AUS ROM NICHTS NEUES:
STELLUNGNAHME ZUR WAHL VON KAROL WOJTYLAvonEberhard Heller
Die Wahl des polnischen Bischofs von Krakau Karol Wojtyla zum Nachfolger von Luciani hat alle überrascht. Wie ist seine Wahl kirchenrechtlich zu beurteilen? Ist sie überhaupt gültig, werden die Nüchternen unter uns wieder fragen.
Zur (vorläufigen) Beantwortung dieser Frage möchte ich zunächst auf die Ausführungen von Prof. Lauth in EINSICHT VIII(3)89-91 hinweisen, in denen die grundsätzlichen Probleme der Gültigkeit bzw. Ungültigkeit auch dieser Wahl mitbehandelt sind. Wahrscheinlich ist es bei der jetzigen Wahl aber so gewesen - wenn man den Indiskretionen über den Verlauf des 'Konklave' Glauben schenken darf-,daß nicht einmal die von Prof. Lauth bei der Wahl von Luciani für möglich gehaltene pars minor et senior (ein gesund urteilender und kleinerer Teil von rechtgläubigen Bischöfen) die Wahl Wojtylas, der in den offiziellen Organen als liberal progressiv vorgestellt wird, unterstützt hat. Es wäre dann überhaupt nicht gültig gewählt worden und Wojtyla nicht Papst geworden.
Zur Beurteilung der Person von Wojtyla fehlen mir präzise Unterlagen, auch darüber, wie die Beschlüsse des sog. II. Vatikanums und der sog. Liturgiereform in Polen durchgeführt wurden, um anhand dieser Angaben Wojtyla gleich als Häretiker abqualifizieren zu können. Auf jeden Fall wurden auch in Polen die Reformen (mit gewissen Modifikationen) durchgeführt, und Wojtyla war ein entschiedener Anhänger davon. Darüber hinaus meinte ein 'konservativer Reformer' einmal, die religiösen Verhältnisse in Polen, das allgemein noch als die katholische Hochburg gilt, seien nicht besser als in Deutschland. Das ist deutlich genug! Und diese Zustände gehen sicherlich nicht nur auf die Arbeit der Kommunisten oder den erlahmenden Glaubenseifer der einfachen Leute zurück!
Egal, wie man zunächst die Person Wojtylas beurteilen muß, zur Feststellung der Ungültigkeit seiner Wahl würde der zuerst angeführte Sachverhalt ausreichen.
Aber auch die ersten Äußerungen Wojtylas selbst: vollständige Durchführung der Beschlüsse des II. Vatikanums, vorsichtiger Progressismus, Absage gegenüber dem (überzogenen) Traditionalismus - im Klartext: weitere Zerstörung des Glaubensgutes reden eine überdeutliche Sprache (ganz abgesehen von der Namenswahl, die für sich genommen schon ein Programm bedeutet). Und natürlich ist Wojtyla wieder so 'demütig' wie Luciani, sich nicht krönen zu lassen und auch keinen Eid abzulegen.
Eine Anmerkung noch zur Zusammensetzung des Konklave: Bisher hat fast niemand darauf hingewiesen, daß die von Paul VI. ernannten Kardinäle nicht rechtmäßig ernannt sind. Man muß, wenn sich das Gerücht, Johannes XXIII. sei in der Türkei der Rosenkreuzerei beigetreten (vor seiner Wahl), erhättet und belegen läßt, auch davon ausgehen, daß dann auch die von ihm berufenen Kardinäle in Wirklichkeit niemals dieses Amt rechtmäßig angetreten haben. Wer bliebe dann überhaupt als Wahlberechtigter übrig, zumal man die über 80jährigen Kardinäle nicht mehr zuläßt, wenn man einmal annähme, diese seien rechtgläubig geblieben?
Noch einmal zur Person von Wojtyla: Wenn der erste Eindruck nicht täusche, darf man sicher sein, daß er die nötige Willensstärke und Beharrlichkeit besitzt, sein Programm durchzusetzen und zu verwirklichen. Für uns alle, die wir bisher nichts Entscheidendes zur rechtlichen Klärung der Situation beigetragen haben, vor allem unsere Kleriker nicht(!) (und wie es aussieht, werden sie auch nichts mehr unternehmen), bedeutet das keinen Grund zum Aufatmen. Wir können nur zu Gott beten, daß er die Zeit der Heimsuchung verkürzt und die Untreuen zur Umkehr bewegt.
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INDISKRETIONEN ÜBER DEN VERLAUF DES LETZTEN KONKLAVES
Vo. ROM, 2. Oktober. Papst Paul VI. hat zu seinen Lebzeiten das Geheimnis des Konklaves in der von ihm überprüften Papstwahlordnung in einer Weise verschärft, daß es undurchlässig schien. Doch nur wenige Wochen nach dem Konklave vom 25. und 26. August, das den verstorbenen Papst Johannes Paul I.. wählte, sind weitgehende Indiskretionen über dessen Verlauf in den Zeitungen erschienen. die nicht als die Frucht reiner Phantasie abgetan werden können. Besonderes Aufsehen haben am Montag Angaben hervorgerufen, die in einer Sonderausgabe der brasilianischen Zeitschrift "Veja" veröffentlicht wurden. Sie lassen erkennen, daß diese Mitteilungen die Meinungsbildung für das bevorstehende Konklave beeinflussen sollen.
Die Quelle der brasilianischen Zeitschrift scheint wohlunterrichtet, wenn sie auch nicht genannt wird. In dem Bericht wird behauptet, daß der eigentliche Gegenspieler des Patriarchen von Venedig, Luciani, auf dem Konklave der 72 Jahre Erzbischof von Genua Giuseppe Siri. gewesen sei, der als der Intransigenteste unter den italienischen Kardinälen gilt und durch seinen Widerstand gegen das Konzil die Szene für immer verlassen zu haben schien. Er ist so sehr die Neuentdeckung des letzten Konklaves gewesen, daß er nach dem Bericht der Wochenzeitung "Veja" bei der ersten Abstimmung mit 25 Stimmen die 23 Stimmen des Kardinals Luciani übertraf. Siri hat sich ]Jetzt beeilt zu erklären, daß er ein "Unabhängiger" sei, der allein marschiere und nicht zu einer Gruppe gehöre. Es ist eine Art Selbstkandidatur. Aber der Widerstand gegen ihn bleibt stark.
Nach dem Bericht der brasilianischen Zeitschrift "Veja" über den Verlauf des letzten Konklaves entfielen von den anderen Stimmen bei dem ersten Wahlgang achtzehn auf Sergio Pignedoli, wohl der engste Freund des verstorbenen Montini-Papstes, neun auf den Präfekten der Bischofskongregation, Sebastiano Baggio, acht auf den Wiener Erzbischof Franz König, fünf auf den ehemaligen Nuntius in Paris, Paolo Bertoli, vier auf den der Päpstlichen Kurie angehörenden Argentinier Eduardo Pironio, und je zwei auf den Kurienkardinal Pericle Felici und den deutschstämmigen brasilianischen Erzbischof Aloisius Lorscheider. Die anderen erhielten nur. eine Stimme. Bei dem zweiten Wahlgang entschieden sich die Wähler Siris, ihre Stimmen Albino Luciani zu geben, um einen Aufstieg von Baggio und Pignedoli zu verhindern. Auf diese Weise erreichte der Patriarch von Venedig 56 Stimmen, 19 weniger als für die Wahl erforderlich waren. Pignedoli sank auf fünfzehn, Lorscheider stieg auf zwölf Baggio auf zehn und Felici auf acht. Am Samstagnachmittag des 26. August ereignete sich bei der dritten Abstimmung der Vorgang, den die brasilianische Wochenzeitung als eine "beinahe sofortige und ungewöhnliche Konvergenz der kirchlichen Linken und Rechten" bezeichnet.
Auf diese Weise wurde Luciani, der besonders durch den Deutsch-Brasilianer Aloisius Lorscheider und den Erzbischof von Utrecht, Johannes Willebrands, gestützt worden sei, mit genau 90 Stimmen gewählt. Pignedoli erhielt 17, eine Stimme ging an Lorscheider die wahrscheinlich von Luciani 'stammte. Man hat gegen die Darstellung eingewandt, daß vier und nicht drei Abstimmungen stattgefunden hätten. Nach dem Zeugnis des Wiener Kardinals König aber waren es drei.
Die in Rom zur Trauerfeier und zur Beisetzung des Papstes eintreffenden Kardinäle haben sich fast alle für die Wahl eines Seelsorger-Papstes ausgesprochen. [...]
Mehr ins einzelne ging der Erzbischof von Florenz, Kardinal Benelli, der erklärte, daß Luciani das Porträt seines Nachfolgers gezeichnet habe. Der neue Papst, so erklärte der ehemalige hohe Beamte der Kurie, müsse das Werk des Zweiten Vatikanischen Konzils fortsetzen. Er nannte dabei insbesondere den Okumenismus. Es gelte, dem Problem des traditionalistischen Flügels der Kirche (eine Anspielung auf Lefebvre) sowie dem Extremismus jeder Art, dem Kommunismus zu begegnen. Zu dem Verhältnis von Kirche und Marxismus erklärte er: "Der Dialog zwischen den Menschen ist möglich, aber nicht zwischen den Systemen, die grundsätzlich unvereinbar bleiben." [...]
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BRIEF DES HL. ATHANASIUS AN SEIN GLÄUBIGEN:
Gott möge euch trösten! ... Daß die andern mit Gewalt die Kirche besetzt halten, während ihr in diesen Zeiten draußen seid, das ist es, was euch so sehr betrübt. Das sind die "Realitäten", sie haben die Orte, ihr aber habt den apostolischen Glauben. Mögen jene auch unsere Kirchen besetzen, so stehen sie doch außerhalb des wahren Glaubens. Ihr aber bleibt, die ihr außerhalb der Kultstätten seid, denn in euch ist der Glaube. Denken wir nach: was ist das Wichtigste: der Ort oder der Glaube? Der wahre Glaube selbstverständlich. Wer hat in diesem Kampf gewonnen, wer hat verloren, jener der den Ort innehat oder jener, der den Glauben bewahrt?
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