IRENÄUS,
Bischof von Lyon (+ 202)
Von keinem andern als von denen, durch welche das Evangelium an
unsgelangt ist, haben wir Gottes Heilsplan gelernt. Was sie zuerst
gepredigt und dann nach dem Willen Gottes uns schriftlich überliefert
haben, das sollte das Fundament und die Grundsäule unseres Glaubens
werden. Frevelhaft ist die Behauptung, sie hätten gepredigt, bevor sie
die volle Kenntnis besessen hätten, wie jene zu sagen sich erküren, die
sich rühmen, die Apostel verbessern zu können. Nicht eher nämlich zogen
sie aus bis an die Grenzen der Erde, allen die frohe Botschaft zu
bringen und den himmlischen Frieden zu verkünden, alsunser Herr von den
Toten auferstanden war und sie alle die Kraft des Heiligen Geistes
empfangen hatten, der über sie kam. Dadurch empfingensie die Fülle von
allem und die vollkommene Erkenntnis, und so besitzt auch jeder
einzelne von ihnen das Evangelium Gottes...
Sie alle lehren uns den einen Gott als Schöpfer des Himmels undder
Erde, wie ihn Gesetz und Propheten verkünden, und einen Christus als
den Sohn Gottes. Wenn also jemand ihnen nicht glaubt, dann verachtet er
die Mitgenossen des Herrn, verachtet auch Christus den Herrn selbst,
verachtet auch seinen Vater und ist durch sich selbst gerichtet, weil
er seinem Heile hartnäckig widerstrebt. Das aber tun alle Häretiker.
Widerlegt man nämlich die Häretiker aus den Schriften, dann erheben sie
gegen sie Anklagen, daß sie nicht zuverlässig seien, auf verschiedene
Weisen verstanden werden könnten, und daß aus ihnen die Wahrheit zu
finden nur imstande seien...die die Weisheit hätten. Unter dieser
Weisheit versteht jeder vonihnen natürlich das von ihm erfundene
System, so daß nach ihnen die Wahrheit bald bei Valentinus, bald bei
Markion, bald bei Cerinth ist (man kann hier auch ganz "moderne" Namen
einsetzen). ..Denn verdreht sind sie alle, und trotzdem schämen sie
sich nicht, sich selbst als die Richtschnur der Wahrheit hinzustellen.
Berufen wirunsaber ihnen gegenüber auf die apostolische Tradition, die
durch die Nachfolge der Priester der Kirche bewahrt wird, dann
verwerfen sie wieder die Tradition, nennen sich klüger als die Priester
und Apostel und sagen, sie hätten allein die Wahrheit gefunden. Die
Apostel hätten den Worten des Heilandes noch allerlei aus dem Gesetz
beigemischt... Sie aber wüßten klar, rein und schlicht das darin
verborgene Geheimnis - fürwahr eine Gotteslästerung!
Die von den Aposteln in der ganzen Welt verkündete Tradition kann inder
Kirche jeder finden, der die Wahrheit sehen will, und wir können die
von den Aposteln eingesetzten Bischöfe der einzelnen Kirchen aufzählen
und ihre Nachfolger bis auf diesen Tag. Diese haben von den
Wahngebilden nichts gelehrt und nichts gehört. Denn wenn die Apostel
verborgenen Geheimnisse gewußt hätten... dann hätten sie die
Geheimnisse am ehesten denen übergeben, denen sie sogar die Kirche
anvertrauten. Ganz vollkommen nämlich und in allem untadelig wünschten
sie die, denen sie ihren Lehrstuhl übergaben und die sie als ihre
Nachfolger zurückließen...
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