezialisten und Demontagekommandos in der Neukirche tatenlos zusieht, kann nicht mehr beanspruchen, ernst genommen zu werden. Wer behauptet, Reformen zu machen, die die Tradition "voll" wahren, aber damit einen"anderen Glauben" in die Massen infiltriert, muß sich sagen lassen, daß er die Unwahrheit sagt. Denn nicht nur muß festgehalten werden enden bewährten moralischen und sittlichen Maßstäben, wie etwa "gut" und "böse" oder "Treu und Glauben" oder Sünde oder "Lüge" und "Wahrheit" es müssen Paul VI. und die vatikanischen Macher auch gemessen werden an ihrer Treue zum überlieferten Glauben. Der Papst kann nicht alles er darf den Glauben nicht verfälschen und auch nicht verfälschen lassen! Er und die gesamte Hierarchie, und schließlich jeder einzelne Gläubige sind unlöslich gebunden an das über ihnen stehende geoffenbarte Glaubensgut, das die Kirche in ihrer Geschichte unter dem Beistand des Hl. Geistes, z.B. in Dogmen, ausgeformt und fixiert hat. Das ist eine Norm und eine Grenze, die nicht überschreitbar sind, und da helfen auch "neue wissenschaftliche Erkenntnisse" nicht weiter. Einem Papst und einer Hierarchie, die davon abweichen oder Abweichungen geschehen lassen, sind der Gehorsam aufzukündigen. Dieser wird nicht Personen geleistet, sondern der Idee, die sie vertreten, bzw. diesen Personen nur dann, wenn sie der über ihnen stehenden Ideefolgen. Wäre dem nicht so, dann könnte jeder Usurpator, jeder Diktator, jeder haeretische Bischaf oder Papst (und deren hat es ja genug gegeben) Gehorsam verlangen. Das ist mitnichten der Fall. Paul VI. und die gesamte Hierarchie müssen sich an ihrer Treue zum geoffenbarten Glaubensgut messen lassen. Daß Paul VI. und seine vatikanischen Helfershelfer heute mit der Peitsche des Gehorsams arbeiten müssen, zeigt wie wacklig sie auf den Beinen sind. Sie haben den edlen Begriff "Gehorsam" korrumpiert, wenn sie blinde Gefolgschaft heischen, wenn sie den, der diesen Marsch nicht mitmacht, bedrohen und bestrafen. Sie haben doch den "mündigen Christen" (im II.Vatikanum) aus der Taufe gehoben - aber jetzt zeigt sich, was sie unter "mündig" verstehen: totale Unterwerfung unter jedwedes Tun und Verfügen, also das Gegenteil von "mündig".
Die wahrhaft mündigen Christen, die Rechtgläubigen, die an die Ungeschichtlichkeit der geoffenbarten Wahrheit glauben, Menschen, die sich außer einem Bündel unverbindlicher Meinungen auch den Luxus von (gegründeten) Urteilen erlauben, sind aufgewacht. Sie lassen sich - die vatikanische Ostpolitik z.B. nicht als Erfolg oder als "pastorales" Unternehmen aufschwatzen, sondern sagen klipp und klar unter Verweis von Fakten: Hinter der sog. Ostpolitik stecken sozialistisch-marxistisch verseuchte, freimaurerische Ideologien, die die Neukirche auf das Niveau eines sozialen Vereins herabschrauben und auf dieser unteren Ebene den Ausgleich mit dem ebenfalls sozial und humanistisch ausgerichteten Sozialismus und Marxismus anstreben.
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