PROPHETEN UND PROPHEZEIUNGEN
von Dr. Ambros Kocher
Gegenwärtig tauchen zahlreiche Schriften prophetischen Inhaltes auf. Das brave Volk weiß oft nicht Echtes von Falschem zu unterscheiden. Die Kirche, welche früher das Schrifttum überwachte, schweigt oder wird wegen ihrer oft widersprüchlichen Haltung nicht mehr ernst genommen.
Es gibt Weissagungen, die unbedingt ernst genommen werden müssen. Jesus-Christus selber weissagte über sich selbst, über die Apostel und über die Kirche, über die Zerstörung Jerusalems und über das Ende der Welt.
Die Apostelgeschichte schweigt sich auch nicht aus. Ein gewisser Agabus kündigte an, daß eine große Hungersnot über den ganzen Erdkreis kommen werde, die unter Claudius wirklich eintrat (Ap. XI,27). Es werden die Propheten Judas und Silas genannt, welche die Brüder mi t vielen Ansprachen ermunterten (Ap. XV,32). Der hl. Paulus sagt, daß Gott die einen zu Aposteln und andere zu Propheten bestimmt habe (1. Kor. XII, 28,29), und daß die Kirche aufgebaut sei auf dem Fundament der Apostel und Propheten. Evangelisten und Apostel mahnen aber auch vor falschen Propheten, wie z.B. der hl. Petrus: "Es traten im Volke auch falsche Propheten auf, und so werden auch unter euch falsche Lehrer kommen, die verderbliche Irrlehren mit sich bringen." (II. Petr. II, 1-22)
Das beste Mittel, Prophezeiungen auf ihre Glaubwürdigkeit zu prüfen, besteht darin, dieselben mit den Aussagen Christi und der Apostel zu vergleichen, um festzustellen, ob darin etwas gegen die christliche Lehre enthalten sei. Die Glaubwürdigkeit wird erhöht durch das heiligmäßige Leben des Propheten und schließlich auch dadurch, daß ein Teil vorgeschauter Ereignisse bereits in Erfüllung gegangen ist.
Ein ziemlich unbekannter Heiliger, der ins 20. Jahrhundert geblickt hat, ist der hl. Nilus (Neilus); er lebte in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts im Orient. Vor seinem Einsiedlerleben war er verheiratet und soll eine Zeitlang Präfekt von Konstantinopel gewesen sein. Hier stand er in Verbindung mit dem hl. Chrysostomus. Mit einem seiner zwei Söhne zog er im Einverständnis seiner Gemahlin als Einsiedler auf den Sinai (um 39o). Bekannt als Asket wurde er Berater von Bischöfen, Geistlichen und anderen Personen. Beim Kaiser wurde er vorstellig wegen der Verbannung des hl. Chrysostomus. Der Kaiser flehte Nilus um sein Gebet an um Abwendung der Drangsale, die über die Stadt Konstantinopel hereingebrochen waren. Nilus antwortete, der Kaiser könne keine Barmherzigkeit erwarten, weil er die Säule der Kirche, das Licht der Wahrheit, den Herold Christi, verbannt habe. Er bemerkt unter anderem, daß die Bischöfe, welche den Kaiser zur Verbannung des Chrysostomus verleitet hatten, dies aus Eifersucht wegen der Tugend des großen Mannes getan hätten. Von Nilus existieren noch eine Reihe von Schriften, die sich vor allem mit der Unterweisung von Mönchen und Einsiedlern befassen. Über das Ende der Zeiten sagt er:
"Nach dem Jahr 1900 um die Mitte des 20. Jahrhunderts, wenn die Zeit des Antichrists nahe sein wird, verfinstert sich der Verstand der Menschen wegen deren fleischlichen Gesinnung; die Welt wird nicht mehr zu erkennen sein ... Man wird Männer und Frauen wegen der Unverschämtheit des Gebarens und der Art und Weise ihrer Kleidung und ihrer Haartracht nicht mehr unterscheiden können.
Eltern und alte Leute wird man nicht mehr ehren. Die Liebe wird schwinden. Und die christlichen Hirten, Bischöfe und Priester taugen nichts mehr, sie sind unfähig, den rechten Weg vom falschen zu unterscheiden.
Die Sittengesetze und die christliche, kirchliche Tradition ändern sich. Die Menschen üben die Bescheidenheit nicht mehr und Ausschweifungen sind an der Tagesordnung. Die Lüge und die menschlichen Leidenschaften nehmen ungeahnte Proportionen an. Unzucht, Ehebruch, untergründige Tätigkeiten und Mord werden in der menschlichen Gesellschaft zur Regel. In dieser zukünftigen Zeit werden die Menschen wegen ihrer Ausschweifungen der Taufgnade beraubt, sie haben auch keine Gewissensbisse mehr. Ihr Leben besteht im Haschen nach Bequemlichkeiten und sie sehen nicht, wie sie in die Schlingen Satans geraten sind. Und dieser wird den eitlen Fortschritt soweit treiben, daß sie vom rechten Weg abweichen und den Glauben an den Dreieinigen Gott verlieren.
Dann wird der unendlich gütige Gott um der kleinen Zahl der Auserwählten willen die Tage abkürzen, sonst würde der böse Feind auch sie zu Falle bringen. Das Schwert der Züchtigung wird plötzlich erscheinen, um den Verderber mit seinen Dienern niederzuschmettern."
Die Erwartung des HERRN und sein Gericht entspricht einer urchristlichen Grundhaltung. Man mag uns deswegen verlachen. Man hat auch einen Noe verspottet. Halten wir uns an das Wort Christi: "Gleichwie man in den Tagen vor der Sintflut aß und trank, zur Ehe gab und nahm bis zu dem Tage, da Noe in die Arche ging, und man nicht mehr zur Besinnung kam, bis die Flut hereinbrach . . . so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein." (Matth. 24,38). |