MITTEILUNGEN DER REDAKTION
München, Anfang Mai 1979
Verehrte Leser,
gestatten Sie mir, daß ich auf gewisse Reaktionen, die die letzte
Nummer hervorrief, etwas ausführlicher eingehe. Es gab Zustimmung auf
der einen, Empörung oder Ablehnung auf der anderen Seite. Das war
abzusehen. Und natürlich wurde, wie in solchen Fällen auch früher
schon, von einigen Seiten das übliche Geschrei erhoben: der pure Haß
regiert bei euch. All dieses Gezeter trifft weder die Sache noch die
Verfasser, und dagegen wehre ich mich auch nicht. Das fällt nur auf die
zurück, die es erheben, und die diese Unterstellungen ausposaunen. Daß
selbst ein Kleriker konservativer Prägung, der es eigentlich besser
weiß, aus "literarischen" Gründen von der "Freude lodernden Hasses"
schreibt, kann einen für diesen Priester nur traurig stimmen.
Aber abgesehen davon, klang in vielen Zuschristen auch die wirkliche
Not durch, in der wir stehen. In diesem Zusammenhang wurde uns der
Vorwurf gemacht, wir würden durch unsere Kritik an Lefebvre die
Gläubigen verunsichern und ihnen die letzte Hoffnung rauben; zum andern
würde dadurch der innere Zusammenhalt zerstört, und wir machten uns
dadurch nur zum Gespött für die Resormer.
Auf diese Anschuldigungen möchte ich solgendermaßen antworten: Lefebvre
hat auf alle diesbezüglichen Bitten und Gesuche, die besonders auch aus
Frankreich an ihn herangetragen wurden, immer wieder geantwortet, daß
er nicht der Führer der (Rest)Kirche sein will. Niemand kann also darum
von ihm als Amtsinhaber Verbindlichkeit oder auch einen anderen
entscheidenden Schritt erwarten, zumal er sich gerade jetzt durch seine
derzeitigen Verhandlungen mit Rom noch zusätzlich bindet bzw. gebunden
ist. Mögen doch also alle die, die ausschließlich auf ihn ihre
Hoffnungen setzen, ihm (und nicht uns) den Gefallen tun und ihn in
diesem Punkte ernst nehmen.
Daß viele in der momentanen Auseinandersetzung übersordert sind, weiß
ich, und ich kann für meine Person nur versichern, daß es mich selbst
schmerzt, anderen wehe tun zu müssen. Viele Gläubige aber haben den
Fehler gemacht, ihre Hoffnung auf eine Besserung des kirchlichen
Schicksals ausschließlich an, die Person Lefebvres geheftet zu haben,
in der Meinung, daß durch ihn als Bischof - der auch zumindest einen
Bischof zu seinem Nachsolger weihen würde - die Bedingungen für die
Weiterexistenz der Kirche gegeben sind, nur durch ihn allein, und nur
er allein könne eine Besserung der Verhältnisse bewirken. Auch wenn er
ausgefallen ist, sind kirchlich gesprochen noch nicht alle Hoffnungen
entschwunden! Der Möglichkeit nach ist es ohne weiteres denkbar, daß
der eine ödere andere opportunistische (gültig geweihte !) Bischof sich
bekehrt, dem modernen Irrsinn abschwört und die episcopale Leitung
übernimmt. Und darum sind wir auch, wenn uns am Schicksal der Kirche
liegt, verpflichtet, für die irrenden Bischöfe und Priester zu beten,
damit Gott ihnen die Gnade der Umkehr schenke. Aber wir kennen Gottes
Pläne für Seine Kirche nicht. Es wäre absolut vermessen zu glauben,
klüger zu sein als Er. Wenn einer meint, mit Taktieren, Konzessionen,
diplomatischen Winkelzügen (Häresie und Lüge inbegriffen) oder aus
"pastoraler" Sorge noch etwas erreichen zu müssen - an Gottes
ausdrücklichem Willen vorbei! -, dann muß er sich sagen lassen: im
günstigsten Falle bist du bloß dumm.
Wir wissen, in welch ungeheuerlichen Situation wir stehen; wir wissen
(Gott sei Dank!) nicht, was morgen ist. Unser Planen ist also sehr
begrenzt. Es kann sein, daß Gott noch einmal der Kirche hilft - dann
ganz bestimmt unverdienterweise. Es können aber auch die letzten Tage
der Kirche eingetreten sein. Das ist uns verborgen. Wir wissen weder
die Stunde noch den Tag. Was wir aber heute sehen bzw. sehen könnten,
ist das, daß wir uns alle, fast jeder für sich alleine (der Gläubige
hat kaum noch einen Seelsorger, der Priester keinen Bischof mehr, der
ihm beistehen könnte) unmittelbar vor Gott hingestellt sinden, daß es
für uns kein Ausweichen aus der Entscheidung gibt und daß wir in aller
Demut unser Hoffen einzig auf Ihn setzen.
Hoffnungen, die in Gott gegründet sind, konnten also durch die
Darstellungen in der letzten EINSICHT nicht zerstört worden sein, wohl
aber einige Illusionen über die wahren Verhältnisse. Ich meine ganz
einfach so: wenn man Krebs hat, soll man sich nicht einreden, man habe
bloß Husten und Bonbons reichten zur Therapie aus.
Auf den Vorwurf, wir würden mit unserer Kritik nur den Zusammenhalt in
den eigenen Reihen abbauen, kann ich nur erwidern: nicht wir haben die
Häresien vom "Experiment der Tradition" verbrochen, sondern Lefebvre,
und damit stellt er sich selbst außerhalb der Kirche - einmal ganz
abgesehen von der Ungeheuerlichkeit seiner Absicht, sich den Apostaten
zu unterwerfen, wenn sie "ihn machen lassen". Damit hat er die Einheit
aufgegeben, und die diesbezüglichen Vorwürfe möge man, wenn überhaupt
an jemand, an ihn richten.
Ich möchte aber, abgesehen von diesen Erwiderungen, noch einige
Bemerkungen zu der heutigen Situation machen, in der wir stehen. Einer
der geistig sensibelsten Mitarbeiter schrieb mir vor einigen Wochen
solgendes: "Hinsichtlich Erzbischof Lefebvre halte ich es für möglich
oder gar wahrscheinlich, daß man mit der systematischen Unklarheit noch
einige Zeit weiter arbeitet. Der Zeitplan wird da bestimmt von den
Modernisten gemacht. Ein allzu deutliches Anerkennen des Vatikanums II
und der neuen Riten von Seiten Lefebvres wäre wohl derzeit noch gar
nicht im Sinne der Hintermänner. Wieso sollte man ihn aus dem Lager der
Treugebliebenen herausreißen? Man wird ihn bestimmt mit samt seinem
Anhang auf die andere Seite hinübergleiten lassen wollen. Ich könnte
mir denken, daß man den richtigen Zeitpunkt für die Annahme seines
Entgegenkommens ganz nüchtern errechnet; daß man auf Grund
irgendwelcher Analysen laufend eine Art Vollständigkeits-Quote
errechnet und nach dem so entstandenen Diagramm die Entscheidung
trifft. Solange die Zeit noch für die Progressisten arbeitet, wird man
mit oder ohne öffentliche Vereinbarung die Unklarheit beibehalten."
Inzwischen weiß man, daß es zu der von der FAZ vom 2.3.79 angekündigten
Unterwerfung nicht gekommen ist. Wahrscheinlich hat man von Seiten der
Resormer gesehen, daß ein zu großer virulenter Teil Lefebvres Kompromiß
nicht mitmachen würde, der in ihren Augen doch nur dann 'sinnvoll' sein
würde, wenn man den ganzen Widerstand einfangen könnte. Selbst Franz
Schmidberger schreibt in Nr.6 des "Mitteilungsblatt der
Priesterbruderschaft St. Pius X." vom Mai 1979: "Überhaupt hüllt sich
Rom in den letzten Wochen in ein vielsagendes Schweigen in bezug auf
unsere Sache".
Aber auch für Mgr., der aus ganz bestimmten Gründen zurück ins
Vaterhaus möchte (um in 'Einheit' mit der apostatischen
Kirchenorganisation leben zu können), wird der Weg dorthin immer
schwieriger. Seine Anhänger sind inzwischen mißtrauisch geworden. Sie
haben z.T. gesehen, wohin das Nebeneinander von Wahrheit und Irrtum
führt. Bei ihnen würde er sein Gesicht vollkommen verlieren.
So müssen wir also damit rechnen, daß das unglaublich zermürbende
Nebeneinander, das immer nach die Möglichkeit falscher Hoffnungen offen
läßt, also ohne direkte Einigung zwischen Rom und Econe, weiter
bestehen bleibt. Wir sind verpflichtet, auf die dogmatischen
Verfehlungen, die damit verbunden sind, aufmerksam zu machen (CIC, can.
1393 §2), um persönliche Skandale geht es uns nicht. Mit Lefefrvre bzw.
unter ihm können wir nicht mehr kämpfen. Im Vertrauen auf Gott, die
Jungfrau Maria und alle Heiligen müssen wir unseren Weg an ihm vorbei
nehmen. H.H. P. Guérard des Lauriers schreibt in seinem offenen Brief
an Mgr.: "Wir sind noch für Sie, aber wir können nicht mehr mit Ihnen
gehen."
Ihr Eberhard Heller
WICHTIGE HINWEISE
Von unsern Lesern sind in den letzten Wochen verstorben: A.
Boll-Schlegel aus Trier und die Ehrw. Schw. Magdalena Müller aus
Schramberg. In die Ewigkeit ist auch Paul Hacker gegangen, ein
Konvertit, der zwar sehr unter den heutigen Verhältnissen litt, sich
aber zu der entscheidenden Einsicht, daß die Kirche abgefallen ist,
nicht durchringen konnte.
Möge Gott ihnen allen die ewige Ruhe schenken.
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