Messe "ohne Wandlungsworte"
von P. Markus Heggenberger
Vorbemerkung der Redaktion:
Wir übernehmen die folgende Auseinandersetzung zwischen der
Priesterbruderschaft auf der einen Seite sowie der Petrusbruderschaft
und Herrn Dr. Kaschewsky, Schriftleiter der "Una
Voce-Korrespondenz", auf der anderen Seite, da sich anhand dieser
Debatte sehr gut deren divergierende kirchlich-theologische Positionen
erklären lassen: Wie aus dem Beitrag leicht erhellt, vertritt
1. die Priesterbruderschaft St. Pius X. zwar eine theologisch exakte
Position, indem sie und ihr theologischer Exponent Dr. Barth den
betreffenden Kanon ohne Wandlungsworte für ungültig erklärt, nennt die
Fehleinschätzung der Glaubenskongregation aber nicht häretisch, um
nicht auch die Konzils-Kirche der Häresie zu bezichtigen.
2. die Petrusbruderschaft und Herrn Dr. Kaschewsky mäkeln zwar
auch, aber gehen über die amtlich festgelegte Entscheidung nicht
hinaus, um ebenfalls einem Konflikt um die Legitimität der
Kon-zilskirche aus dem Wege zu gehen, allerdings unter Aufgabe ihrer
eigenen Urteilsfähigkeit, um "eine kirchliche Entscheidung nicht
beschädigen" zu wollen.
Diese Inkonsequenzen waren und sind es, die den Unterschied ausmachen
zwischen erklärten Sedisvakantisten, die die Häresie auch "Häresie"
nennen und Konsequenzen gezogen haben gegenüber den Promulgatoren, und
den Traditionalisten, die letztendlich die gesamte Auseinandersetzung
mit der sog. 'Amtskirche' auf die Ebene eines Ritenstreites - mit
partikulären Einzelinteressen - herunterdrücken.
Eberhard Heller
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Seit einigen Monaten wird in traditionsorientierten Kreisen die Debatte
geführt ob der sog. Kanon des Addai und Mari in seiner assyrischen
Fassung gültig sei oder nicht. Zu dieser Kontroverse hatte eine
Entscheidung der Glaubenskongregation geführt, die die Gültigkeit
bejahte, obwohl das genannte Hochgebet keine Wandlungsworte enthält.
Die theologische Unhaltbarkeit der römischen Entscheidung (zugunsten
der Gültigkeit) hatten vor allem Dr. David Berger sowie Dr.
Heinz-Lothar Barth unterstrichen, eine Verteidigung hatten P. Lugmayr
(Petrusbruderschaft) und Dr. Kaschewsky (Schriftleiter der Una
Voce-Korrespondenz) unternommen. Rasch weitete sich die Diskussion zu
einer Debatte mit ekklesiologischen Implika-tionen aus: Die Verteidiger
der Gültigkeit der "Messe ohne Wandlungsworte" bemühten das Argument,
man dürfe eine kirchliche Entscheidung nicht beschädigen. Gleichzeitig
versuchten sie - mit einem theologischen salto mortale - verzweifelt,
Wandlungsworte zu finden bzw. hineinzuinterpretieren, wo keine
vorhanden sind, womit sie den gesunden Menschenverstand der Gläubigen
(und wahrscheinlich auch der Ungläubigen) eindeutig überfordern.
(...) Andrerseits können theologische Entscheidungen des Vatikans von
offensichtlich großer Tragweite nicht einfach ignoriert werden, wie es
einige wohlmeinende Kenner beider Lager gerne sähen. (...) Was ist zu
tun? Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es sich um eine römische
Entscheidung handelt. Es ist gar nicht einzusehen, weshalb in der
vorliegenden Frage ausgerechnet traditions-orientierte Gruppen die
Verteidigung einer Theologie übernehmen, die durch die Tradition nicht
abgesichert ist und die von Rom revidiert werden könnte! (...)
Es ist weiterhin darauf hinzuweisen, daß das Verdienst der Una
Voce-Bewegung in der Vergangenheit darin bestand, die kirchliche
Tradition betreffende theologische Fragen dargestellt und an
kompetenter Stelle vorgetragen zu haben. Es gibt wohl keine bessere
Darstellung des Konfliktes zwischen Erzbischof Lefebvre und Rom als das
Buch "Apologia pro Marcel Lefebvre" von Michael Davies (heutiger
Präsident der Una Voce-Bewegung). Und wie oft wurden nicht Fragen zum
kirchlichen Zeitgeschehen vom Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden, Dr.
de Saventhem, im Vatikan vorgelegt!
Warum folgt die deutsche Abteilung der Una Voce-Bewegung nicht diesen
historischen Vorbildern, stellt den Konflikt des katholischen Gewissens
dar (ohne selbst Stellung zu beziehen) und richtet, falls sie sich in
dieser Frage weitergehend engagieren will, eine entsprechende Anfrage
an die Glaubenskongregation - statt sich vorschnell und aus eigener
Machtvollkommenheit auf eine Lösung festzulegen, die weder bei der
Priesterbruderschaft St. Pius X. konsensfähig ist noch bei jenen
Freunden der alten Liturgie (...).
(aus: "Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X.", Okt. 2003, Nr. 298, S. 16 f.) |