QUO PRIMUM
Bulle des hl. Papstes Pius V.
zur Einführung des Röm. Meßbuches
übersetzt von
Peter Schilling, Wien
Bischof Pius, Diener der Diener Gottes zum ewigen Gedächtnis
Seit Unserer Berufung zum höchsten Apostolischen Amt richten wir gern
Unseren Sinn, Unsere Kräfte und alle Unsere Überlegungen auf die
Reinerhaltung des Kirchlichen Kultes und bemühen Uns, das dazu Nötige
in die Wege zu leiten und mit Gottes Beistand mit allem Eifer wirksam
zu machen.
Nun hatten Wir gemäß den Beschlüssen des Heiligen Konzils von Trient
über die Herausgabe und die Verbesserung der Heiligen Bücher, nämlich
des Katechismus, des Missales und des Breviers zu verfügen. Nachdem mit
Gottes Zustimmung der Katechismus zur Belehrung des Volkes
herausgegeben und das Brevier zum schuldigen Gotteslob verbessert
worden war, mußten Wir Uns, damit dem Brevier das Missale gebührend
entspreche (da es sich gar sehr geziemt, daß in der Kirche Gott auf
einheitliche Art gelobt und die Messe auf einheitliche Art gefeiert
werde), der noch verbliebenen Aufgabe zuwenden: das Missale selbst
herauszugeben.
Wir hielten es darum für richtig, diese Bürde ausgesuchten Gelehrten zu
übertragen. Nach sorgfältiger Untersuchung der alten Bücher Unserer
Vatikanischen Bibliothek sowie anderer, von überall herbeigeholter,
verbesserter und unverderbter Handschriften, ebenso auch der
Überlegungen der Alten und der Schriften anerkannter Autoren, die Uns
Aufzeichnungen über die heilige Einrichtung der Riten hinterlassen
haben, stellten diese gelehrten Männer das Missale nach Vorschrift und
Ritus der Heiligen Väter wieder her.
Damit alle aus dieser Arbeit Nutzen zögen, haben Wir, nachdem Wir es
geprüft und verbessert hatten, nach reiflicher Überlegung angeordnet,
daß es möglichst bald in Rom gedruckt und herausgegeben werde.
Die Priester im besonderen sollen daraus erkennen, welche Gebete sie
von jetzt an bei der Meßfeier verwenden und welche Riten und Zeremonien
sie dabei einhalten müssen. Damit aber alle das von der Heiligen
Römischen Kirche, der Mutter und Lehrerin der übrigen Kirchen,
Überlieferte überall erfassen und beachten, setzen Wir durch diese
Unsere ewig gültige Konstitution unter Androhung Unseres Unwillens als
Strafe fest und ordnen an: fürderhin soll in allen kommenden Zeiten auf
dem christlichen Erdkreis in allen Patriarchalkirchen, Kathedralen,
Kollegiaten und Pfarreien, in allen weltlichen, klösterlichen – welchen
Ordens und welcher Regel sie auch seien, ob Männer- oder Frauenklöster
– in allen militärischen und ungebundenen Kirchen oder Kapellen, in
denen die Messe des Konvents laut mit Chor oder still nach dem Ritus
der Römischen Kirche gefeiert zu werden pflegt oder gefeiert werden
sollte, nicht anders als nach dem von Uns herausgegebenen Missale
gesungen oder gelesen werden, auch wenn diese Kirchen irgendwelche
Ausnahmen genießen, durch ein Indult des Apostolischen Stuhles, durch
Gewohnheitsrecht oder Privileg, ja durch Eid oder Apostolische
Bestätigung oder irgendwelche andere Besonderheiten bevorzugt sind –
außer wenn sie gleich von ihrer vom Apostolischen Stuhl gutgeheißenen
Errichtung an oder aus Tradition bei der Meßfeier einen mindestens
zweihundertjährigen Ritus in eben diesen Kirchen ohne Unterbrechung
eingehalten haben. Diesen letzteren nehmen Wir keineswegs das genannte
Sonderrecht oder die Tradition bei der Meßfeier, doch gestatten Wir,
falls das von Uns herausgegebene Missale mehr gefällt, daß die Messen
mit Zustimmung des Bischofs oder Prälaten und des gesamten Kapitels,
ungeachtet anderer Bestimmungen, nach Unserem Missale gefeiert worden.
Allen anderen genannten Kirchen jedoch benehmen Wir damit den Gebrauch
ihrer Missalien, verwerfen sie von Grund auf und vollständig und setzen
fest, daß diesem Unseren gerade herausgegebenen Missale niemals etwas
hinzugefügt, weggenommen oder an ihm verändert werden dürfe.
Streng befehlen wir jedem einzelnen Patriarchen und Verwaltern der
vorgenannten Kirchen, allen anderen Personen, gleich welchen Ranges sie
auch seien, in der Tugend des heiligen Gehorsams: sie sollen die bisher
gewohnten Weisen und Riten (auch die aus noch so alten Meßbüchern) in
Zukunft ganz und gar aufgeben, völlig verwerfen und die Messe nach
Ritus, Weise und Norm Unseres Meßbuches singen und lesen, und sie
sollen nicht wagen, bei der Meßfeier andere Zeremonien und Gebete als
die in diesem Missale enthaltenen hinzuzufügen oder vorzulesen.
Und daß sie in allen Kirchen bei der gesungenen oder gelesenen Messe
ohne Gewissensskrupel oder Furcht vor irgendwelchen Strafen, Urteilen
und Rügen von nun an ausschließlich diesem Missale folgen, es
unbefangen und rechtens zu gebrauchen imstande und ermächtigt sind,
dazu geben Wir kraft Unserer Apostolischen Vollmacht für jetzt und für
ewig Unsere Bewilligung und Erlaubnis.
Ebenso setzen Wir fest und erklären: Kein Vorsteher, Verwalter,
Kanoniker, Kaplan oder anderer Weltpriester und kein Mönch gleich
welchen Ordens darf angehalten werden, die Messe anders als wie von Uns
festgesetzt zu feiern, noch darf er von irgend jemandem gezwungen und
veranlaßt werden, dieses Missale zu verändern, noch kann das
vorliegende Schreiben irgendwann je widerrufen oder modifiziert werden,
sondern es bleibt für immer im vollen Umfang rechtskräftig bestehen.
Damit sind alle gegenteiligen früheren Bestimmungen, Apostolischen
Konstitutionen und Ordinationen, alle allgemeinen oder besonderen
Konstitutionen und Ordinationen von Provinzial- oder Synodalkonzilien,
ebenso die Statuten und Gewohnheiten der oben erwähnten Kirchen, auch
wenn ihr Brauch zwar durch eine sehr alte und ehrwürdige Vorschrift
gestützt, aber nicht älter als zweihundert Jahre ist, außer Kraft
gesetzt.
Von der Veröffentlichung dieser Unserer Konstitution und des Missales
an sollen die Priester an der römischen Kurie angehalten werden, nach
einem Monat, die diesseits der Alpen nach drei, die jenseits der Alpen
nach sechs Monaten, oder sobald sie dieses Missale käuflich erwerben
können, die Messe danach zu singen oder zu lesen.
Damit es überall auf der Erde unverderbt und von Fehlern und Irrtümern
rein bewahrt werde, verbieten Wir kraft Apostolischer Vollmacht mit dem
vorliegenden Schreiben allen Buchdruckern in Unserem (und von S.R.E.
[Sancta Romanze Ecclesia]) mittelbaren und unmittelbaren
Herrschaftsbereich bei Strafe des Bücherverlusts und von an die
Apostolische Kammer zu zahlenden hundert Golddukaten, den anderen
Buchdruckern aber in allen Teilen der Erde bei Strafe der
Exkommunikation im weiten Sinne und anderen Strafen nach unserem
Schiedsspruch: daß sie sich ohne Unsere, bzw. die ausdrücklich dazu
erteilte Erlaubnis eines von Uns an dem betreffenden Ort zu
bestellenden Apostolischen Kommissars nicht unterstehen sollen, zu
drucken, zu verkaufen und überhaupt anzunehmen, außer wenn vorher durch
eben diesen Kommissar eben diesem Buchdrucker volle Gewißheit gegeben
worden ist, daß das Meßbuchexemplar, welches die Norm für den Druck
weiterer Exemplare zu sein hat, mit dem in Rom im Erstdruck
hergestellten Missale verglichen worden sei, mit ihm übereinstimme und
in gar nichts abweiche.
In Anbetracht der Schwierigkeit, das vorliegende Schreiben an alle Orte
des christlichen Erdkreises und gerade in der ersten Zeit zur Kenntnis
aller zu bringen, schreiben Wir vor: Es soll in herkömmlicher Weise an
den Türflügeln der Basilika des Apostelfürsten und der Apostolischen
Kanzlei und an der Spitze des Campus Florae öffentlich angeschlagen
werden; man soll auch den gedruckten Exemplaren dieses Schreibens, die
von einem öffentlichen Notar handschriftlich unterzeichnet und mit dem
Siegel eines kirchlichen Würdenträgers versehen sind, bei allen Völkern
und an allen Orten geradewegs denselben unbezweifelten Glauben
schenken, wie man ihn dem vorliegenden Schreiben schenken würde, wäre
es sichtbar ausgestellt.
Überhaupt keinem Menschen also sei es erlaubt, dieses Blatt, auf dem
Erlaubnis, Beschluß, Anordnung, Auftrag, Vorschrift, Bewilligung,
Indult, Erklärung, Wille, Festsetzung und Verbot von Uns aufgezeichnet
sind, zu verletzen oder ihm in unbesonnenem Wagnis zuwiderzuhandeln.
Wenn aber jemand sich herausnehmen sollte, dies anzutasten, so soll er
wissen, daß er den Zorn des Allmächtigen Gottes und Seiner Heiligen
Apostel Petrus und Paulus auf sich ziehen wird.
Gegeben zu Rom bei Sankt Peter im fünfzehnhundertsiebzigsten Jahre der
Geburt des Herrn am 14. Juli im Fünften Jahre Unseres Pontifikats.
Pius V.
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