SEKTE MIT IMPRIMATUR
von Luise von Weymarn
"Gebetsreisende besuchen München. Taizé-Bewegung am Wochenende zu Gast. Feier mit Ratzinger und Hanselmann.
Auf einer ihrer alljährlichen Gebetsreisen, die bisher nach Hongkong, Kalkutta oder Bali führten, deren Ziel heuer Afrika ist, wollen Roger Schutz und eine Gruppe Jugendlicher aus der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé am kommenden Wochende in München Station machen.
Junge Münchner Christen, die diesen Besuch vorbereitet haben, erwarten zu diesem Konzil der Jugend rund 3000 Teilnehmer aus Frankreich, Österreich, Italien und den Niederlanden und aus der Bundesrepublik, Höhepunkt des in kleinem privaten Rahmen geplanten Zusammenseins ist am Samstag um 19 Uhr ein gemeinsames "Gebet des Gottesvolkes" im Liebfrauendom, an dem auch Kardinal Ratzinger und Landesbischof Hanselmann teilnehmen."
Soweit die mit Widersprüchen in sich (Konzil der Jugend - 3000 Teilnehmer - kleiner privater Rahmen usw.) gespickte Vorankündigung in der Presse. Ebensolche Plakate konnte man noch 10 Tage nach diesem "Ereignis" in den Schaukästen der Dompfarrei antreffen, wie bestellt und nicht abgeholt.
Zunächst möchte ich das Wort vom Liebfrauendom herausgreifen. Kurz, nachdem Julius Döpfner den Münchner "Dom zu unserer Lieben Frau" zu einem geeigneten Raum für die zwangsweise Einführung des von ihm mitverschuldeten NOM umfunktioniert hatte, stand auf der Treppe zum Haupteingang ein auswärtiger Besucher unserer Stadt, schüttelte den Kopf und sagte laut und unmißverständlich: "Das soll ein Liebfrauendom sein? Das ist ein Freimaurertempel."
In diesem Raum also ging am 18.11.78 die als "Gebet des Volkes Gottes" und als "ökumenisch" bezeichnete Veranstaltung der Macher von Taizé über die Bühne, in Anwesenheit von Ratzinger und Hanselmann.
Für die nicht orientierten Leser eine kurze Erklärung: Taizé ist ein Ort in Frankreich im Departement Sâone-et-Loire, und nach diesem Ort hat die dort von Roger Schutz gegründete "evang.-ökumenische Gemeinschaft" ihren Namen. Man absolviert dort ein dreijähriges Noviziat, nach dessen Ablauf verpflichten sich die Mitglieder zur Ehelosigkeit, Gütergemeinschaft und Anerkennung einer Oberleitung. Wirkungsfeld sind die Elendsviertel der Welt und Gewinnung der Jugend, mit ganz besonderem Schwergewicht auf diese Tätigkeit.
Ein Eintopf also aus dem in unseren katholischen Kreisen so sehr heruntergeredeten Zölibat des Priesters, aus den ebenso nicht mehr zeitgemäßen Ordensgelübden der Armut und des Gehorsams mit Heilsarmee-Einsatz und sektenmäßigem Jugendfang. Man behält die Zugehörigkeit zur bisherigen Religionsgemeinschaft, die Mitglieder verdienen sich ihren Lebensunterhalt in ihrem bisherigen Beruf, z.B. "auch als Pfarrer". Man bleibt also Kirchensteuerzahler und wird infolgedessen wohl geduldet, im Gegensatz zu anderen Sekten, vor welchen in erster Linie gewarnt wird, "sich kein Geld abnehmen zu lassen". Mit Staunen erfährt man da z.B. aus der Presse, daß sich in München an über 50 Stellen "Orte der Gemeinschaft" gegründet haben und daß sich Jugendliche in bisher 200 Wohngemeinschaften und Gruppen zusammengetan haben, z.Zt. etwas über 1000 Menschen.
Eine Kinder - "Wallfahrt" nach Taizé im Sommer 1979 wurde bereits öffentlich programmiert, als Sternfahrt aus allen Gegenden Europas! Zur weiteren Einordnung dieser "Còmmunauté de Taizé" möchte ich eine Bemerkung eines der Redner dieses Abends vorweg erwähnen: Er erlaubte sich, zu sagen "Beten sie in diesem Dom am Grabe von Kardinal Döpfner immer für unsere Anliegen. Kard. Döpfner war in Taizé und war sehr beeindruckt. Wir liebten ihn sehr" (Wir nicht - d. Verf.) Und weiter, "Er - Döpfner - spricht immer zu mit Gott über uns". Döpfner als "Schutzheiliger" dieses Vereins - was bitte hat sich dieser Schwätzer bei dieser geradezu lästerlichen Bemerkung eigentlich gedacht: "Spricht immerzu mit Gott über uns" ???
Es ist kein Irrtum, was ich hier berichte, ich habe mir diese Bemerkung sofort und wörtlich notiert.Sicherlich, Schwarmgeister hat es zu allen Zeiten gegeben. Der alte Kaiser Franz Josef von Österreich hat in einer ähnlichen Situation einmal gesagt "Dös möcht ich am Sonntag sein, was sich der unter der Woch'n einbild', daß er is "' - aber als offizielles Angebot und mit Billigung höchster, sogenannter "kirchlicher "Stellen und deren Teilnahme? Bereits eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung war der Dom überfüllt, in den Seitengängen um den früheren Altarraum waren Matten ausgelegt und dort hockten auf dem Boden die Teilnehmer des "Konzils der Jugend", teils im - sehr gekonnten Lotossitz, teils einfach in der Hocke, nach Hippieart. Aus dem bereits ebenfalls überfüllten, früheren Altarraum, - aus dem Julius Döpfner den Altar des Eucharistischen Kongresses entfernen ließ, um genau in der Mitte dieser Stelle für sich ein Stühlchen hinstellen zu lassen - klang gedämpfte Musik, bald stärker anschwellend, bald leise abklingend, offenkundig "zur Einstimmung". Zu Beginn dann lateinisch !! in immer wiederkehrender, ebenfalls an - und abschwellender Formulierung der einzige Satz "Veni, Sancte Spiritus" ich weiß nicht, wie lange und dann im gehauchten Piano "verschwebend". Josef Ratzinger sprach einige, so belanglos Begrüßungsworte, daß ich sie vergessen habe, im übrigen saß er die weiteren fast zwei Stunden auf seinem Stuhl, das war "seine Mitwirkung" !! an diesem Abend. Hanselmann hatte sich das Schriftwort "Ich bin der Herr, dein Gott" als Thema ausgesucht und darüber ebenfalls nur ganz kurz referiert, im übrigen teilte er beim weiteren Verlauf des Abends die Rolle des sitzengebliebenen und schweigenden "katholischen Amtsbruders." Weiter ging 's im Mantra-Stil, natürlich auch lateinisch "Ostende nobis Domine", dann Lesung, selbstverfaßte Gebete des-"Prior" Roger Schutz, Gesang "ubi caritas", dann Stille. Die dauerte ziemlich lange, bis plötzlich mit lautem Schall mitten hinein "wachet auf, so rufet die Stimme." geschmettert wurde und dann wieder an - und abschwellend "Kyrie eleison". Es folgten wieder Gebete, ein Tenorsolo mit "Amen" aus dem Volk "Surrexit Dominus, alleluja". Dazwischen nach Heilsarmeeart Berichte und Bekenntnisse von solchen, "die nach Taizé gefunden haben", einer der sich immer wiederholte und mindestens dreimal "zum Schluß möchte ich sagen" gackerte, dann - bitte alles in immerwiederkehrender Wiederholung "Jubilate Deo, alleluja". Ohne irgend ein Segenswort, unter neuerlichem "Veni, sancte Spiritus" löste sich nach etwa zwei Stunden das "Gebet im Volk Gottes" in einem allgemeinen Gedränge zu den Türen auf. Auch Ratzinger und Hanselmann waren auf einmal "weg" Aus dem Prospekt konnte man entnehmen, daß "Gleich nach dem Gebet im Volke Gottes eine Gebetsnacht in der Sakramentskapelle des Domes beginnt und daß nach der Rückkehr aus Afrika vom 27. - 31.12.78 in Paris das Europäische Treffen des Konzils der Jugend stattfindet. Alle Generationen sind willkommen. Anmeldungen ... etc."
Das Kalkül, erst Sensation, dann Mitläuferschaft scheint also immer noch aufzugehen. Bezeichnenderweise schwieg sich die Presse über dieses mit so viel Vorschußlorbeeren bedachte "Konzil der Jugend im Dom" aus. Sogar Frl. Termolen, Spezialkolumnistin für alle Ereignisse zwischen Domplatz und Viktualienmarkt einschließlich Romfahrten der Kardinalsfamilie und 70. Geburtstag eines Weihbischof, der - wörtlich - "nicht daran denkt, aufzugeben" hat sich ausgeschwiegen. Man,wich auf den "Kardinal Günthner" aus, der tags darauf im Bürgerbräukeller an der Isar mit seinen Anhängern tagte. Dorthin hat man sogar die Kripo bemüht, man soll liturgische und andere Kleidungsstücke beschlagnahmt haben, unter Berufung auf das im Grundgesetz verankerte "Uniformverbot" - tragen von Amtskleidung durch Unbefugte.
Genau hier nämlich der Punkt, um den es geht: Weil unsere sogenannten Priester von heute nicht mehr gefordert sein wollen, weil sie in ihrem seichten aggiornamento - humanitätsduseligen Schlendrian so aalglatt geworden sind, darum kann es passieren, daß solche Blamagen, wie diese Taizé-Veranstaltung von Tausenden konsumiert werden, während sonst unsere "Kirchen", die keine Kirchen mehr sind, leer sind.
BERICHTIGUNG
Vgl. EINSICHT VIII(5)175: Der in den Armen von Luciani so plötzlich gestorbene russische Abgesandte Nikodim war nicht "Patriarch von Moskau", sondern Metropolit von Leningrad und Nowgorod. Seit 1961 war er zudem Leiter des Außenamtes der Russ. Orthodoxen Kirche und als solcher zu den Feierlichkeiten nach Rom gekommen. Patriarch von Moskau und ganz Rußland ist Pimen (dem Solschenizyn vorwarf, er gebe den Gläubigen Steine statt Brot Anm.d.Red.). Luise von Weymarn |