AUS PRAG
von
Reinhard Lauth
Ich komme soeben aus Prag zurück, wo ich Kontakt mit unseren Priestern
und Gläubigen aufgenommen habe, und muß doch wenigstens kurz davon
berichten. In diesen Tagen habe ich so manchen unserer treu gebliebenen
und durch die Amtskirche nicht verführten Priester gesprochen, so
manchen Laien, daß ich mir von der Einstellung und Stimmung ein gutes
Bild machen konnte.
Zunächst sei gesagt, daß zu meiner Freude keiner von ihnen den
Kommunismus spezifisch für die innerkirchliche Lage verantwortlich
macht. Sie alle erkennen deutlich, daß im sog. freien Westen mit
Methoden gegen den wahren Glauben gearbeitet wird, die weit
gefährlicher sind als die in anderen Regionen der Welt. Vielfach wurde
bedauert, daß Herr Dr. Katzer diesen Methoden bei uns gegenüber nicht
vorsichtiger gewesen ist.
Alle Priester, die ich darüber sprach, und alle Laien billigen unsere
Einstellung gegenüber Econe und Mgr. Lefebvre ohne Einschränkung. Es
gibt nur eine Stimme: dieses taktische Spiel, diesen Kompromiß zwischen
hl. Messe und sakrilegischem NOM dürfen wir nicht mitmachen. Man sagte
mir: Mgr. Lefebvre hat selbst öffentlich bekundet, daß er nicht der
Führer der Traditionalisten sein will. Betrachten und behandeln Sie ihn
als Oberen der Priesterbruderschaft und führen Sie ihren Kampf
unabhängig weiter.
Der verstorbene Dr. Katzer wird von vielen drüben wie ein Heiliger, und
jedenfalls als die richtunggebende Persönlichkeit für den gegenwärtigen
Kampf verehrt. Man hat mir staunenswerte Vorkommnisse aus seinem Leben
berichtet (telepathische Fähigkeiten und anderes mehr). Für unsere
tschechischen Freunde, die beispiellose Opfer bringen, mit denen sie
uns zutiefst beschämen, ist Dr. Katzer eine Potenz geworden, auf deren
Beistand man rechnen kann.
Es gab kein Schwanken und keine Unsicherheit in der Frage, was wir in
dieser Stunde der Kirche zu tun haben: kompromißlos unseren wahren
Glauben zu verteidigen, ohne taktische Verrenkungen, sondern gemäß dem
Wort unseres Herrn: Bei euch sei Ja: Ja, und Nein: Nein!
Diese Haltung unserer tapferen Freunde im Osten ist für uns eine
Verpflichtung! Hören wir auf die Stimme dieser für ihren Glauben
leidenden Brüder. Ihnen aber ein aus tiefstem Herzen kommendes
"Vergelt's Gott!" für die moralische Kraft, die sie uns durch ihr
Beispiel in dieser schweren Stunde geben.
P.S. Eine gewisse Verbitterung im Falle Mgr. Lefebvres ist wirklich
verständlich. Er war es, der durch den hochw. Herrn Schmidberger den
hochw. Herrn Dr. Katzer aus der Tschechoslowakei nach Weißbad holen
ließ. Es war ihm bekannt, daß Herr Dr. Katzer von den
Nationalsozialisten und Kommunisten verfolgt worden ist, sogar einmal
zur Hinrichtung geführt wurde und danach als Erdarbeiter sein Brot
verdienen mußte und von einer kümmerlichen Rente lebte. Die
Aufforderung an einen solchen Mann, als Dozent nach Weißbad zu kommen,
verlangte doch wohl anstandshalber, daß man Herrn Dr. Katzer jedes
existentielle Risiko ersparte. Dazu hätte gehört, daß man zuvor
sorgfältig von seinem theologischen Standpunkt, der offen zu Tage lag,
Kenntnis genommen hätte. Statt dessen ging man zunächst über alle
Unterschiede in der Auffassung hinweg und veranlaßte Dr. Katzer, der
bereits über 60 Jahre alt war, mit seiner Bibliothek, die nur sehr
mühselig freizubekommen und zu transportieren war, in die Schweiz zu
kommen. Und kaum war Herr Dr. Katzer ein einhalb Jahre dort tätig, als
der Erzbischof ihm die Türe wies. Man bedenke, was das für Herrn Dr.
Katzer, der noch keine Rente bezog, bedeutete. Mit seiner Bibliothek
vor die Tür gesetzt, mußte er nach einem Heim, einem Raum für seine
Bücher und seine Arbeiten, nach einer Haushaltshilfe, nach dem rechten
Ort für seine künftige Wirksamkeit, der zugleich ein Ort sein sollte,
wo er menschlichen Kontakt hätte, Ausschau halten. Das war zuviel für
ihn, der zugleich von allen Seiten um die Lösung kirchlicher und
theologischer Fragen bedrängt wurde.
Es ist u n v e r a n t w o r t l i c h, daß man Herrn Dr.
Katzer derart sorg- und rücksichtslos aus seiner Heimat nach Weißbad
lockte und ihm dann dort die Türe wies - wegen theologischer
Differenzen, die schon vorher klar zu Tage lagen. Aber die Lefebvristen
werden auch das wohl wieder mit Hinweis auf die taktisch-diplomatischen
Fähigkeiten des Oberen der Priesterbruderschaft zu entschuldigen
wissen. Jesus hat solches Taktieren nicht gekannt und nicht kennen
wollen. |