NOCH EINMAL:
ZUM PROBLEM DER STÄNDIGEN SEXUELLEN PROVOKATION
Anm.de.Red.:
In Nr. IX(2)76 f. vom Juli 1979 veröffentlichten wir den als
Diskussionsbeitrag gedachten Artikel von Herrn Dr. Helmut Grohnauer
"Zum Problem der ständigen sexuellen Provokation". Dieser Beitrag fand
bei der Leserschaft kein ungeteiltes Echo wie z.B. die nachfolgende
Entgegnung von Herrn Schwörer zeigt. Da wir alle in einer Zeit
extremster moralischer Bedingungen leben, besonders die Jugend - man
frage nur einmal besorgte und verantwortungsbewußte Eltern, deren
Kinder zur Schule gehen, welche Vorkommnisse diese allein von dort zu
berichten wissen! - und es z.T. sehr schwer ist, eine richtige
Einstellung bzw. Verhaltensweise zu finden, soll das angeschnittene
Thema auch weiterhin behandelt werden, und ich bitte die verehrten
Leser um ihre Stellungnahme dazu.
Um den Zusammenhang zu wahren, erfolgt zunächst noch einmal der Abdruck
von Herrn Dr. Grohnauers Artikel; an diesen schließt sich die
Entgegnung von Herrn Schwörer an, zu der schließlich Dr. Grohnauer
Stellung bezieht.
E. Heller
ZUM PROBLEM DER STÄNDIGEN SEXUELLEN PROVOKATION
von
Dr. Helmut Grohnauer
Ich kannte einen kleinen Jungen, der die Aloisianischen Sonntage hielt.
Wenn er jedoch durch den Hausgang seiner Tante mußte, in dem an der
Wand ein Medaillon mit einer nackten, von einem Stier entführten Europa
hing, konnte man ihn mit keinerlei Zureden mehr bewegen, am Sonntag zur
hl. Kommunion zu gehen. Das mag ein etwas übertriebener Fall sein. Doch
ging es uns, d.h. den Älteren von uns, nicht manchmal ähnlich?
Aber wie ist es heute? Wie sollen wir uns angesichts der derzeitigen
Verhältnisse richtig verhalten, wo uns Illustrierte, Femslehen,
Plakate, Werbung jeder Art, Strandbad und die Blue Jeans mit ihren
sexuellen Aufreizungen direkt überfluten, wo selbst von "kirchlicher"
Seite jegliche Libertini tat gepredigt wird? Praktisch überall wird man
mit Körperlichkeiten jeder Art von vorne und hinten konfrontiert, mit
den Geschlechtsteilen primärer und sekundärer Art in jeder farblichen
Einkleidung, manchmal in geradezu provokativer Weise. Und das ist nicht
einmal das schlimmste: in der öffentlichen Meinung hat sich schon
längst das Vorurteil eingenistet, daß sexuelles Ausleben sozusagen zu
den von der UNO proklamierten "Grundrechten" des Menschen gehört.
Zwar spielt die Gewöhnung eine nivellierende und sexuell entschärfende
Rolle. (Und damit wird natürlich auch nur auf eine Verarmung des ganzen
Gefühlsleben hingearbeitet, wobei das Verlangen nach dem anderen
Geschlecht häufig in einen Ekel vor ihm umschlägt.) Aber der dauernde
Sex-Appeal ist vorhanden - für alle! Für den einen ist er es weniger,
für den anderen mehr. Wenn man nun Kindern wie Erwachsenen etwa in der
Beichte oder im Religionsunterricht wie früher beibringen würde (wo die
ganzen Sexaitikel unter der Ladentheke verhandelt wurden, man also
aktiv danach Aussahau halten mußte), "da schaut man eben weg, sonst ist
das Sünde", so würde man sie damit zu lebensuntüchtigen Skrupulanten
erziehen, die nicht nur für den Psychiater, sondern auch für den
Kirchenaustritt reif werden würden. ((Auch müßte man, um wegschauen zu
können, schon hingeschaut haben. Und die Augen kann man, besonders im
Straßenverkehr, wo einem von den Litfaßsäulen die entblätterten
'Blümchen' anlächeln, nicht schließen, sonst wäre man im nächsten
Augenblick überfahren. Also nicht die Tatsache als solche, daß da in
einer Darstellung provozierende (sündhaft gemeinte) Absichten auf mich
einwirken bzw. auf mich treffen, macht eine persönliche Verfehlung aus,
sondern sündigen tue ich nur dann, wenn ich mich der in der Darstellung
gemeinten Absicht bloßer Sexualisierung frei überlasse. Es ist aber
auch klar, daß diese öffentliche Überreizung unerträglich ist und eine
ungeheure bedrohliche Gefahr für das sittliche Verhalten jedes
einzelnen darstellt. Vieles, was eigentlich zum wirklichen
Liebesverhältnis zwischen Mann und Frau gehört, wird in den Schmutz
gezogen und pervertiert, wobei dann die wirklichen Liebesbeziehungen
verdächtig gemacht werden sollen. Durch diese öffentliche Provokation
werden wir, da wir alle mehr oder weniger schwach sind, fast
ununterbrochen versucht. Anm. d- Red.)) Übrigens sind die Körperformen
der Menschen ebenfalls aus Gottes Hand hervorgegangen wie Berge,
Blumen, ein edles Pferd oder ein liebes Kätzchen. Man darf sie also
ansehen und schön finden. Man muß allerdings jungen Leuten sagen, daß
die menschlichen Temperamente verschieden sind und jeder selbst wissen
muß, welche Reaktionen speziell zur Sexualisierung hergestellte
Druckerzeugnisse z.B. bei ihm hervorrufen. Hier hätte der Beichtvater
seinen Rat zu geben, weil gerade diese Dinge und die durch sie
verursaahte Aufreizung zu häufiger Onanie oder vorehelichem
Geschlechtsverkehr führen. Jedenfalls kann die bloße Betrachtung eines
hübschen Mädchens in Blue Jeans oder im Bikini keine schwere Sünde
sein, sonst wäre der größte Teil von uns fortgesetzt in diesem Zustand,
indem dann auch die ersten Christen fortwährend hätten sein müssen, die
ja auch überall nackten Standbildern begegneten, wenngleich sie diese
Plastiken - in erster Linie Götterbilder - ablehnten, womit das
Ästhetische dann Hand in Hand ging. Bei echten Sportsleuten geht's
heute ja auch nicht ums Herumflegeln und um Sex, sondern um Leistung.
Von Sünden kann gerade hier, wenn nicht provoziert, nicht die Rede
sein.
In der Kunst, der wahren, und nicht dem Schwachsinn, der sich heute als
solche ausgibt, herrschen bestimmte Eigengesetzlichkeiten, die aber
dennoch dem Dekalog unterworfen bleiben. Es ist da Sache des
Beichtvaters hier dem einzelnen die Grenzen zu ziehen, gerade in der
'permissiven' Gesellschaft. In der darstellenden Kunst, z.B. im Theater
oder Ballett, ergeben sich oft psychologisch derartige
Identifikationsmomente, daß eine klare Scheidung zwischen Schuld und
Berufsnotwendigkeit kaum möglich ist (von eindeutig glaubensfeindl
iehen und unsittlichen Stücken abgesehen). Es ist jedoch absurd, z.B.
das Ballett als solches, dessen Unterton fast immer erotisch ist, als
'unsittlich' abzutun. - Ich möchte mich hier aber auf die bildende
Kunst beschränken. Auch hier haben viele Darstellungen,vor allem des
Menschen, erotischen Charakter, der auch hier vom provozierend
sexuellen, und selbstverständlich vom gewollt
pornographischpathologischen, klar zu scheiden ist. Hier hat die
GewissensVerantwortung sowohl des Produzenten als auch des
'Konsumenten' einzusetzen. Es ist jedoch absurd und erzieht zu
Lebensuntüchtigkeit, - wie leider in manchen 'gutkatholischen' Kreisen
üblich - jede Aktdarstellung als sündhaft zu etikettieren und jeden
wirklich sich bemühenden Künstler samt Modell, als 'öffentliche Sünder'
pharisäisch herabzuwürdigen. Gerade dieser viktorianisch-c'alvinische
Pharisäismus hat zu jener permissiven Explosion geführt, in der wir
heute stecken. Jenseits aller "Situationsmoral" gewisser Theologen muß
doch eingeräumt werden, daß die allgemeine Moral (= das allgemein
übliche Verhalten) sehr vom Zeitgeist abhängt, der ein sehr übler sein
kann, aber durch die normative Prägkraft auch auf die katholische Moral
eingewirkt hat. Das war zu allen Zeiten der Fall, aber noch nie so
stark wie heute, weil die 'Macher' der öffentlichen Meinung bis in die
letzte Hütte, ja in den 'Urwald' hinein wirksam werden. Früher, etwa
zur Zeit der Renaissance, in der in der bildenden Kunst - und teilweise
in der Mode! - Nacktheit Trumpf war, blieb dies meist auf- Hofkreise
beschränkt, heute ist sie, gerade durch die Photographie, Allgemeingut
in der Darstellung geworden. Ich glaube, man müßte auch hier (von
Pornographie natürlich abgesehen) das Natürliche und Kreatürliche in
diesen Darstellungen sehen lernen. Ja, lernen!
Wir stehen religiös u.a. an einem Scheideweg, wie er schon mehrfach in
der Kirchengeschichte vorkam: die deutliche Scheidung des klösterlichen
vom weltlichen Vollkommenheitsideal zu vollziehen. (D.h. wir müssen
unterscheiden zwischen Gebot und evangelischem Rat. Anm.d.Red.) Ein
Mensch, der das Keuschheitsgelübde abgelegt hat, muß zu den Normen
seiner weltlichen Umwelt zwangsläufig eine andere Einstellung haben als
der Gläubige in der Welt, der mit tausend Provokationen leben muß. Die
ersten Christen mußten dies zwar z.T. auch, aber es fiel alles
leichter, da man die Erscheinung des Herrn zum Gericht als Antwort auf
die Verkommenheit des Römerreiches erwartete. Das mönchische Ideal der
Vervollkommnung ist ein sehr wertvolles, und es hat die Kirche schon
mehrfach stabilisiert, ebenso der Zölibat, aber beide sind das Ideal
der wenigeren. Die vielen dagegen leben in der Welt und haben natürlich
auch nicht die Hilfsmittel, die ein Kloster in vielfacher Weise bietet.
Gerade aber das 19. Jahrhundert huldigte weitgehend nur diesem Ideal,
wie z.B. die Heiligsprechungen zeigen. Hinzuzufügen wäre noch, daß der
Eintritt in ein Kloster bzw. Seminar, sofern er völlig freiwillig
erfolgt, die entsprechende Reife voraussetzt, die Gelübde auch halten
zu können.
Wie sehr frühere Jahrhunderte z.B. das Barock und selbst gelegentlich
die Gotik natürlich-kreatürlich dachtenund darstellten; zeigen unsere
herrlichen Kirchen in Bayern, Österreich und Italien insbesonders, und
nicht zuletzt im Petersdom und der Sixtina selbst. Michelangelo hat das
Wagnis unternommen, Gottvater darzustellen - bis heute unübertroffen:
Gott schuf den Menschen nach Seinem Bild und Gleichnis.
Merkwürdigerweise versucht die Romanik (bis in die Meßbücher hinein),
alles Geschlechtliche bzw. alles Geschlechtskennzeichnende zu
vermeiden, womit sie sich zunächst als wahre Mönchsreligion und -kultur
erweist. Interessant ist auch, daß die Liturgische Bewegung mit
Renaissance und Barock nicht fertig wurde, gerade wegen ihrer
'freizügigen' Darstellungen (auch der Putti), während sie doch so
'modern' sein wollte. Die Anti-Barock-Animosität kommt aus der
Rothenfelser Ecke, und interessant ist weiter, daß viele
deutsch-sprachige Bischöfe mindestens Bewegungssympathisanten waren,
auch Professoren und Redakteure sind hier hinzuzuzählen. Was sie
erreicht habeh, müssen wir jetzt durchstehen.
Diese Betrachtungen, die nicht vollständig sein wollen, mögen unsere
tapferen Geistlichen zum Nachdenken und Stellungnahmen anregen, uns
Wege katholischer Moral in einer Zeit des Chaos, der latenten Bedrohung
wie noch nie zu zeigen, in einer Situation, der wir - leider! -
Rechnung zu tragen gezwungen sind.
KONTRA DR. GROHNAUER
ZUM PROBLEM DER SEXUALMORALISCHEN PROVOKATION*
von
Ulrich Schwörer
In dem Artikel "Zum Problem der ständigen sexuellen Provokation"
("Einsicht" Juli 1979, S.76) behandelt Herr Dr. Grohnauer verschiedene
Fragen und fordert die "tapferen Geistlichen zum Nachdenken und
Stellungnehmen" auf. Ich gehöre nicht dem geistlichen Stand an, sondern
bin Familienvater; erlaube mir aber trotzdem, Stellung zu nehmen. Die
von Dr. Grohnauer angewandte Argumentation ist mir nicht neu. In meiner
Umgebung wurde vor ca. l0 Jahren von Geistlichen, die sich nicht
'tapfer', sondern 'mutig' nannten, sehr dafür geworben. Sie
bezeichneten die Erkenntnisse als neu, und die Schriften, welche sie
empfohlen haben, waren tatsächlich neu. Da ich die Auswirkungen dieser
Ansichten als sehr bedeutend wertete, besorgte mir ein Student, der
ebenfalls hellhörig geworden war, einige ältere Schriften zu diesem
Thema. Dabei stellte sich heraus, daß diese Ansichten auch damals, vor
ca. lo Jahren, nicht neu waren, sondern schon Jahrzehnte, wenn nicht
gar Jahrhunderte zurück gingen.
Nun zur Sache. Herr Dr. Grohnauer untersucht in seinem Artikel die
Sündhaftigkeit des Betrachtens gewisser Dinge, besonders des
menschlichen Körpers. Er hat vor allem die Gelegenheiten vor Augen,
welche "Illustrierte, Fernsehen, Plakate, Werbung jeder Art, Strandbad
und Blue Jeans" ... "Körperlichkeiten jeder Art von vorn und hinten"
sowie "Geschlechtsteile primärer und sekundärer Art" bieten.
Dr. Grohnauer kommt sehr schnell zu der Feststellung, wenn man Kindern
wie Erwachsenen "wie früher beibringen würde, 'da schaut man eben weg,
sonst ist das Sünde', so würde man sie zu lebensuntüchtigen
Skrupulanten erziehen, die nicht nur für den Psychiater, sondern auch
für den Kirchenaustritt reif werden würden". Er rechtfertigt: "Übrigens
sind die Körperformen der Menschen ebenfalls aus Gottes Hand
hervorgegangen wie Berge, Blumen, ein edles Pferd oder ein liebes
Kätzchen. Man darf sie also ansehen und schön finden". Den jungen
Leuten sagt er, "daß die menschlichen Temperamente verschieden sind",
und deshalb hätte auch der "Beichtvater seinen Rat zu geben". Sicher
scheint ihm zu sein: "Jedenfalls kann die Betrachtung eines hübschen
Mädchens in Blue Jeans oder im Binkini keine schwere Sünde sein". Wer
etwa in ähnlicher Sache einen bestimmten Verdacht hat, wird belehrt:
"Bei echten Sportsleuten geht's heute ja auch nicht ums Herumflegeln
und um Sex, sondern um Leistung. Von Sünde kann gerade hier, wenn nicht
provoziert, nicht die Rede sein. In der Kunst ... herrschen bestimmte
Eigengesetzlichkeiten, die aber dennoch dem Dekalog unterworfen
bleiben". Da wäre es "Sache des Beichtvaters, dem Einzelnen Grenzen zu
ziehen". In der darstellenden Kunst, z.B. im Theater oder Ballett, wäre
sodann "eine klare Scheidung zwischen Schuld und Berufsnotwendigkeit
kaum möglich". Möglich scheint ihm jedoch, eine allfällige Verurteilung
im voraus zurückzuweisen. Wir werden hier klar belehrt: Es ist "absurd,
z.B. das Ballett als solches, dessen Unterton fast immer erotisch ist,
als 'unsittlich' abzutun. ... Hier hat die Gewissensverantwortung
sowohl des Produzenten als auch des 'Konsumenten' einzusetzen. Es ist
jedoch absurd und erzieht zu Lebensuntüchtigkeit - wie leider in
manchen 'gutkatholischen' Kreisen üblich -, jede Aktdarstellung als
sündhaft zu etikettieren und jeden wirklich sich bemühenden Künstler
samt Modell als 'öffentliche Sünder' pharisäisch herabzuwürdigen. ...
Pharisäismus hat zu jener permissiven Explosion geführt, in der wir
heute stecken". Der Zeitgeist hat "auch auf die katholische Moral
eingewirkt". Schließlich, so meint er, sind uns auch gewisse Sitten,
welche früher nur gewissen Hofkreisen vorbehalten waren, zugänglich;
wir müssen nur lernen. "Früher, etwa zur Zeit der Renaissance, in der
in der bildenden Kunst - und teilweise in der Mode! - Nacktheit Trumpf
war, blieb dies meist auf Hofkreise beschränkt, heute ist sie, gerade
durch die Photographie, Allgemeingut in der Darstellung geworden. Ich
glaube, man müßte auch hier (von der Pornographie natürlich abgesehen)
das Natürliche und Kreatürliche in diesen Darstellungen sehen lernen.
Ja, l e r n e n ! "
Wer bei solch umfangreichem Angebot jedoch noch unzufrieden ist, der
hat dann noch die Möglichkeit, die "Scheidung des klösterlichen vom
weltlichen Vollkommenheitsideal zu vollziehen" (Zwischen Gebot und
evangelischem Rat). "Ein Mensch, der das Keuschheitsgelübde abgelegt
hat, muß zu den Normen seiner weltlichen Umwelt zwangsläufig eine
andere Einstellung haben als der Gläubige in der Welt".
Die Kernpunkte der von Dr. Grohnauer vertretenen Ansichten geben Anlaß
zu einigen Fragen, die ich zu stellen und auch zu beantworten versuche.
1. Warum hat die Kirche zu jeder Zeit verlangt, daß der Mensch sich
schamhaft bekleiden müsse; hatte sie vergessen, daß der menschliche
Körper von Gott geschaffen und schön ist?
Der menschliche Körper bedarf nicht etwa deshalb der Bedeckung, weil
Gott ihn nicht schön geschaffen hat, sondern deshalb, weil der Mensch
seit dem Sündenfall zum Bösen geneigt ist. Nicht umsonst lesen wir im
Schöpfungsbericht (Gen. 3,21): "Und Gott, der Herr, machte Adam und
seinem Weibe Gewänder von Fellen und bekleidete sie damit". Seit dem
ersten Sündenfall streben gewisse Triebe des Menschen zur Herrschaft
über seinen Geist und seinen freien Willen. Je mehr der Mensch auf
Grund eines Triebes die Selbstbeherrschung verliert, um so mehr giert
er danach, alles, was ihm gerade gefällt,versklavt zur Verfügung zu
haben. Ganz besonders gilt das in bezug auf den Geschlechtstrieb. Damit
dieser nun in seiner dienenden Rolle bleibt, welche ihm zusteht, und
sich nicht anmaßt, das Gesetz aller Gesetze zu sein, sind viele
Schutzmaßnahmen nötig. Eine davon ist die schamhafte Kleidung. Wenn die
Kirche im Lauf der Jahrhunderte auch verschiedene Kleidung dulden kann
und geduldet hat, so wird sie eben doch immer verlangen müssen, daß die
Kleidung diese Schutzfunktion erfüllt, das heißt, daß sie schamhaft
ist. Der Spielraum, den die Kirche hier hat, ist wie auf dem gesamten
Gebiet der geschlechtlichen Ordnung sehr eng. Selbst die Vollmachten,
welche Petrus und seine rechtmäßigen Nachfolger erhalten haben, sind
deutlich begrenzt durch das, was Christus geboten hat. Dazu gehört das
Hauptgebot der Liebe und quasi als Ausführungsbestimmung für unsere
Sache: "Du sollst nicht ehebrechen" (Matt. 5,27) und nochmals als
Verdeutlichung und als Aufforderung - wehret den Anfängen, bekämpft die
Ursachen, sonst werdet ihr von den Auswirkungen überwältigt - spricht
der Herr: "Ich aber sage euch: Ein jeder, der ein Weib, um es zu
begehren, ansieht, hat schon an ihr Ehebruch begangen in seinem
Herzen!" (Matt. 5,28)
Vielleicht ist es verständlich, daß die Segnungen des christlichen
Mittelalters die Menschen dazu verleiteten, alles Gute als
selbstverständlich zu nehmen, und daß sie deshalb in der Renaissance
der Meinung verfielen, man könne alles Gute behalten, auch wenn man die
Opfer, welche zur Erhaltung gebracht wurden, nicht mehr verlangt. Uns
fehlt jedoch das Alibi für solche Leichtgläubigkeit. Wir haben doch
deutlich den Massenabfall vor Augen und als dessen Auswirkung die
Zerstörung ungezählter Familien und die Not der Kinder.
Sehen wir die Dinge einmal von den diesseitigen Interessen der Menschen
aus; denn Gott hat in Seiner Liebe auch dafür gesorgt. Wem gibt denn
Gebot, Gesetz und feste Ordnung in erster Linie Hilfe? Doch wohl am
allermeisten den Schwächeren. Wem dient das 6. und 9. Gebot in erster
Linie? Zuerst doch wohl den Kindern. Es verlangt, daß der Mensch in
seiner Schwachheit des Heranwachsens in einer Atmosphäre ohne
Kündigungsklausel leben kann. Wem dient es noch? Dem schwächeren
Ehegatten, damit der allfälligen Gaunerei und dem Machbaren des
Stärkeren Grenzen gesetzt sind. Wem noch? Dem Abhängigen, dem Armen,
dem Untergebenen, damit der Reiche und Herrschende zu demGebiet keinen
Zutritt hat, welches Gott dem Armen und Reichen, dem Dienenden und dem
Regierenden in gleicher Weise schützen will, usw. Wem steht das 6. und
9. Gebot im Weg? Denen, welche andere unterjochen und zu Sklaven ihrer
Lüste machen wollen. Angefangen von den Gaunern, welche Jugendliche
oder gar Kinder verführen wollen, bis hinauf zu jenen, welche um die
Weltherrschaft pokern. Die Ehe, die Familie, namentlich das Gebot,
welches die Betätigung des Geschlechtlichen vom Bestehen des
unauflöslichen Bandes der Ehe abhängig macht, sind Fixpunkte, welche
sie nicht ausstehen können. Alles soll beweglich und austauschbar sein;
je beweglicher und austauschbarer alles wird, desto interessanter wird
für Verantwortungslose und Machtgierige das Spiel mit den Bewohnern des
Globus. Deshalb müssen heute alle Massenmedien das "Statische"
begeifern und das "Dynamische" anpreisen. Unterschätzen wir in diesem
Zusammenhang ja die Bedeutung des 6. und 9. Gebotes nicht und innerhalb
dieser Gebote die Bedeutung der schamhaften Kleidung! Gott ließ diese
durch Seine Kirche nicht deshalb verteidigen, weil der menschliche
Körper nicht schön ist oder weil Er uns die wahren Freuden verkleinern
wollte, sondern weil die Segnungen, welche Gott mit und durch Ehe und
Familie geben will, diesen Schutz brauchen.
Übrigens, woher soll das zu begaffende Material kommen? Es ist leicht,
von "hübschen Mädchen" zu reden; wollen jene, welche es tun, ihre
Kinder, ihre Frau, ihre Schwestern, ihre Mutter zur Verfügung stellen?
Und auch das würde noch nicht genügen; sie müßten auch selbst bereit
sein hinzustehen. Ich höre da den Einwand, daß es sich ja nur um Blicke
auf jene dreht, welche sich gern zeigen. Gern? Wissen sie, wie alle
dazu gebracht wurden? Hüten wir uns davor, Dinge, welche wir unseren
Angehörigen nicht antun wollen, andern leichtfertig zuzumuten. Dürfen
wir, um unsere Schaubedürfnisse zu befriedigen, von den Verirrungen
anderer profitieren? Dürfen wir sie mit den Katzen vergleichen, welche
sicher sehr nett sind, aber doch das entscheidende Merkmal - die
unsterbliche Seele - nicht besitzen? Haben wir nicht die Aufgabe, auch
die Verirrten alles zu lehren, was ER uns geboten hat? Und sei es
zunächst auch nur dadurch, daß wir das, was sie zu Unrecht zur Schau
stellen und entblößen, nicht freiwillig betrachten.
Im übrigen sind unschamhafte Darstellungen auch weitgehend ein
Geschäft, und jeder, welcher das verlangte Hinsehen - mit oder ohne
direkten finanziellen Beitrag - mitmacht, fördert die Geschäftemacher
und ermuntert sie, ihre Verbrechen fortzusetzen.
Man kann die Moralvorstellungen dieser Welt in bezug auf die Nacktheit
ohne weiteres annehmen, aber man muß sich darüber im klaren sein, daß
"diese Welt" bereit ist, auf die ewige Seligkeit zu verzichten. Man
kann sagen, anschauen darf man, was gefällt, aber man wird dann gegen
jene nichts mehr zu sagen wissen, welche nach dem Motto leben: "Erlaubt
ist, was gefällt". Dazu gehören alle Scheußlichkeiten samt dem Mord als
Alltagsgeschehen.
2. Gibt es für die Kunst Eigengesetzlichkeiten innerhalb der Zehn Gebote?
Was heißt denn "Eigengesetzlichkeiten, die aber dem Dekalog unterworfen
sind"? Entweder stimmt ein Gesetz mit den Zehn Geboten überein, dann
sehe ich nicht ein, warum man von Eigengesetzlichkeit spricht, oder ein
Gesetz stimmt mit den Zehn Geboten nicht überein, dann kann man nicht
sagen, es bleibe dem "Dekalog unterworfen". Eigengesetzlichkeit - wo
sollte sie bei denen Platz haben, welche sich Christus, dem König,
unterworfen haben? "Wer nicht mit Mir ist, ist wider Mich; und wer
nicht mit Mir sammelt, zerstreut" (Matt. 12,3o). Wo sollte da ein Raum
gegeben sein für Eigengesetzlichkeit oder für Neutralität? Dient die
Kunst Christus und Seinem Heilsplan, so ist sie gut; dient sie Ihm
nicht, so ist sie schlecht.
3. Müssen wir sehen lernen?
Ja, selbstverständlich müssen wir sehen lernen; aber nicht etwa das,
wie man den unschamhaften Dingen doch noch eine gute Seite abgewinnen
kann. Wir müssen lernen, das Schöne zu sehen.
Schön ist, das, was sich in die Harmonie der Schöpfung einfügt und den
Schöpfer ehrt. Schön ist, wer die Geschenke Gottes demütig und dankbar
annimmt; wer sich bewußt bleibt, daß vieles davon nur zu treuen Händen
übergeben ist: zur Pflege und Weitergabe an den Nächsten, zur Bewahrung
und Sicherstellung für die Nachfolgenden. Schön ist, wer diesen Dienst
verrichtet. Betrachten wir die Lebensbilder der Heiligen! Die andere
Schönheit - die Schönheit in der Blütezeit, welche leichter gesehen
wird - zehrt von der verborgenen Schönheit.
4. Was ist pharisäisch?
Pharisäisch ist man z.B. dann, wenn man Gottes Gesetz und Ordnung nach
außen hin anerkennt, in Wirklichkeit jedoch so umdeutet, daß das eigene
Haben-, Gelten- und Genießenwollen davon profitiert. Wenn man also das,
was die Eigenliebe, den Egoismus in Schranken weisen soll, zu einer
Stütze derselben macht. Das Festhalten an der unverfälschten
katholischen SexuaImorallehre ist die beste Waffe gegen den
Pharisäergeist. So fand sich in der rechten Lehre z.B. kein Spielraum,
nach welchem man Heinrich VIII. von England eine Erlaubnis zur
Scheidung bzw. zur Wiederverheiratung hätte zuspielen können.
Pharisäisch wäre es z.B. auch, wenn man die Bekämpfung einer bösen
Sache zwar befürworten, aber auf Methoden beschränken wollte, die
nichts ausrichten. Wenn man z.B. den Leuten vom Theater und Ballett
eine "Berufsnotwendigkeit" einräumt, auf Grund derer eine klare
Identifizierung der Schuld nicht möglich ist, so daß höchstens der
Beichtvater - der sich die Sache wohl zuerst noch in Augenschein nehmen
müßte - dem Einzelnen Grenzen ziehen könnte. Mit anderen Worten: Man
lehnt eine allgemeinverbindliche Ordnung ab, redet der individuell
vorgetragenen Ordnung das Wort, weil diese nicht durchdringen kann. Man
gestaltet das Ganze so, daß während der Gesetzlosigkeit den
Leichtgläubigen die Illusion von Ordnung und Legalität verbleibt.
Pharisäisch ist es auch, wenn man behauptet, es ist "absurd, z.B. das
Ballett als solches, dessen Unterton fast immer erotisch ist, als
'unsittlich' abzutun". Und dann statt dessen die
"Gewissensverantwortung" des Produzenten und des "Konsumenten" als
Wertmaßstab vorgeben will (Freiwillige Selbstkontrolle?)
5. Leben wir fortwährend in schwerer Sünde, weil wir - gleich wie die
ersten Christen den nackten Standbildern - fortlaufend irgendwelchen
nackten Darstellungen begegnen?
Zunächst zu den Verhältnissen in der Urkirche. Viele Christen der
Urkirche wurden nicht nur mit nackten Standbildern konfrontiert,
sondern auch mit anderen Realitäten der damaligen Lasterhaftigkeit.
Soweit mir bekannt ist, werteten sie diese Dinge auch entsprechend als
heidnische Verirrungen und Perversitäten. Sie hatten erkannt, daß die
Frohe Botschaft des Herrn von den Schlingen solchen Wahns befreit. Sie
bezogen ihre Freude aus dieser Botschaft. Sie wußten auch wohl, daß man
das Angebot des Herrn und das Angebot des Fürsten dieser Welt nicht
gleichzeitig bestaunen kann. Deshalb gaben sie den damaligen
Unschamhaftigkeiten keine freiwilligen Blicke.
Wir leben in einer ähnlichen Zeit; nur ist alles noch schlimmer, so wie
es der Herr für die Endzeit ja auch vorausgesagt hat. Inzwischen hat
der Antichrist - zunächst noch als Kollektiv, nicht als Person - sein
"Bild" (-material) um die ganze Welt verbreitet und auch "sein Bild
redend gemacht" (Fernsehen, Film). Trotzdem können uns die Urchristen
Vorbild sein; wir wenden uns der Frohen Botschaft des Herrn zu und
betrachten die Angebote Seines Widersachers nicht freiwillig. Daß jene
Blicke, die unfreiwillig auf solche Dinge fallen, nicht sündhaft sind,
ist den Katholiken - damals wie heute - wohl klar.
6. Werden Kinder und Erwachsene reif für den Psychiater, wenn man ihnen
beibringt, "da schaut man eben weg, sonst ist das Sünde"?
Ja, selbstverständlich, Kinder und Erwachsene, denen man das beibringt,
dann auch alle, welche an der Lehre und am Gesetz des Gekreuzigten
festhalten, werden reif für den Psychiater. Im Osten ist das jetzt
schon so, und im Westen soll es auch schon Fälle geben. Das nur
nebenbei; unser Verfasser hat wohl etwas anderes gemeint. Er bangt
tatsächlich um unsere Gesundheit. In dieser Sache wage ich aber jeden
zu beruhigen - im Gegensatz zu der oben angedeuteten Gefahr, welche
nicht auf den Ostblock beschränkt bleiben dürfte.
Seit das geschlechtliche Ausleben durch eine gewisse Richtung der
Psychologie und der Psychoanalyse sich heilig sprechen oder, in unserem
Zusammenhang besser gesagt, für gesundheitsnotwendig erklären ließ,
sorgt man sich - o wie rührend - sehr um die Gesundheit derer, welche
da einfach nicht glauben wollen, daß ein Leben nach Gottes Ordnung und
Gesetz Krankheit hervorrufen sollte. (Wirtschaftliche und
gesellschaftliche Nachteile haben wir dagegen zu erwarten.) Daß jemand
durch Enthaltsamkeit oder in unserem Fall durch konsequentes Bemühen um
Schamhaftigkeit krank geworden wäre, ist mir nicht bekannt; dagegen
können nicht einmal mehr die Anbeter des Fortschritts verheimlichen,
daß die Geschlechtskrankheiten, im Gegensatz zu früheren Jahren, wieder
ganz außer Kontrolle geraten sind. Sagen wir ruhig weiterhin: "Da
schaut man eben weg, sonst ist es Sünde", und sagen wir vor allem den
Kindern noch dazu, wie inzwischen auch die körperliche Ansteckung an
allen öffentlichen und auch an gewissen privaten Örtlichkeiten lauert.
7. Haben jene, welche kein Keuschheitsgelübde abgelegt haben, mehr Freiheit?
Gegenüber den eingangs aufgezählten Arten und Möglichkeiten von
Nacktdarstellungen haben Ordensleute und Laien die gleichen Pflichten,
nämlich jene, welche praktisch schon von den Urchristen wahrgenommen
wurden. Daneben gibt es jedoch noch Unterschiede in den Pflichten.
Die "Weltleute" müssen sich der Unkeuschheit und der Unschamhaftigkeit
enthalten (Gebot); die Ordensleute, welche das Gelübde der Keuschheit
abgelegt haben, enthalten sich zusätzlich (Rat) noch der
geschlechtlichen Betätigung, wie sie in der Ehe erlaubt ist.
Zusammenfassend muß ich feststellen, daß die Ansichten, welche in dem
genannten Artikel zum Ausdruck gebracht werden, zurückgewiesen werden
müssen. Mit dem "Aggiornamento" will ich sie nicht rechtfertigen, und
mit der christlichen Lehre lassen sie sich nicht rechtfertigen.
* Erschien auch als Flugblatt
ZUR VORSTEHENDEN STELLUNGNAHME
von
Dr. Helmut Grohnauer
Sehr geehrter Herr Dr. Heller!
Es ist für mich eine Buße, den folgenden Brief schreiben zu müssen,
weil meine Hand noch nicht in Ordnung ist. Das ist auch der Grund für
mein Schweigen. (...)
Doch nun zu dem obigen Artikel! Ich weiß nicht, wie alt der Mann ist,
der ihn schrieb, ob Familienvater oder ledig etc. - Wenn er jung wäre,
würde das, was er schrieb, ein typisch idealistisches Gerede
darstellen, dem Lebenserfahrung und die zu einem solchen Artikel
notwendigen Kenntnisse fehlen. Insgesamt geht er am Thema vorbei, und
außerdem bezweifle ich, ob er überhaupt verstanden hat, was ich sagen
wollte. Deshalb erübrigt es sich auf Einzelheiten einzugehen. Nur etwa
dies:
1. Wie man es auch dreht und wendet, wir leben in dieser
apokalyptischen Zeit, und n i c h t in einem Kloster. Was
ich diesbezüglich geschrieben habe, halte ich (wie meinen ganzen
Artikel) voll aufrecht.
2. Bei der heute gerade von den Progressisten so vielzitierten
"Urgemeinde" ging es auch ganz schön hoch her (vgl. Paulusbriefe!).
Außerdem erwarteten sie den Herrn bereits zu ihrer Zeit. Der Verfasser
macht denselben Fehler wie die Progressisten mit ihrer "Liturgie der
Urgemeinde".
3. Von der Mode versteht der Verfasser überhaupt nichts - wie gut oder
blöd sie auch ist. (Es gibt auch anständige und ästhetisch schöne
Kleider, und es ist nur die Frage, wie und w£ sie getragen werden!) Ich
habe dieses Scheuklappenchristentum stets gehaßt. Interessanterweise
sind gerade die "Züchtigsten" nun die wildesten Liturgie- und sonstigen
Neuerer geworden. Das ging schon in der Jugendbewegung der 20-er Jahre
an und endete bei "Publik", Rahner, Küng und Genossen. - Ich habe
meinen MC-Leuten immer klar gemacht, daß eben nicht jedes Mädchen oder
gar manches herrschsüchtige Schrapnell von Schwiegermutter, älterer
Schwester etc. "Schwestern der Madonna" sind; sonst hätte der Engel
nicht gesagt: "Du bist gebenedeit unter den Weibern". Heute - und das
betrachte ich als besonders apokalyptisch - sind a l l e "Frauen"
"gebenedeit" in falsch verstandener "Emanzipation". - Außerdem gibt es
noch andere wichtige Gebote. Zungensünden, üble Nachrede etc. sind "die
schlimmsten Sünden" wie die Resi von Konnersreuth es deutlich genug
gesagt hat.
4. Medizinisch ist festzustellen, daß es sehr wohl oft ein
"Jugendirresein" gibt, das aus dem Nichtfertigwerden eines jungen
Menschen mit seiner Sexualität entspringt, weil er religiös falsch
erzogen worden ist - in einer geradezu kalvinistischen, eben nicht mehr
katholischen Atmosphäre. (Schwerere Fälle werden psychiatrisch zu
behandeln sein, Neurosen aber sind oft an der Tagesordnung.) Recht zu
verstehen: Ich habe niemals einem 'Ausleben' das Wort geredet, aber man
muß auf der Erde bleiben und nicht himmelhohe Ideale predigen, die dann
niemals erreicht werden (mit Ausnahme besonders begnadeter Menschen)
und oft zum Indifferentismus bzw. Atheismus führen (Jugendatheismus,
der sich jedoch manchmal später wieder religiös normalisiertï) - Ist
dem Verfasser eigentlich schon einmal aufgefallen, wie wenige N i
c h t - Ordensleute heilig gesprochen werden? Das gehört auch hierher.-
(Und darum die Unterscheidung von "Gebot" und "evangelischem Rat";
Anm.d.Red.)
5. Über Kunstäußerungen vom mittelalterlichen Chorgestühlen mit
Darstellungen, die wir heute als Porno bezeichnen würden, bis zum
heutigen Ballett will ich mit dem Verfasser nicht streiten, weil ich
ihn für absolut amusisch halte. Auch seine Geschichtskenntnisse sind
ziemlich dürftig (Heinrich VIII. hat nicht nur "hingeschaut"!).
6. Man kann auch ein Weib o h n e Begehrlichkeit anschauen,
dann ist es auch kein Ehebruch, aber das muß zu sehen g e l e r n
t sein, was aber in einer muffig-schwülen Atmosphäre n i c
h t möglich ist.
Es zeugt übrigens von wenig Sachkenntnis und noch weniger von
christlicher Nächstenliebe, wenn man Künstler, welcher Sparte auch
immer, zu Heiden und öffentlichen Sündern deklariert.
|