Die Wahrheit
von
Werner Hensellek, Wien
"Wenn ihr in meiner Lehre verharrt, seid ihr
wahrhaft meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die
Wahrheit wird euch freimachen". Joh. 8, 31-32.
Der Grund für die Vorwürfe, die uns immer wieder von
Leuten gemacht werden die sich beeilen zu versichern, sie seien "ja
auch entsetzt", der Stein des Anstoßes, der den Schmerzensschrei "non
possumus' auslöst, der Umstand, der uns unter erschreckten
Bürgerkatholiken den Ruf katholischen Rowdytums eingebracht hat, läßt
sich mit wenigen, dürren Worten bezeichnen: unsere Stellung zum Papst.
Wir greifen den Papst an. Welch abgründiges
Unterfangen! Das hat es nie gegeben, daß wahre Kinder der Kirche den
Papst anzutasten wagten, und das darf es auch nicht geben! Sofern die
Vogel-Sträuße ein bißchen in Bildung machen wollen, pflegen sie sich so
auszudrücken: wo Petrus ist, da ist die Kirche; soll heißen: was der
jeweilige Papst sagt, wo er steht, wie er ist, das sagt, da steht, so
ist die Kirche.
Wir wollen hier nicht den Rat erteilen, bei der
betreffenden Schule um Rückerstattung des Schulgeldes einzukommen; wir
wollen auch nicht - obgleich wir allen Grund dazu hätten - im Detail
auf die höchst peinlichen Konsequenzen dieses bestenfalls
falsch-naiven, schlechtestenfalls bösartiger. Standpunktes eingehen
(bedeutet er doch nicht weniger als zu glauben, daß die Kirche so
manchesmal Lästerung geredet, im Bordell gestanden und eine
Trauergestalt abgegeben habe); wir wollen vielmehr nochmals mit wenigen
kräftigen Strichen unsere Kritik an diesem Papst Paul VI. nachzeichnen.
Wozu? Weil wir nicht aufhören zu hoffen, daß die
Halbblinden aus Torheit,denen unsere ganze brüderliche Sorge gilt,
endlich, endlich lernen, sehen zu wollen, wie es ihre Pflicht ist und
es ihnen unzählige Male in den wartenden Kapiteln des Alten Bundes, der
Frohbotschaft und der Heiligenunterweisungen geboten wird.
Wer freilich wider Einsicht darauf beharren will,
uns Verräter oder Besessene zu nennen, wer es weiter vorzieht, einer
hysterischen Papst"verehrung" anzuhängen, die aus römisch-katholischem
Glauben nicht nur nicht gerechtfertigt ist, sondern ihm Schaden zufügt,
dem ist von Menschen nicht mehr zu helfen. Er sagt Nein zu
unabweislichen Fakten und hat damit den Bereich der elementarsten
Vernunft verlassen; er läuft Gefahr, den Geist der Wahrheit zu belügen.
1.
Der heilige Apostel Johannes sagt: "Jeder, der
fortschreitet und nicht in der Lehre Christi bleibt, hat Gott nicht.
[...]Wenn da einer zu euch kommt, aber diese Lehre nicht mitbringt, so
nehmt ihn nicht in das Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn
grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken.'' (2 Joh. 9-11)
Der heilige Apostel Paulus sagt: "Selbst wenn wir
oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten als
jenes, das wir euch verkündet haben, der sei verflucht~ Ich sage
abermals: wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündete als jenes,
das ihr empfangen habt, der sei verflucht." (Gal. 1, 8-9)
Nun ist es offenbar und durch unzählige
Äußerungen~:, bzw. Handlungen der Betreffenden zu belegen, daß viele
Kardinäle und Bischöfe nicht mehr den Glauben der Apostel teilen, daß
sie "fortgeschritten" sind; ja daß einige von ihnen Jesus von Nazareth
wohl für einen überaus weisen Menschen (etwa den weisesten jüdischen
Rabbiner), doch nicht für den Sohn des Lebendigen Gottes halten. Wenn
also schon der einfache Christ vom Apostel streng verwarnt wird,
Fortschreitende: Häretiker und Apostaten nicht im Haus aufzunehmen, ja
sie nicht einmal zu grüßen, was ist selbstverständlicher Pflicht des
Hausherrn der ~Kirche als jene, die nicht das wahre Evangelium
"mitbringen', vielmehr für die Behauptung, sie täten es, vom Apostel
Paulus verflucht worden, aus dem Haus zu weisen?
Und was ist von einem Papst zu halten, der dieser
selbstverständlichen Pflicht nicht nachkommt, sondern "reumütige Kinder
seines Hauses den zersetzenden, Lebens[25]gefährlichen Irrlehren der
falschen Apostel aussetzt? Was anderes kann diese grobe Verletzung der
von jedem Christen zu erfüllenden Pflicht bedeuten als die
Aufforderung, es mit dem Evangelium nicht mehr "so wörtlich" zu
nehmen?! Was ist das für ein Papst, der Vorbild gibt in der
Relativierung von Schriftworten? Wir dürfen es nicht nur sagen, wir
müssen es sagen: ein schlechter Papst!
2.
Welcher gute Vater wird versäumen, wenn er sieht,
daß seine Kinder durch seelenmordende Literatur gefährdet sind, sie mit
aller liebevollen Strenge und unmißverständlichen Deutlichkeit darüber
aufzuklären, welcher Art diese Lektüre sei und welche Folgen sie
zeitigen müsse. Die ins Kraut schießenden "neuen Katechismen", die (mit
großzügiger kirchlicher Unterstützung gedruckte) progressistische
Literatur - ungleich verderblicher und scheußlicher als die gesamte
PornoproduRtion von Beate Uhse - ist seelenmordend und mit
exhibitionistischer Wollust heterodox, bzw. apostatisch.
Was, fragen wir, ist von einem Papst zu halten, der
sie nicht Stück für Stück mit der allerängstlichsten Sorgfalt
verurteilt? Wenn wir nicht lügen wollen, müssen wir sagen: das ist ein
schlechter Papst.
3.
Der heilige Papst Pius V., der von Gott berufen,
Ernte auf reichem Acker zu halten, ein Papst, der Gott gefiel, hat
seiner auf ewig gültigen Redaktion des Ordo Missae in der
Promulgationsbulle die (nun schon sattsam bekannten) Worte mitgegeben:
"Wer es wagen sollte, dies anzutasten, der soll wissen, daß er den Zorn
Gottes und Seiner heiligen Apostel Petrus und Paulus auf sich zieht."
Wie muß es mit dem Glauben, der Scheu und Ehrfurcht
eines Papstes bestellt sein, der dennoch nicht nur antastet, sondern
wie mit einer Sichel hineinfährt, der den ausdrücklich geforderten
Gehorsam bricht? Wie würden wir jemanden nennen, der Anständigkeit im
Diebshandwerk, Liebe im Ehebrechen, Gottesfurcht im Morden verlangte?
Wir würden ihn zynisch oder pervers nennen. Und wie den, der Gehorsam
für Gehorsamsverletzung fordert? Wie läßt sich diese Ungeheuerlichkeit
anders deuten als der Versuch, das katholische Identitätsbewußtsein zu
zerstückeln, den Gläubigen zum Schizophrenen zu machen, zu einer
permanenten Contradictio in se.
Hier wird es sehr fraglich, ob wir einen solchen
Papst überhaupt noch unter die "schlechten" Päpste einreihen können.
4.
Die in der Landessprache gelesenen "Messen" fälschen
Worte, die Jesus Christus, unser Herr und Erlöser, bei der Einsetzung
der Heiligen Eucharistie selbst gesprochen hat. Das Kostbarste, was
diese Welt jemals gehört und was sie nicht verdiente, gesagt von dem
Herrlichsten, Strahlendsten, den diese Welt je gesehen, Worte, die das
Licht nicht geben, sondern sind, eingesetzt von der fleischgewordenen
Erbarmung, Worte, die den Aufschrei aus den Tiefen des -"Elends, die
Tränen" den Jammer, das Übel in einem Flüstern überwanden - sie werden
"geändert'.' Einfach 'geändert". Gott wird korrigiert. Schließlich hat
Jesus ja nur zu den ersten Christen gehört, wir wissen heute besser als
er, was Christentum ist; der Stifter hat sich selbst nicht richtig
verstanden.
Die Finsternis des Karfreitags breitet sich über die
Kirche - was tut der Stellvertreter des Gekreuzigten? Nimmt er die
Peitsche und jagt er die, die solches wagen, aus der Kirche? Nein. Er
nimmt den Atlas, er geht auf Reisen. Er schüttelt Hände, an denen Blut
klebt (oder brennt darauf, sie zu schütteln: Tito, die grausame Bestie,
harrt noch des Schüttelns, das da kommen soll). Er verteilt
Auszeichnungen an Leute, die mit dem Teufel per Du sind. Er redet
weltpolitisches Blabla im Stil eines drittklassigen Rotariers. Er hat
zu tun, so viel zu tun; dort Indien, da Südamerika, ein Händeschüttler
auf den Philippinen, eine Rede in Hongkong, nach Grönland müßte man
auch einmal.
In abertausend Kirchen wird der Erlöser verspottet,
wird drauflosgelästert, werden Gläubige betrogen, gibt es Giftbüchlein~
und Schweineblättchen zu kaufen der Papst denkt ans Reisen und an die
vielen schmucken Staatsmänner. Wem hier die Tränen der Empörung kommen,
wer aufschreit aus gequälter Seele, der ist [26] Scharfmacher,
Extremist, der ist Verräter? Wer, fragen wir, ist hier Verräter?!
Gewiß, ab und zu verkündet Seine Heiligkeit, im Rollkragenpullover
solle man nicht zelebrieren; daß aber die wichtigsten Worte, die sein
Herr und Richter gesprochen hat, weltweit eine satanische Fälschung
erfahren haben, scheint ihn nicht zu interessieren. Wahrlich, wahrlich,
er ist ein mehr als schlechter Papst!
Bruder in Christo! Du sollst der Wahrheit nicht
ausweichen; nicht das, was du wahrhaben möchtest, an die Stelle der
Wahrheit setzen; du sollst nicht wider dich selbst falsches Zeugnis
ablegen, dich nicht selbst betrügen! Du mußt die Wahrheit wollen, immer
überall, auch wo sie schmerzt! Du sollst vor allem den heiligen Namen
des Apostelfürsten Petrus, der für die Wahrheit gemartert worden ist,
nicht so gröblich verletzen, daß du schlechte Päpste, die sich mit der
Welt und ihrem Geist arrangieren, ostentativ Petrus nennst, um damit
deine eigene Schwäche zu decken.
Doch selbst wenn du "Petrus" sagst, scheinst du
vergessen zu wollen, daß Paulus dem von Christus eingesetzten Papst ins
Angesicht widerstand, und dies nicht etwa in einer belanglosen Sache,
sondern in dem Augenblick, da Petrus einer Sekte nachgeben wollte. Der
Heilige Geist hat dafür gesorgt, daß das aufgeschrieben wurde, damit du
es liest. Du sollst Sklave sein nur unseres Herrn Jesu Christi, nicht
des schwachen Fleisches Seines Stellvertreters. Du bist aufgerufen, für
Papsttum und Kirche zu streiten, nicht jedoch für den jeweiligen Papst
in dem Sinne, daß du anbeten müßtest, was dieser auch sagt und tut,
bzw. daß er nichts sagt und nichts tut.
Wenn du das in den vier Punkten Dargelegte ehrlich
und gewissenhaft prüfst (wozu auch gehört, daß du dich einmal mit den
weniger erfreulichen Kapiteln der Kirchengeschichte beschäftigst),
wirst du erkennen, daß unsere Kritik am Papst nicht nur gerechtfertigt,
sondern unabdingbare Pflicht ist, von der nur lassen kann, wer den
Glauben aufgeben wollte.
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