DER ANTICHRIST
von H.H. P. Hildebert Schmitt O.S.M
Im vergangenen Jahrhundert lebte im Krankenhaus von Saint Omer in Frankreich eine Krankenschwester, die im Ruf der Heiligkeit starb. Als diese ehrwürdige Dienerin Gottes 1850 zum Sterben kam, rief sie ihre Mitschwestern zu sich und machte ihnen, offenkundig von Gott erleuchtet und beauftragt, folgende Prophezeiung:
"Das Ende der Zeiten ist nahe, und der Antichrist wird bald kommen. Wir selbst werden ihn noch nicht sehen und auch nicht die Schwestern, die unmittelbar nach uns leben. Aber die hernach kommen, werden unter seine Herrschaft geraten. Wenn er auftreten wird, wird im Hause alles seinen gewohnten Lauf nehmen. Die religiösen Übungen und der Krankendienst werden stattfinden wie bisher, wenn unsere Schwestern eines Tages gewahr werden, daß der Antichrist ihr Herr ist."
Nach den Worten dieser ehrwürdigen Dienerin Gottes, die der Herr mit den heiligen Wundmalen und anderen Gnadengaben, wie auch mit der Gabe der Weissagung ausgestattet hatte, wäre die Herrschaft des Antichrists in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts zu erwarten. Denn die damalige Generation der Mitschwestern von dieser Sr. Bertina war um die Jahrhundertwende, also etwa um 1900, wohl restlos gestorben. Die darauffolgende Generation, die den Antichrist auch noch nicht sehen sollte, darf man etwa von 1900-1950 rechnen. Die dritte Generation, die unversehens und unauffällig unter die Herschaft des Antichrists geraten soll, wäre demnach jene, die nach 1950 leben wird. Es ist bemerkenswert, daß das Institut von Saint Omer alle Klosteraufhebungs- und Säkularisationsbeschlüsse der französischen Regierung überlebt hat und heute noch der Weissagung gemäß besteht. Wie das Wort zu verstehen ist, daß eines Tages "der Antichrist der oberste Vorsteher dieser Schwestern sein werde", kann sich jeder vernünftige Christ selber ausdenken. (Durch den Modernismus.)
Die Person des Antichrists, des inkarnierten Dämons, ist auch mit jenem Tier der Geh. Offenbarung mit den zehn Hörnern gemeint, das mit diesen zusammen, welche zehn Fürsten bedeuten, die Buhlerin hassen, die an vielen Wassern sitzt, d. h. auf viele Nationen und Sprachen sich stützt, jenes Weib, das auf den sieben Hügeln thront, das in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold und Edelsteinen und Perlen reich geschmückt ist, das trunken vom Blut der Heiligen und der Blutzeugen Jesu Christi ist und vom Engel als das große "Babylon" bezeichnet wird, als die "große Stadt, die die Herrschaft über die Könige der Erde hat" (Offb. 17), diese Stadt wird von dem Tier mit seinen Verbündeten geplündert und im Feuer verbrannt werden.
Jeder Leser wird erraten, wer mit dieser großen Stadt gemeint ist, die sich in Linnen, Purpur und Scharlach kleidet und die mit Gold, Edelsteinen und Perlen reich geschmückt ist. Es kann keine antichristliche oder heidnische Stadt sein, wenn sie vom Antichrist gehaßt und zerstört wird, also nicht das heidnische Rom noch das gottlose Rußland. Das sind alles Ausflüchte von seiten derer, die wirklich damit gemeint sind. Sie sollten wissen, daß man auch heute nicht den Teufel durch Beelzebub austreibt, wie der Herr sagt. Es kann sich hier nur um jenes Heiligtum handeln, bei dem nach St. Petrus das große Gottesgericht über die Welt seinen Anfang nimmt: Rom, das Zentrum der Christenheit, die Braut Christi, die gleich der ehemaligen Synagoge ihrem Herrn: untreu geworden, von ihrer Mission, der Erhaltung und Ausbreitung des unverfälschten, wahren Glaubens abgefallen und deshalb das furchtbarste Strafgericht über sich ergehen lassen muß, ehe sie sich wieder "in strahlendes, reines Linnen kleiden und für die Hochzeit des Lammes bereithalten" darf (Offb. 19. 7-8), auf neuer Basis im neuen - und ewigen Bunde. aber vorausgesetzt das große Strafgericht, die große Läuterung und Bestrafung der untreu gewordenen Braut Christi, die zur "Mutter der Huren", zur Buhlerin geworden ist, wie es in der Schrift heißt.
"Die Zeit ist da, daß das Gericht im Hause Gottes anfange. Fängt es aber zuerst bei uns an, wie wird dann erst das Ende derer sein, die der Heilsbotschaft Gottes nicht Folge leisten!" (1 Petr. 4 17.)
Hat nicht auch der Prophet Ezechiel die gleiche Tatsache vorhergesagt, als er berichtete, wie er den Herrn seinen Strafengeln den Befehl erteilen hörte: "Geht durch die Stadt und erschlagt alle . . ., mit Ausnahme derer, die das Tau-Zeichen auf ihrer Stirne tragen! Und macht den Anfang bei meinem Heiligtum!" (Ez. 9, 4-7.) - (Tau = Kreuz).
Vergeblich wird man sich auf das Wort des Herrn berufen: "Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen". Die Kirche ist- der fortlebende Christus auf Erden.Sie ist beseelt und belebt vom Heiligen Geiste. Ihrem Wesen nach ist und bleibt sie deshalb unsterblich. unzerstörbar. Über ihre äußere Struktur aber, über die abgestorbenen und im Unglauben faul gewordenen Äste der Hierarchie am Baum der Kirche Christi wird nach Gottes Ratschluß das "Geheimnis der Bosheit", die Macht der Finsternis, der Antichrist, einen vernichtenden, die ganze Welt in Erstaunen versetzenden Schlag ausführen:
"Da hob ein starker Engel einen Stein auf, der so groß wie ein Mühlstein war, und schleuderte ihn ins Meer mit den Worten: Mit solch gewaltigem Schwunge soll Babylon, die große Stadt, hingeworfen und nicht mehr gefunden werden. Nie mehr soll in dir der Klang von Harfenspielern und Sängern, von Flötenspielern und Posaunenbläsern gehört werden." (Offb. 18, 21 ff.)
So war es nur eine Bestätigung der in der Heiligen Schrift enthaltenen Prophezeiung, als Maria in dem Schauder erregenden Geheimnis von La Salette im Jahre 1846, das die Gottesmutter dem unschuldigen Kinde Melanie anvertraute, die Vorhersage machte: "Rom wird den Glauben verlieren und der Sitz des Antichrists worden!"
Wie einst das unbelehrbare und verstockte Jerusalem, das sich auf seine Väter und Propheten berief und auf den ewig währenden Bund mit Gott, der ihm zugesichert war, seine stolze Verblendung mit dem Untergang bezahlen und büßen mußte, so wird es auch dem glaubenslosen Rom ergehen, das mit den blutgierigen Gotteshassern paktiert und die Wölfe im Schafspelz ungestraft gewähren läßt, wenn sie das Gift ihrer Irrlehren unter der Herde der Gläubigen ausstreuen, für glaubenstreue Verfolgte aber kein Verständnis hat. Nur daß die Gottesstadt Jerusalem nachdem weisen Ratschluß des Herrn am Ende der Zeiten als die "ewige Stadt des Großen Königs" wiedererstehen wird in unvergänglichem Glanze, während die Stadt Rom, die sich so gern die, "Citta eterna", die ewige Stadt, genannt hat, gar bald nichts anderes mehr sein wird als eine ewige Ruine, in deren Mauerresten die Eulen und andersartige Nachtvögel nisten werden, eine Stätte des Grauens, wo Dämonen hausen und Geister der Finsternis sich heimisch fühlen können. So wird das Schriftwort sich erfüllen:
"Sie ist gefallen, die Stadt Babylon, die große, und eine Behausung der Teufel geworden und ein Aufenthaltsort aller unreinen Geister und aller unreinen und abscheulichen Vögel."(Offb.18.2)
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