CONTRA MURMURANTES
von Anton Holzer - Antwort auf Prof. Hacker -
Wie nicht anders zu erwarten kam die erste Kritik auf des Verf. Buch über das Vaticanum II von Seiten der vornehmlich angegriffenen "Konservativen". Der Grund ist klar: ihr liebstes Kalb wird dort geschlachtet. Bischof Graber hat es in einem Vortrag (19.1. 67) bereits gesagt: "Es ist schon eine fast an das Böswillige grenzende Unterstellung, wenn man den sog. Konservativen unterschiebt, sie seien gegen das Konzil und seine Dekrete eingestellt. Nichts ist falscher als dies. Im Gegenteil, wir erheben den Anspruch, die treuesten Verfechter des Konzils zu sein; nur nehmen wir die Texte des Konzils so, wie sie sind. Mit Papst Paul VI. wenden wir uns gegen 'eine sog. nachkonziliare Denkweise', die völlig übersieht, 'wie sehr das Konzil in seinen Lehren und seiner Gesetzgebung bei noch so großartigem Fortschritt fest mit dem überlieferten Gedankengut und Brauchtum der Kirche zusammenhängt' ..." (Zur nachkonzi1iaren Situation der Kirche, Abensberg 1967, S. 7) Gerade das aber erlaubt -sich der Verfasser in Zweifel zu ziehen in seinem Buch; ja er zieht nicht nur in Zweifel, sondern er bestreitet glatt nicht nur den "so großartigen Fortschritt" (es sei denn zur Zerstörung der Kirche), sondern sogar den angeblichen festen Zusammenhang mit der Tradition (es sei denn per antiphrasin); und er begründet diese Bestreitung auch noch mit ausführlichen Belegen aus den Konzilstexten. Für die genannten Konservativen also, die blind und treu dem gängigen Konzilsverständnis anhangen, ist jede fundierte Konzilskritik nicht nur ein Greuel, sondern ein unkatholisches und ketzerisches Crimen laesae maiestatis. Verständlicherweise: sind doch eben das Vaticanum II - so des Verf. bisher unwiderlegte These - die Konstituante und seine Verlautbarungen das Grundgesetz der "Konziliaren Kirche", der sie auf keinen Fall den Rücken kehren wollen. Ist sie doch mit der früheren Kirchenorganisation identisch und hat damit wenigstens den Schein der Identität auch mit der Kirche Christi überhaupt für sich. Zudem besitzt laut Paul VI., also keineswegs nach erwähnter "nachkonzi1iarer Denkweise", sondern nach offizieller Weisung, das Vaticanum II "ebensoviel Autorität und in mancherlei Hinsicht noch mehr Bedeutung als das Konzil von Nizäa" (Brief an Mgr. Lefebvre v. 29.6. 1975).
Hackers Verteidigung des Konzils als in omni parte katholisch, darauf nämlich läuft seine Kritik an des Verf. Konzilskritik hinaus, ist also nicht verwunderlich. Verwunderlich freilich ist umso mehr die Art und Weise dieser Kritik.
I. Hackers Weise der Kritik
Es ist nämlich nicht H's Manier, wie es bei einem Buch mit so brisanter Thematik zu erwarten gewesen wäre, in einer Besprechung ex professo das Buch zu rezensieren, nicht nur die Thesen zurückzuweisen, sondern auch deren Begründung zu widerlegen, wenigstens in Andeutung von Argumenten. Nein, er versucht vielmehr - wie derzeit allenthalben üblich gegenüber trad itionalistischer Literatur - nur so nebenbei, nur so en passant, in ein paar scheinbar souveränen Bemerkungen, die gegnerischen Thesen zu disqualifizieren und als nicht ernst zu nehmen unter den Tisch zu wischen. Diese wahrhaft leicht-fertige Art, die des Gegners Argumente nicht einmal andeutet, geschweige widerlegt, ist eines Wissenschaftlers nicht würdig, ist kein Zeichen von Redlichkeit.
Doch soll um der Sache willen eine ausführliche Antworterfolgen, die leider einige der im Buch gemachten Ausführungen raffend wiederholen muß. Dort nämlich sind H'kritische Anmerkungen bereits prinzipiell und mehr oder weniger ausführlich beantwortet.
II. Hackers sachliche Kritik Beginnen wir mit dem Grundsätzlichen und Allgemeinen zum Problemfeld "Konzilsaussage und Konzilsauslegung".
A. Hackers hermeneuti sehe Grundthese lautet: (1) "Die Konzilstexte enthalten zwar manche mehrdeutige Worte und Passagen, aber wenn man sie wie es sich gebührt, jeweils in ihrem Gesamtzusammenhang und vom Dogma her versteht, so kommen die eindeutig katholischen Gedanken des Konzils zu Geltung" (VF 2/78 S.6 r.Sp . ) Aus diesem Ansatz ergeben sich (2) als Folgerungen die beiden kritischen Anmerkungen H's zum Buch des Verfassers (a) daß der Verf. nicht so "wie es sich gebührt", vorgeht, sondern etwa "immer wieder Meinungen progres s istischer Konzilsausleger mit den Konzilsaussagen ineinanderschiebt" (ebd. S. 7 1 .Sp . ), und daß (b) "eine völlig negative Beurteilung wie die von A. Holzer ... jedenfalls den Konzilsbeschlüssen nicht gerecht" wird. Als Beispiel dienen H. des Verf. Ausführungen zum Dogma von der "alleinseligmachenden röm.-kath. Kirche" (nur a) und zum Ökumenismusverständnis des Konzils.
B. Auf diese Vowürfe ist verschiedenes zu antworten. Zu (1): Warum der Verf. das zitierte hermeneutische Prinzip der traditionellen Auslegung d.h. H's "wie es sich gebührt", ausschloß, ist in seinem Buch ausführlich begründet (S.125f, bes. 323ff). Das übersieht oder unterschlägt Hacker. Ich wiederhole den Kern der Begründung: (a) Das genannte Interpretationsprinzip entspricht weder dem speziellen Anspruch des Vat. II noch der sich darauf berufenden "Konziliaren Kirche". Die generelle Grundintention des Vat. II, sein Programm, was wesentlich das "aggiornamento", die Verkündigung des Glaubens, so wie es die Welt von heute erfordert (vgl. Eröffnungsanspr.Joh.'s XXIII.). Das Maß ist damit verschoben, liegt außerhalb des Glaubens und der Tradition: die Welt von heute bzw. deren angeblichen Erfordernisse sind es. Der Glaube hört auf die Welt! - Zu dieser Auffassung zwingen nicht nur das Programm und die Texte des Vat. II, sondern auch und vor allem die Wirklichkeit der nachkonziliaren offiziellen Praxis, die ja als authentische Realisierung des Programms Pauls VI. und seines Konzils zu gelten haben.
Für alle sog. Reformen, für die pastoral neutralen (?) wie schädlichen, für die eventuell traditionsgemäßen wie die traditionsfeindlichen, beruft sich die "Konziliare Kirche" und ihr Oberhaupt immer auf den Auftrag des Konzils, den sie selbst dort für sich reklamiert, wo offenkundige Widersprüche zum Wortlaut der Texte vorliegen (z.B. Abschaffung der Kultsprache Latein).
Nun ist weder die private Auslegung der Konservativen noch die der Progress is ten die maßgebende; entscheidend ist vielmehr die offizielle, amtliche Auslegung durch den Gesetzgeber selbst. Diese geschieht in der Konzils-"Kirehe" entscheidend durch die vom selben Gesetzgeber erlassenen Ausführungsbestimmungen und noch entscheidender durch die von ihm durchgeführten und approbierten Reformen, im letzten durch Paul VI., der all dies durch seine kanonische Autorität deckt und daher auch persönlich dafür verantwortlich ist.
Erhellend sind daher auch alle Äußerungen Pauls VI. zum Konzil und den daraus abgeleiteten Reformen und Neuerungen, die er selbst immer wieder als authentische Realisierung und keineswegs als Verrat am Konzil bezeichnet. Erhellend sind vor allem auch alle Ermutigungen an die Adresse der reformierenden Bischöfe, alle Ermutigungen an die Reformer zur Fortsetzung ihres bisher so gloureich durchgeführten Reformwerkes.
Des weiteren gehören zu den die postkonzi1iare Wirklichkeit bestimmenden und prägenden, das Konzil und seinen Sinn verdeutlichenden Äußerungen der "Konziliaren Kirche", die ja als partielle Weisen ihrer ordentlichen Lehrverkündigung zu betrachten sind, insbesondere alle hierarchischen Patronate über Bucherscheinungen, alle Imprimatur-Vergaben seit dem Konzil speziell zu Büchern und Kommentaren über das Konzil selbst. Das Imprimatur ist ja ein autoritatives kirchliches Urteil über den Inhalt eines Buches im Hinblick auf seine Übereinstimmung mit der kirchlichen Glaubenslehre, in unserem Fall mit der Glaubenslehre der "Konzilskirche", und noch genauer: im Hinblick auf die Übereinstimmung einer bestimmten Konzilsauslegung mit dem Selbstverständnis der Konzils-"Kirehe".
Wenn nun weltweit dieselbe Konzilsauslegung durch Imprimatur anerkannt wird als dem im Konzilstext neiderge1egten Glauben der Konzils-"Kirehe" gemäß, so muß diese Auslegung als offizielle Auslegung angesehen werden, mögen auch einige Konservative nicht damit einverstanden sein, sondern diese als progres s i sti seh ablehnen.
(b) Soweit gegen die Interpretation der Texte des Vat. II "vom Dogma her". Was darüber hinaus über die Interpretation der Texte "in ihrem Gesamt Zusammenhang" zu sagen ist, dafür sei auf die Bemerkung des Verf. in VF 22/1977 S.21ff verwiesen.
(c) Als Folgerungen ergeben sich somit 1. die prinzipielle Berechtigung des "Ineinanderschiebens" gewisser Konzilstexte und ihrer progressistischer Auslegung und 2. schon vom Selbstverständnis des Konzils her "eine völlig negative Beurteilung", sofern damit eine formelle oder globale Ablehnung des Vat. II im Sinne der "Konzilskirche" und Pauls VI. gemeint ist. Daß materiell viele Konzilstexte katholisch verstanden werden können oder müssen, wird nicht bestritten (Verf. S.127). Des Verf. Absicht war aber die Herausarbeitung des die "Konzilskirche" konstituierenden Spezifikums des Vat. II.
III. Hackers Beispiele Die von H. angezogenen Beispiele hängen in der Argumentation des Verf. eng zusammen; das eine erläutert das andere. (1) Was das Vat. II als "falschen Irenismus" ablehnt, ist nicht dasselbe, was etwa unter Pius XII. darunter verstanden wurde. Beweis dafür ist dem Verfasser etwa die Art und Weise der Darlegung des Dogmas von der "alleinseligmachenden Kirche" durch das Konzil selbst. Dieses muß doch am ehesten gewußt haben, was es als "echten" Irenismus verstehen wollte und wie es "die katholische Lehre den Getrennten vollständig und unmißverständlich zu erklären" vermochte. Dieser echte d.h. vom Vat. II nicht verworfene, sondern geforderte und praktizierte Irenismus läuft im Fall des genannten Dogmas - so der Verf. - auf dessen Leugnung hinaus. (2) Dies geschieht durch die Einbeziehung der nichtkatholischen christlichen Religionsgemeinschaften einerseits und der nichtchristlichen Religionen andererseits in das Subjekt "Kirche". Im Hinblick auf die letzteren, nicht aber auf die ersteren, bestreitet H. des Verf. These, und zwar mit Verweis auf das ApÛstol. Mahnschreiben Pauls VI. "Evangelii nuntiandi": "Dieser für die Kirche geradezu tödliche Irrtum ist nun durch klare Weisung des Mahnschreibens ausgeschlossen: bei allen Werten, die sich in nicht ehri s11ichen Religionen finden, bleibt das Christentum die einzige Religion, die zur Gemeinschaft mit Gott führt" (VF 3/78 S.7 1.Sp.).
Zu dieser Korrektur der Konzilsauslegung durch d. Verf. durch die genannte "klare Weisung" ist folgendes zu sagen: (1) So wie H. diese Weisung formuliert, bestätigt er zunächst einmal des Verf. These in ihrer ersten Hälfte. Er sagt nicht, die römisch-katholische Kirche sei die alleinseligmachende Kirche, sondern nur, das (wo realisierte?) Christentum sei die alleinseligmachende Religion. Das ist zwar richtig, aber nicht genug, um nicht häretisch zu sein. Sollte dies also die ganze "klare Weisung" sein, so ist der für die Kirche "tödliche Irrtum" nicht ausgeschlossen, sondern nur maskiert und kaschiert. Vielleicht aber zitiert H. das Mahnschreiben ungenau? Keineswegs, jedenfalls nicht in dieser Hinsicht! (2) Denn die von H. wohl gemeinte Stelle lautet wörtlich: "... cum agitur de religionum naturalium formis vel praestantissimis, Ecclesia hoc sibi proprium putat; vi religionis Jesu, quam ipsa per evangelizationem nuntiet, revera hominem iungi cum Dei consilio ... aliis verbis, per nostram religionem reapse cum Deo instituicommercium, verum nempe vivumque, quod aliae religiones instituere nequeunt ...(AAS 68, 1967, p.42).
Aus diesem Text ergibt sich: a) H's Formulierung der "klaren Weisung" Pauls VI. war exakt; freilich ist es dennoch keine "klare Weisung", im Gegenteil, b) Paul VI. schärft nämlich keineswegs das katholische Dogma ein, wonach es außerhalb der römisch-katholischen Kirche keine Heilsvermittlung gibt, sondern er erklärt nur das von dieser Kirche verkündete Christentum als alleinseligmachende Religion; er sagt nicht, daß diese "religio Jesu", "religio nostra" allein richtig verkündet wird in der röm.-kath. Kirche, noch daß diese Religion in der röm.-kath. Kirche allein verwirklicht ist. Insofern liegen diese Formulierungen genau auf der Linie der Konzilsaussagen, die die traditionelle Exklusivität durch das Verbum "subsistere" vermeiden (vgl. Holzer, Vat. II S. 174-177), Zwar ist im Mahnschreiben die Heilsvermittlung durch nichtchristliche Religionen ausgeschlossen, aber das ändert nichts daran, daß die Konzilsaussagen selbst durch ihre Formulierungen diese Deutung virtuell enthalten, c) In einer Hinsicht geht Paul VI. sogar noch einen Schritt über das Konzil hinaus. Die heilsvermittelnde Exklusivität des Christentums - aus ökumenischen Gründen heißt es nicht "Kirche" - wird nicht als verpflichtendes Dogma vorgetragen (wie vor dem Konzil), auch nicht als kirchliche Glaubensaussage (wie man das Vat. II noch verstehen kann; vgl. Erkl. über die Rel.-Freih. n.l: .. Credimus . . ) , sondern nur noch als bloße Meinung der Kirche (..putat..). Das bisherige kirchliche Dogma aber als bloße Meinung hingestellt ist eine glatte Häresie, und so ist des Verf. These vom liberalen Grundprinzip des Vat. II und der "Konzilskirche" unter Paul VI. zwar materiell in einem Punkt widersprochen, aber formell noch einmal bestätigt. Denn die bloße Meinung von der "alleinseligmachenden christlichen Religion" kann sich mehr noch als das Dogma selbst den Erfordernissen der Welt von heute gemäß ins Gegenteil verkehren. Das Dogma als solches ist gefallen (vgl. Holzer, Vat. II S.37ff, 115f, 126ff).
Die Logik der Hackerschen Kritik am Verf. zur Verteidigung des Vat. II liegt in dem bekannten Prinzip: und drum, so schloß er messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.
ÜBER DAS WEITERE SCHICKSAL VON H.H. PATER JOHANNES DlUSTUSCH (vgl. "Einsicht" VII(4)181)
(...) Gott sei Dank kann ich Ihnen berichten, daß es dem H.H. Pater Diustusch z.Zt. ganz ordentlich geht. Er bekommt jetzt in Konstanz eine kleine Kapelle; dieselbe wird noch vor Ostern fertig werden. Daneben hält er jeden Monat einmal in Ulm Gottesdienst, wo man ihn auch sehr schätzt. Die Ulmer bekommen einen Gottesdienstraum in Neu-Ulm, wo 4oo Personen Platz haben. Pater Johannes Diustusch freut sich, daß er doch wieder ein schönes Wirkungsfeld hat. Das tut ihm auch gesundheitlich gut. (...) E.W.
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