DIE GESCHICHTE SCHREIBEN HEILIGE!
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Vor Jahren spielte sich in einem Krankenhaus folgendes ab. Es handelte sich um eine verhältnismäßig leichte Operation bei Lumbainarkose. Der Patient, ein noch nicht fünfzigjähriger Mann, war zwar ganz überzeugt, daß die Krankheit nicht so ernst ist, seine Frau aber bestand darauf, daß er sich versehen lasse, wozu er zuletzt einwilligte. Der Primarius des Krankenhauses war ein an und für sich gläubiger Arzt, doch da für den Tag mehrere Operationen vorgemerkt waren und die Zeit bereits fortgeschritten war, wollte er nicht länger warten. Wenn der Priester auch noch so schleunigst kommen konnte, immerhin waren es ob der Entferntheit des Pfarrhauses zwanzig Minuten. Doch die Frau bestand darauf. Als sich die Ankunft des Priesters etwas verzögert hatte, brachte man den Patienten vor den Operationssaal. Gnädige Frau, sagte der Primarius, sie brauchen keine Angst haben, es handelt sich ja nur um eine Kleinigkeit, gleich wird alles vorbei sein! - Unterdessen war aber der Priester eingetroffen, und erteilte dem Kranken die Sakramente. Hierauf führte man den Kranken in den Saal. Nach einigen Minuten öffnete sich die Türe des Operationssaals von neuem und tief bedrückt meldete der Artz der bestürzten Frau den Tod ihres Mannes.
Als die kleine Jacinta von Fatima im Sterben lag, fragte sie der behandelnde Arzt, was eigentlich die Mutter Gottes gesagt habe. Das Kind antwortete: Sie hat gesagt: Ich bin gekommen um euch zu warnen, daß ihr Gott, der so wie so genug gelästert wird, nicht noch mehr lästert. Wenn ihr euch bekehren werdet, endet der Krieg, wenn nicht, die Welt! Wie Fatima es durch den Mund kleiner Kinder vermeldet hat, besitzt die Welt, da sie sich nicht gebessert hat und auch nicht bessern will so viel an zerstörender Kraft, daß die Bewohner dieser Erde nicht nur einmal, sondern dreimal vernichtet werden könnten. Das größte Wunder besteht darin, daß diese Welt unter solchen Zuständen heute immer noch besteht.
Bereits im 5. Jahrhundert erklärt der hl. Fulgentius, daß es ein Wunder ist, daß diese Welt ob der Sündhaftigkeit der Menschen überhaupt noch nicht pulverisiert sei und betont, daß wir dafür allein der Mutter Gottes zu danken haben. Was würde er da von unserer Zeit sagen?
Um dieses zu begreifen, müssen wir uns zwei Grundwahrheiten scharf vor die Augen stellen. So lange wir nicht zum Bewußtsein kommen, daß die geringste Abweichung von der moralischen Ordnung, das was wir gewöhnlich eine leichte Sünde nennen, wenn Gott der in ihr verborgenen vernichtenden Kraft freie Bahn ließe, einen größeren Schaden anstiften würde in der physikalischen Welt als wenn zwei Sterne zusammenprallen würden, wissen wir von unserem Glauben rein nichts. Wenn nun sehen aber solch eine kleine Sünde so schreckliche Folgen haben kann, was müßte denn mit dieser Erde geschehen, wenn wir allein die Sünden des zwanzigsten Jahrhunderts aufzählen würden! Fast zweihundert Millionen Tote, direkte oder indirekte Opfer der Kriege und Konzentrationslager auf der ganzen Welt, fast ebensoviele Krüppel, ein Meer von Blut und Tränen, ein moralischer Sumpf, wo kein gediegener Charakter mehr wachsen kann, und noch vieles andere. Da haben wir ein ganz klares Wunder: längst müßte die Welt in Asche und Trümmern sein, wenn nicht die Mutter Gottes und so manche fromme Opferseele die strafende Hand Gottes zurückhalten würde - doch wie lange noch?
"Die Geschichte schreiben Heilige", sagt ein Sprichwort, "nicht Politiker". Da müssen wir die zweite Wirklichkeit gut bedenken. Solange wir uns nicht zum Bewußtsein durcharbeiten, daß die geringste Einheit der Gnade Gottes, soweit wir in diesem Zusammenhang so sprechen dürfen, mehr Kraft aufweist, wie die gesamte Energie des Weltalls, wissen wir wieder von unserem Glauben rein nichts. Daraus ist aber ersichtlich, daß, wenn das zwanzigste Jahrhundert gerettet wird (es verdient es sicher nicht) dann werden wir staunen, wem wir es neben der Mutter Gottes zu verdanken haben: vielleicht einem Straßenkehrer, der in Mosvor dem Kremel die Straße kehrt und wegen der Reinheit so viel Gnade in sich aufnimmt, d.h. Licht und Kraft von oben und ebensoviel ausstrahlt, daß die Mächte der Finsternis sich zurückziehen müssen - oder aber ein armes Mütterlein, das in Schmerzen auf dem Lager seinen Rosenkranz betet. Unter solchen Bedingungen dürfen wir nicht mit leeren Händen dastehen.
Vielleicht werdet ihr mir sagen: Wir haben keine Zeit, wir müssen arbeiten, um uns unser tägliches Brot zu erwerben!" Wohl, ihr habt vollauf recht, aber gerade hier könnte und müßte auch eure Rettungsarbeit einsetzen. Täglich nehmt ihr ja das Brot in die Hand. Es ist auch Endergebnis eurer Arbeit, jedoch nur in Abhängigkeit von Gott. Aus so vielen Körnchen besteht es, wie ihr Schritte getan habt, eure Hand bei der Arbeit bewegt. Nun aber ist wohl zu bedenken, wie groß unser so hervorgehobener Anteil in Wirklichkeit ist! Wenn Kinder sich streiten, dann fordern sie das zurück, was einem jeden an Spielzeug gehört, welches sie sich gegenseitig ausgeborgt haben. Was wäre, wenn nun Gott zurücknehmen würde vom Brot, was seinen Anteil bildet. Woher habt ihr den Samen genommen? Antwortet mir, wenn ihr könnt! Aus der Kornkammer - doch ist er dort von selbst erschienen? Ihr habt geackert, gedüngt und geegt, wer hat euch jedoch dazu die Kraft gegeben? Seid ihr euch auch nur einer einzigen Sekunde eures Lebens sicher? Wem verdankt ihr es? Wer von euch ist sich bewußt wie viele unzählige Bakterien ihre Arbeit geleistet haben, Lebewesen genauso unzählbar wie die Sterne am Himmel - in einem Stecknadelkopf haben 1500 Millionen Platz! Wenn es diese nicht gäbe, hättet ihr kein Brot! - Brot, das so mancher sich zum Gott gemacht hat. Die alten Juden und auch der Heiland beteten vor dem Genüsse des Brotes folgendes Gebet: Gepriesen sei Du unser Herr, König der Welten , der Du hervorsprießen laßt das Brot aus der Erde. Jetzt können wir auch verstehen, daß für die alten Israeliten ein jedes Mahl Gottesdienst war, wie es auch für uns sein soll. Jedes Mahl läßt sich auf die Formel zurückführen: Die im Dienste Gottes verbrauchte Energie mit der in der Speise enthaltenen Energie Gottes für weiteren Gottesdienst zu ersetzen, denn dazu sind wir auf der Welt, daß wir Gott erkennen, Ihm danken, Ihn lieben, Ihm dienen und so das ewige Leben einmal erlangen.
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