UNBESETZTER APOSTOLISCHER STUHL
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Der Apostolische Stuhl kann unbesetzt sein:
1. durch den körperlichen Tod des Papstes, 2. infolge des moralischen Todes des Papstes.
Moralisch tot ist der Papst, wenn er sich offensichtlich gegen die Glaubens- oder Sittenlehre versündigt hat. Dadurch ist aber der Apostolische Stuhl nicht verwaist, wie Papst Pius VI. in seiner berühmten, für unsere Zeiten so wichtigen Apostolischen Konstitution "Auctorem fidei", betont, bezugnehmend auf den hl. Petrus Chrysologus (1): "Petrus, auf seinem Throne lebend als auch den Vorsitz inne habend, bietet den Nachfragenden die Wahrheit des Glaubens". Dies geschieht durch die unfehlbaren und unumstößlichen Urteile des Apostolischen Stuhles. Auf diese muß auch Bezug genommen werden bei den Erklärungen der Beschlüsse des sogenannten II. Vatikanischen Konzils, wie ausdrücklich vom Generalsekretär des Konzils bemerkt wird, dem Kardinal Pericles Felici am 16. November 1964 (Constitutio dogmatica de Ecclesia). Solche Beschlüsse gibt es laut des ersten Vatikanischen Konzils "schon tausende und abertausende"(2), sie sind also nicht äußerst seltene Erscheinungen im Leben der Kirche, wie heute oft behauptet wird. Bei der noch nicht voll entfalteten Lehre wurden, besonders in den ersten Jahren des Lebens der Kirche, strittige Fragen dem Apostolischen Stuhle zur Entscheidung vorgelegt. Wenn solcher nur 10 pro Jahr gewesen wären, dann hätten wir während der 2 Jahrtausende des kirchlichen Lebens ihrer 20000. Daß es nicht leicht ist, von ihnen allen Kenntnis zu haben, ist wohl begreiflich, weshalb es auch vorkommen kann, daß gar manche Angegelegenheiten erneut dem kirchlichen Lehramte vorgelegt werden als wären sie noch nie dagewesen. So vermerkt der berühmte Vorsitzende des Konzils von Trient, der polnische Kardinal Hosius - man verzeihe mir, wenn ich seine Aussage modernisiere: "Es gibt einen abgedroschenen Schlager, der immer und immer wieder vorgeleiert wird, bei jeder sich dazu bietenden Gelegenheit, seien es nun partikulare oder universale Konzilien: 'Den Priestern Weiber, den Laien den Kelch, und die Volkssprache für die Liturgie'. Von diesen heute also angeblich modernen Forderungen können wir nur sagen, daß sie m o d e r n d sind. Natürlich ist es notwendig, die unter Umständen etwas mühsame Arbeit auf sich zu nehmen, und in den päpstlichen Bullen und Konzilienbeschlüssen nachzuforschen. Dann werden wir auch den berühmten Theologen der Reformationszeit Gabriel Biel verstehen, wenn er sagt: "Es ist einleuchtend, daß die Kirche aufgrund des Todes des Papstes nicht ohne Haupt ist, noch ihres lebenden Bräutigams bar. Christus verläßt nicht seine Kirche, der Er doch seine immerwährende Gegenwart zugeschworen hat."(3)
Es sollte allen klar sein, was das heißt "Christlich glauben". "Christlich glauben" heißt alles für wahr halten, was Gott geoffenbart hat und durch die katholische Kirche zu glauben vorstellt. Das gilt nicht nur für das letzte Kerzenweib, sondern auch für den Papst. Mit göttlichem und katholischem Glauben müssen wir all das glauben, was das geschriebene Wort Gottes oder die Tradition beinhalten, und von der Kirche auf eine außerordentliche und feierliche Weise, oder durch das ständige und ordentliche Lehramt verkündet wird. In diesem Falle haben wir vor uns unumstößliche und unumänderliche Wahrheiten. "Wer außerhalb der Wahrheit etwas sucht", bemerkt im 9. Jhdt. der hl. Paschasius Radvertus, "findet nur Falsches, und wenn er das, was von Christus gesagt wurde, nicht annimmt, stellt er sich außerhalb der Wahrheit!"(4) Das gilt natürlich auch für den Papst. "Wehe mir", schreibt der hl. Papst Agatho, "wenn ich mit Schweigen die Wahrheit verdecke ... es ist unsere Aufgabe, den Wortlaut des katholischen und apostolischen Glaubens, welchen der apostolische Stuhl bis jetzt mit uns besitzt und verkündet, im vollen Bewußtsein aufzubewahren."(5) "So kann sich ein Papst trennen vom Haupte, d.i. von Christus durch Ungehorsam in kultischen Dingen, welche zu behüten seine Pflicht ist. Einem solchen Papste, der die Kirche zerstören will, müssen sich alle Christen widersetzen."(ó) "Ein Papst, der Irrlehren vertritt", bemerkt mit allen alten Theologen der berühmte Jesuitische Theologe Suarez, "ist nicht mehr Papst, und wenn er irrt, dann irrt er nicht mehr als Papst, wie auch die Kirche (hiermit) nicht irrt; sie kann einen anderen wählen."(7) "Ein Papst steht allein dadurch, daß er sich der Häresie schuldig macht, außerhalb der Kirche, und ist von Gott selbst, seines Amtes enthoben."(8)
In den Bereich des ordentlichen und außerordentlichen Lehramtes gehören auch die Konsekrationsworte. Es dürfte allen klar sein, daß niemand, auch der Papst, das Recht hat, an den Worten, die Christus angeordnet hat, etwas zu ändern. Darüber kann sich und soll sich auch ein jeder Priester im Missale Romanum, natürlich dem wahren, überzeugen, und zwar in seinen Belehrungen über die Mängel, welche bei der hl. Messe eintreten könnten. Die Konsekrationsworte werden dort mit roten Buchstaben angegeben und von ihnen vermerkt: "Würde jemand an ihnen etwas schmälern oder umändern, so daß bei dieser Umänderung die einzelnen Wörter nicht dasselbe bedeuten würden, kommt das Sakrament nicht zustande (d.i. Brot bleibt Brot und Wein bleibt Wein; O.K.) Würde jemand aber etwas hinzufügen, was den Sinn nicht ändern würde, würde er zwar konsekrieren, doch auf das schwerste sündigen". Das mußte jeder Priester wissen, da er darüber geprüft werden konnte, und mancher auch wurde.
In der apostolischen Konstitution von Paul VI. "Missale Romanum" und im sogenannten Missale selbst werden nun die Herrenworte (von Konsekrationsworten wir nicht gesprochen), was die Interpunktion, d.i. die Zeichensetzung betrifft, völlig falsch angegeben, so daß der ganze Satz bloß ein Aussagesatz ist, der über ein in der Vergangenheit verlaufenes Geschehen berichtet, womit der ganze Akt bloß als eine Gedächtnisfeier sich kundgibt. In der offiziellen deutschen Übersetzung wird nun "pro multis" linguistisch völlig falsch mit "für alle" übersetzt. Das bloße Hersagen bleibt außerdem selbst bei einer richtigen Übersetzung, in dieser reinen Erzählungsform ohne Wirkung. (Anm.d.Red.: die Reformen sprechen ja auch durchgehend nur vom "Einsetzungsbericht" und nicht mehr von der Konsekration.)
Selbst dann aber, wenn die Konsekration durch eine getreue Intention des Priesters richtig gestellt werden sollte,bleibt diese Art unter einer schweren Sünde untersagt. Dazu bemerkt Suarez: "Die Sakramentenspender sind aufgrund göttlichen Rechtes verpflichtet, sich jener Materien und Formen zu bedienen, welche von Christus eingesetzt wurden. Das ist Glaubensgut und erfolgt innerlich aus der Einsetzung, denn sie sind verpflichtet echte Sakramente darzubringen, nicht Scheinsakramente oder falsche: sie erwirken aber keine echten Sakramente, wenn sie nicht die von Christus verordnete Materie und Form gebrauchen. (...) Es ist eine große Ungerechtigkeit, wenn ein neuer Ritus gegen die Einsetzung Christi eingeführt wird, und die Gläubigen so um die wahren Sakramente und Heilmittel gebracht werden. (...) Besitzt der Spender nicht die entsprechende und notwendige Intention (geschweige entgegengesetzte; O.K.) bei der Darbringung des Sakramentes, dann begeht er eine Todsünde, und zwar eine besonders schwere. (...) Das besondere, die Materie und die Form der Sakramente betreffende Gesetz, wie sehr es auch vielen unbekannt sein möchte, kann den Sakramentspendern nicht schuldlos unbekannt sein, denn entweder sollen sie sich diesem Amte nicht zudrängen, oder wenn sie es schon auf sich nehmen wollen, dann sind sie verpflichtet, zuerst eine solche Unkenntnis zu beseitigen. (...) Aus dem Gesagten folgt, daß der Sakramentenspender verpflichtet ist, eine sichere Materie und eine sichere Form zu gebrauchen, und daß er schwer sündigt, wenn er von einer zweifelhaften oder unsicheren Form Gebrauch macht, und eine sichere übergeht; (...) so z.B., wenn er bei der Konsekration des Kelches das "qui pro vobis et pro multis der für euch und für viele" auslassen würde. Bei einer solchen Änderung setzt der Sakramentspender sich der Gefahr aus, nichts zu bewirken, da er das Sichere verläßt und von dem Unsicheren Gebrauch macht. (...) Da besteht eine offensichtlich und moralische Gefahr: Es ist also ein Sakrileg, sich einer solchen Gefahr ohne Grund auszusetzen."(9) Außerdem wurde vom Papst Innozenz XI. der Satz verworfen, wonach man bei einer sicheren Form eine wahrscheinliche benützen darf.(10)
An und für sich ist es zwecklos zu streiten, ob der Novus Ordo ungültig ist oder nicht, auf alle Fälle ist er unter einer schweren Sünde verboten, und der, der eine solche Sache angeordnet hat, sei es auch der Papst selbst, denn schließlich ist niemand anderer berechtigt, in liturgische Angelegenheiten endgültig zu entscheiden - sündigt auf das Schwerste, da er das Sakrament der Ungültigkeit aussetzt. Hiermit wird ein schwer sündhafter Akt als nicht sündhafter bezeichnet, ja sogar noch als besserer gegenüber dem vorausgehenden. Der, der das angeordnet hat, versündigt sich hiermit gegen die Sittenlehre, und sagt sich so von der Kirche los. "Ein offensichtlicher Häretiker kann also nicht Papst sein", so lautet das Urteil des Kirchenlehrers hl. Robert Bellarmin. (11)
Wie lange auch nun die Sedisvakanz dauern möchte, vergessen wir nicht die Verheißung Christi: "Seht, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt." (Matth. 28,20)
ANMERKUNGEN: 1) P.L. 54, 743ff. 2) Coll.Lac. VII/40l 3) Gabrielis Biel, Canonis Missae Expositio, Lipsiensium 1513, Fol. 33a. 4) P.L. 120, Paschasius Radbertus, Liber de Corpore et Sanguine Domini, col. 1317. 5) Mansi, XL., 235 c. 6) Ad sacrosancta Concilia a Philippo Labbe et Gabriele Cossartio edita Apparatus alter, Venetiis 1728. 7) Defensio Fidei, lib.V. De antichristo, Tom. XX., Cap. XXI, 7. 8) Romani Pontificis in definiendo infallibilitas breviter demonstrata. Thyrsi Gonzales S.J. Parisli 1698, A. Parrini. 9) Commentariorum ac Disputationum in tertiam partem divi Thomae, Tom.III. qui est primus de Sacramentis. F. Suarez, Moguntii 1655, D 16. sect. II.qu. 65. 10) Denz. 1151/2101 Denz.S. 11) Controversio de Romano Pontifice, lib. II. cap. XXX.
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