OFFENER BRIEF AN HERRN PROF.DR. HEINZ KREMERS
von
Luciano A. Cordo
Betr.: Ihr Artikel "Israel und das Judentum" (veröffentlicht in: Emuna, Israel Forum,Heft Nr. 5-6, 1978, S. VII ff.)
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Heinz Kremers!
§ 1 Im Folgenden möchte ich kurz ein paar wesentliche, heute
vielerörtete Probleme besprechen, die Sie in Ihrem obengenannten
Artikel berühren. Ich muß mich bei Ihnen bedanken, daß Sie mir Anlaß
dafür gegeben haben. Denn es handelt sich ja um wichtige quaestiones
disputatae.
§ 2 Um den Lesern, die Ihren Artikel nicht kennen, die Behandlung des
Themas verständlich zu machen, beginne ich mit einer inhaltlichen
Zusammenfassung Ihrer Veröffentlichung.
Am Anfang erklären Sie, daß Sie "diesen Bericht als erster Sprecher des
Forschungsschwerpunktes 'Juden, Judentum und Staat Israel im
Unterricht' an der Gesamthochschule Duisburg" geben. Schwerpunkt der
Forschung ist eigentlich die Untersuchung der kulturellen
Diffusionsmöglichkeiten des Judentums im deutschen Gebiet. Anders
gesagt: es geht um den möglichen Einfluß der jüdischen Diaspora u.a.
auf die Schüler- und Studentenbildung, ja sogar auf die katholische
Priesterbildung. Den Grund für diese Untersuchung geben Ihre eigenen
empirischen Forschungen, die Ihrer Kollegen: die Schüler wissen kaum
von den Juden; nur daß diese Jesus gekreuzigt haben, daß Adolf Hitler
mehrere Millionen Juden umbringen ließ, und endlich, daß die Juden in
Israel leben und dort mit ihren arabischen Nachbarn kämpfen, was - darf
man es bemerken - nicht falsch sein muß.
Sie möchten aber "diesen Prob leukomplex nur kurz ansprechen", weil der
Hauptakzent Ihres Referates auf das Problem des Holocaust im Unterricht
gelegt werden soll. Also gehen Sie auf einen der drei erwähnten Punkt
ein und vergessen die übrigen, die doch auch sehr entscheidend sind. In
der Folge erheben Sie den kulturellen Beitrag der Juden im 20.
Jahrhundert, und daß man nur selten verschweigt, wenn Beiträge von
Juden im Unterricht angenommen werden, daß es sich um den Beitrag eines
Juden handelt. Die Frage ist jedoch, ob es verschwiegen werden soll.
Ich fürchte mich nicht davor, daß irgendjemand behauptete, den
vorliegenden Beitrag habe ein Christ geschrieben. Ich freue mich sehr
innig, wenn ich Christ genannt werde.
Jetzt kommt aber das Hauptziel Ihrer Pläne: "Wenn wir heute in den
deutschen Schulen die Schoah bzw. den Holocaust (1) lehren wollen", muß
man drei Hemmungen überwinden, nämlich
1. - eine psychologische (das größte Verbrechen "unseres Volkes" soll
zum Objekt der Forschung und der Lehre werden), die heutigen Deutschen
müssen - nach Martin Bubers angeführten Worten - sich nicht daran
mitschuldig fühlen, aber sich wenigstens darüber informieren und dafür
einsetzen, daß es sich so oder ähnlich nicht mehr in der Geschichte des
deutschen Volkes wiederholen kann;
2.- eine wissentheoretische Hemmung (die ich unkommentiert lasse); und
3.- eine theologische Hemmung: "im Zentrum der christlichen Theologie
in Deutschland (Anm. d.Verf.: als ob es eine spezifisch deutsche
Theologie gäbe,) steht das Christusereignis als eschatologisches
Geschehen: Christus ist das Ende der Geschichte, darum darf man keinem
Ereignis in der Geschichte zwischen seinem ersten und zweiten Kommen
eine religiöse Bedeutung beimessen". Daß Christus für die Christen
(nicht für Sie) das Zentralereignis der Geschichte bedeutet, ist wahr.
Man kann das nicht leugnen und Christ bleiben. Es stimmt dagegen nicht,
daß man keinem anderen späteren Ereignis eine religiöse Bedeutung
beimessen darf. Die Christen haben viele Mystiker als solche anerkannt,
um nur ein Beispiel zu nennen. Allein dieses religiöse Zentralereignis
kann an Bedeutung nicht übertroffen, und deshalb muß alles andere von
daher interpretiert werden. Das ist auch klar. Allerdings möchte ich
Sie fragen, ob Ihrer Meinung nach der oben genannte Holokaust (ich
meine jetzt konkret die Verfolgung der Juden von 1933 bis 1945) für die
Geschichte Israels selbst religiöse Bedeutung hat, und ggf. welche.
Anschließend ziehen Sie die letzten Folgerungen Ihrer Darstellung.
"Seit etwa 1965 ist der Religionsunterricht in Deutschland nicht mehr
nur an der Bibel und der Lehre der Kirche orientiert, sondern vor allem
an den Schülern und Gegenwartsproblemen." Ich würde gern hinzufügen:
"und das, was normalerweise gelehrt wird, hat mit Christentum überhaupt
nichts zu tun." Es ist gut, daß sie uns so subtil daran erinnern, daß
wir zu Häretiker geworden sind. Es ist nicht so gut, wenn Sie uns
darüber belehren wollen, was wir eigentlich als die kirchliche Lehre
und davon abhängige Priesterbildung bestimmen müssen: "Die positive
Entwicklung der Darstellung des Holocaust in den Schulbüchern der
B.R.D. (d.i. Westdeutschland) muß weitergeführt und im Unterricht
fruchtbar gemacht werden.(2) Es darf nicht so weitergehen, daß heute
zukünftige Lehrer das Judentum, den Antisemitismus und den Holocaust
nur an wenigen Universitäten und Lehrerseminaren - wenn sie es wollen -
studieren können. - Das Studium des Judentums, des Antisemitismus und
des Holocaust muß an allen Universitäten und Lehrerseminaren zum
obligatorischen Bestandteil der Ausbildung aller zukünftigen Lehrer für
den Religions-, Geschichts- und Politikunterricht werden." D.h. man
will das allgemeine Phänomen des Judentums im Reflex des Holocaust
begreifen, der die deutsche Politik verursacht hätte.
§ 3 Wie Sie selbst wissen, schließt Ihr Artikel viele Probleme ein, auf
die ich leider nicht alle eingehen kann. Ich möchte deshalb nur ein
paar quaestiones seitens der christlichen, d.h. katholischen Theologie
besprechen. Ich gehe von einer Ihrer Behauptungen aus: "Innerhalb
dieser Information (nämlich die, die im Religionsunterricht zugeteilt
wird) nimmt der Holocaust eine Schlüsselstellung (!!!) ein. Die meisten
Schulbücher informieren nicht oder nur sehr wenig über die Beziehungen
zwischen Judentum und Christentum in der Geschichte der Kirche, aber
fast alle informieren kurz oder ausführlich über den Holocaust."
§ 4 Daß jeder Student der christlichen Theologie (auch jeder Teilnehmer
am gymnasialen Religionsunterricht) sich mit der Bedeutung des
Judentums für die Geschichte (nicht nur der Kirche) und die im Rahmen
der Christentheit überlieferte Lehre beschäftigen muß, ist klar. Es ist
aber noch klarer, daß er mit der Hitlerschen Politik gegen den Juden
nichts anfangen kann, wenn man will, daß er sich diese erstrebte
christliche Lehre wirklich aneignet. Außerdem möchte ich darauf
aufmerksam machen, daß Judentum genau so wie Nazismus messianische
Geistesbewegungen sind. Unter "messianische" Geistesbewegungen verstehe
ich hier diejenige, die an eine erwählte Rasse glauben, die Kern- und
Artikulationspunkt der Weltgeschichte ist, und durch die das
Menschentum zu einem besseren, ja sogar manchmal paradiesischen Zustand
gelangen wird. Von diesem Standpunkte aus ist der ganze Nazismus im
Grunde genommen eine Abart des Judentums. Auch der Marxismus (3) läßt
sich so kennzeichnen, in mancher Hinsicht die heutige Technokratie, ja
sogar die heutige, angeblich "katholische" Lehre, da die Priester nicht
nur den Kultus zerstört, sondern auch die christliche Lehre der
Tradition zu einer solchen 'messianischen', z.T. sogar marxistischen
Lehre gemacht haben (beide Phänomene hängen natürlich eng zusammen), so
daß die Frage des hl. Paulus an den hl. Petrus den heutigen "Päpsten"
wiederholt werden könnte: "Wenn du, obwohl du ein Jude bist, nach Art
der Heiden und nicht der Juden lebst, wie magst du die Heiden zwingen,
nach jüdischer Art zu leben?" (Gal. 2,14.) Wie es leicht zu sehen ist,
leben wir in einer judaisierten Welt, und die Juden wollen uns jetzt
sagen, was wir lehren müssen. (Daß will nicht notwendig bedeuten, daß
der heutige Zustand der Sache schlecht, nur daß es unchristlich ist.
Und das muß erkannt und anerkannt werden, bevor man Partei ergreift.)
§ 5 Für die christliche Orthodoxie ist der Messias schon gekommen, wir
können daher zu keiner sonstigen 'messianischen' Geistesbewegung
gehören. Wenn das geschieht, dann ist das Christentum tot. Für uns kann
es außerdem nach Christi Geburt kein besonders erwähltes Volk mehr
geben: das was die einzelnen Völker in religiöser Hinsicht zum
Zentralereignis der Geschichte beigetragen haben, gehört jetzt der
Kirche. Und wenn z.B. Richard Schaeffler (4) von der noch heute
unwidersprochenen Erwählung Israels spricht, dann darf jeder
Nicht-Christ sich auch eigentlich dazu berechtigt fühlen, seine eigene
'Rasse' als eine auserwählte anzusehen. Solange aber das Christentum
lebt, ist das ein Irrtum.
§ 6 Sich mit dem Judentum zu befassen, bleibt trotzdem für jeden
Studenten der christlichen Theologie eine unausweichliche Aufgabe.
Darüber möchte ich noch ein paar Anmerkungen machen.
Die Juden haben der einzig gültigen christlichen Lehre nach Jesus
getötet. Das kann nicht geändert werden und hat seinen Sinn. Als Belege
dafür möchte ich nur zwei angeben, aber die entscheidendsten. Der
erste, theologischer Art, ist Joh. 18-19. Der zweite aber, in
kultischer Hinsicht, ist vielleicht noch wichtiger, da es zum Zentralen
selbst der Kirche und des Christentums gehört: zur Messe, zur heute
einzig wahren Messe, die nicht verboten werden kann, ohne die
schrecklichsten Verfluchungen über sich zu ziehen: Non dicant Judaei:
Non occidimus Christum. Etenim propterea eum dederunt judici Pilato, ut
quasi ipsi a morte ejus viderentur immunes.Nam cum dixisset eis
Pilatus: Vos eum occidite, responderunt: Nobis non licet occidere
quemquam. Iniquitatem facinoris sui in judicem hominem refundere
volebant: sed numquid Deum judicem fallebant? Quod fecit Pilatus, in eo
ipso quod fecit, aliquantum particeps fuit: sed in comparatione illorum
multo ipse innocentior. Institit enim quantum potuit, ut illum ex
manibus eorum liberaret. (...) Non persequendo Dominum flagellavit, sed
eorum furori satisfacere volens (...) Sed si reus, quia fecit vel
invitus: illi innocentes, qui coegerunt ut faceret? Nullo modo. Sed
ille dixit in eum sententiam, et jussit eum crucifigi, et quasi ipse
occidit: et vos, o Judaei, occidistis. Unde occidistis? Gladio linguae:
acuistis enim linguas vestras. Et quando percussistis, nisi quando
clamastis: Crucifige crucifige! (5) ((Übersetzung: Die Juden dürfen
nicht behaupten: Wir haben Christus nicht getötet. Denn nur deswegen
haben sie ihn dem Richter Pilatus preisgegeben, nämlich damit sie an
seinem Tode unschuldig erscheinen. Denn als Pilatus ihnen sagte: Ihr
selbst sollt ihn töten, antworteten sie: Es ist uns nicht erlaubt,
jemanden zu töten. Sie beabsichtigten, die Ungerechtigkeit ihres
Verbrechens von sich abzuwenden (_refundere) und einen menschlichen
Richter daran schuldig zu machen (refundere jji) : aber warum
versuchten sie denn durch Trug den Richterspruch Gottes (Deum judicem)
einen Fehltritt tun zu lassen? (fallebant) Was das betrifft, was
Pilatus tat, an dem selbst, was er tat, war er sicher sehr beteiligt:
aber im Vergleich mit ihnen ist er viel unschuldiger. Denn er beharrte,
soweit es ihm möglich war, darauf, ihn von den Händen jener zu
befreien. (...) Er geißelte den Herrn nicht^ indem er ihn verfolgte,
sondern indem er die Wut jener zu befriedigen versuchte (...) Aber wenn
er schuldig ist, da er es - wirklich wider Willen - getan hat, sind
dann diejenigen unschuldig, die ihn gezwungen haben, es zu tun? Auf
keine Weise. Aber er fällte das Urteil gegen ihn, und befahl, daß er
gekreuzigt werde, und irgendwie hat er selbst ihn getötet: und ihr, o
Juden, habt ihn töten lassen. Wieso töten lassen? Mit dem Schwert der
Zunge: denn ihr habt eure Zunge zu einem Schwert gemacht. Und wann habt
ihr ihn verwundet, wenn nicht dann, als
hr geschrieen habt: Kreuzige ihn, kreuzige ihn?)) Den Grund dafür
berichtet Johannes (19,7): Nos legem habemus, et secundum legem débet
mori, quia filium Dei se fecit (Übers.: Wir haben ein Gesetz, und nach
diesem Gesetz muß er sterben, weil er sich selbst zu Gottes Sohn
machte.). Die torh und die christliche Lehre sind unvereinbar.
§ 7 Das haben auch die echten Rabbiner betont. Beispielweise nenne ich
hier den Rabbiner S. Warshaw, dessen Worte folgendermaßen lauten: "For
however eloquently Jewish or Gentile apologists may plead that the Jew
and the Christian really worship the same God, such a declaration is
utterly false and misleading."
"The truth is that we acknowledge entirely irreconciliable deities and
no amount of casuistic thinking can effect an identity between them. -
The trinitarian doctrins of Christianity are diametrically opposed to
the glorious and perfect unity of the God of Israel, which is an
indispensable attribute of the Jewish faith. - The rejection, by the
Christian Church, of the Old Testament in favour of a "new" religion
and savior strikes at the very basis of the Jewish credo which declares
in Maimonides' 13 Principles of Faith that this Thorah of ours will
never be altered, nor will there ever arise another Thorah or teaching
from the Creator, blessed be His name."
"It is for such reason that I strongly deprecate all such forms of
religious, as opposed to social, experiments at artificial
fraternisation as being dishonest and harmfull at tempts to achieve a
forced identity of spiritual aims which has no basis in reality." (6)
§ 8 Der Unterschied zwischen Judentum und Christentum kann man auch auf
der torh selbst fußen lassen. Deut. 4,19 wird Folgendes gesagt: Ne
forte oculis elevatis ad caelum videas solem et lunam et omnia astra
caeli et errore deceptus adores ea et colas quae creavit (hê'br. hlk!;
LXX aponémein) Dominus Deus tuus in ministerium cunctis gentibus quae
sub c·elo sunt. ((Übers.: Du sollst nicht mit zufällig gen Himmel
aufgehobenen Augen die Sonne und den Mond, und alle die Sterne des
Himmels sehen, und, dem Irrtum verfallen, sie anbeten, und ihnen
opfern, die der Herr, dein Gott, für alle die Völker die unter dem
Himmel sind, schuf (hebr. +LXX= Gott hat es "den Völkern" (als Anteil
am Ganzen) gegeben (und dadurch das Wesen der "Völker" und dessen
geschichtliche Entfaltung bestimmt)) . "Völker" (hier amjm, öfter gojm,
LXX ethne) wird hier im Sinne gebraucht, daß die nichtjüdischen Stämme
Völker sind, die Juden dagegen nicht.(7) Die Präposition tht (LXX
hypokáto, Vulg.sub), die wir durch "unter" übersetzt haben, kann an der
Stelle im Sinne eines effektiven Herrschens verstanden werden. So
trennen wir dem Hauptdokument der jüdischen Religiosität nach die
Menschheit in zwei Gruppen: die eine, die "Völker", die eine
"kosmische" Religion ausüben, Gott selbst hat es als Erbe und
Wesensbestimmung gegeben; die andere, die Juden, die Jehova Elchim
verehren. Solche Berichte finden wir auch unter den "Völkern": für
Hesiod z.B. ist der Himmel der erste Regent des Weltalls gewesen; für
Plato (Crat. 397 cd) haben die ersten Einwohner Griechenlands den
Himmel und die Sterne als göttliche Wesen angesehen (8); für
Aristoteles ist der Himmel die jedem zuerst zugängliehe göttliche
Erscheinung; usw.
§ 9 In der Bildersprache des Alten Testamentes wäre dies der
Unterschied zwischen Abraham und Melchisedek. Dazu ist aber zu
bemerken, daß Abraham selbst den Melchisedek verehrte; daß die Völker,
die zum Christentum geworden sind, eben diese "Völker" sind, und nicht
die Juden (das soll also besagen, es bestehe ein wichtiger Zusammenhang
zwischen den "kosmischen" Religionen und dem Christentum; vgl. NT Act.
28,28); daß die katholischen Priester schon immer seeundum ordinem
Melchisedec eingeweiht werden. (9) Endlich, daß die Kultus- und
Denksprache der Kirche die griechische ist, und neben dieser die
lateinische. Die christliche Weltansicht - um sich der Terminologie von
Humboldts zu bedienen - kann also auf keinen Fall eine jüdische sein.
Und um mit dem Abschnitt zu enden, möchte ich die Worte des hl. Paulus
in Athen anführen (Act. 17,22): ándres Athenaîoi, katà pánta hos
deisidaimone stéroys hymâs theorô. (Übers.: Athener, dem vielfältig
erscheinenden Einen nach sehe ich ein, daß ihr die Frommsten seid.)
§ l0 Ich hoffe, daß es mir gelungen ist, die Unvereinbarkeit beider
Religionen nachzuweisen. Man kann nie das Christentum als eine
vorläufige Entartung des Judentums ansehen, die heute endlich nach
Hause zurückkehrt. Die einzige mögliche Vereinigung ist nur denkbar
aufgrund totalen Umdenkens. Daher werden in unserer Messe noch heute
folgende Worte gesprochen: Oremus et pro Judaeis: ut Deus et Dominus
noster auferat velamen de cordibus eorum; ut et ipsi agnoscant Jesum
Christum Dominum nostrum. - Omnipotens sempiterne Deus, qui Judaeos
etiam a tua misericordia non repellis: exaudÌ preces nostras, quas pro
illius populi obeaecatione deferimus; ut, agnita veritatis tuae luce,
quae Christus est, a suis tenebris eruantur. (l0) (Übers.: Beten wir
auch für die Juden: damit der Herr, unser Gott, von ihren Herzen die
Hülle losreißt; damit auch sie Jesus Christus, unsern Herrn, erkennen
und anerkennen. - Allmächtiger, ewiger Gott, der Du von Deiner
Barmherzigkeit die Juden noch nicht abweist: leih ein geneigtes Ohr
unseren Bitten, die wir für jenes blinde Volk äußern, damit, nachdem es
das Licht Deiner Wahrheit erkennt und anerkennt, die Christus ist, es
aus seiner Finsternis herausgerissen wird.) Beten wir doch immer um die
metánoia toÿ Israel! (Übers.: die Umwandlung der jüdischen
(Ein-)Sichtweise).
§ 11 Zum Schluß möchte ich Ihnen, sehr geehrter Herr Prof.Dr. Kremers,
die letzten Worte unseres ersten Märtyrers (Act. 7,51 ff.) vortragen:
Dura cervice, et incircumeisis cordibus, et auribus, vos semper
Spiritui Sancto resistitis, sicut patres vestri, ita et vos. Quem
Prophetarum non sünt persecuti patres vestri? Et oeeiderunt eos, qui
praenuntiabant de adventu Iusti, cuius vos nunc proditores et homieidae
fuistis: qui aeeepistis legem in dispositione Angelorum, et non
custodistis. (...) Domine, ne statuas illis hoc peccatum.(11) (Übers.:
Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren, ihr habt
immer dem Heiligen Geiste widerstanden, wie eure Väter, also auch ihr.
Welchen unter den Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben
auch diejenigen getötet, die zuvor den Advent des Gerechten
verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr nun gewesen (griech.
geworden) seid. Ihr habt das Gesetz durch der Engel Befehlsgewalt
empfangen, und habt es nicht bewahrt. (...) Herr, behalte ihnen diese
Sünde nicht!). Und Sie wissen genau, daß keine Theologie mächtiger als
das Blut der Märtyrer sein kann.
Hochachtungsvoll
Luciano A. Cordo
ANMERKUNGEN:
1) Vorbeigehend möchte ich erklären, daß holocaustus nicht
gleichbedeutende Wörter sind. Das erste Wort nennt eine Vernichtung,
die plötzlich, wie ein vom Himmel gesandter Sturm, erscheint; das
zweite dagegen kann eine actio sacra qualifizieren (so z.B. LXX, Lev.
6,16). Oder sind vielleicht für Sie zwei Wörter die irgendwie
dasselbe benennen, indem die Verfolgung und die Vernichtung der Juden
wirklich eine (Vernichtung) für Israel ist - und zugleich als eine
actio sacra in dessen Geschichte bleibt, begrifflich gleich? Man könnte
vielleicht diesem Motiv entlang der hebräischen Geschichte folgen.
2) Wie? Z.B. so: "Verständlichkeit und Anschaulichkeit sind im
allgemeinen gegeben. Ein fester Bestandteil ist für unser Thema
fotografisches Material: Das Warschauer Ghetto 1943, die Vertreibung
jüdischer Menschen. Der hilflose kleine jüdische Junge mit erhobenen
Armen zeugt eindrucksvoll vom eiskalten Vernichtungswillen des
NS-Systems." (Unterstreichung stammt von mir)
3) Man vgl. dazu Karl Löwiths Buch Meaning in History, Univ. of Chicago, 1949, Kap.II.
4) In: Emuna. Israel Forum, Heft Nr. 5-6, 1978, S. 1 ff. Die
Argumentation müssen wir als eine schlaue bezeichnen, um nicht den
Verfasser als einen Dummen bezeichnen zu müssen.
5) Feria VI in Passione et Morte Domini, Lectio sexta. Der Johannesbericht gehört auch in diese Zelebration.
6) In: Jewish Chronicle, 23-II-1964, London (zitiert von Carlos A.
Disandro, Helenismo, judaismo y christianiamo, La Plata (Argentinien),
1970, S.8 f.)
7) Man vgl. dazu F.W.J. Schellings Philosophie der Mythologie, 1,7. Vorl.
8) Die olympische Religion bedeutet doch für Plato und Hesiod einen Fortschritt im Religionsprozesse.
9) Man vgl. NT, Hebr. 5,5 ff.; 6,20; 7.
10) Feria VI in Passione et Morte Domini, Oratio Fidelium, 6. Pro Conversione Judaeorum.
11) Man vgl. auch Joh. 8,39 ff., bes. 44.
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