DIE VERWECHSELTE KIRCHE
von H.H. Pfarrer Hans Milch
FORTSETZUNG; vgl. Einsicht VIII(6)
Und dann sind da viele jüngere Priester, die nie etwas anderes gehört haben. Viele junge Menschen haben nie etwas anderes erlebt, als diese Art des "Katholischen". Es ist ja bereits weithin so, daß viele die hinter der Fassade des Katholischen im Progress istenkollektiv aufgewachsen, gar nicht mehr wissen um die Reingestalt der katholischen Lehre und des katholischen Mysteriums; das ist ihnen völlig entgangen. Wenn solche Menschen irgendwohin kommen und sie erleben eine tridentinische Messe, dann ist es etwa so, wie wenn vor 5o Jahren noch in einer norddeutschen stockevangelischen Gegend, in einer evangelischlutherischen Kirche plötzlich ein Levitenamt gehalten worden wäre. Da hätten die Leute mit den Achseln gezuckt und gesagt: Was ist denn das? Genauso geht es heute vielen Modernen, die eine tridentinische Messe erleben. Sie sagen: Was ist denn das? Das ist ja etwas ganz seltsames. Ach ja, das war einmal in Urzeiten in der katholischen Kirche so gewesen; darüber sind wir doch hinaus. Und da sind auch viele junge Priester und viele junge Menschen völlig ahnungslos. Sie sind guten Willens und persönlich nicht zu verurteilen. Aber die Feststellung muß gemacht werden: Die Mehrheit der Priester, die seit 1965 geweiht worden sind, ist nicht mehr als katholisch anzusehen. Das muß absolut festgehalten werden.
Ich kenne diese verlockende Gemeinschaftsatmosphäre. Ich will auch da nicht zynisch werden und sarkastisch darüber lächeln. Sie ist weithin von einem echten Gefühl durchdrungen. Umso schlimmer!
Ich kannte Menschen, die von Adolf Hitler und der neuen Volksgemeinschaft so hingerissen waren, daß sie noch 1945 schrieben: Was wir erlebt haben, kann uns niemand rauben! Ich will darüber gar nicht spötteln. Da war manches. Der Teufel verkleidet sich durchaus, oft und gerne und gerade heute in der Gestalt eines Lichtengels. Und manches während dieser Ära, dieser tief geistfremden Ära des Nationalsozialismus war tief erlebter Glanz und tief erlebtes Glück für Einzelne. Teuflisch ist das.
Ebenso ist es im Bolschewismus und ebenso im Progressismus. Das sind alles sehr verwandte, im Grunde totalitäre Weltanschauungen, weil sie auf Weltverbesserung aus sind, auf Menschheitsverbesserungen. Und wie ich nachher noch einmal betonen werde: Es ist geradezu in wachsendem Maße unappetitlich, wie schamlos und penetrant immer wieder die langsam zur Mottenkiste gewordene Geschichte hervorgeholt wird und dieses langweilige, öde Vokabular von der Hoffnung und von der Zukunft; Hoffnung auf Zukunft und Friede und Mitmenschlichkeit. Immer wieder dasselbe. Auch der nächste Katholikentag wird unter diesem makabren Thema stehen. Alles ist "auf Hoffnung" ausgerichtet; aber Hoffnung letztlich - wenn Sie den Lack abkratzen - nur innerweltlich zu verstehen und verstanden und bewußt so verstanden, rein innerirdisch.
Und wer die Menschen so bessern will, wer so eine bessre Menschen machen will, der muß die Freiheit des Einzelnen und schließlich den Einzelnen selber töten. Darum ist jede Bewegung, die die Welt verbessern will auf Mord angelegt und auf Tötung des persönlichen Gewissens und der persönlichen Freiheit. Das ist logisch und notwendig. Denn wenn ich die Verbesserung, den Fortschritt der Menschen machen kann, dann freilich ist der Privatwille, die Privatvorstellung des Einzelnen ein unvorstellbarer Luxus. Und die einst mit edlem Sinne anfingen und die darangingen, das Werk des Fortschritts zu vollziehen, die mußten dann zu ihrem eigenen Schrecken feststellen, daß sie zu Mördern geworden waren. So erging es einem Robespierre; so erging es einem Lenin. Das ist ein Gesetz, aus dem es kein Entweichen gibt. Und letztlich ist auch der heutige Progressismus nichts anderes als eine weit- und menschheitsverbesserische totalitäre Bewegung, die geschlüpft ist in die Maske, in die vorliegende strukturelle Maske "katholische Kirche", und nun sich als solche vorstellt und anbietet; und in Wirklichkeit ist sie etwas ganz und gar anderes.
Und darum gibt es eine tiefe innere Ähnlichkeit zwischen dem Nationalismus, dem Bolschewismus und dem Progressismus. Da wird sehr viel intensive Arbeit geleistet, da wird regelrecht geschuftet, in diesen integrierten, progressistischen Pfarreien, die ich ringsum erlebe. Aber es ist eine Arbeit ohne Hintergrund, ohne Boden, ohne Ziel, ohne daß nun tatsächlich eine letzte Wegweisung, eine inhaltliche Bestimmung dem Menschen gegeben würde. Es gemahnt daher an die Welt Kafkas, wenn man dieses Getrippel und Getreibe vorfindet. Die Menschen werden unterhalten; Brot und Spiele. Die Pfarreien haben etwas zu bieten - Brot und Spiele - die Menschen werden am Köder gehalten, sie werden immer wieder erfreut, immer wieder munter gehalten, sie kommen immer wieder; eine lebendige, frohe Gemeinschaft, eine Volksgemeinschaft: Freut euch des Lebens - wie einst Robert Ley. Das kennen wir doch alle. Und die dagegen sind, sind Meckerer und Miesmacher. Das haben wir doch schon alles einmal erlebt, und das haben wir haargenau wieder in diesem gemeindlichen Gebahren ringsumher. Wenn ich schon von 'froher Gemeinde' höre, bekomme ich etwas an mich! Und wenn ich je so etwas erlebt hätte, damals, keine zehn Pferde hätten mich zur katholischen Kirche gebracht! Ganz gewiß nicht, denn sie wäre es nicht gewesen!
Die Infiltration geschieht auf raffinierte Weise, wobei sich Satan, wie gesagt wurde, zuweilen als Lichtengel darzustellen pflegt, wohl dosiert den Gegebenheiten und den bewußtseinsmäßigen Voraussetzungen angepaßt. Das Ziel dieses geschickt operierenden Kollektivs ist die Errichtung eines pseudoreligiösen, freimaurerischen Kollektivs, zur weltanschaulichen Vorbereitung und Modellierung jener teuflischen Ein-Welt, in der der Einzelne unter dem Vorwand der Humanität total enthumanisiert und zur Ameise degradiert wird. Grillparzer sagte einmal, daß der Weg der abendländischen Kultur sich abzeichne unter dem Gesichtspunkt: Von der Divinität, über die Humanität zur Bestialität! Um den Weg zu diesem Fortschritt zu bahnen ist das als Kirche getarnte Kollektiv seit 16 Jahren gebildet worden: Von der Divinität über die Humanität zur Bestialität.
Diese harmlosen, frommen Priester sind die besten Wegbereiter. Und immerhin, durch sie und durch ihren breiten, braven, gehorsamen Buckel, ist die Sache des Kollektivs schon weit gediehen. Hätten wir in jener Gnadenzeit nach dem Zusammenbruch 1945/46 die Kirche je so erlebt, wie sie sich uns heute darstellt, uns wäre es nicht im Traume eingefallen, ihr beizutreten. Die eigentlichen Hintergründe des Zerfalls werden irgendeinmal zum Vorschein kommen. Man sieht heute noch nicht so die einzelnen Fäden, die Kanäle, wie sich die Freimaurer mit ihren menschheitsfreundliehen Absichten hinein ihren Weg gebahnt haben, hineingehackt haben ins Innere der Festung; welche Dirnen ihnen die Türen geöffnet haben, um einzudringen. Das wird einmal bekannt werden, aber wir wissen es noch nicht.
Aber hoch gepriesen und unangetastet in der Publizistik stehen die Professoren hochgeehrt: die Küng, Greinacher, Metz, Vorgrimler, Keßler, Kasper, Rahner etc. etc. Ihre Hoffnung i s t es die alten Generationen würden vom Winde verweht werden. Und diese Professoren erziehen die Theologiestudenten. Und von daher kommt das Problem: Die seit 1965 geweihten Jahrgänge sind unter falschen Voraussetzungen an ihre Weihe des Sakramentes des Priestertums herangeführt worden und sie haben möglicherweise und zum Teil wahrscheinlicherweise dieses Sakrament nie empfangen!
Übrigens, was die Hoffnung betrifft, die älteren Generationen würden vom Wind der Geschichte verweht werden, so gehört es zum sicheren Zeichen der Wirkung des heiligen Geistes für unsere katholische Sache: Die Jungen erkennen in einer wachsenden, wunderbaren, erstaunlichen Vielzahl, daß der Böse heute im Spiel ist. Es geht nicht ganz so wie die Zerstörer wähnen. Und ich möchte das Wort Churchills anführen: Die Bösen sind nicht immer klug, noch sind sie immer erfolgreich. Wir sitzen mit unsern Gebeten, mit unseren äußerlich so armseligen Sühnegruppen am längeren Hebel. Und vor allem sitzt am längeren Hebel der je Einzelne in seinem vertrauenden Gebet. Das Vertrauen ist die ins Hier und Heute umgesetzte Allmacht Gottes, ins Hier und Heute des Gottesreiches. Das sage ich dir zu deiner großen, wahren Hoffnung; verwerte diese große Chance!
Das erste Medium, mit dem die Zerstörer arbeiten, ist der falsche Wissenschaftsbegriff. Man geht heute an die theologische Wissenschaft heran, besonders an die Heilige Schrift, wie ein Autoschlosser, der sich daranmacht, einen Menschen zu untersuchen. Auch er, der Autoschlosser, muß denken und scharf denken. Das Bild mit dem Autoschlosser ist nicht so abwegig, wie es scheinen mag. Es kam mir ganz zufällig und dann erinnerte ich mich, was Romano Guardini angesichts dessen gesagt hatte, was aus der Liturgiereform geworden ist. Als er sich dieses entsetzliche Gebilde ansah, ist er, der Greis kurz vor seinem Hingang noch in den Ruf ausgebrochen: Klempner waren am Werk!
Der Gegenstand wird verwechselt. Der Autoschlosser geht, bildlich gesprochen - an den Menschen heran und meint, ein Auto, einen Automotor, vor sich zu haben. Er geht also von einer falschen Voraussetzung aus. So geht auch heute die übliche theologische Wissenschaft von falschen Voraussetzungen aus. Die Alternative heißt doch nicht: Wissenschaft oder Primitivität. Allerdings müssen wir in Klammern dazusagen: Seit Jahrhunderten ist ja die Voraussetzung dafür geschaffen worden, daß die Zerstörer heute ein so leichtes Spiel haben. Man hat die Gläubigen zu sehr im Stande der Unwissenheit gelassen. Die Kapitel der Verkündigung in den letzten Jahrhunderten ist ein Trauerspiel. Soviel Aberglaube, soviel Stumpfsinn und Primitivität! Und jetzt meinen die so dumm Gehaltenen, als dann 1965 dieses Neue einbrach, jetzt käme endlich die Erleuchtung und Erhellung. Ein tiefer, teuflischer Irrtum!
Die Alternative heißt doch: Menschenweisheit oder Gottesweisheit! Nackte vereinzelte Tatsachen oder Wissen im Zusammenhang.
Die theologische Wissenschaft kann nicht so verfahren wie es ein Naturwissenschaftler tut. Und wer an die Heilige Schrift herangeht, kann nicht mit bloßen, nackten Mitteln und Methoden der historischen oder literarischen Kritik an sie herangehen, um sie zu verstehen. Das meinte ich mit dem Autoschlosser, der sich an einen Menschen heranmacht und meint, er könne ihn verstehen und "reparieren". Ich will aus dem uralten Hymnos Akathisthos einige Verse zitieren:
"Die Schönredner (angesprochen ist die ewige Weisheit Maria) sehen wir stumm werden vor dir, o Gottesmutter; unfähig sind sie zu sagen wie du Jungfrau bliebst und gebären konntest. Wir aber, das Geheimnis bestaunend, rufen gläubig: Gegrüßt du Gefäß der Weisheit Gottes; Gegrüßt seist du, denn die klugen Forscher werden ratlos, die Wissenschaftler hast du widerlegt; die feinen Wortgespinste hast du zerstört, den Disputanten auf dem Markt ging der Faden aus".
Aber heute sind sie obenauf, die Disputanten auf dem Markt. Sie haben das Steuer in die Hand genommen. Feine Wortgespinste, Mythenmacher, Fabeler, kluge Forscher, Wissenschaftler und Schönredner mit ihren Phrasen, die sind ofenauf mit ihrem unverbindlichen Gewäsch. Wenn man, und das ist das Schlimmste was einem passieren kann, zu später Stunde auf den Fernsehknopf drückt und eine theologische Diskussion erleben muß, (kann es einem nur schlecht werden; Ergänzug der Red.). Kürzlich mußte ich mir ein Symposion mit ansehen, unter der Leitung des Kardinal Königs aus Wien. Es ging um Glaube und Wissen. Ob man Glaube und Wissen vereinen, in Synthese miteinander bringen kann. Was da für ein gesammelter Unsinn geredet wurde, geht auf keine Kuhhaut.
Und das Ärgerlichste: Ein Mann wie Kardinal König müßte es ja besser wissen. Er hat diesen gesammelten Unsinn an sich vorüberziehen lassen mit wohlwollender väterlicher Miene. Er wurde geradezu zum Vater des Unsinns.
Kann man das noch unter den guten Willen setzen? Das ist doch gar keine Alternative: Glaube oder Wissen! Glaube ist die allerfesteste Form des Wissens, gründend auf der Voraussetzung der Erkenntnis des Daseins Gottes, der Unsterblichkeit der Seele. Das sind ganz sichere Erkenntnisse der Philosophie. Auf diesen Selbstverständlichkeiten gründen die Offenbarungen des Gottmenschen, die wir uns aneignen, die wir anschauen müssen. Und jener gemüthafte Instinkt, der früher unmittelbar vertraut war mit diesen Geheimnissen, ist weithin erloschen und verloren gegangen.
Wir müssen die Geistorgane neu wecken, in einen höheren Wachheitsgrad hinaufrufen durch langes anschauen, durch langes einüber der entscheidenden Fragen, der Seinsfragen: Warum bin ich, wer bin ich? Warum Leid, Arbeit, ungerechtes Schicksal. Die Fragen wecken, die Antwort ersehnen, die Antwort hören, lange hören, lange anschauen, auf sich wirken lassen, einsickern lassen. Das sind die Geistorgane, mit denen echte theologische Wissenschaft betrieben werden kann. Nicht der Hebel und das Brecheisen des Klempners. Sich an der Antwort messen, weiterfragen und von daher erschließen sich alle Wahrheiten, ungeheuer plausibel; sie überfallen den Menschen. Ich kann es bezeugen, wenn ich meine Person ins Spiel bringen darf, als Fragender, der ich Konvertit wurde, wie einem diese Inhalte und Antworte überfallen haben mit ihrer einleuchtenden Gewalt. Weil die Frage durstig, geduldig, aufgereckt dastand mit wachen Organen des Geistes. Und von daher erschließen sich alle Wahrheiten, gerade die über Maria und alle Herrlichkeiten des Glaubens. Das ist, ganz kurz angedeutet, der Weg der wirklichen Theologie.
So wie man heute Theologie betreibt, kann es nur zum Absturz, zum wachsenden Zerstören führen. Selbstverständlich tut dazu not eine vernünftige Autorität, das staunende Hören und die freie Verarbeitung durch den aufmerksamen Hörenden.
Neulich kam mir die neue theologische Studienordnung von St. Georgen zu Gesicht; es ist furchtbar! Ich war zwischen 1947 und 1952 zum Studium in St. Georgen.
Dort war damals alles so, wie es heute wieder in Econe ist; die selbstverständliche, die eigentlich angemessene Art und Weise Philosophie und Theologie zu studieren. Dazu gehörte ein strenges Regiment. Aber ich kann ihnen sagen, ich fühlte mich sehr frei in diesem strengen Regiment, und ich bin von Natur aus durchaus nicht einer, der leicht zum Gehorchen aufgelegt ist. Ich fühlte mich wohl und ich fühlte mich frei bei dieser straffen Zucht. Ich hörte, und dann ging ich auf mein Zimmer - Besuche auf den Zimmern waren nicht erlaubt - und konnte das Gehörte auf meine Weise verarbeiten. Man hatte da auch die Gelegenheit, Pausen einzulegen und man war wohl auch in der Gefahr, faule Stunden und Minuten sich zu gönnen. Aber aufs ganze gesehen war es wesentlich fruchtbarer als heute. Denn heute gilt die 'Freiheit' auch im Seminar; ein modifiziertes Studentenwohnheim ist St. Georgen geworden, wie all diese sogenannten Priesterseminarien. Und alles teilt sich in Gruppen ab und ist sehr differenziert. Jeder Einfall, den ich als Student habe und den ich etwa für mich behalte, müßte ich eigentlich beichten. Denn ich müßte ihn wohl sofort der Gruppe mitteilen und ins allgemein Gespräch'einbringen'. Ich bin dann gebunden an Menschen, die mich ringsum umgeben und die mir dauernd aufsitzen mit ihren Disputationen und Gesprächen. Kann man sich etwas Unfreieres vorstellen? Ständig in so einer Atmosphäre drinzustecken? und 'eingefordert' zu werden? Jeder teilt jedem seine spirituellen und nichtspirituellen, psychischen Regungen und Erfahrungen mit, seine Fragen und Schwierigkeiten, seine Erkenntnisse. Alles wird verrührt und verarbeitet. Jeder zieht sich, sinnbildlich gesprochen, vor dem andern nackt aus.
Gruppendynamik wird groß geschrieben. Sicher gibt es auch gute Gruppendynamik, wenn sie einem ganz bestimmten Ziel dient und unter ganz beschränkten Voraussetzungen erfolgt. Aber wenn sie generell zur Lebensform erhoben wird, wenn durch sie ein permanentes Verhaltes erzwungen wird, ist sie tödlich. Vernichtend, erstickend, tief entwürdigend und enthumanisierend. Und das ist heute der Fall in dieser Studienordnung. Selbstverständlich wird der Student in seinen Ferien gezielte Praktika absolvieren. Er muß dann drüber Bericht erstatten. Was waren wir damals so frei unter einer strengen Autorität. Es wird von Geistesfreiheit gesprochen und von Humanität, aber man spricht ja immer von dem, was man nicht hat. Hungrige reden von nichts anderem als vom Essen.
Früher gab es Geistesfreiheit unter der Autorität; heute Knechtschaft durch Kollektivismus, durch geistig-seelische Naktkultur. Aus falscher geistiger Einstellung entsteht dann Müdigkeit, Skeptizismus und Agnostizismus. Das heißt, man wird der Wahrheitsfrage müde. Alles wird mit nackten Fingern durchgewalkt, nichts ist heilig, nichts bleibt stehen, nicht bleibt entrückt, nichts bleibt Gegenstand. Alles wird heruntergezogen, alles wird vermanscht, alles wird in die niedrigen Reihen herumgereicht. Jeder hat seine Dreckfinger dran kleben an jedem hohen Gegenstand; das ist die neue Studienform. Daß da alles kaputtgehen muß, ist klar. Und es soll ja alles kaputtgehen. Man will ja gar nicht wissende, befreite,' staunende, glaubende, mündige Menschen, man will Ameisen, mit denen man machen kann, was man will.
Aus diesem Agnostizismus, aus jener falschen Lehre, die sagt, daß man letztlich nichts Endgültiges wissen könne, kommt dann der Pilatusgeist: Was ist Wahrheit? Und wenn ich mir die Bischöfe ansehe, so sind sie auch weithin von diesem müden Pilatusgeist angefressen. Und daraus kommt dann - wenn wir sowieso nichts wissen können - die neue "Hauptsache Liebe", dann wollen wir wenigstens nett zueinander sein. Das ist dann der endgültige Bankrott und die totale Katastrophe, die geistige Kapitulation.
Das zweite Medium der Zerstörer. Daraus folgt die zweite immer schamloser werdende Bewegung des sog. Ökumenismus: Unterschiede abbauen, kein Ernstnehmen der Wahrheit. Selbstverständlich, wenn ich die Wahrheit nicht mehr ernst nehme, will ich logischerweise die Unterschiede abbauen, die "trennen". Das heißt, am Ende steht der Nihilismus. Es gibt dann überhaupt keine Wahrheit mehr. Wieso kann ich mich mit einem Menschen nur verständigen und vertragen, wenn er die gleiche Meinung hat wie ich?
Das ist doch schon eine höchst lächerliche Voraussetzung. Wenn ich Ehrfurcht haben soll vor einem andern und einer andern Überzeugung, dann in dem Maße der Tiefe, wie die Überzeugung des andern die Wurzeln seiner Existenz erreicht. Und aus diesem Ökumenismus sprudeln dann die Skandale: Interkommunion z.B. bei der Fronleichnamsprozession dieses Jahres in Frankfurt, wo der Stadtpfarrer und Dekan A. einen Rabbiner predigen ließ! Und wenn Sie dagegen etwas haben, werden Sie überlegen behandelt und es wird geantwortet: Ja, das ist doch gerade diese neue Entdeckung, daß in allem sich alles wiederfindet, und daß wir doch alle letztlich nur nach dem einen trachten. Und so ist dann - das ist das allerletzte - Monstranz nicht mehr Monstranz, Wesens Verwandlung nicht mehr Wesens Verwandlung; alles ist doch egal, alles ist doch nur Symbol der Menschhei tsversöhnung. Und unter so "versöhnten" Menschen auch nur eine Sekunde leben zu müssen, möge mir der Herrgott gnädig ersparen.
Nein, ihr habt keinen Fortschritt. Dazu fehlt euch sein Geist. Wie gesagt, wir hegen keinen Haß. Ich warne Sie und mich nachdrücklich vor der Gefahr des Hasses. Wir beten. Ihr Bischöfe, wir beten für euer Heil, wir beten für euer Leben, für euer wahres Leben. |