DAS AKTIONSPROGRAMM VON MGR. LEFEBVRE
(Auszüge aus Brief Nr.55 vom 13.4. 1972)
von Dr. Hugo Maria Kellner
Anm.d.Red.: Der Versuch, eine widersprüchliche Position durchzuziehen, wird immer an der Unvereinbarkeit der entgegengesetzten Prinzipien scheitern. Letztlich gibt man entweder eines der beiden auf und folgt dem andern oder man geht im Strudel der Widersprüche unter. Diese Widersprüchliahkeit in Mgr. Lefebvres Grundprogramm und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten in der Durchführung hat Dr. Kellner bereits im Jahre 1972 gezeigt, als Lefebvre noch weithin unbekannt war. E. Heller
1. Die Wesenselemente des Lefebvr'schen Planes zur Rettung des katholischen Glaubens und der katholischen Kirche
Erzbischof Lefebvre ist offenbar persönlich überzeugt, daß die neueren Entwicklungen in der katholischen Kirchenorganisation, namentlich die Meßänderungen, apostatischer Natur sind *. Dies hindert ihn aber nicht, unter unglaublich fadenscheinigen Ausreden in dieser Kirchenorganisation zu bleiben und mit ihren Bischöfen und Kardinalen zusammenzuarbeiten **. Um den katholischen Glauben und die katholische Kirche zu retten, beabsichtigt er mit Hilfe einer vom Vatikan genehmigten Pries ter-Vereinigung (Fraternité Sacerdotale) und unter Zuhilfenahme einer Reihe von kirchenrechtlichen Unregelmäßigkeiten, besser gesagt Schwindeleien, die Diözesen der "katholischen" Kirchenorganisation mit Gruppen von je 3-6 Priestern zu durchsetzen, die in seinem Seminarsystem nach orthodox-katholischen Grundsätzen ausgebildet und von ihm ordiniert sind. Diese Priester bilden in den Diözesen der apostatischen, 'katholischen' Kirchenorganisation und als Teile dieser Kirchenorganisation Pfarreien, in denen den Gläubigen gültige tridentinische Messen und Sakramente zur Verfügung gestellt werden. In einem, von Erzbischof Lefebvre inspirierten Bericht, der in der australischen, konservativ-katholischen Zeitschrift "World Trends" vom Februar 1972 erschienen ist, wird dieses System näher beschrieben. Es handelt sich um ein System von "Wanderpriestern" (itinerant priests), die diese orthodox-katholischen Pfarreien der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation betreuen.
Wie sich der Erzbischof die zukünftige Koexistenz seines, eine minimale Minderheit bildenden, "rechtgläubigen" Teils und des, vom Glauben abgefallenen, eine überwältigende Mehrheit bildenden Teils der "katholischen" Kirchenorganisation vorstellt (soll hier beleuchtet werden.) Nach seinen, anderwärts gemachten Äußerungen muß man annehmen, daß er glaubt, daß die von ihm gegründeten orthodox-katholischen Gemeinden "WiderstandsZentren" in der abgefallenen "katholischen" Kirchenorganisation bilden, die allmählich zu einer orthodox-katholischen Reorganisation der Reorganisation der Gesamtorganisation und damit zu einer Zurückführung der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation zum wahren katholischen Glauben führen.
*) Anm.d.Red. : Nach den von Lefebvre in der Öffentlichkeit gemachten Äußerungen kann man das nicht sagen. Dort hat er bisher noch zu keinem einzigen aktuellen Problem eine eindeutige, konsequente und dogmatisch bzw. kirchenrechtlich verbindliche Antwort im Sinne der Tradition gegeben. Doch hört man immer wieder von ernst zu nehmenden Personen aus seiner näheren Umgebung, er würde im privaten Rahmen auch präzise Positionen beziehen; die verschwommenen und unrichtigen Aussagen vor der Öffentlichkeit würde er nur aus taktischen Überlegungen heraus treffen, in der Sache selbst sei er vollkommen klar. Wenn das stimmt, dann redet Lefebvre mit zwei Zungen, und diejenigen, die dies aus diplomatischen Gründen zu rechtfertigen versuchen, bestätigen nur unfreiwillig Lefebvres moralische Defizienz. **) Anm.d.Red.: Die Alternative nach Dr. Kellner wäre gewesen, daß sich Mgr. Lefebvre von der abgefallenen Kirchenorganisation lossagt, sie anklagt und verbindlich die Führung der Restkirche übernimmt. - In diesem Punkt denkt Dr. Kellner nach Bekanntwerden der besonderen Umstände von Lefebvres Priester- und Bischofsweihe, die ihre Gültigkeit betreffen, heute anders.
2. Die utopischen Merkmale des Lefebvre'schen Aktionsprogramms
Das Aktionsprogramm Erzbischof Lefebvres enthält soviele utopische Züge, daß man sich ernstlich fragen muß, wie ein denkender Mensch dieses Programm ernst nehmen kann. (...)
Wie überschlagmäßige Berechnungen zeigen, wird Erzbischof Lefebvre niemals auch nur annähernd imstande sein, mit seinem Seminar in absehbarer Zeit Gruppen von je 3-6 orthodox-katholischen Priestern in die Diözesen der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation zu senden, selbst wenn man die praktisch unmögliche Annahme macht, daß seine Tätigkeit nicht durch die Organe dieser Organisation oder durch seinen Tod verhindert wird, wobei zu bedenken ist, daß der Erzbischof immerhin schon 66 Jahre alt ist und gewisse wesentliche Voraussetzungen seines Programms, insbesondere die Ordinierung seiner Seminaristen, auf seiner persönlichen Tätigkeit beruhen und kaum durch einen Nachfolger ersetzt werden können.
Als eine vernünftig erscheinende Grundlage meiner Überschlagsrechnung nehme ich an, daß das Seminarsystem des Erzbischofs nach einer mehrjährigen Anlaufzeit 3o Priester pro Jahr liefert. Dies bedeutet, daß das Seminarsystem etwa 25o Studenten umfassen muß, das einen, in die Millionen gehenden Kapitalaufwand für Gebäude und Einrichtungen erfordert und außerordentlich große finanzielle Lasten für den Unterhalt und den Betrieb hervorruft, die von einer außerordentlich kleinen Anzahl von Leuten getragen werden müssen, die an einem solchen Seminar interessiert sind.
Ein Seminar, das 3o Priester pro Jahr liefert, benötigt sicherlich einen jährlichen Zugang von 5o neuen Studenten. Dieser Zugang kann vielleicht in den ersten Jahren noch verhältnismäßig leicht aufrechterhalten werden. Es muß aber stark bezweifelt werden, ob dies in einer ferneren Zukunft noch möglich ist. Dies heißt aber, daß die Kapazität des von Erzbischof Lefebvre geplanten Seminarsystems wahrscheinlich nicht über den angenommenen Umfang hinaus erweitert werden kann.
Selbst wenn man nur die untere Grenze des von Erzbischof Lefebvre beabsichtigten Programms in Betracht zieht, nämlich 3 Priester in jede "katholische" Diözese zu senden, so dauert es etwa 2o Jahre bis nur die etwa 15o Diözesen der U.S.A. mit je 3 orthodox-katholischen Priestern versorgt werden. Unterdessen ist Erzbischof Lefebvre 86 Jahre alt geworden.
Das Maximum von Diözesen, die bei 3o Neupriestern pro Jahr mit je 3 Priestern versehen werden können, ist nach 5o Jahren mit 5oo Diözesen erreicht; denn nach 5o Jahren fängt die erste Generation der Econe-Priester an auszusterben, so daß das Seminar des Erzbischofs nur noch die wegsterbenden Priester ersetzen kann. Dies bedeutet, daß der Plan Erzbischof Lefebvres unter den allergünstigsten Umständen erst nach etwa 5o Jahren Anlaufzeit sein Mindestprogramm, 3 Priester in jede der etwa 2ooo Diözesen der "katholischen" Kirchenorganisation zu senden, erfüllen könnte, wenn das Programm des Seminarsystems von den ursprünglich angenommenen 3o Neupriestern pro Jahr auf 12o Neupriester pro Jahr erhöht werden könnte, was füglich bezweifelt werden muß. Die völlig utopischen, zahlenmäßigen Grundlagen des Lefebvreischen Aktionsprogramms sind deshalb offensichtlich.
3. Die utopische Grundannahme in Lefebvres Plan, durch orthodox-katholische "WiderstandsZentren" in der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation letztere zum wahren Glauben zurückführen zu können.
Wie ich wiederholt an anderer Stelle ausgeführt habe (z.B. in meinem Schreiben an Erzbischof Lefebvre vom 28. Februar 1971, Seite 3-9, und in meinem Schreiben an den gleichen Erzbischof vom 14. Januar 1972, Seite 22), stellt der, vor unseren Augen sich abspielende dogmatische Zusammenbruch in der "katholischen" Kirchenorganisation die letzte Phase der Apostasie der Menschheit von Gott dar, die mit der protestantischen Revolution im 16. Jahrhundert ihren Anfang nahm und in der Hl. Schrift als die, dem Weltenende vorangehende "große Apostasie" vorhergesagt ist. Apostasie (im Gegensatz zu Häresie!) ist irreversibel, wie der hl. Paulus in Hebr. 6:4-6 lehrt und wie durch die Tatsache bestätigt wird, daß noch keine einzige der apostatischen, protestantischen Sekten zum wahren katholischen Glauben zurückgekehrt ist. Es ist deshalb eine Utopie zu glauben, wie dies Erzbischof Lefebvre tut, daß durch die Bildung von orthodox-katholischen Gemeinden in der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation diese wieder zum wahren katholischen Glauben zurückgeführt werden könne. Aus diesem Grunde können die Mitglieder der orthodoxkatholischen Gemeinden, die die Econe-Priester bilden und betreuen können, nicht aus früheren Anhängern der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation rekrutiert werden, die diese Priester zum orthodox-katholischen Glauben zurückbekehrt haben, sondern nur aus solchen Katholiken, die von vorneherein nicht von ihrem Glauben abgefallen sind und in denen die alte, wahre katholische Kirche fortlebt. (...)
Das Verbleiben Erzbischof Lefebvres in der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation und das Zusammenarbeiten mit ihren Organen ist natürlich schwer sündhaft. Dieser Aspekt ist besonders schwerwiegend angesichts der Tatsache, daß der Erzbischof, wie schon bemerkt, offenbar eine volle Einsicht in den apostatischen Charakter dieser Organisation gewonnen hat. Dies beweisen nicht nur seine gelegentlichen, öffentlichen orthodox-katholischen Äußerungen und Kritiken, sondern auch besonders die Tatsache, daß er ein, nach den Prinzipien der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil ausgerichtetes Seminar zur Ausbildung orthodox-katholischer Priester in Econe (Schweiz) gegründet hat, mit deren Hilfe er katholische Rechtgläubigkeit erhalten und fördern will. Diese Umstände waren natürlich der Grund, warum wir Erzbischof Lefebvre angegangen haben, die Führung der katholischen Restkirche zu übernehmen.
Als Entschuldigung für sein Zusammenarbeiten mit den Organen der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation gibt Erzbischof Lefebvre an, daß die Mitglieder der Hierarchie dieser Organisation einschließlich Kardinal Wright, mit dem er insbesondere zusammenarbeitet, deswegen zu entschuldigen seien, weil sie eine mangelhafte theologische Ausbildung und deshalb keine klare Einsicht in den häretischapostatischen Charakter der neuen Lehren hätten. Die Meinung Erzbischof Lefebvres,"daß diejenigen Bischöfe und Priester, die die falsche Formel und den Neuen Ordo benutzen, deswegen allein noch nicht Apostaten seien. Sie könnten durch die Meinung irregeführt sein, daß die Worte "Hie est enim calix sanguinis mei" allein zur Konsekration zureichen. Die diesbezüglichen Äußerungen der Kirchenlehrer und Dogmatiker seien nicht genügend klar. Dies wohl deshalb, weil sie eine solch außergewöhnliche Situation wie die heutige realiter für unmöglich hielten." ist völlig abwegig, wobei "der Wunsch Vater des Gedankens" zu sein scheint um einen plausibel klingenden Grund für sein Zusammenarbeiten mit den Apostaten zu haben. Denn bereits der hl. Thomas von Aquin hat sich in seiner Summa Theologica III, q.78, a.3 sehr eingehend und unzweideutig klar mit der Irrigkeit der Auffassung auseinandergesetzt, daß die eben angeführten Wandlungsworte für die Wandlung ausreichend seien. Die Worte des berühmten Thomisten Cajetan (1469-1534), mit denen dieser das Urteil des hl. Thomas in dieser Frage bestritt, wurde auf Befehl des Papstes St. Pius V. aus seinem Kommentar über St. Thomas gestrichen. Auch der, auf Befehl des Konzils von Trient herausgegebene "Römische Katechismus" befaßt sich eingehend mit dieser Frage und klärt sie im thomistischen Sinne. Schließlich hat das Konzil von Florenz (1438-1445) den Wortlaut der Wandlungsworte, wie er in der tri dentinischen Messe verwendet wird, autoritativ definiert und der, auf das tridentinische Glaubensbekenntnis von allen Gliedern der "katholischen" Hierarchie abgelegte Eid schloß jede erlaubte Abweichung von diesem Wortlaut aus. (...)
Die, vom Erzbischof angeführte theologische Unkenntnis mag natürlich in einzelnen Fällen zutreffen, kann aber nicht als gültige Entschuldigung für Apostasie angesehen werden, da ein katholischer Bischof als Teil des Magisteriums der Kirche in den grundlegenden Wahrheiten des katholischen Glaubens Bescheid wissen muß. Nicht umsonst ist nach Kanon 331 des kanonischen Rechtes "solides Wissen in Theologie" eines der, für das Bischofsamt vorgeschriebenen Erfordernisse.
Die von Erzbischof Lefebvre vorgebrachte, offensichtlich für die Beruhigung seines Gewissens zurechtgelegte Hypothese, daß es sich bei dem dogmatischen Zusammenbruch in der "katholischen" Kirchenorganisation um eine Apostasie ohne die dafür verantwortlichen Apostaten handle, kann nicht ernst genommen werden. Denn für jeden, der sich mit diesem Zusammenbruch ernstlich befaßt hat - und Erzbischof Lefebvre hätte dazu reichlich Gelegenheit gehabt, wenn er wenigstens meine, an ihn gerichteten Briefe vom 28.Februar 1971 und 14. Januar 1972 ohne Voreingenommenheit gelesen hätte - ist es klar, daß diese Apostasie nicht auf Unkenntnis orthodoxkatholischer Theologie, sondern auf bewußter Ablehnung und "Modernisierung" dieser Theologie durch die verantwortlichen Organe der "katholischen" Kirchenorganisation zugunsten eines, auf den Menschen ausgerichteten universalen Ökumenismus beruht. Einer unter vielen möglichen Beweisen ist der Text der Einleitung zur "Konstitution über die heilige Liturgie" des Zweiten Vaticanums, der in meinem Brief an Erzbischof Lefebvre vom 14. Januar 1972 auf S. 12 zitiert ist. (...)
Ich möchte mich hier aber weniger mit den, den Erzbischof in diesem Zusammenhang angehenden Gewissensfragen befassen als mit dem utopischen Charakter seiner Idee, durch Zusammenarbeit mit den Führern der Abfallsbewegung in der "katholischen" Kirchenorganisation deren apostatisches Werk rückgängig machen zu können. Um die Tatsächlichkeit dieser Zusammenarbeit zu beweisen, zitiere ich aus dem bereits erwähnten Bericht aus Powers Lake die folgende Stelle, (...): "In der Gründung und in dem Betrieb dieser Seminarien arbeitet er (Erzbischof Lefebvre) zusammen mit Sr. Eminenz, Kardinal Wright, dem Präfekten der Kongregation für den Klerus beim Vatikan. Er hat nichts mit Papst Paul VI. zu tun, sondern nur mit Kardinal Wright, von dem er eine Genehmigung in schriftlicher From hat. Er hat auch eine schriftliche Genehmigung von Seiten der zwei schweizerischen Bischöfe, in deren Diözesen sich die zwei schweizerischen Seminarien befinden. Seine Tätigkeit ist als nicht "geheim"; auch ist sie nicht außerhalb des Bezirkes der "Amtskirche". Er hat keinerlei Absicht, jetzt oder in der Zukunft, sich in irgend einer anderen Weise zu betätigen; aber er ist weise und schlau: Er weiß, was er zu tun und zu unterlassen hat, um orthodoxe Seminarien zu betreiben und trotzdem sich und sein Werk in gutem Ruf zu erhalten. Er ist nicht von den Leuten in der Kongregation für die Seminarien belästigt worden.
Der Erzbischof hat zweierlei Pläne. Durch jeden kann ein Student zum Priestertum gelangen und kann mit dem erforderlichen Ordinationstitel ordiniert werden.
Erstens: Der Erzbischof hat eine Organisation gegründet, der er den Namen "Bruderschaft" gegeben hat und die er als etwas beschreibt, das den amerikanischen "Maryknollern" ähnlich ist: eine Gesellschaft von Weltpriestern, die sich zur Erreichung eines besonderen Zweckes zusammengetan haben, ein Zweck, der in diesem Fall der Betrieb von Seminarien ist. Diese Gesellschaft von Priestern ist also für den ganz gleichen Zweck gegründet wie die Sulpizianer, die von P. Olier unter dem Patronat des Hl. Sulpizius gegründete Gesellschaft, nämlich für den ausschließlichen Zweck, in Seminarien zu lehren und Seminarien überall in der Welt zu betreiben.
Zweitens: Wenn ein Student vorhat, ein gewöhnlicher Weltpriester zu sein und einer Diözese zugeteilt sein will, so kann irgend ein Bischof ihn jederzeit während seiner Ausbildungszeit oder zur Zeit seiner Ordinierung oder darnach adoptieren. Für solche, die beabsichtigen, sich einer besonderen Aufgabe fern von der Adoptions- Diözese zu widmen, hat der Erzbischof Freunde unter den Bischöfen der Welt, die bereit sind, einen Studenten nominell zu adoptieren unter der Maßgabe, daß er sich außerhalb der Adoptions-Diözese betätigen kann, wenn eine solche Arbeit für ihn verfügbar ist. Auf diese Weise wird er kirchenrechtlich in einer bestimmten Diözese mit dem, damit verbundenen Schütze des in Frage stehenden Bischofs inkardiniert, ist aber frei, sich mit der Erlaubnis und der Zustimmung des Bischofs in einem andern Apostolat zu betätigen."
Wie aus diesem Zitat hervorgeht, ist die Persönlichkeit im Vatikan, mit der Erzbischof Lefebvre "zusammenarbeitet" Kardinal Wright, der Präfekt der Kongregation für den Klerus. Da dieser Kardinal buchstäblich eine Kreatur Pauls VI. ist, gehört schon eine ungewöhnliche Dosis von Leichtgläubigkeit dazu anzunehmen, daß ausgerechnet dieser Mann die Erlaubnis erteilt haben soll, das Werk seines Herrn und Meisters zu sabotieren. Die bloße Tatsache, daß Erzbischof Lefebvre mit Kardinal Wright oder mit seiner Unerstützung die Erlaubnis ausgehandelt hat, ein Seminar oder eine Fraternité Sacerdotale zu gründen, bedeutet natürlich solange nichts Besonderes, solange der Inhalt der einschlägigen Dokumente die Ausführung der besonderen Pläne Erzbischaf Lefebvres nicht ausdrücklich genehmigt. Darüber hat sich aber der Erzbischof in Powers Lake (...) nicht ausgesprochen. Daß die, vom Erzbischof mit dem Vatikan geschlossenen Abkommen in eindeutiger Weise die, vom Erzbischof vertretene Aufrechterhaltung traditioneller katholischer Rechtgläubigkeit und insbesondere der tridentinischen Messe und die ausdrückliche Ablehnung des Novus Ordo Missae genehmigen, muß nach der Sachlage als vollkommen ausgeschlossen betrachtet werden. Das Gleiche gilt natürlich für die, dem Erzbischof erteilte Genehmigung seines schweizerischen Seminars durch die schweizerischen Bischöfe.
Wie wenig der Erzbischof selbst seinen Abmachungen mit dem Vatikan und den schweizerischen Bischöfen traut, geht daraus hervor, daß er selbst mit der Möglichkeit rechnet, daß von "amtskirchlicher" Seite der Versuch gemacht wird, ihn zum Gebrauch des Novus Ordo zu zwingen, und daß er für diesen Fall die Schließung seines Seminars angekündigt hat. (...)
Wenn er sein Seminar schließt, dann hat die apostatische Kirchenorganisation genau das erreicht, was sie wünscht. Denn nur dann, wenn der Erzbischof sein Seminar in Herausforderung eines ihm von der "Amtskirche" zugegangenen Befehls den Novus Ordo zu benutzen, offenhält und seinen "tridentinischen" Kurs fortsetzt, hat er eine Trennung von der apostatischen Kirchenorganisation herbeigeführt und das getan, was wir bereits jetzt von ihm wollen. Der Tatsache, daß der Erzbischof beim Einschreiten der "Amtskirche" nicht die Offenhaltung seines Seminars, sondern seine Schließung beabsichtigt, läßt darauf schließen, daß er gar nicht im Ernste vorhat, seine dogmatische Stellung gegen ernste Widerstände zu verteidigen.
Ich muß offen gestehen, daß ich die Wahrmachung der Drohung des Erzbischofs, sein Seminar zu schließen, für einen Akt unglaublicher Verantwortungslosigkeit gegenüber seinen Seminaristen halten würde, da diese dabei auf die Straße gesetzt würden. (...)
Der Preis, den der Erzbischof für sein Verbleiben in der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation und für seine Duldung durch den Vatikan und die schweizerischen Bischöfe zu zahlen hat und zu zahlen bereit ist, besteht darin, daß er bei öffentlichen Gelegenheiten dieser Organisation und "Papst" Paul VI. in gesinnungsloser, widerwärtiger Weise Lippendienst erweist, wie z.B. unlängst in der kanadischen Zeitschrift "Vers Demain" und in Powers Lake und durch die Einweihung eines Oratoriums für die Vereinigung "Für Papst und Kirche" in der Schweiz. (...)
4. Die utopische Absicht Erzbischof Lefebvres, durch kirchenrechtlich unerlaubte Mittel seine Econe-Priester im Rahmen der apostatischen "katholischen" Kirchenorganisation entfalten zu können
Sein utopisches Vertrauen auf die Geheimhaltung seiner Pläne. Erzbischof Lefebvre hat (...) Pläne entwickelt, wie er die, aus seinem Seminar abgehenden und von ihm zu Priestern geweihten Seminaristen in die Diözesen der apostatischen "katholischen" Bischöfe einzuschleusen und zu entfalten gedenkt. Diese Pläne sehen eine Reihe kirchenrechtlich unerlaubter Maßnahmen vor, wie er selbst zumindesten andeutungsweise zugibt. Da er mit Recht annimmt, daß er beim Entdecktwerden dieser Unregelmäßigkeiten mit einer Verhinderung seiner Tätigkeit infolge des Einschreitens der Kirchenbehörden zu rechnen hat, erwartet er eine vertrauliche Behandlung seiner Pläne.
Dazu ist zunächst zu bemerken, daß es eine groteske Vorstellung ist, den Fortbestand der Kirche Christi durch geheimzuhaltende kirchenrechtliche Schwindeleien von teilweise schwerwiegender Art fördern zu wollen.
Die, von Erzbischof Lefebvre gewünschte Vertraulichkeit kann natürlich gar nicht gewahrt werden, da bei der Ausführung seines Aktionsprogramms ein längerer Zeitraum, ein großer Kreis von Personen und ein öffentlich betriebenes Unternehmen, nämlich das schweizerische Seminar in Econe und die, von den Econe-Priestern betreuten Gemeinden, im Spiele sind. Erzbischof Lefebvre ist der erste, der die, von ihm gewünschte Vertraulichkeit fortlaufend durchbricht, indem er Zeitschriften-Aufsätze (...) lanciert, die in "Remnant" und in "World Trends" erschienen sind, und vor Gruppen von konservativen Katholiken spricht, wie er dies z.B. in Powers Lake getan hat. Bezeichnenderweise habe ich alle wesentlichen Teile seines Aktionsprogramms (...) bereits vorher ( . . . ) ohne Inanspruchnahme von Vertraulichkeit erfahren.
Der Erzbischof kann Publizität gar nicht vermeiden, wenn er Seminaristen und finanzielle Unterstützer für sein Seminar finden will. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, daß der Erzbischof Vertraulichkeit für die (...) mitgeteilten Einzelheiten seines Aktionsprogramms verlangen kann, besonders nachdem sich gegen gewisse Unregelmäßigkeiten seines Programms schwere moralische Bedenken erheben, die es geraten erscheinen lassen, vom Eintritt in sein Seminar unter den gegenwärtigen Umständen abzuraten. (...)
Erzbischof Lefebvre ist nur ein Titular-Erzbischof, der als solcher keinerlei kirchliche Jurisdiktion hat und deshalb erlaubterweise keine Priesterweihen vornehmen kann. Nun behauptet zwar der Erzbischof, daß er von den regierenden Bischöfen von R. (Reunion, franz. Insel im Indischen Oezean) und S. (Siguenza, Stadt in Spanien) eine delegierte Vollmacht habe, Priesterweihen zu erteilen. Aber diese delegierten Vollmachten sind offensichtlich kirchenrechtlich ungültig, da diese regierenden Bischöfe keine Vollmachten delegieren können, die sie selbst nicht haben, selbst wenn man annehmen würde, daß sie echte katholische Bischöfe sind, die die Rechte des kanonischen Rechtes rechtens in Anspruch nehmen können. Denn selbst unter dieser Annahme erstreckt sich ihre Weihegewalt nach fundamentalen, kirchenrechtlichen Grundsätzen jeweils nur auf das Territorium ihrer eigenen Diözesen.
Sie haben also keine Weiheerlaubnis in den, in Frage kommenden schweizerischen Diözesen von Fribourg und Sion und können deshalb auch keine solche Erlaubnis an Erzbischof Lefebvre in den schweizerischen Diözesen delegieren. Da sie aber als Apostaten von der wahren katholischen Kirche nach Kanon 2314 des kanonischen Rechtes automatisch exkommuniziert sind, haben sie auch automatisch ihre Jurisdiktion selbst in ihren eigenen Diözesen verloren und können schon aus diesem Grunde keine Jurisdiktion delegieren. Es muß deshalb als vollkommen sicher angenommen werden, daß Erzbischof Lefebvre nach kanonischem Recht kraft seiner eigenen, gültigen Konsekration (Anm.d.Red.: diese jedoch zweifelt Kellner heute an) und kraft seiner Rechtgläubigkeit die Fähigkeit hat, Priester gültig zu weihen, aber infolge seiner Stellung als bloßer Titularbischof nicht die Erlaubnis hat, Priesterweihen vorzunehmen, so daß die von ihm vorgenommenen Priesterweihen zwar gültig, aber unerlaubt sind. Dies bedeutet nach meiner Interpretation des kanonischen Rechtes - ich lasse mich natürlich gerne eines Besseren belehren, wenn dies möglich ist -, daß die, von Erzbischof Lefebvre in seiner gegenwärtigen Eigenschaft als bloßer Titularbischof geweihten Priester automatisch der suspensio a divinis verfallen, daß es ihnen also unter schwerer Sünde verboten ist, priesterliche Funktionen auszuüben und daß die Gläubigen, wenn nicht Unkenntnis sie entschuldigt, sündigen, wenn sie den Messen solcher Priester beiwohnen und Sakramente von ihnen empfangen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf St. Thomas von Aquin, Summa Theologica III, q.64, a.6 und III , q.64, a.lo und auf die beifolgenden Texte dieser Thomas-Stellen. (...) Das Utopische in Erzbischof Lefebvres Plan, die Abiturienten seines Seminars unerlaubterweise selbst zu ordinieren, besteht darin, daß es gar nicht ausbleiben kann, daß die Unerlaubtheit dieser Weihen offenkundig wird. (...)
Der zweite, wichtige Schritt in dem, von Erzbischof Lefebvre ausgeklügelten Aktionsprogramm besteht nach ( . . . ) dem Powers Lake-Bericht darin, daß die, von ihm ordinierten Priester nach einem, von ihm mit den regierenden Bischöfen von R. und S. geschlossenen Abkommen pro forma in einer der Diözesen dieser Bischöfe inkardiniert und gleichzeitig dem Erzbischof zur Verfügung gestellt werden, so daß er sie nach seinem eigenen Ermessen in irgend einer anderen "katholischen" Diözese der Welt einsetzen kann.
Das eben erwähnte Abkommen ist darauf berechnet den Anschein zu erwecken, daß es sich bei den, von Erzbischof Lefebvre ordinierten Priestern um Priester handelt, die nach Kanon loo, par. 1 in kanonisch korrekter Weise in einer bestimmten Diözese inkardiniert, also nicht clerici vagi sind. Aber das Abkommen ist null und nichtig, da es fundamentale kanonische Bestimmungen verletzt. Denn da es nach Kanon 969, par. 1 des kanonischen Rechtes einem regierenden Bischof verboten ist mehr seiner Untertanen zu ordinieren als er nützlicherweise in den Kirchen seiner Diözese verwenden kann, können die, von Erzbischof Lefebvre ordinierten Priester, die abkommensgemäß von vorneherein nicht für die Diözesen von R. und S. bestimmt sind, erlaubterweise nicht in diesen Diözesen inkardiniert werden. Geradezu lächerlich wird das System, wenn es sich um die Inkardinierung von Priestern handelt, die nicht die Sprachen von R. und S. sprechen, nämlich Spanisch und Französisch.
In der Anführung der eben genannten kanonischen Bestimmungen bin ich mir natürlich wohl bewußt, daß sie nicht mehr Bestandteile einer, für die apostatische, "katholische" Kirchenorganisation gültigen Rechtsordnung sind. Sie sind aber insofern für den vorliegenden Fall von Bedeutung als auch die apostatische Kirchenorganisation die Bestimmungen des kanonischen Rechtes über die Rechte der regierenden Bischöfe in ihren Diözesen, über die Priesterweihe und die Inkardination und Exkardination von Priestern anerkennt und Verletzungen dieser Bestimmungen verfolgt. Es kann deshalb nur eine Frage mehr oder weniger kurzer Zeit sein bis die ungesetzlichen Inkardinierungen der Econe-Priester in den Diözesen von R. und S. zur Kenntnis der vorgesetzten Kirchenbehörden kommen und gestoppt werden. (...)
Der letzte Schritt in Erzbischof Lefebvres Aktionsprogramm, der dessen Absichten zur Reife bringen soll, nämlich die Diözesen der apostatischen Kirchenorganisation mit orthodox-katholischen Priestern zu infiltrieren und dadurch, wie der Erzbischof glaubt, in dieser Organisation orthodox-katholische Widerstandszentren zu bilden, die letztendlich die gesamte Organisation wieder zum wahren Glauben zurückbringen, mißachtet so sehr alle Vorschriften des kanonischen Rechtes, auf denen die katholische Kirchenorganisation aufgebaut ist und die auch noch von der abgefallenen Organisation befolgt werden, daß der Lefebvre'sche Plan, innerhalb dieser abgefallenen Kirchenorganisation zu arbeiten, von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.
Nach diesen Vorschriften ist es nur solchen Weltpriestem erlaubt, Seelsorge in einer Diözese auszuüben, die in dieser Diözese inkardiniert sind und dadurch dem Bischof dieser Diözese unterstehen. Demzufolge können Econe-Priester, die in den Diözesen von R. und S. inkardiniert sind, nur dann erlaubterweise in anderen Diözesen Seelsorge ausüben, wenn sie durch einen formalen Exkardinations- und Inkardinationsprozeß nach Kanon 112 des kanonischen Rechtes von den Diözesen von R. und S. in diese anderen Diözesen versetzt sind. Dieser Versetzungsprozeß ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die im Falle der Econe-Priester nur in Ausnahmefällen vorliegen. Ferner würde dieser Prozeß die unerlaubten Priesterweihen Erzbischof Lefebvres, das Fehlen der litterae dimissoriales und die Unerlaubtheit der Inkardinierung der Econe-Priester in den Diözesen von R. und S. ans Licht bringen. Schließlich würden die Econe-Priester, als das Resultat des ordnungsgemäßen Exkardinierungs- und Inkardinierungsprozesses, sich den Weisungen des regierenden Bischofs der jeweils in Frage kommenden Diözese zu unterwerfen haben, wodurch Erzbischof Lefebvre die Kontrolle über die Verwendung der Econe-Priester verlieren würde und der Zweck seines Planes vereitelt wäre.
Dies vermeidet Erzbischof Lefebvre nach seinem Plan dadurch, daß er sich über die genannten Vorschriften einfach hinwegsetzt und selbstherrlich, d.h. ohne das formale Einverständnis der in Frage kommenden Bischöfe, seine Econe-Priester in deren Diözesen zu entsenden gedenkt, die dort eine, der offiziellen, apostatischen Diözesanseelsorge parallellaufende, orthodox-katholische Seelsorge aufbauen. Wenn diese auch, den Umständen entsprechend, immer nur von kleinem, zahlenmäßigen Umfang sein kann, so kann es gar nicht ausbleiben, daß diese in mehr oder weniger kurzer Zeit dem Bischof und den Behörden der betreffenden Diözese bekannt wird. (...)
5. Die illegitime, persönliche Rolle Erzbischof Lefebvres in seinem Aktionsprogramm
Wie seine unerlaubten Priesterweihen und seine souveräne Mißachtung aller Inkardinierungs- und Exkardinierungs Vorschriften des kanonischen Rechtes beweisen, maßt sich Erzbischof Lefebvre, obwohl er nur ein Titularbischof ohne Jurisdiktion ist, zur Durchführung seines Aktionsprogramms in kirchenrechtlich unerlaubter Weise nicht nur die jurisdiktioneilen Rechte eines regierenden Bischofs an, die dieser in seiner eigenen Diözese und nur in dieser Diözese genießt, sondern maßt sich darüber hinaus einen Jurisdiktionsbereich an, der sich über die ganze Welt erstreckt und dem eines Papstes entspricht.
Das Tragische in der Haltung Erzbischof Lefebvres besteht darin, daß er persönlich ein überzeugter Anhänger katholischer Rechtgläubigkeit ist und den Fortbestand der wahren katholischen Kirche fördern will, aber nicht zugeben will, daß die katholische Kirchenorganisation, in der er zu Ehren gekommen ist, als Ganzes in irreversibler Weise zu einer apostatischen, protestantischen Sekte geworden ist, weil er nicht den Mut aufbringt sie zu verlassen, wie es der katholische Glaube verlangt. (...)
DIE ALTERNATIVE
Durch die vorgeschlagene Übernahme der Führung (die Dr. Kellner nach Bekanntwerden der Problematik der Amtsfähigkeit Lefebvre nicht mehr zuerkennt - doch abgesehen von der Person bliebe die grundsätzliche Konstruktion dieser Alternative zu überlegen -, Anm. d.Red.) der katholischen Restkirche ündiseine damit verbundene Trennung von der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation würde der Erzbischof die moralisch anrüchigste und am meisten utopische Seite seines Aktionsprogrammes aus der Welt schaffen, nämlich seine Absicht, dieses in Zusammenarbeit mit offensichtlichen Apostaten durchführen zu wollen.
Durch die Übernahme der Führung der katholischen Restkirche würde der Erzbischof auch mit einem Schlage alle oben aufgeführten Übertretungen des kanonischen Rechtes vermeiden, die mit der Durchführung seines Programms im Rahmen der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation verbunden sind. Denn alle diese Übertretungen hängen damit zusammen, daß er als Titularbischof über keine jurisdiktionelle Gewalt verfügt.
Dies ändert sich grundsätzlich in dem Zeitpunkt, zu dem er durch eine öffentliche Erklärung die Jurisdiktions- oder Regierungsgewalt über die gesamte katholische Restkirche übernimmt, die ja nur eine Fortsetzung der wahren katholischen Kirche nach dem Ausscheiden ihrer protestantisch gewordenen Mitglieder darstellt. Denn dann würde er vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus die Jurisdiktionellen Rechte eines regierenden Bischofs erhalten, dessen Jurisdiktionsgebiet die ganze Welt ist, solange nicht weitere, orthodox-katholische Bischöfe sich der Restkirche anschließen.
Dies würde zur Folge haben, daß sein Seminar oder Seminarsystem nicht mehr von einer Genehmigung durch die apostatischen Kirchenbehörden abhängig ist, so daß keine Gefahr für dessen Schließung besteht. (...)
Die Durchführung des Lefebvre'sehen Programms im Rahmen der von ihm geführten Restkirche würde auch die bereits erwähnte falsche Grundauffassung des jetzigen Programms des Erzbischofs beseitigen, die darin besteht, daß er glaubt, daß die Kreise, aus denen sich die Seminaristen und Gläubigen der zu bildenden orthodox-katholischen Gemeinden rekrutieren, sich, wie er, noch als Mitglieder der, von der wahren katholischen Kirche abgefallenen, protestantischen Sekte betrachten. Sie fühlen sich (...) als die nicht abgefallenen Mitglieder der alten katholischen Kirche (...).
Wie die vorstehende Analyse zeigt, kann der, gegenwärtig (= 1972) von Erzbischof Lefebvre ins Auge gefaßte Plan im günstigsten Falle über eine kurze Zeitspanne hinweg zur Bildung einer kleinen Anzahl von, durch unerlaubt geweihte Priester betreuten, orthodox-katholischen Gemeinden führen, deren ekklesiologische Stellung im Rahmen der apostatischen, "katholischen" Kirchenorganisation völlig Undefiniert ist und denen das Hauptmerkmal der von Christus gestifteten Kirche fehlt: die hierarchische, jurisdiktioneile Führung. (...)
Dem ekklesiologisch völlig unausgegorenen Plan des Erzbischofs ist der, von unseren Gruppen angenommene Plan einer Organisation der katholischen Restkirche prinzipiell dadurch überlegen, daß seine ekklesiologische Zielsetzung dem Willen Christi entspricht. Er sieht vor, daß die wenigen, ihrem alten Glauben treu gebliebenen Katholiken, in denen die katholische Kirche fortlebt, die aber durch den Abfall der gesamten regierenden katholischen Hierarchie zum Protestantismus führerlos geworden sind, unter orthodox-katholischer hierarchischer, mit Jurisdiktion ausgestatteter Führung zu einer öffentlichen Körperschaft zusammengeschlossen werden, die wieder die äußeren Merkmale der von Christus gestifteten Kirche aufweist, die ihr in der Zeit des großen Abfalls vorübergehend verloren gegangen sind. (Anm.d.Red.: Da wegen seiner Weiheproblematik Lefebvre als Führer grundsätzlich ausfällt - in.Dr. Kellners Augen -, hofft Dr. Kellner nun, daß, wenn die Kirche Christi als sichtbare Glaubensgemeinschaft weiterbestehen soll, bald einer der Mitläufer-Bischöfe sich bekehren müßte, um die hier umrissenen Aufgaben zu übernehmen. - Damit wird ein Problem angeschnitten, nämlich das der Möglichkeit der Entsühnung der Kirche, das bisher noch zu wenig bearbeitet wurde.)
Für den Aufbau der orthodox-katholischen Gemeinden wird man nicht nur auf den verhältnismäßig geringen Zuzug von jungen Neupriestern aus (den) Seminarien angewiesen sein, wie ihn der Lefebvre-Plan vorsieht, sondern es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß als Folge der hierarchischen Führung der Restkirche eine größere Anzahl konservativ eingestellter Priester die apostatische, "katholische" Kirchenorganisation verlassen und sich der katholischen Restkirche anschließen werden und dadurch ihr reiferes Alter und ihre größere Lebenserfahrung dem Wiederaufbau der wahren katholischen Seelsorge zur Verfügung stellen werden.
Ferner ist damit zu rechnen, daß Katholiken, die bisher nur mit Widerwillen die "Messen" der apostatischen Kirchenorgansitation besucht haben, in größerer Zahl zur katholischen Restkirche stoßen werden, sobald deren Gemeinden gebildet sind und tridentinische Messen auf einer regelmäßigen Grundlage zur Verfügung stehen. Schließlich wird, wenn die katholische Kirche wieder eine feste, organisierte Form eingenommen hat, dem gegenwärtigen Krieg der konservativ-katholischen Gruppen untereinander und der Anziehungskraft häretischer, sich orthodox-katholische nennender Sekten wie der Scheinpäpste der Boden entzogen.
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OFFENER BRIEF AN ALLE LEFEBVRE-ANHÄNGER, DIE SCHEINBAR NICHT DEUTSCH LESEN WOLLEN ODER KÖNNEN
von Luise von Weymarn
Das achte Gebot gilt auch dann, wenn es sich darum handelt, daß man irgend einen Satz beliebig aus dem Zusammenhang heraus reißt, um dann daraus einen beliebig dreisten und der Wahrheit nicht entsprechenden Vorwurf zu manipulieren. Ich lehne es ab, für das Exorzismus-Spielchen in Klingenberg Mgr. Lefebvre verantwortlich, ihm "den Vorwurf der Schuld daran" gemacht zu haben. Ich habe klar und eindeutig geschrieben (vgl. EINSICHT VIII(6)2o6), daß der Skandal des Jahrhunderts in der "Kirche" die Tatsache ist , daß a l l e noch gültig geweihten Bischöfe und auch Lefebvre bis heute nicht den Mut gefunden haben, reinen Tisch zu machen und daß spätestens mit der Rede, daß "Satan in die Kirche eingedrungen i s t " der Prozeß gegen Paul VI. fällig gewesen wäre, ihn als Häretiker abzusetzen. Diesem kategorische Imperativ - und nicht weniger als das! - zu gehorchen, sind uns flie gültig geweihten Bischöfe bis heute schuldig geblieben, nicht nur Lefebvre. Man verhandelt immer nur, anstatt zu handeln (!) Und daraus resultiert j e d e r Unfug in der heutigen "Kirche", vom daneben gegangenen Exorzismus bis zum NOM. Demostenes sagte einmal: "Die Zeit der Arbeit vertrödeln wir zum Fertigwerden, aber die günstigen Augenblicke des Handelns warten nicljt auf unsere Langsamkeit." - das g i l t auch hier, wo der Teufel allein weiß, daß die Zeit kostbar ist .
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