Notizen und Reflexionen
von
Dr. Joachim May
1.
Das Experimentieren mit der hl. Messe treibt immer wildere Blüten. Aus
München kommt die Nachricht, daß der Pfarrer von St.Hildegard, Paul
Groß, bei der Messe statt der drei Episteln eine Notiz aus einer
Wochenzeitung, den Brief eines Weißen und eine Meldung aus einer
Münchner Tageszeitung vorlesen ließ und die Gemeinde mit dem frommen
Wunsch "Gehet in Unruhe!" nach Hause schickte. Ein Basler Pfarrer
ersetzte die Epistel durch einen Text von Hans Küngi. Wenn man dem
Hörensagen glauben darf, sind auch schon Texte von Mao und Lenin u.a.
derselben Provenienz in der Messe vorgelesen worden.
Diese krampfhaften Versuche, das zeitlose Wort Jesu Christi und seiner
Apostel durch modische Tagesmeldungen und mehr als zweifelhafte
Theologen-Worte zu verdrängen, ist symptomatisch. Dahinter steckt
letzten Endes nicht mehr und nicht weniger als latenter Unglaube.
Die Geistlichen, die solches tun, sind von der pubertären Idee
besessen, sie müßten etwas Neues, noch nie Dagewesenes, etwas
Sensationelles bringen, um aufzufallen und "anzukommen". Der Applaus
von "unten" ist ihnen das wichtigste, weil ihnen das Revolutionäre,
Zeitlos-Beunruhigende der Worte Christi und seiner Apostel nicht mehr
bewußt ist. Sie wandeln auf den Spuren der Anpassung, Nivellierung und
letztlich des Abfalls.
2.
Nun dämmert es dem Kardinal Jäger (Paderborn) allmählich, daß die
I(Kirche sich auf dem Wege zum totalen Verfall bewegt. Aber aus dieser
späten Erkenntnis die richtigen Konsequenzen zu ziehen, ist diesem
Kirchenfürsten versagt. Statt dessen sucht er das Heil in einem immer
hemmungsloseren Ökumenismus. Zusammen mit dem Präses der
protestantischen Rheinischen Landeskirche verkündete er kürzlich, "daß
die Mischehe künftig keinen Konfliktstoff mehr zwischen den Kirchen
biete." (MkKZ, 10. 1. 1971) Mit anderen Worten heißt das doch: Die
Unterschiede zwischen der katholischen Kirche und den Protestanten,
also zwischen Wahrheit und Irrtum, Recht gläubigen und Ketzern sind
auagelöscht. Ja, Jäger geht noch einen Schritt weiter: Gemeinsame
Studienkommissionen würden die Frage der Interkommunion prüfen! Also
soll auch noch die letzte Bastion, die bisher einem
katholisch-protestantischen Synkretismus im Wege stand, zertrümmert
werden.
Das Ergebnis der Arbeit dieser Studienkommissionen kennt man schon.
Zunächst wird die Interkommunion (und Interzelebration) "probeweise"
und "in besonderen Fällen" gestattet werden, nach einiger Zeit - der
"Versuch" wird sich selbstverständlich bewähren - wird sie dann
generell erlaubt werden. Da die Protestanten nicht im Traum daran
denken, ihr Eucharistieverständnis zu ändern, wird es die katholische
Kirche tun.
Es gibt jetzt schon eine wachsende Zahl von Priestern, die die
katholische Eucharistieauffassung über Bord geworfen haben, die z.B.
aus einer Messe übrig gebliebene konsekrierte Hostien bei einer
folgenden Messe erneut konsekrieren. Wie soll doch der Münchner
Oberhirte Döpfner beim Eröffnungsgottesdienst zur Würzburger Synode vor
der Wandlung gesagt haben? "Herr, gib, daß dieses Brot und dieser Wein
für uns !!! Leib und Blut Christi werden!" In der Tat: Im Namen des
Ökumenismus wird die katholische Kirche in den Protestantismus
überführt werden. Riesige Schritte auf diesem Wege sind längst getan.
3.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat für die Wochenzeitung "PUBLIK"
weitere 1,6 Millionen DM aus ihrem überdiözcaanen Haushalt
bereitgestellt (DT, 6. 1. 1971). Man muß diese Mitteilung zweimal
lesen, um sie zu glauben. Erst setzen sich die Bischöfe mit der
Gründur.g des Sektiererblattes "PUBLIK" das Messer an die Kehle, dann
stützen sie das Blättchen auch noch mit mehrfachen Millionenspritzen.
"PUBLIK" ist ein ultraprogressives Organ, das vor nichts mehr Prospekt
hat außer vor seiner eigenen Meinung. Vielleicht auch nicht einmal mehr
davor. Die Meinungspäpste von "PUBLIK" scheinen zu erwarten, daß sic
als authentisches Lehramt akzeptiert werden, nicht mehr die Bischöfe
und der Papst. Seit Jahren tobt sich in diesem Blatt die "neue
Theologie" aus, ungehemmt, radikal. Die Bischöfe müßten, wenn sie wahre
Verfechter des Glaubens wären, über fast jede Nummer des Blättchens ihr
Anathema sprechen. Was tun sie stattdessen? Sie schweigen aus Furcht,
als unmodern verschrien zu werden, beugen sich servil dem Trend und
finanzieren die Gegner ihres Amtes und des Glaubens. Sind das nicht
Zustände wie in Binom Tollhaus? In der Tat: "Die dümmsten Kälber wählen
ihre Metzger selber.
4.
"So schlimm ist es schließlich auch nicht, wenn Christus statt König
'Superstar' genannte wird [...]", läßt sich ein Schreiber der Münchner
katholischen Kirchenzeitung ( 10.1.1 971) vernehmen.
Er erzählt uns von einer "Jesus-Welle" im Schlagergeschäft und möchte
daraus den kuriosen Schluß ziehen, daß sich die Jugend auf dem Weg zu
einer "neuen Religiosität" befindet. Man passe auf: Demnächst wird man
uns noch die Mär auftischen, daß Flucher, die mit heiligen Worten wie
"Sakrament", "Kruzifix", "Halleluja" nur so um sich werfen, einer
sublimen religiösen Spiritualität obliegen. Man hat das bisher nur
nicht entdeckt.
Es lebe der Fortschritt' Interpretieren muß man eben können,
psychologisieren und in "Soziologie" machen. Da findet man dann heraus,
daß selbst der Gottesleugner noch ein "anonymer Christ" ist. Unser
religionsbeflissener Schlagerexporte aus der MkkZ ließ sich für einen
Beitrag auch noch einen sinnigen Titel einfallen: "JESUS, DAS BESTE
HASCHISCH, DAS ES JE GAB". Er hätte auch schreiben können "Flirt mit
Jesus" oder ähnliches im Boulevard-Stil. Man darf sicher sein, daß
derselbe Schreiber vertraute Wendungen wie "süßer Jesus", "holder
Himmelsknabe", "schönster Herr Jesus' u.a mit dem Etikett "Kitsch"
auszeichnet. Jesus als "Superstar" und "Haschisch" aber findet er
schick.
In Wahrheit halftert er sich selber ab. Hier geht es nämlich um ganz
verschiedene Bewußtseinslagen, die sich wie Feuer und Wasser scheiden.
Darin, daß auch Jesus im Schlagergeschäft noch verbuttert wird, den Weg
zu einer neuen Religiosität der Jugend zu erblicken, ist solchen
vorbehalten, die den Boden unter den Füßen verloren haben. Für uns
bleibt Christus König.
5.
Schon seit ihrer Begründung hat die "Internationale
Dialog-Zeitschrift", die im Freiburger Herder-Verlag erscheint, eine
Horror-Funktion ausgeübt. Was sie sich in der Nummer 1 - 1971 leistet,
schlägt dem Faß den Boden aus. In dieser Nummer kommen zu Wort:
a) R. Steigerwald, führendes Mitglied der Deutschen Kommunistischen
Partei, Mitherausgeber der "Marxistischen Blätter" und Mitglied des
Landesverbandes Hessen
der Deutschen Kommunistischen Partei,
b) W.-Do Gudopp, Mitglied des SEW-Parteivorstands (Sozialistische
Einheitspartei Westberlin, des Ablegers der SED der Sowjetzone).
Die "Dialog-Zeitschrift)' wird, das ist das Makabre an der Sache, von
dem Startheologen Karl Rahner SJ und seinem Adlatus Herbert Vorgrimmler
herausgegeben. Katholische Theologen machen mit erklärten Kommunisten
gemeinsame Sache, mit erklärten Feindes des katholischen Glaubens also,
denen man die Spalten westdeutscher Zeitschriften zur Verfügung stellt.
[Auf 28 von 96 Seiten haben die erwähnten Kommunisten Gelegenheit,
kommunistische Propaganda unter das Volk zu bringen.]
Ein Gutes hat die Sache: Selbst der Gutgläubigste merkt allmählich, wer
der vielredende und vielschreibende Jesuit Karl Rahner in Wirklichkeit
ist: ein Totengräber.
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