DIE LITRUGISCHE SPRACHE
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Bevor wir etwas eingehender über die Wirksamkeit des hochheiligen Opfers sprechen, ein kleiner Vergleich: Würden wir jemanden sehen, der in der Hand ein Gramm Radium hielte, würden wir ihn auffordern, dies so fort wegzulegen, wenn er traurige Folgen verhindern wollte. Tragisch ist der Fall von Prof. Albers-Schönberg, der sich seit ihrem Bekanntwerden mit den Röntgenstrahlen beschäftigte. Im Jahre 1908 wurde sein linker Arm von Krebs befallen, so daß er amputiert werden mußte; im Jahre 1920 kam es zu einem Drüsengeschwulst in der rechten-Achselhöhle, welchesin schmerzhafte Geschwüre überging, bis er von seinem schrecklichen Leiden 1921 durch den Tod erlöst wurde. Das alles wirkten unsichtbare Strahlen, die nie ein Mensch gesehen hat und auch nicht sehen kann!!! Was muß aber erst geschehen, wenn die kleine weisse Hostie unserer Anbetung ausgestellt werd, unsere Lippen berührt? Wir haben von Ihr gesagt, daß sie der Absolute Mittelpunkt des Weltalls ist, der Brennpunkt jeglicher Energie! In diesem Falle hängt es allein von dem ab, wie der, der sich diesen Strahlen aussetzt, innerlich eingestellt ist. Bei natürlicher Bestrahlung darf eine bestimmte Dauer nicht überschritten werden, wenn nicht verhängnisvolle Auswirkungen eintreten sollen. Beim allerheiligsten Altarsakrament ist es genau umgekehrt, da gilt: "je länger, desto besser". Natürlich gilt das nur für die, die guten Willens sind. Der hl. Thomas v.A. mahnt: "Gute kommen, Böse kommen, alle haben Ihn genommen, die zum Leben, die zum Tod. Bösen wird er Tod und Hölle, Guten ihres Lebens Quelle, so verschieden wirkt dies Brot!" Daraus ist ersichtlich, wie sich unsere Leichtfertigkeit dem Übernatürlichen gegenüber schwer rächen kann! Nicht us die Belehrung gebt es bei der Liturgie, besonders der hl. Messe, sondern um die Bewahrung und Vermehrung der heiligmachenden Gnade! Daß es dazu nicht absolut notwendig ist, die in diesem Zusammenhange I verrichteten Gebete zu verstehen, da sie ja Gebete des ganzen mystischen Leibes Christi sind, sollte schon allen ganz klar sein. Da braucht sich niemand beklagen, daß er zu kurz komme, wenn er die auch für ihn verrichteten Gebete nicht versteht, denn nicht auf das Verstehen der Gebete kommt es an, sondern auf die richtige Einstellung. So kann es vorkommen, daß jemand alles vollkommen versteht, und dennoch leer nach Hause geht, wenn nicht sogar mit Schuld belastet, weil er nicht die notwendige Einstellung hatte und nicht das verrichtete, wozu das hochheilige Opfer eingesetzt wurde: die Aufopferung des eigenen "Ichs" zusammen mit dem des Herrn und aller anderen Mitglieder Seines mystischen Leibes!! In dem Ausmaße, in dem du opferst, wirst du empfangen!!! Wer nicht mitopfert, geht mit leeren Händen weg, wie er mit leeren auch gekommen ist! Daß ein großherrisches Darbieten der Früchte "unserer Arbeit" eigentlich eine Blasphemie ist, kann nur der begreifen, der sich bewußt ist, Wem er für diese Früchte zu danken hat, und was er eigentlich bringen soll! Sein "Ich", mit allem worauf es sich bezieht! Durchdenken wir dies, so wird es uns klar, wie groß die Verarmung der Welt ist, zu der es durch den Protestantismus gekommen ist, in dem das Opfer gestrichen wurde, das wahre Opfer!!! Wenn wir nun erwägen, daß es "Apostolische Tradition ist, daß weder das hochh. Opfer, noch sonstiger Gottesdienst in der völkischen Sprache dargebracht werden, (...) wie es auch die Kirche durch ihre stete und ununterbrochene Praxis bestätigt"(1), erkennen wir sofort, daß der Schwerpunkt nicht in dem Verstehen dessen, was der Priester spricht, liegt, sondern in der Reinheit des Herzens und im Opfergeiste, was uns allen für das Wehen des Heiligen Geistes empfindlich macht, der in den Worten der Liturgie zu uns spricht. Ja wir müssen in diesem Zusammenhange noch einmal darauf aufmerksam machen, daß eine "allzugroße Aufmerksamkeit auf die Worte (allein) ein Hindernis für die wahre Andacht werden kann!"(2) "Die äußeren Handlungen des Priesters, die Sprache des Symbols sagt uns mehr, als wenn "Cicero , selbst, Livius, Varro auf gelehrteste Weise der hl. Handlung zulauschen würden, ohne in das Mysterium eingeweiht zu sein!"(3) Auch rein natürlich genommen, dürfen wir nicht vergessen, daß ein Heilmittel, selbst dann wirksam bleibt, wenn der, von dem es eingenommen wird, sich seiner Kraft nicht bewußt ist, ja nicht einmal etwas von ihm weiß!(4) Wenn also auch jene, die von den Gebeten ~ nichts verstehen, an den Früchten der öffentlichen Gebete teilnehmen können, ist das Prinzip der Neuerer widerlegt, nach dem es notwendig ist, dem Volke das Verständnis der Gebete zu ermöglichen!(5) Dies ist umso mehr zu beherzigen, wenn wir bedenken, daß "die Kirche nie darum besorgt war, daß von allen alles, was beim Opfer gesagt wurde, gehört und verstanden werde! Sie überließ es, wie aus dem Beschluß des Konzils von Trient ersichtlich ist, den Seelenhirten, daß sie in Predigten und sonstigen Belehrungen ihnen Einsicht ermöglichen."(ó) Wie wenige sind sich dessen bewußt, daß Gott über das herausreicht, was sie verstehen können, und daß sie selbst ihre Unkenntnis nicht erkennen!(7) "Die heutige Praxis der Kirche wird durch das Beispiel des Herrn Jesus Christus selbst bestätigt. Wenn nämlich der Gottesdienst in der Volkssprache dargebracht werden sollte, wie Quesnell es als notwendig bezeichnet, dann hätte ER seine Kirche in Unkenntnis einer so wichtigen Sache überlassen. Auch hätte ER bei der Darbringung Seines erhabensten Opfers, welches Er für das Heil der gesamten Menschheit dargebracht hat, nicht die Worte "Eli, Eli, lamma sabacthani" gebraucht, welche niemand von den Römern, auch selbst niemand von den Juden, verstehen konnte."(8)
Es wäre noch sehr vieles zu sagen, doch müssen wir uns auf das allernotwendigste beschränken. "Wenn z.B. manche glauben, durch Einführung der deutschen Liturgie - so schreibt Barták vor hundert Jahren - Tausende mit der Kirche zu versöhnen, so müssen wir mit Hettinger ihre Gutmütigkeit nur belächeln. 'Sie verkennen gänzlich, um was es sich eigentlich handelt in dem großen Kampfe, den die Kirche seit Jahrhunderten führt. Es ist der Geist der Verneinung, es ist die Revolution auf dem Gebiete des Glaubens, mag sie nun offen und unverhüllt als Protestantismus oder in der zahmeren Weise des katholischen Liberalismus auftreten; ob sie das Feld behält, oder die Autorität der Kirche, das ist die Frage. Die Revolution beschwichtigen durch Konzessionen, das heißt: das Meer ausschöpfen wollen mit der hohlen Hand.' - Daß der Bekehrung der Heiden die lateinische Liturgie nicht hinderlich ist, beweisen die Erfolge der katholischen Missionen." (9) Es ist notwendig noch auf eine, durch die Neuerungen im Ritus und die allgemeine Einführung der Volkssprache in die Liturgie, überaus große Gefahr aufmerksam zu machen. Bei der griechischorthodoxen Synode in Konstantinopel (1860-73) mußte man auf das schärfste gegen die Bulgaren auftreten, die nicht nur den Gebrauch der bulgarischen Sprache in den Kirchen forderten, sondern auch Hirten und Oberhirten bulgarischer Abstammung. So kam es "zur Rassen-unterscheidung (ethnophyletismos) zum ersten Male in der Kirche unseres Erlösers Jesus Christus. (...) In der christlichen Kirche, einer rein geistigen Gesellschaft, welche auf Anordnung ihres göttlichen Herrn und Gründers alle Nationen in brüderlicher Einheit in Ihm umfangen soll, ist der Phyletismus ein unbekanntes, völlig unverständliches Prinzip. Die Einführung von Nationalkirchen (...) ist eine unerhörte Sache, eine wahre Neuerung. (...) Die Kirchen von Thessaloniki, Laodizäa, Smyrna, usw. unterschieden sich nicht durch die Rassen, denn nie hatte man von einer smyrnischen, laodizäischen, thessalonikischen Rasse gehört, sondern verstand unter ihnen die Gläubigen ohne Unterschied des nationalen Ursprungs. (...) Die Herde der Gläubigen einer jeden dieser Kirchen bestand aus Christen aller möglichen Rassen und Sprachen (...) Die Lokalkirchen waren nie Nationalkirchen! (...) Das Rassengefühl und die zeitlichen Bedürfnisse hätten einen unglücklichen Einfluß auf das Herz der Völker und würden sie daran hindern, miteinander in Verbindung zu treten, wie bei den Mysterien, so auch sonstigen religiösen Zeremonien. (...) Auf diese Weise wären die heiligsten Dinge profaniert, weltliche Interessen würden sich über die moralischen und religiösen stellen, da jede phyletische Kirche ihr Eigenes suchen würde, wodurch das Dogma des Glaubens an eine, heilige, katholische und apostolische Kirche den Todesstoß bekäme. (...) Infolgedessen verwerfen wir und tadeln den Phyletismus, d.i. die Unterscheidung der Rassen, die Streitigkeiten, Eifersüchteleien, nationale Trennungen in der Kirche Jesu Christi, als der Lehre des Evangeliums entgegengesetzt, wie auch den heiligen Kanones und seligen Vätern, welche die heilige Kirche stützen, die Ordnung in der christlichen Gemeinschaft, welche sie auf dem Wege der göttlichen Frömmigkeit führen, aufrecht erhalten."(10) So begreifen wir auch Papst Pius XII., wenn er bei der liturgischen Tagung in Assisi 1956 sagt: "Es wäre überflüssig, noch einmal daran zu erinnern, daß die Kirche schwere Gründe hat, bei dem im lateinischen Ritus zelebrierenden Priester fest auf der unbedingten Verpflichtung, im Ritus die lateinische Sprache zu gebrauchen, zu bestehen, wie auch, daß der gregorianische Gesang das heilige Opfer begleite, und das in der Sprache der Kirche!"(11) Diese Forderung bestätigt er noch einmal, um den unglücklichen Hirtenbrief Montinis im Jahre 1958 zurechtzustellen in der Instruktion zu den Enzykliken ''Musicae sacrae disciplina" und ''Mediator Dei", und zwar eingehend, am 3. September 1958. Die Instruktion ist "speciali modo" approbiert, und hiermit ein allgemeines Gesetz!(12) Nicht weniger entschieden fordert die lateinische Sprache Papst Johannes XXIII. in seiner Apostolischen Konstitution "Veterum sapientia"(13) und auch das sogenannte II. Vaticanum kann nicht anders als zu betonen: "Linguae latinae usus, salvo particulari iure, in Ritibus latinis servetur! - (Der Gebrauch der lateinischen Sprache, beschadet des Partikularrechtes, soll in lateinischen Riten unversehrt bewahrt bleiben! (14)
Annmerkungen: 1) Ledesima, op. cit., S.73. 2) Joannis Eckii Enchiridion. 3) ebd. 4) Origenes. In liter. Jesu Nave Homilia XIX. Pg. 12, 919-922 A. 5) Biblioth. Criticae, Vol. IV. pg 627. 6) ebd, pg. 613. Linguis vernaculis non utendum in Sacris, pg. 37. 7) Dionysius Areopag. Mystica Theologie, PG. 3. 1019 A. 8) La Fontaine. "Unigenitus" Synopsis 86 propositio. 9) Barták, op. cit. 41-42. Io) Mansi 45, 460 sqq. 11) AAS 1956, pg. 724. 12) AAS 1958, pg.630 sqq. 13) AAS 1962, pg.129 sqq. 14) Constitutio de sacra Liturgia 36 § 1.
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