PAPST PIUS XII. ÜBER DIE EHELICHEN BEZIEHUNGEN
aus: "Der Papst sagt - Lehren Pius XII."
Nach den vatikanischen Archiven zusammengestellt von Michael Chinigo,
deutsche Ausgabe von Bruno Wuestenberg, Ffm. 1956
DER HERR hat alle Dinge auf Erden für den Menschen gemacht, und der
Mensch selbst, was sein Sein und Wesen angeht, ist für Gott geschaffen
und nicht für irgendein Geschöpf, wenngleich er, was sein Wirken
betrifft, auch der Gemeinschaft verpflichtet ist. "Mensch" ist nun aber
auch das Kind, auch das noch nicht geborene im gleichen Grade," aus dem
gleichen Rechtsgrund wie die Mutter.
Außerdem hat jedes menschliche Wesen, auch das Kind im Mutterschoß, das
Recht auf das Leben unmittelbar von Gott, nicht von den Eltern noch von
irgendeiner menschlichen Obrigkeit. Daher gibt es keinen Menschen,
keine Behörde, keine Wissenschaft, keine medizinische, eugenische,
soziale, wirtschaftliche, moralische "Indikation", die einen gültigen
Rechtsanspruch auf eine unmittelbare, vorsätzliche Verfügung über ein
unschuldiges Menschenleben verleihen könnte, das heißt eine Verfügung,
die auf seine Zerstörung, sei es als Zweck, sei es als Mittel zu einem
anderen Zweck abzielt, der an sich vielleicht keineswegs unerlaubt ist.
So ist es zum Beispiel ein sehr edler Zweck, das Leben der Mutter zu
retten, aber die unmittelbare Tötung des Kindes als Mittel zu diesem
Zweck ist nicht erlaubt. Die direkte Vernichtung des sogenannten
"lebensunwerten Lebens", des geborenen oder nichtgeborenen, die vor
einigen Jahren in großer Zahl ausgeübt wurde, kann in keiner Weise
gebilligt werden. Als man damit anfing, hat daher die Kirche
ausdrücklich erklärt, daß es dem natürlichen und positiven göttlichen
Recht zuwiderlaufe, jene zu töten (sei es auch auf Befehl der
öffentlichen Autorität hin), die zwar schuldlos, aber wegen physischer
oder psychischer Mängel dem Volke nicht nützlich seien, sondern eher
eine Last für es würden. Das Leben eines Unschuldigen ist unantastbar;
und jeder Anschlag darauf ist eine Verletzung eines der Grundgesetze,
ohne welche ein sicheres Zusammenleben der Menschen nicht möglich ist.
Schmerzen der Mutterschaft
Auch die Schmerzen, die die Mutter als eine der Folgen der Erbsünde
erleiden muß, um ihr Kind zur Welt zu bringen, machen das Band nur
fester, das beide verbindet. Sie liebt ihr Kind um so mehr, je mehr
Schmerzen es sie gekostet hat. Das hat mit tiefer und ergreifender
Einfachheit jener gesagt, der das Herz der Mütter geformt hat: "Wenn
das Weib gebiert, leidet es Schmerzen, weil seine Stunde gekommen ist;
aber wenn es das Kind zur Welt gebracht hat, gedenkt es nicht mehr der
Wehen über der Freude, daß ein Mensch in die Welt geboren ist" (Jo.
16,21). Der Heilige Geist zeigt im Briefe des heiligen Apostel Paulus
die Größe und die Freude der Mutterschaft. Gott gibt der Mutter das
Kind, aber indem er es ihr gibt, läßt er sie wirksam beteiligt sein an
der Erschließung der Blüte, deren Keime er in ihren Schoß gesenkt
hatte, und daraus wird ein Leben, das sie zu ihrem ewigen Heil führt:
"Das Weib wird das Heil dadurch finden, daß es Kinder gebiert" (1. Tim.
2, 15).
Unser Vorgänger Pius XI. seligen Andenkens hat in seiner Enzyklika
Casti Connubii vom 31. Dezember 1930 von neuem feierlich das
Grundgesetz des ehelichen Aktes und der ehelichen Beziehungen
verkündigt: daß bei der Ausführung des ehelichen Aktes oder in der
Entwicklung seiner natürlichen Folgen jeder Versuch der Ehegatten, der
zum Ziele hat, den Akt der ihm innewohnenden Kraft zu berauben, und die
Zeugung eines neuen Lebens zu verhindern/unsittlich ist, und daß keine
"Indjkation" oder Notwendigkeit eine innerlich unsittliche Handlung in
øine sittlich erlaubte verwandeln kann.
Diese Vorschrift ist in voller Geltung, heute wie gestern und wird es
morgen und immer sein, weil es nicht eine einfache Vorschrift
menschlichen Rechtes ist, sondern Ausdruck eines natürlichen und
göttlichen Gesetzes.
Sterilisation
Es wäre mehr als ein bloßer Mangel an Bereitschaft im.Dienst am Leben,
wenn der Versuch des Menschen nicht nur auf den einzelnen Akt zielte,
sondern den Organismus selbst antastete mit dem Ziel, ihn durch
Sterilisation der Fähigkeit zur Zeugung neuen Lebens zu berauben.
Die direkte Sterilisation - das heißt jene, die als Mittel oder als
Zweck die Zeugung unmöglich zu machen sucht ó ist eine schwere
Verletzung des Sittengesetzes und ist daher unerlaubt. Auch die
öffentliche Autorität hat kein Recht, sie unter dem Vorwand irgendeiner
"Indikation" zu erlauben, noch viel weniger sie vorzuschreiben oder zum
Schaden von Unschuldigen ausführen zu lassen. Dieser Grundsatz ist
schon in der obenerwähnten Enzyklika Pius' XI. über die Ehe
ausgesprochen. Als vor einem Jahrzehnt die Sterilisation in immer
größerem Maße angewandt wurde, sah sich daher der Heilige Stuhl vor die
Notwendigkeit gestellt, ausdrücklich und öffentlich zu erklären, daß
die direkte Sterilisation, sei es für immer oder für bestimmte Zeit,
sei es beim Mann oder der Frau, unerlaubt ist auf Grund des
Naturgesetzes, von dem, wie ihr wißt, auch die Kirche nicht zu
dispensieren vermag.
Heute stellt sich außerdem das ernste Problem dar, ob und inwieweit die
Pflicht der Bereitschaft zum Dienst der Mutterschaft mit der immer
weiter verbreiteten Ausnützung der Zeiten der natürlichen Sterilität
(der sogenannten Perioden der Empfängnisfähigkeit) der Frau vereinbar
sei.
Natürliche, zeitweilige Sterilität
Man muß da vor allem zwei Voraussetzungen erwägen. Wenn die Anwendung
dieser Theorie nichts weiter bedeuten soll, als daß die Ehegatten ihr
eheliches Recht auch an den Tagen der natürlichen Unfruchtbarkeit
ausüben können, so ist dagegen nichts einzuwenden. Denn damit hindern
oder beeinträchtigen sie durchaus nicht den Vollzug des natürlichen
Aktes und seine späteren natürlichen Folgen. Gerade hierin
unterscheidet sich die Anwendung der Theorie, von der Wir sprechen,
wesentlich von dem angedeuteten Mißbrauch, der in der Verkehrung des
Aktes selbst besteht. Geht man jedoch weiter, das heißt, erlaubt man,
daß der eheliche Akt ausschließlich an jenen Tagen ausgeführt werde, so
muß das Verhalten der Eheleute aufmerksamer geprüft werden.
Und hier bieten sich abermals unserer Überlegung zwei Annahmen dar.
Wenn schon bei Schließung der Ehe wenigstens einer der Ehegatten die
Absicht gehabt hätte, das eheliche Recht - und nicht nur seinen
Gebrauch - auf die Zeiten der Unfruchtbarkeit zu beschränken,
dergestalt, daß der andere Ehegatte an anderen Tagen nicht einmal das
Recht hätte, den Akt zu verlangen, so würde dies einen wesentlichen
Mangel des Ehewillens bedeuten, der die Ungültigkeit der Ehe zur Folge
hätte. Denn das Recht, das sich aus dem Ehevertrag ableitet, ist ein
dauerndes, ununterbrochenes, nicht auf Zeit aussetzendes Recht jedes
der beiden Gatten gegenüber dem anderen.
Wenn sich jedoch diese Beschränkung des Aktes auf die Tage der
natürlichen Unfruchtbarkeit, nicht auf das Recht selbst, sondern nur
auf den Gebrauch des Rechtes bezieht, so kann die Gültigkeit der Ehe
nicht bestritten werden. Die sittliche Zulässigkeit eines solchen
Verhaltens der Ehegatten wäre aber zu bejahen oder zu verneinen, je
nachdem, ob die Absicht, jene Zeiten beständig einzuhalten, auf
ausreichende und sichere sittliche Beweggründe gegründet ist oder
nicht. Die bloße Tatsache, daß die Ehegatten nicht gegen die Natur des
Aktes verstoßen und auch bereit sind, das Kind anzunehmen und
aufzuziehen, das trotz ihrer Vorsichtsmaßregeln zur Welt kommt, würde
für sich allein nicht genügen, die Rechtlichkeit der Absicht und die
sittliche Unanfechtbarkeit der Beweggründe zu verbürgen.
Der Grund ist, daß die Ehe zu einem Lebensstande verpflichtet, der
bestimmte Rechte auf den anderen Ehepartner überträgt, aber auch die
Erfüllung eines positiven Werkes auferlegt, das eben diesen Stand
selbst betrifft. In einem solchen Fall kann man den allgemeinen
Grundsatz anwenden, daß eine positive Leistung unterlassen werden kann,
wenn ernste Gründe, unabhängig von dem guten Willen jener, die zu ihr
verpflichtet sind, zeigen, daß diese Leistung untunlich ist, und
beweisen, daß sie von dem Forderungsvertreter - in diesem Falle dem
Menschengeschlecht ó billigerweise nicht verlangt werden kann.
Der Ehevertrag, der den Ehegatten das Recht einräumt, die Neigung der
Natur zu befriedigen, setzt sie in einen bestimmten Lebensstand ein,
eben den Ehestand. Den Gatten nun, die von jenem Recht mittels des
spezifischen Aktes dieses ihres Standes Gebrauch machen, legen Natur
und Schöpfer die Funktion auf, für die Erhaltung des
Menschengeschlechts zu sorgen. Dies ist die charakteristische Leistung,
die den eigentümlichen Wert ihres Standes, das bonum prolis (das Gut
der Nachkommenschaft) ausmacht. Einzelmensch und Gesellschaft, Volk und
Staat, die Kirche selbst hängen in ihrem Dasein nach der von Gott
gesetzten Ordnung von der fruchtbaren Ehe ab. In den Ehestand
einzutreten, die ihm eigene und nur in ihm erlaubte. Möglichkeit
ständig zu benützen und sich andererseits immer und mit Überlegung ohne
ernsten Grund seiner Hauptpflicht zu entziehen, das hieße, sich gegen
den Sinn des Ehelebens selbst zu vergehen.
Medizinische, eugenische, soziale "Indikation"
Von dieser positiven, pflichtmäßigen Leistung können, auch für lange
Zeit, sogar für die ganze Dauer der Ehe, ernste Gründe befreien, wie
etwa jene, die nicht selten in der sogenannten medizinischen,
eugenischen und sozialen "Indikation" vorliegen. Daraus folgt, daß die
Einhaltung der unfruchtbaren Zeiten unter sittlichen Gesichtspunkten
erlaubt sein kann und unter den angeführten Bedingungen auch
tatsächlich erlaubt ist. Wenn aber auf Grund eines vernünftigen und
billigen Urteils solche ernsten persönlichen oder aus äußeren Umständen
hervorgehenden Gründe nicht vorliegen, dann kann der Wille der
Ehegatten, die Fruchtbarkeit ihrer Vereinigung gewohnheitsmäßig zu
vermeiden, obgleich sie ihre Sinnlichkeit weiterhin vollauf
befriedigen, nur aus einer falschen Einschätzung des Lebens und aus
Beweggründen herrühren, die den echten sittlichen Normen fremd sind.
In sehr schwierigen Fällen, in denen das Risiko der Mutterschaft nicht
gefordert werden kann, ja sogar unbedingt vermieden werden muß, und in
denen andererseits die Einhaltung der empfängnisfreien Tage entweder
keine genügende Sicherheit bietet oder aus anderen Gründen unterlassen
werden muß, ist jede vorbeugende Maßnahme und jeder direkte Anschlag
auf das Leben und die Entwicklung des Keimes im Gewissen verboten und
ausgeschlossen, und es bleibt nur ein Weg offen, nämlich der Weg der
Enthaltung.
Enthaltung
Man wird aber einwenden, eine solche Enthaltung sei unmöglich, ein
solcher Heroismus sei nicht zu verwirklichen. Diesen Einwand werdet ihr
heute überall hören und lesen, sogar von solchen, die von Berufs wegen
in der Lage sein sollten, ganz anders zu urteilen. Als Beweis bringt
man den folgenden Satz vor: "Niemand ist zum Unmöglichen verpflichtet,
und kein vernünftiger Gesetzgeber maßt sich an, mit seinem Gesetz auch
zum Unmöglichen zu verpflichten. Für die Ehegatten ist aber eine
langwährende Enthaltung unmöglich. Also sind sie nicht zur Enthaltung
verpflichtet; diesen Sinn kann das göttliche Gesetz nicht haben."
So leitet man aus zum Teil wahren Obersätzen einen falschen Schluß ab.
Um sich davon zu überzeugen, genügt es, die Ausdrücke des Beweisganges
umzukehren: Gott verpflichtet nicht zum Unmöglichen. Aber Gott
verpflichtet die Ehegatten zur Enthaltung, wenn ihre Verbindung nach
den Regeln der Natur nicht vollzogen werden kann. Also ist in diesem
Falle die Enthaltung möglich. - Als Bestätigung dieses Arguments haben
wir die Lehre des Konzils von Trient, das in dem Kapitel über die
notwendige und mögliche Beachtung der Gebote unter Bezugnahme auf ein
Wort des heiligen Augustinus lehrt: "Gott befiehlt nichts Unmögliches,
sondern indem er gebietet, mahnt er sowohl zu tun, was du vermagst, als
auch um das zu bitten, was du nicht vermagst, und hilft, auf daß du es
vermagst."1)
1) Aus der Ansprache an die Hebammen, 29. Oktober 1951
HOLLAND UND SEINE HOMOSEXUELLEN
(aus: "Fels" Nr.5, Mai 1979, S.156 f.; von J. Jaspers, Heerlen / Holland)
In einem Brief vom 19.12.78 an die Priester usw. in seinem Bistum
Rotterdam nahm Msgr. Simonis ablehnend Stellung zu den in seiner
Diözese verbreiteten Ideen über die Homosexualität. Am 20. 1.1979 tat
Msgr. Gijsen dasselbe in einem viel Staub aufwirbelnden Interview mit
Elseviers Magazine. Die Folge war eine Reihe von Protesten und
kleineren Demonstrationen. Die beiden Bischöfe wurden bezichtigt,
unevangelisch zu denken. Am 19.1. erklärte Msgr. Bluyssen von
Herzogenbusch vor dem Fernsehen des KRO, daß man Homosexuellen die hl.
Kommunion nicht verweigern dürfte. (Anm.d.Red.: wohl auch, wenn dieses
moralische Delikt nicht gebeichtet worden ist, d.h. die Homosexualität
stellt für diesen "Bischof" überhaupt keines dar.) Am 20.1.79 meldete
die Zeitung "De Limburger", daß der COC (= Verein für die Integration
von Homosexuellen) für Karsamstag, den 14.4.79 eine große Kundgebung
vor dem Haus von Msgr, Gijsen in Roermond vorbereite. Der kath.
Rundfunk KRO ... blendete im Laufe der Sendung auch Bischof Bluyssen
ein; der erklärte, daß er sich um die Umgestaltung der kirchlichen
Lehre über homosexuelles Verhalten bemühen werde... . Pater van
Kilsdonk (Studentenpfarrer in Amsterdam, der für die Homosexualität
ist) sieht das Auftreten von Msgr. Simonis als Folgeerscheinung des
Ernennungs-Verfahrens: "Dieses System bevorzugt Lakaien ( ... ) viel
weniger aber Seelsorger, von Theologen ganz zu schweigen". Die
Enzyklika "Humanae vitae" nennt (er) "ohne weiteres terroristisch".
"Immer geht es um Probleme der Kirchenstruktur, nie um Gott". Die Frage
über die Frau im Amt "verängstigt die höchsten Kirchenbehörden".
"Natürlich ist die weibliche Amtsträgerin ein Brecheisen in der ganzen
Monumentalität der Institution. |