Einige präzise Fragen an Herrn Professor Schmaus
von
Reinhard Lauth
Herr Professor Michael Schmaus hat in der
Zeitschrift "Der Fels" (2. Jahrg. Nr.2, Febr. 1971, S.50/51) in einem
"'Für alle' oder 'für viele"' überschriebenen Artikel zur Frage der
Gültigkeit der Wandlung in den neuen vulgärsprachlichen 'Messen'
Stellung genommen, in denen die Wandlung des Weines in das heilige Blut
Christi mit den Worten "Das ist mein Blut, das für euch und für alle
vergossen wird" vollzogen werden soll. Der Artikel von Prof. Schmaus
ist so kennzeichnend für den heutigen Geisteszustand "führender"
Theologen in der katholischen Kirche, daß er eine Analyse lohnt.
In welcher seelischen Verfassung und Stimmung heute
die zentralen Geheimnisse unserer Religion behandelt werden, davon
zeugt die Bemerkung des Herrn Schmaus zu Anfang seiner Zuschrift, mit
der er es dem Herausgeber der Zeitschrift anheimstellt, "mit den
folgenden Zeilen [zu] verfahren, wie es Ihnen gut dünkt, gleichviel, ob
Sie meine Darlegung als Leserbrief oder als einen kleinen Beitrag oder
als Futter für den Papierkorb verwenden". Soviel ist also Herrn Schmaus
seine Stellungnahme zur Frage der Gültigkeit der hl. Messe und damit
eines möglichen Betrugs an Millionen katholischer Christen, die
vielleicht nur mit gewöhnlichem Brot abgespeist werden, wert. Ein
Priester unserer Kirche, der in einem Lande Osteuropas unter den
Nationalsozialisten und unter den Kommunisten im Gefängnis gesessen hat
und zum Tode geführt worden ist, schreibt mir dazu: "Professor Schmaus
wird diese Ausführungen einmal vor dem Gerichte Gottes zu verantworten
haben!" Möglicherweise glaubt aber Herr Schmaus "aufgrund zwingender
exegetischer und historischer Erkenntnisse", die er zu haben vermeint
(und auf die ich im folgenden zu sprechen kommen werde), schon nicht
mehr an ein solches Gericht oder zum mindesten sind seine Vorstellungen
inmitten des heutigen Ausbruchs von öffentlichem theologischen Wahnsinn
schon so getrübt, daß er nicht mehr deutlich weiß, ob er glaubt oder
nicht glaubt.
Herr Schmaus gibt zunächst zu - und es erstaunt
einen nachgerade, daß nicht auch schon diese Tatsache angezweifelt
wird, denn schließlich könnte man ja die einzelnen Buchstaben eines
Abdrucks unter die Lupe nehmen und zu bezweifeln beginnen, ob ein e
noch ein e und nicht vielleicht schon ein c ist, aufgrund "zwingender
physikalischer Erkenntnisse" etwa, - also Herr Schmaus gibt jedenfalls
noch zu, "daß in der unmittelbaren lateinischen Vorlage [des neuen
'Ordo missae'] das Wort 'multi' steht" (S.51.). In der Übersetzung der
deutschen 'Bischöfe' aber steht, auch das räumt er ein, "alle".
Herr Schmaus hilft sich dann mit folgender
erstaunlichen Unterscheidung: "Die Übersetzung in den Nationalsprachen
mit dem Wort 'alle' ist in der Tat nicht buchstabengetreu. Sie
entspricht aber dem Sinn dessen, was gemeint ist."(S.50.) Er erlaube zu
dieser Behauptung die simple Frage, seit wann eine Übersetzung - sage:
Übersetzung - buchstabengetreu - sage: buchstabengetreu - sein kann?
Dann wäre diese "Übersetzung" doch wohl nur eine Abschrift desselben
Wortes in eine andere Schrift? Seine Bemerkung ist also sinnlos - und
das macht uns darauf aufmerksam, daß wir es bei manchen seiner
Ausführungen mit sprachlichen Wendungen zu tun haben könnten, hinter
denen nichts Vernünftiges gedacht ist.
Fragen wir uns darnach, was Herr Schmaus wohl mit
dem Ausdruck "sinngetreu" und der Wendung "genau" "dem Sinn dessen
entsprechend, was gemeint ist" gedacht haben will. Offensichtlich, - so
muß die Antwort lauten, - nicht das, was man gewöhnlich unter
"sinngetreu" und "genau entsprechend" versteht. Wenn ein Gymnasiast die
fraglichen Wandlungsworte bei Matthäus und Markus pro multis () mit
"für alle" übersetzte, so würde ihm das sein Lehrer zweifellos als
Fehler anrechnen und es ihm auch bei Berufung auf Sinntreue niemals
durchgehen lassen. Hat doch schon ein Altphilologe einer namhaften
deutschen Universität ironisch vorgeschlagen, man möge in Zukunft in
jedem lateinischen Wörterbuch bei dem Worte multus eine Anmerkung
hinzufügen, daß dieses Wort aufgrund einer päpstlichen Entscheidung in
einem einzigen Ausnahmefalle auch "alle" bedeute. Man beachte noch
insbesondere daß in keinem der überlieferten neutestamentlichen
Wandlungstexte peri twn pollwn oder upo twn pollwn steht, so daß sich
der Übersetzer auf die Bedeutung von oi polloi' beziehen könnte, das
allerdings auch nicht den Sinn von alle hat, aber den von 'dem Gros"
haben kann. (NB. ist deshalb auch die Übersetzung [17] "für die vielen"
nicht ganz korrekt.) Es steht da peri pollwn und uper pollwn – und das
heißt sinngetreu in deutscher Sprache nur: "für viele". Das, genau das
und nur das ist der genaue Sinn dieser Stelle.
Wenn Herr Professor Schmaus dennoch von
"sinngetreuer" und "genauer" Übersetzung spricht, so meint er etwas
anderes, als was der natürliche Sprachgebrauch erlaubt. Herr Schmaus
hat mich bei diesen Worten etwas anderes im Sinn, als in ihnen
ausgesagt wird, nämlich die Lehre der katholischen Kirche, daß der
Erlöser Sein Blut für alle Menschen vergossen hat. Dies, erklärt er
richtig, "ist einfachhin katholisches Dogma". (Nach den
"neuesten""zwingenden theologischen Erkenntnissen" seiner Kollegen
Rahner und Küng ist es wohl auch das nicht mehr - aber das können wir
Herrn Professor Schmaus schenken.)
Ist denn aber von diesem Dogma in den angezogenen
Worten Jesu, die die hl. Wandlung zu bewirken vermögen, die Rede?
Jeder, der die Texte besonnen liest, wird antworten: Nein! Denn dort
ist die Rede davon, daß dies das Blut sei, das zur Vergebung der Sünden
vieler ("pro multis ... in remissionem peccatorum") vergossen wird; wie
es denn auch in der Übersetzung richtig heißen muß "... das für euch
und für viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird". Die Worte "zur
Vergebung der Sünden" bestimmen das Verbum "vergießen" und lassen nur
ein "für viele" zu, da Jesu Genugtuung nicht bei allen Menschen die
Vergebung der Sünden bewirkt. Eugen Banauch hat in seinem Artikel
"Briefwechsel mit einem gutgesinnten Priester" Das Zeichen Mariens"
4.Jahrg.Nr.9,Jan.1971,S.1156) völlig einleuchtend gezeigt, "daß die
Bedeutung eines Hauptsatzes durch einen nachfolgenden Relativsatz
verändert werden kann. Wenn zum Beispiel [...] der neue Wandlungstext
lautete: 'Das ist mein Blut, das ich n i c h t vergießen werde', so
müssen Sie zugeben, daß der voranstehende Hauptsatz seinen Sinn
verloren hätte. Sie werden doch gewiß nicht behaupten wollen, daß in
diesem Falle noch das Sakrament verborum gewirkt würde. Nicht anders
verhält es sich aber mutatis mutandis bei der neuen Wandlungsformel".
Vielen - nicht allen werden durch dieses Blut ihre Sünden vergeben -
das ist der Sinn dieses Satzes.
Demgegenüber hat Herr Schmaus die Stirn, seinen
Lesern, von denen vielleicht auch einige denken können, vor allem aber
"den breiten Kreisen des Gottesvolkes", bei dem wir "eine solche
Kenntnis und Urteilsfähigkeit [...] im allgemeinen nicht annehmen
dürften' (s.51), zu erklären: "Wenn man sich entschlossen hat, [...]
das bei Markus und Matthäus, nicht aber in der ältesten Überlieferung
des Apostels Paulus und des Evangelisten Lukas vorkommende Wort 'viele'
mit dem Auadruck 'alle' zu übersetzen, so ist damit der Sinn der
Heiligen Schrift genau getroffen." !!! (S.50.)
Die erste Überlegung, die sich einstellt, ist hier
die, daß dann "in der unmittelbaren lateinischen Vorlage~" des neuen
sogenannten ordo missae der Sinn nicht genau getroffen ist. Also hat
die Kirche ausgerechnet in dem verpflichtenden, für alle
volkssprachlichen Versionen die Norm abgebenden Text nicht sinngetreu
übersetzt. Ob Herr Schmaus das wohl sagen wollte? Oder soll hier einmal
rasch zur höheren Ehre der neuesten "zwingenden Ergebnisse" der
Exegeten der Satz vom Widerspruche aufgehoben worin? Wenn man auf eine
Stelle, die selbst eine andere Bedeutung hat, den Sinn ganz anderer
Aussagen (den man immer richtig erfaßt haben mag) einfach. übertragen
darf, dann sind noch ganz andere Übersetzungen sinngetreu!
Der Leser der Ausführungen des Herrn Professor
Schmaus sollte sich aber hier daran erinnern, daß Herr Schmaus als ein
Theologe spricht, der Universitätsprofessor und als solcher im Besitz
"zwingender exegetischer und historischer Erkenntnisse" (S.50) ist, die
nachzuvollziehen es "den breiten Kreisen des Gottesvolkes" nach seiner
"Kenntnis" an "Urteilsfähigkeit" fohlt. (Wohlverstanden: an
Urteilsfähigkeit, und das heißt, daß sie nicht nur nicht so urteilen,
sondern gar nicht so urteilen können! ) Der Lesermag daraus sogleich
den Schluß ziehen (- es ist wahr, nach der klassischen Logik, aber er
wage es immerhin! - ), was Herr Schmaus anstrebt, wenn er bei ihm mit
seiner "pastoralen Hilfe" ein "Glaubensverständnis" herbeiführen und
ihm zu einem "rechten, schriftgemäßen Verständnis" verhelfen will. Da
dem Leser, den Herr Schmaus anspricht, ja die Urteilsfähigkeit in
dieser Materie abgeht, kann das Wort "Verständnis' in diesem Kontext
nur als verschönender Ausdruck dastehen. Es ist hier nur auf eine
"Kenntnis", d. i. ein Memorieren dessen, was Herr Schmaus (und nach
ihm: die Kirche) gesagt hat, und ein Auswendigwiederhersagen des
Erinnerten gerechnet. Das Gottesvolk das sind doch nach den
Gleichnisreden Jesu die Schafe, und unter denen kann sich ein heutiger
Theologe, falls er auch nur geringe theologische Information besitzt",
wie es scheint nichts anderes vorstellen, als eben ganz sinngetreu und
genau - wirkliche Schafe.
Von jenen "zwingenden exegetischen und historischen
Erkenntnissen" bietet Herr Schmauch~aus einigen Kostproben, die wir uns
näher ansehen müssen, um~ herauszufinden, wie er selbst es denn
wenigstens mit der Erkenntnis hält.
Herr Schmaus betont an zwei zentralen Stellen seines
Artikels, daß die Überlieferung der Wandlungsworte durch Paulus (im
1.Korintherbrief) und durch Lukas "die älteste" sei. Es sei erlaubt,
ihn aus dieser Anlaß eine präzise Frage zu stellen. Herr Schmauch!
Wissen Sie, weiß irgend jemand, den Sic uns benennen können, das? Ich
frage nicht, ob Sie oder sonst wer Kenntnis davon hat, daß andre
Exegeten das kühnlieh behaupten; ich frage: ob Sie selbst es einschon?
Ich will Ihnen m mit Fichtes Worten (in seinen Brief an Feßler vom
10.Juni 1800) ganz deutlich machen, wie ES mit diesem Ihrem "Wissen",
Ihrer angeblichen "Erkenntnis" hier eigentlich steht: "Spuken da nicht
die leider nicht ungewöhnlichen Begriffe von Wahrscheinlichkeit, von
höhere und niedere Graden der Wahrscheinlichkeit, von einem Glauben,
der ein rechter ganzer Glaube ist, und von einem andern Glauben, der
freilich kein ganzer ist, aber darum~ doch - ein stattlicher Glaube? -
als ob irgendwo die Wahrheit aus Flicken von Gründen zusammen~gesetzt,
und nun mit der Elle gemessen würde. Meiner philosophisch erweislichen
Überzeugung nach kann man auch in der Geschichte nur entweder wissen,
oder nicht wissen; und im ersten Falle wissen, entweder daß etwas war,
oder daß es nicht war; und es gibt [...] hier keinen Mittelzustand".
Als Wissenschaftler ist rman verpflichtet, zu wissen, ob r:~an weiß und
wo man weiß, und wenn man das nicht weiß, so muß man jedes Anrecht auf
diesen Titel aufgeben. In der Wissenschaft können Sie ein derartiges
"Wissen" nicht anbringen; und wenn Sie bei "breiten Kreisen des
Gottesvolkes" damit anzukommen erwarten, dann gewiß nicht auf Grund von
Vermittlung von Erkenntnissen, sondern nur von dem, was Sie im Verein
mit Rahner, Küng und Conga, und wie sie alle heißen mögen, ihr ganzes
Leben hindurch für "zwingende exegetische und historische Erkenntnisse"
angesehen und ausgegeben haben, auf Grund von Folgerungen aus nie
geprüften methodischen Vorurteilen.
Ein Beispiel aus meinem Fachbereich möge ganz
deutlich machen, was Sie unter "exegetischen Erkenntnissen" verstehen.
In der Fichte-Interpretation, also genau dem, was der Exegese des Neuen
Testamentes - nur an einen neueren Gegenstande - entspricht, war es ein
in der Sekundärliteratur verbreitetes Vorurteil, die Theorie vom
sogenannten Urvolk kommen ursprünglich von Schelling, weil sie sich in
einen Werke dieses Schriftstellers früher findet als in den "Grundzügen
des gegenwärtigen Zeitalters" von Fichte von Jahre 1806, wo er das
erstemal von ihr zu sprechen schien. Aber siehe da! Bei der Bearbeitung
des Nachlasses von Fichte stellte sich heraus, daß er die Theorie von
Urvolke schon in seinen Vorlesungen über Logik und Metaphysik, den
Jahren 1795-99 vorgetragen hatte. Also war die Exegese falsch! Nun
beachten Sie wohl, daß nicht den erhaltenen Schriften Fichtes ein wohl
hundertmal umfangreichere Textbestand vorliegt als mit den des Neuen
Testamentes, und daß die Dichte der zeitgenössischen Zeugnisso sich wie
etwa 100000 : 1 zu der der alten Zeit verhält. Hätte einer der Autoren
der Sekundärliteratur über Fichte und Schollin~ sagen können, seine
Aussage, Schelling habe die Theorie von Urvolk zuerst aufgestellt, fuße
auf "zwingenden Erkenntnissen"? Sic verstehen demnach, Herr Schmaus,
unter "zwingenden Erkenntnissen" schwankende Hypothesen aufgrund
wissenschaftlich nicht zureichend bewährter methodischer Prinzipien.
Und mit diesen "Erkenntnissen" blonden Sie das des Gebrauchs seiner
Urteilskraft nach Ihnen unfähige "Gottesvolk". Gestatten Sie mir die
Frage: Liegt darin nicht eine hochmütige Verachtung der Armen und
Geringen?
Unter dasselbe Verdikt wie Ihre Behauptung von der
ältesten Überlieferung fällt dann auch Ihre "Erkenntnis", daß
''offensichtlich [...] den einzelnen Berichten [von den
Wandlungsworten] verschiedene Traditionen zugrunde" liegen. Werter Herr
Schmauch..aus! Es ist dem natürlichen Sprachgebrauch vielleicht
nachzusehen, daß er sich des Wortes "offensichtlich" oder des Wortes
"ganz gewiß" mit Vorliebe und mit Emphase gerade da bedient, wo die
Sache gar nicht offensichtlich und rocht ungewiß ist. Aber ein
Wissenschaftler, der sich beim. Urteil über die heiligsten Dinge, an
denen unser ewiges Leben hängt, auf wissenschaftliche Einsicht beruft,
muß wissen, was er sagt, sonst macht er sich der Verführung im
religiösen Bereiche schuldig!
Der dritte Punkt, der noch herausgehoben zu werden
verdient, betrifft die Logik - die in Ihren Darlegungen ähnlich
"fundamental" geschwächt erscheint wie bei Ihren übrigen~ vom Zeitgeist
trunkenen theologischen Kollegen. Und da hätte ich denn gern erklärt,
nach welcher logischen Regel man, wenn man die von Lukas berichteten
Worte Jesu zu verstehen sucht, daß Er Sein Blut "für euch" vergieße, zu
dem Schluß kommen kann, den Sic daraus ziehen, "daß das Blut Jesu nur
für die im Abendmahlsaal anwesenden Apostel vergossen wird"? Und
ebenso, nach welcher logischen Regel man "zu der Meinung kommen" kann,
daß aus den Worten Jesu nach Matthäus und Markus, daß Sein Blut "für
viele vergossen wird", folge, daß "die Apostel von diesem Vorgang
auageschlossen werden" (S.50)? Nach meinem biederen Sinn müßte dann an
jenen Stellen das Wörtchen "nur" stehen. (Ich schenke Ihnen, daß Sie
bei diesem Ihrem Interpretationsstück doch auf einmal wieder pro multis
mit "für viele" übersetzen!) Dann allerdings kann man nicht nur,
sondern muß man logisch folgern zu der Erkenntnis - und nicht nur zu
der Meinung - kommen, daß in Lukastext vom Ausschluß der anderen
Glaubenden die Rede ist. Es scheint, daß wir es bei diesen Ihren
Folgerungen abermals mit einer Probe dessen zu tun haben, was Sie eine
"sinngetreue Übersetzung" nennen, nur daß Sie diesesmal. nicht sehr
sorgfältig auf Ihren Ausdruck geachtet haben (- Sie dachten wohl gerade
an die Möglichkeit einer Fütterung des Papierkorbs, und schließlich -
das Gottesvolk kann es ja doch nicht beurteilen! -) und sich durch das
sehr richtig gebrauchte Wort Meinung verraten. Ja wohl, Meinung! wie
Sie denn, scheint es, Ihr ganzes Leben lang fröhlich "wissenschaftlich"
gemeint haben, im fröhlichen Meinungeverein derer, die auf sogenannten
katholischen sogenannten Akademien glänzen. Und um endlich noch auf das
zurückzukommen, was ich Ihnen oben doch etwas zu voreilig schenken
wollte: Sie verraten sogar, daß Sie selbst nicht meinen, was Sie den
Gottesvolk als zu folgernder Meinung in pastoraler Hilfsbereitschaft
aufreden wollen, indem Sie hier wieder die Matthäusstelle mit "für
viele" übersetzen, also nach Ihren vorherigen Erklärungen nicht "genau"
und nicht "sinngetreu", um daraus dann etwas logisch zu folgern. Wie
sagt o doch jener erfahrene Staatsanwalt? "Es steht fast immer alles in
den Akten. Man muß es nur zu finden wissen!"
Doch ich erschrecke, daß ich Ihnen von Logik zu
sprechen wage. Hat uns nicht die größte Autorität Ihrer derzeitigen
Zunftbrüder, der künftige Kirchenlehrer aller refomistischen.
Theologen, der Lehrer eines Karl Marx (!!!), gelehrt, "daß der
Widerspruch eben so notwendig ist, als der Nichtwiderspruch"! (Hegel in
seiner Differenzschrift, in den ''Gesammelten Werken", Bd.4,Hamburg
1968,S.25.) Es ist gewiß in den Augen nicht weniger neuer
Refomkatholiken unerhört, daß ich Ihnen zumute, bei der klassischen
(vermutlich bürgerlichen) Logik zu bleiben und nicht heillos hinter der
fortschrittlichen Marschkolonne unserer marxistelnden Theologen
herzuhinken. Aber sehen Sie, da ist auf der anderen Seite das unendlich
schwerwiegendere Wort: "Wer einen von diesen Geringen ärgert, für den
wäre es besser, daß ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und daß er in
die Tiefe des Meeres versenkt würde" und das zwänge mich, bei der
Wahrheit zu bleiben, wenn es mich auch schon nicht triebe.
Doch das Stichwort Hegel hat mich aufmerksam gemacht
und ich entdecke in Ihrem Artikel, daß Sie wirklich nicht nur in puncto
Logik bei ihm in die Schule gegangen sind. "Die Kirche weiß sich
offensichtlich (NB. wieder ein 'offensichtlich') im Besitz jener
hoheitlichen Gewalt, welche ihr erlaubt und sie ernächtigt, innerhalb
des Feldes dessen, was Jesus gesagt hat.t, konkrete Bestimmungen~ zu
treffen." So erklären Sie. Und dann' auch der letzte Zweifel, der Ihren
"weiß" und Ihrem "offensichtlich" Widerstanden haben könnte, weiche,
lassen Sie den für "den heutigen Menschen" wahrhaft terriblen Satz
folgen: "Dies ist eine These, die heute L~B! 'heute'!] von der
gesamten~ten [?] katholischen Theologie aufgrund zwingender
exegetischer und historischer Erkenntnisse vortreten [NB. 'vertreten'!]
wird." Da wir schon wissen, was bei Ihnen Erkenntnis heißt, so heißt
Ihr S`~Satz - diesmal wirklich sinngetreu in eine deutsche Sprache
übertragen, die fähig ist, das auszudrücken, was gedacht wurde: "Die
Reformclique meint im.1 Besitz jenes Meinungsprestiges zu sein, welches
es ihr gestattet, mit einfachen Machtsprüchen in einzelnen zu
bestimmen, was Jesus gesagt haben soll." Denn daß hier von der Kirche
nicht die Rede sein kann, wird sich gleich ergeben."Hoheitliche Gewalt
kann nur von der Wahrheit herkommen, nicht aber von exegetischen und
historischen Meinungen, die einge Reformisten vertreten. Ihre
Behauptung, werter Herr Schmaus, erinnert mich fatalerweise an
langwierige Debatten, die ich vor rund einem Jahrzehnt mit engagierten
Hegelianer geführt habe (er kam später ins Irrenhaus), der mir
vergeblich klarmachen suchte, daß der Sinn eines Wortes, das
jemand ausspricht oder niederschreibt, nicht durch diesen Jemand
bestimmt wird, sondern durch denjenigen, der ihn versteht. Er hatte für
seine Person einen leichten Stand mit meinen Behauptungen, da sie ja
immer erst ihren Sinn durch die Art und Weise erhielten, wie er sie
verstand, - und das war, kann ich Ihnen versichern, so sinngetreu, wie
Sie, Herr Schmaus, die Worte Jesu verstehen. Er wußte sich, von Hegel
indoktriniert, wohl auch im Besitz jener hoheitlichen Gewalt, die es
ihm erlaubte, meine Worte zu verdrehen. Ich muß gestehen, daß ich nur
nie ganz begreifen konnte, warum er sich mit der Interpretation meiner
Worte so schwer machte und mich immer wieder von neuem angriff, da er
sie doch ganz einfach hätte deuten können, wie es ihm im Besitz jener
hoheitlichen Gewalt beliebte.
Mit diesem Ihrem Satze aber sind wir auf den Kern
des Streites gekommen. Sie behaupten, Herr Schmaus, die Kirche habe
nachweislich das Recht, die Wandlungsworte "konkret zu bestimmen",
lies: sinngetreu (in Ihrem Sinne dieses Wortes) zu übersetzen. Da Sie
bei dieser Erörterung die Wandlungsworte obstinat als "Gebet in der
Volkssprache" bezeichnen, muß man allerdings daran zweifeln, ob Sie
sich bei der Abfassung Ihres Artikels noch bewußt waren, daß diese
Worte hier nicht als Gebet, sondern als forma sacramentum officiens
[das Sakrament bewirkende Form - Anm. d.Red.] zur Debatte stehen.
Sie sind Dogmatikprofessor, Herr Schmaus! Was ich
Sie jetzt fragen werde, kann das Sie also nicht überraschen. Ich wäre
Ihnen für eine klare und eindeutige Antwort dankbar.
Meine erste Frage betrifft die Kirche, und wenn ich
im folgenden von der Kirche rede, so meine ich das von Christus
gegründete und autorisierte kirchliche Lehramt, und nicht die
vereinigten deutschen Bischöfe oder das von Ihnen beliebte ''man",
unter dem wohl die Reformerrotte zu verstehen ist. Ich frage also: "Hat
die Kirche, der von Jesus aufgetragen ist, alles zu bewahren, was Er
sie gelehrt hat, und es selber zu lehren, - hat das kirchliche Lehramt
das Recht, einem formulierten Dogma zu widersprechen?
Sollten Sie mit Ja antworten, so müßte man freilich
die Debatte mit Ihnen als geschlossen ansehen. Sie gehörten dann zum
Kreis derer von der Geschichtlichkeit der Wahrheit, für die alles und
nichts wahr ist und an die jeder weitere Versuch, sie von etwas zu
überzeugen, verschwendet wäre. Sollten Sie aber mit Nein antworten, so
erlauben Sie bitte die weitere Frage: Ist es ein Dogma der katholischen
Kirche, das sogar die römisch-katholischen Bischöfe gemeinsam mit
den orthodoxen auf dem Konzil von Florenz bestimmt haben, daß "die Form
dieses Sakramentes [ces Altares] die Worte des Erlösers sind, mit denen
er dieses Sakrament vollzog." (DS 1321) Kann, nachdem dies einmal als
Dogma festgelegt worden ist, irgend jemand in der Kirche, und sei es
der Papst, diosem Dogma widersprechen, ohne aus der Kirche
ausgeschlossen zu sein? Hat der Papst nicht bei seiner Krönung mit
einem feierlichen Eid beschworen, daß er sich (!) und jeden mit diesem
Interdikt des strengen Anathems belegt, wenn er etwas gegen die
festgesetzte kirchliche- Lehre Angehendes oder ihre [Integrität
Verletzendes zu tun wagen sollte? (Liber Diurnus Romanorum Pontificum,
P.L. 105, pag. 54 vel 44.) Bedeutete nicht im übrigen ein solcher
Widerspruch, daß die Kirche ihre eindeutige Lehrsubstanz, die
ewig für alle Zeiten geltenden ende Wahrheit, aufgäbe und zu einer
weltanschaulichen Partei absänke, die heute dies und morgen jenes und
jeden falls nichts ernstgenommenes und Ernstzunehmendes vertritt?
Können die Worte "das für alle vergossen wird" in irgendeinem
sprachwissenschaftlich ; annehmbaren Sinne als diejenigen Worte
bezeichnet werden, "mit denen Er dieses Sakrament vollzog" (Verba,
quibus hoc confecit~ sacramentum) ? Können sie demnach die Wandlung-
bewirken? Sie wissen, daß es darauf nur eine einzige der Wahrheit
entsprechendes Antwort, gibt: Nein, sie können es nicht! Denn da sie
nicht diejenigen Worte sind, mit denen Jesus die Wandlung vollzog,
können sie nach katholischem Dogma auch die Wandlung nicht bewirken. Es
ist dabei auch im Auge zu behalten~, daß der Herr selbst ausdrücklich
die Anweisung gegeben hat, "Tuet dies [ebendies!], so oft ihr es
tut ..." [d.h. so oft ihr die Wandlung vollzieht].
Ich frage weiter: Hat das Konzil von Trient nicht
ausdrücklich und dogmatisch verpflichtend hierzu erklärt: daß diese "in
ihrer Aussage deutlichen und offenkundigen Worte" des Herrn von den
heiligen Evangelisten aufbewahrt worden sind und "daß es eine höchst
unwürdige Schandtat ist, wenn diese Worte, da sie jenen bestimmten und
ganz offenkundigen Sinn haben, von gewissen Menschen in ihrem Ehrgeiz
und ihrer Verkehrtheit in freierfundene und erphantasierte Aussagon
verkehrt werdort, entgegen dem Sinn, den ihnen die gesamte Kirche
gegeben hat, die wie eine Säule und das Firmament der Wahrheit diese
von ruchlosen Menschen auegedachte Sinngebung a l
s s a t a n i s c h verabscheut"? (DS 1637)
Oder können Sic irgendwelche katholische Liturgien
oder Lehraussagen benennen, Herr Schmaus, in denen die Kirche in all
den Jahrhunderten ihrer Existenz pro multis mit "für alle" übersetzt
oder als "für alle" verstanden hätte? Können Sie das nicht, so stehen
Sie und alle, die Ihre These vertreten, im Widerspruch zu der
offenkundigen und klaren Aussage der Kirche und damit nach der
dogmatisch-bindenden Erklärung von zwei Konzilien ausserhalb der Kirche.
Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie auf die Ihnen
hier gestellten Fragen eine klare und unzweideutige Antwort getan
wollten. Die Sache ist zu wichtig, als daß sie im Unbestimmten gelassen
worden dürfte. Es ist schließlich wohl nicht zu viel verlangt, wenn wir
fordern, daß mit unserer ewigen Seligkeit kein frivoles Spiel getrieben
wird. Glauben Sie, der Herr hätte nicht von Ewigkeit her jedes Wort
erwogen, das Er uns zu derjenigen Form gegeben hat, die Sein heiliges
Opfer bewirkt?
Glauben Sie, daß der Heilige Geist die Kirche über
das zentralste Heilsgut, das Sie verwaltet, nicht hinreichend belehrt
hat?
Von "pastoralor Hilfe" kann bei solchen Gründen, wic
Sie sie anführen, keine Rede sein. Ihre vorgeblichen "Erkenntnisse' in
dieser Sache sind nur Hypothesen, die der derzeitigen apostatischen
Reformerclique schmeicheln und ihr willkommen sind. Welche Gründe Sie
bewogen haben, sich den Rahner, Küng, Metz und wie sie alle heißen,
anzuschließen, weiß ich nicht. Dafür weiß ich gewiß, daß diese Leute
nicht wissen, wann etwas evident ist und wann nicht, und nur so tun,
als ob sie es wüßten; und sie tun sich noch etwas zugute auf die
"pastorale Hilfe für das rechte, schriftgemäße Verständnis", das sie
dem urteilsunfähigen Gottesvolk beibringen.
Aber glauben sie denn wirklich, daß sie damit jemals
Überzeugungen begründen können? Verachten sie ihre Mitmenschen denn
schon in dem Grade, daß sie voraussetzen, es werde ja doch niemals
jemand daherkommen, der ihre Behauptungen auf ihre Stichhaltigkeit hin
genau überprüft? Sie bieten Häuser zum Bewohnen an, die alsbald
einstürzen müssen. Und wie ernst sie selbst und die von ihnen
ausgebildeten jungen Theologen ihre Lehren nehmen, davon gibt die Zahl
von 25000 abgefallenen Priestern seit dem 2. Vatikanischen Konzil einen
schaurigen Beweis. Der erste Sturm wird ihre elenden Bruchbuden
einreißen, und dann steht das gläubige katholische Volk ohne Wohnung da
– durch ihre Schuld! Gott wird Rechenschaft von ihnen fordern!
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