HÄRESIE VOR DEM AMTSANTRITT
Auszug aus der Bulle Papst Pauls IV. "CUM EX APOSTOLATUS OFFICIO" vom 15. März 1559 Übersetzung: Michael Wildfeuer (aus: "Einsicht" 11(2)1 f.)
§ 6. Sollte zu irgendeinem Zeitpunkt an den Tag kommen, daß ein Bischof (mag er auch den Titel eines Erzbischofs, Patriarchen oder Primaten führen), Kardinal oder Legat oder gar der Römische Pontifex vor seiner Beförderung zum Bischof bzw. vor seiner Berufung zum Kardinal oder zum Papst vom Katholischen Glauben abgewichen oder in irgendeine Häresie gefallen sei, so gelten folgende Bestimmungen:
- Die Beförderung bzw. Berufung ist, auch wenn alle Kardinale ihr einmütig zugestimmt haben, null und nichtig.
- Sie kann weder durch Übernahme des Amtes oder Empfang der Weihe noch durch anschließende Machtausübung noch (im Falle des Papstes) durch Inthronisation, Adoration oder allgemeinen Gehorsam nachträglich - ganz gleichgültig nach welchem Zeitraum - Gültigkeit erlangen.
- Sie darf auch nicht für teilweise legitim gehalten werden.
- Sie überträgt solchen Personen, die zu Bischöfen, Erzbischöfen, Patriarchen oder Primaten befördert oder zu Kardinalen oder auf den Stuhl Petri berufen wurden, keine Befehlsgewalt in geistlichen oder weltlichen Dingen. Vielmehr haben alle ihre Worte, Handlungen und Verfügungen mitsamt ihren Folgen nicht die geringste rechtliche Wirksamkeit noch verleihen sie irgendjemandem ein Recht.
- Die so beförderten oder berufenen Personen selbst verlieren eo ipso und ohne weitere Deklaration Würde, Stellung, Ehre, Titel, Autorität, Amt und Gewalt samt und sonders.
§ 7. Alle Untergebenen von so Beförderten oder Berufenen - Weltkleriker, Ordenskleriker, Laien, auch Kardinale, die an der Wahl dieses vorher schon vom Glauben abweichenden, häretischen oder schismatischen Papstes teilgenommen oder ihr auf andere Weise zugestimmt oder ihm Gehorsam und Verehrung entgegengebracht haben, ferner Kastellane, Präfekten, Kapitäne und Beamte unserer Lieben Stadt und des gesamten Kirchenstaates - und diejenigen, die sich diesen so Beförderten oder Berufenen durch Huldigung*), Eid oder Bürgschaft verpflichtet und unterstellt haben, sie alle haben, vorausgesetzt, daß sie nicht vorher vom Glauben abgewichen und Häretiker gewesen waren, und daß sie nicht ein Schisma mitgemacht oder hervorgerufen hatten, das Recht, jederzeit Gehorsam und Ehrerbietung gegenüber diesen so Beförderten oder Berufenen ungestraft zu verweigern und sie wie Zauberer, Heiden, Zöllner und Häresiarchen zu meiden (doch bleiben eben diese Untergebenen trotzdem zu Treue und Gehorsam gegen die künftigen Bischöfe, Erzbischöfe, Patriarchen, Primaten, Kardinale und gegen den künftigen rechtmäßig antretenden Papst verpflichtet).
- Sie haben das Recht, gegen diese so Beförderten oder Berufenen, wenn diese darauf bestehen, weiterhin ihr Amt auszuüben, die weltliche Gewalt um Hilfe anzuflehen, um die so Beförderten oder Berufenen in größere Bedrängnis zu bringen.
- Wer diesen so Beförderten oder Berufenen Treue und Gehorsam nicht versagt, zerreißt gleichsam das Gewand des Herrn und soll deshalb durch Zensuren oder Strafen gezüchtigt werden.
§ 10. Überhaupt keinem Menschen sei es erlaubt, diese Statut, Approbation, Innovation, Sanktion und Aufhebung von Verfügungen und Dekreten enthaltende Urkunde abzuschwächen oder ihr dummdreist zuwiderzuhandeln. Wer aber dies anzutasten sich unterstünde, der wisse, daß er sich den Zorn des Allmächtigen Gottes und den seiner Heiligen Apostel Petrus und Paulus zuzieht.
*) Lat. 'homagium'. Dieses Wort ist jedoch in Georges' Wörterbuch nicht zu finden. Vielleicht verwandt mit franz. 'hommage'.
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